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Die Partei, die stets verneint

Die wichtigste Erkenntnis des Bundesparteitags der AfD lautet: Der Motor der Radikalisierung ist nicht die Parteispitze, sondern die Basis. Björn Höcke ist deshalb bereits jetzt der eigentliche Führer der Partei. Er sagt das, was die Mitglieder denken.

Anders als auf den letzten Bundesparteitagen der AfD waren nur Delegierte zugelassen. Die Mitglieder, die in Hannover zusammenkamen, genossen also das Vertrauen der Basis. Damit war das, was dort gesagt und beschlossen wurde, repräsentativ für die Gesamtpartei. Auffallend war die weitgehende Homogenität des Parteitags. Wurde auf Zusammenkünften der AfD in der Vergangenheit gestritten wie bei den sprichwörtlichen Kesselflickern, so herrschte dieses Mal – fast schon wie bei den der AfD so verhassten Altparteien – eine grundsätzliche Übereinstimmung. Die politische Vernunft ging allerdings dabei flöten. Zunehmend erfreut sich die Partei an immer radikaler werdenden Positionen.

Ablehnung der Moderne

„Ich bin der Geist, der stets verneint“, stellt sich Mephisto in Goethes Faust vor. Dieser Satz scheint das Motto der AfD zu sein. Die Partei ist nicht nur gegen den Euro, sondern auch gegen die EU und die europäische Einigung an sich. Sie lehnt faktisch nicht nur die NATO ab, sondern jegliche Einsätze der Bundeswehr im internationalen Kontext, auch wenn diese rein humanitärer Art sind. Die Partei ist nicht nur anti-amerikanisch, sondern explizit pro-russisch. Die Mitglieder sind gegen TTIP und CETA, Rundfunkgebühren, die Energiewende und Abtreibungen. Zudem wird lautstark der Einfluss der „Schwulenlobby“ beklagt.

In genau dieser Ablehnung aller Herausforderungen der Moderne kommt die AfD jedoch als der personifizierte Widerspruch daher. Während Parteichefin Frauke Petry und ihr Stellvertreter Marcus Pretzell eine Patchwork-Verbindung eingegangen sind, orientiert sich die Partei gesellschaftspolitisch an den Idealen der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Und was den Umgang mit Flüchtlingen, Asylbewerbern und in Deutschland lebenden Migranten und Muslimen betrifft, reicht der Backlash sogar noch einige Jahrzehnte weiter zurück.

Die AfD wird zur Mephisto-Partei

Kein Zweifel: Die AfD hat sich in den wenigen Monaten seit dem Abgang Bernd Luckes enorm radikalisiert. Die Ablehnung des zentralen Asyl-Antrags des Bundesvorstandes zugunsten eines schärferen Gegenvorschlags zeigt zugleich: Der Motor für diese Entwicklung ist nicht die Parteispitze, sondern die Basis. Nach deren Willen soll die AfD eine Alternative für Deutschland sein, verstanden als eine Alternative zum bisherigen, an der bürgerlichen Mitte orientierten politischen System und zu der pluralistischen Gesellschaft. Noch ist die Entwicklung der AfD zur Mephisto-Partei nicht vollzogen. Doch die Metamorphose hin zu einer Partei, die alles verneint, für das die Bundesrepublik bislang stand, scheint nicht mehr aufzuhalten zu sein. Auf allen Veranstaltungen der Partei lautet das Erfolgsrezept für Redner: Je extremer der Ton, umso größer der Applaus.

Wettbewerb der Radikalität

Das führt zu einem Wettbewerb immer radikalerer Äußerungen. Dieses Spiel können indes weder Frauke Petry und schon gar nicht das liberale Feigenblatt der AfD, der Co-Vorsitzender Jörg Meuthen, gewinnen. Denn das, was der Thüringer Parteichef Björn Höcke bei seinen öffentlichen Auftritten bereits rhetorisch losgelassen hat, kann keiner der Parteigranden mehr übertreffen, will er nicht offen die Grenze zur Verfassungsfeindlichkeit überschreiten. Deshalb musste Höcke auf dem Parteitag auch gar nichts tun, um seine Position zu stärken. Obwohl er kein Mitglied des Bundesvorstandes ist, ist er längst der faktische Anführer der Partei. Er füllt nicht nur die Marktplätze im Osten der Republik, sondern auch die Säle der Partei im Westen. Von seinen Anhängern wird er als patriotischer Messias gefeiert. Er sagt, was sie denken. Höcke hat die AfD zur so genannten „Neuen Rechten“ hin geöffnet und fungiert als Transmissionsriemen, um die Ideen der Leute um Götz Kubitschek und der Identitären Bewegung, die zurück zum völkischen Nationalstaat wollen, tief in das konservative Bürgertum zu transportieren.

Höcke ante portas

Wie hoch Höckes Popularitätswerte sind, wurde Petry und Meuthen deutlich vor Augen geführt, als sie in einer Rundmail seinen Auftritt bei Günther Jauch kritisierten und dafür einen Shitstorm der Basis ernteten. Zudem hält Parteivize Alexander Gauland, der zuvor Petry in ihrem Kampf gegen Lucke den Rücken stärkte, mittlerweile die schützende Hand über ihn. Die AfD stimmte in Hannover dafür, dass die Partei von zwei oder drei Vorsitzenden geführt wird. Der Weg für Höcke ist damit geebnet. Spätestens bei den nächsten Wahlen zum Bundesvorstand 2017 wird Höcke gewiss den AfD-Vorsitz anstreben. Vermutlich wird er aber schon viel früher in die Parteiführung drängen. Nämlich nach den Landtagswahlen am 16. März nächsten Jahres. Spitzenkandidat in Sachsen Anhalt ist Höckes Vertrauter André Poggenburg, während in Baden-Württemberg Meuthen die Partei anführt. Das zu erwartende schlechtere AfD-Ergebnis im Südwesten werden Höcke und seine Anhänger – unter Ignorierung der völlig unterschiedlichen Rahmenbedingungen – als einen Misstrauensbeweis gegen die Parteispitze umdeuten.

Das hat schon einmal funktioniert: Nachdem die AfD-Landesverbände bei den Wahlen in Hamburg und Bremen im Februar bzw. Mai deutlich schlechter abschnitten als unter der Führung von Petry, Gauland und Höcke ein halbes Jahr zuvor in Sachsen, Brandenburg und Thüringen, interpretiert die Parteirechte solche Ergebnisse als Votum gegen einen liberalen Kurs. Die Wähler wollen eine radikalere AfD, hieß es damals. Wenige Wochen später war Lucke Geschichte. Petry und Meuthen droht dasselbe Schicksal.

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7 Gedanken zu “Die Partei, die stets verneint;”

  1. avatar

    Auch in der FAZ gibt es sicherlich noch lesenswerte Artikel. Ein gewisser Trend flackert aber auch dort ab und an hoch. Diesen als das zu bezeichnen, was er ist, ist durchaus legitim. Und vergleichsweise milde. Die AfD wird ja auch vielfach pawlow-mässig mit irgendwelchen durchgeknallten Restenazis, Flüchtlingsherbergsbrandstiftern und gleichgesetzt. Da sind Hinweise auf solche Schmäh-Analogien angebracht, und da toleriere ich zumindest, wenn der dermassen Angegriffene auch mal die gleiche Waffengattung wählt wie der Angreifer. Sollten Sie ja wissen – gegen die unsägliche Truppe des alten bayrischen LaVos musste ich leider Gottes genauso vorgehen. Es tut mir in der Seele weh, dass Teile des Schadens nun beim neuen LaVo zu Buche stehen. Aber ich werde alles erdenkliche tun, um die Verursacher des Schadens – Sie wissen schon, diese flüchtigen Personen, die jetzt bei ALFA ihrem Führer zu Kreuze kriechen, der Gerechtigkeit zuzuführen.
    Ausser ein, zwei wohl krankhaften Querulanten sind ja jetzt alle weg, die AfD kann vernünftige Arbeit leisten, und diese ist weiß Gott nicht so abseits von wirklich mittigen oder sogar linken Positionen (Bankenhaftung! Kein Militäreinsatz in Syrien!) – ich weiss, Ihnen wird das so oder so nicht zusagen, aber die Gedanken sind frei. Wir in der AfD sind froh, dass (ich sagte es bereits) keine gleichgeschalteten Schiedsgerichte, keine Erfinder von Hetz-Brandbriefen a la Michael G nun weiter die Atmosphäre vergiften, sondern die Sacharbeit absoluten Vorrang hat. Verzeihen Sie bitte, wenn man dann auch ab und an mal auf eigentlich existierende Rechtsvorschriften, oder die nicht nur zur WM einsetzbare Nationalflagge hinweist. Sowas macht man nämlich nicht nur in Frankreich, sondern auch in der Shweiz (die ich sehr liebgewonnen habe) und etlichen anderen, eigentlich fast allen anderen Staaten dieser Erde. Ich kenne etliche Ausländer, die alle stolz auf ihre Nation sind – das sind gewiss nicht alles Nazis. Gilt auch für die Deutschen, die ich kenne, btw.

  2. avatar

    Herr Delbert Alexander, mit Ihren Streitigkeiten mit Dettleff Schilde hatte ich nichts zu tun. Herr Schilde war bis zu seinem Tod im April 2014 Mitglied im Kreisverband Bamberg, dem auch ich bis zu meinem Austritt im Juli 2014 angehörte. Eine „Zusammenarbeit“ hat es in keinem Gremium gegeben, da er keinem angehörte. Sie sollten aufpassen mit falschen Behauptungen!

    Was die Karriereplanung betrifft: Haben Sie nicht auf dem letzten Landesparteitag der AfD für das „Pöstchen“ als Landesvorsitzender kandidiert? Wie viele Stimmen haben Sie gleich nochmal bekommen? Mehr als null? Tut mir leid, dass es bei Ihnen mit der „politischen Karriere“ nicht geklappt hat.

    Dass Sie angesichts ihrer politischen Ansichten keinen „Rechtsruck“ bei der AfD erkennen können, verwundert mich nicht.

  3. avatar

    Ein Ex-Parteimitglied, welches wissentlich mit einem „einschlägig bekanntem“ Herrn Dettleff Schilde zusammenarbeitete
    https://alternativernewsletter.wordpress.com/dettleff-schilde-dvd-special/-
    um seine Karriereziele zu erreichen, kann schon mal die Forderung nach Rechtstaatlichkeit mit Rechtsruck verwechseln. Stellt sich die Frage, warum der Herr seine politische Karriere nicht bei seinem Vorbild Lucke weiter zu führen wersucht? Er wird doch wohl nicht auf die Wiederauferstehung der FDP warten wollen? Das wäre fatal, denn auch seine biologische Uhr tickt und dazu wird die Zeit wohl nicht reichen.

    Stellt sich die Frage, was das andere verdokterte Politschwergewicht mit FDP-Vergangenheit zu meckern hat. Als Mitglied einer „Soßenbinderpartei“, Hauptsache es fallen ein paar Pöstchen ab, hat man doch jede Entscheidung – so rechts- und vernunftwidrig sie auch war – begeistert mitgetragen. Vom Diebstahl der D-Mark ohne Volksentscheid, dem sinnlosen Hinzufügen von Pleitestaaten zur EU, über die unbegrenzte Schuldenhaftung, bis hin zur Hundertmilliardenfachen Geldvernichtung in Griechenland, war man sich keiner Zustimmung zu blöde um die Pöstchen zu sichern.
    Von solchen Leuten braucht die Öffentlichkeit natürlich dringend Ratschläge, dass die Forderung nach Einhaltung der Gesetze ja ganz was böses wäre.

    Pech die Herren: die Zeit arbeitet für die Alternative für Deutschland – und Dank Leuten wie Ihnen, leider gegen unser Land.

  4. avatar

    Jetzt erkennen LePentry und der politische Dilettant Meuthen erst langsam was es bedeutet den Höckes und Poggenburgs den braunen Soßenbinder machen zu müssen. Querfront an der Basis, Bundespresseball in der Führungsspitze. Die Übernahme durch die völkisch-nationalen Putinisten wird nach den landtagswahlen 2016 erfolgen. Mein Wort drauf!

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    @Wolfgang Dörner: Wenn die AfD der konservativ-bürgerlichen FAZ „Linksfaschismus“ vorwirft, dann sollte selbst ein Naturwissenschaftler erkennen, wie weit weg die AfD von der Mitte ist.

    @Gert Weller: Jeder Kritiker der AfD ist also „neidisch“? So einfach ist das also… 🙂

  6. avatar

    Herr Eibl, sie können doch jetzt Karriere bei Alfa Romeo machen, wieso so neidisch? Schöne Grüße an Bernd Lucke und Bernie Ecclestone.

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    Mit Verlaub an den Herrn ehemaliger Parteikollege: Von einer Radikalisierung kann ja wohl kaum die Rede sein, wenn man im Unterschied zu Regierungsparteien auf die Einhaltung bestehender Gesetze pocht. Und die Mephistopartei konnte rechtzeitig genug abgespalten werden. Denn die Mitglieder der AfD wünschten und wünschen sich keine totalitäre Luckepartei mit einem kleinen Führer, gleichgeschalteten Schiedsgerichten und sehr beissfreudigen, weil allein der eigenen kleinen Parteikarriere verpflichteten Söldnern. Und wir sind wirklich sehr sehr froh, dass der sogenannte Mitbegründer der AfD das gewisse Klientel um sich vereinte, mit diesem ging, und den erheblich besseren Teil seitdem eine deutlich bessere Arbeit machen liess. Nicht jeder kann das verwinden – auch wenn man ihm die menschliche Grösse ans Herz legt, dies zumindest in ein paar Jahren zustimmend anzuerkennen.

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