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Fratze des Hasses

 Von Franz Eibl:

Die Hetze im Netz nimmt immer mehr zu. Facebook, als Buch der freundlichen Gesichter konzipiert, ist zu einer Fratze des Hasses geworden. Doch Staatsanwälte und Gerichte setzen im Kampf gegen Hassbotschaften jetzt Zeichen.

Die Aufnahme von Ermittlungen gegen den Nordeuropa-Chef von Facebook wegen Beihilfe zur Volksverhetzung ist ein wichtiges Signal. Denn es macht klar, dass soziale Medien kein rechtsfreier Raum sind, in dem nach Herzenslust beleidigt, verleumdet und gehetzt werden kann. In den allermeisten Demokratien endet die Meinungsfreiheit da, wo Persönlichkeitsrechte Dritter betroffen sind. Ebenso sind Aufrufe zum Rassen- oder Religionshass unter Strafe gestellt. Selbst in den USA, wo die Meinungsfreiheit traditionell am weitgehendsten ausgelegt wird, sind Rufschädigung, „unmittelbare Gewaltaufrufe“ und „Obszonitäten“ verboten. In Deutschland macht sich gemäß dem so genannten Volksverhetzungs-Paragraphen (§130 StGB) strafbar, wer „gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe (…) zum Hass aufstachelt“ oder die „nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt“.

Kampf gegen digitale Windmühlen

Auf Facebook waren diese Bestimmungen bislang so viel wert wie die Sparankündigungen griechischer Regierungen. Ähnlich wie der Schuldenberg in Athen haben die Hassbotschaften in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Die Macher der Seite mimikama.at leisten seit langem Aufklärungsarbeit gegen Fakes, also gefälschte Nachrichten im Internet. Ihr Einsatz erinnert inzwischen an den Kampf von Don Quijote gegen die Windmühlen. Mit der zusätzlichen Schwierigkeit, dass sich digitale Windmühlen rasend schnell vermehren. Im Zentrum des Hasses stehen mittlerweile die Flüchtlinge und alle Menschen, die der Ansicht sind, dass Hilfsbedürftige auch dann Unterstützung verdienen, wenn sie keine deutschen Staatsbürger sind. „Seit dem Sommer haben wir es mit richtiger Hetze zu tun. Wir können gar nicht so schnell reagieren, wie die Posts geteilt werden. Zehntausendfach. Viele Nutzer glauben mittlerweile wirklich, dass wir in Deutschland und Österreich so was wie bürgerkriegsähnliche Zustände haben “, berichtete nun ein Mitarbeiter der WELT. (http://www.welt.de/politik/deutschland/article148587963/Wo-der-Hass-auf-Fluechtlinge-zum-Alltag-wird.html) Facebook, einst als digitales Buch der freundlichen Gesichter konzipiert, ist längst zu einer erschreckenden Fratze des Hasses geworden.

Facebooks Absurdität

Dabei ist es nicht so, dass Facebook ein zahnloser Tiger wäre. Nein, der US-Konzern schafft es durchaus, seine Seiten „sauber“ zu halten. Zumindest, was weibliche Brustwarzen betrifft. Im Kampf gegen „Obszonität“ handelt man rasch, effektiv und kompromisslos. Ein Hitlerbild mit glorifizierendem Text bleibt ungeahndet. Werden dem Führer mit der Hilfe von Fotoshop aber sekundäre Geschlechtsmerkmale angeheftet, dann schlägt das Löschkommando schneller zu als eine Drohne der amerikanischen Streitkräfte. Die Absurdität des Handelns von Facebook brachte der Berliner Fotograf Oli Waldhauer treffend auf den Punkt, indem er ein Bild postete, auf dem eine barbusige Frau sowie ein Mann zu sehen sind, der ein Pappschild mit falscher Rechtschreibung in die Kamera hält: „Kaufft nicht bei Kanaken!“ steht darauf. Waldhauer versah das Bild mit dem Kommentar: „Eine dieser Personen verstößt gegen die Regeln von Facebook“. Gemeint ist selbstverständlich die Halbnackte.

Keine Narrenfreiheit im Netz

Das Leugnen des Holocausts, die Forderung, Flüchtlinge nach Auschwitz zu bringen, Tötungsaufrufe gegen Politiker und viele andere ähnlich abscheuliche Postings verstoßen klar gegen deutsches Recht. Es ist absurd, wenn nun ausgerechnet Justizminister Heiko Maas, der Facebooks Ignoranz gegenüber Hassbotschaften angeprangert hat, als Feind der Meinungsfreiheit an den digitalen Pranger gestellt wird. Dass ausgerechnet der wegen Volksverhetzung angeklagte Pegida-Anführer Lutz Bachmann Maas „als schlimmsten geistigen Brandstifter“ seit Joseph Goebbels bezeichnet und ihn mit Karl-Eduard von Schnitzler, den Chefkommentator des DDR-Fernsehens, vergleicht, erscheint geradezu grotesk, ist aber typisch für die Szene der rechten Wutbürger, in der sich die Täter ununterbrochen als Opfer stilisieren. Die Mahnung, dass Rechtsverstöße auch im Netz nicht unter die Rubrik Narrenfreiheit fallen, war ebenso lange überfällig wie ein deutliches Wort an die Verantwortung der Facebook-Führung. Inwieweit der Konzern verpflichtet ist, deutsches Recht zu achten, mag in der Tat unter Juristen umstritten sein. Es wäre aber schon viel gewonnen, wenn Facebook die Einhaltung seiner „Gemeinschaftsstandards“ auch nur annähernd so konsequent durchsetzen würde wie im Kampf gegen weibliche Nippel.

Angst vor Strafen

Insofern ist es auch ein gutes Zeichen, dass immer mehr Amtsgerichte in den vergangenen Wochen und Monaten begonnen haben, straffällige Äußerungen im Internet auch empfindlich zu ahnden. Die Angst vor Geldstrafen im fünfstelligen Bereich wird sicherlich mehr Wutbürger dazu bewegen, künftig die Finger von der Tastatur zu lassen, als noch so eindringliche Appelle der verhassten „Gutmenschen“. Und auch die nun real gewordene Gefahr für Facebook-Manager, vor einem deutschen Gericht erscheinen zu müssen, dürfte zur Folge haben, dass das Unternehmen dieses Problem ernster nimmt als bisher. Natürlich werden potenzielle Volksverhetzer deshalb nicht anders denken. Ein Medium wie Facebook muss aber nicht dazu beitragen, ihnen auch noch bei der Verbreitung ihres Giftes zu helfen.

Franz Eibl ist promovierter Politikwissenschaftler und arbeitet als Pressesprecher für die Stadt Bamberg. Zuvor war er in der Politik- und Wirtschaftsredaktion einer bayerischen Regionalzeitungsgruppe und als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Zeitgeschichte tätig. Von 1994 bis 2010 war Eibl Mitglied der FDP. 2013 trat er der AfD bei und kandidierte für sie zur Bundestagswahl. Er war Bezirksvorsitzender der AfD in Oberfranken und Pressesprecher des bayerischen Landesverbandes. Im Juli 2014 trat Eibl wegen des Rechtsrucks aus der Partei aus.

 

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