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Ostdeutsche Demokratieverdrossenheit

 Anlässlich des 25-jährigen Jahrestags der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 2015 wurde in den Zeitungen der Republik Bilanz gezogen. Ökonomische Kennziffern über die Annäherung der neuen Bundesländer an das Niveau des Westens wurden aufgezählt und bewertet. Was im Vereinigungsprozess falsch gelaufen ist, wurde benannt und diskutiert. Ein mentaler Befund war für mich besonders erschreckend. Auf die Frage, ob die Demokratie die beste Staatsform sei, antworten die Westdeutschen zu 89% mit Ja, in Ostdeutschland sind es nur 63%. Die Frage, ob sie mit dem Funktionieren der Demokratie in unserem Land zufrieden seien, beantworten im Westen 61% mit Ja, während im Osten nur 33% zustimmen. Die Ostdeutschen scheinen ihre Abneigung gegen die Demokratie in Deutschland auch an ihre Kinder weitergegeben zu haben. In der aktuellen Shell-Studie über die Befindlichkeiten der Jugend (Oktober 2015) äußern sich nur 54% der ostdeutschen Jugendlichen zufrieden mit unserer Demokratie, im Westen sind es 77%. Das ist verwunderlich, sind die jungen Ostdeutschen doch im vereinten Deutschland geboren, haben dieselbe Bildung genossen und besitzen dieselben Lebenschancen wie ihre westdeutschen Kameraden.

Die Abwendung von der Demokratie kann man auch an der Wahlabstinenz der ostdeutschen Bürger ablesen. Seit Jahren geht die Wahlbeteiligung bei Bundestags-, Landtags-, und Kommunalwahlen kontinuierlich zurück. Den bundesdeutschen Negativrekord hält die Kleinstadt Halberstadt in Sachsen-Anhalt. Bei der Bundestagswahl 2013 gaben in Halberstadt nur 58,9% der wahlberechtigten Bürger ihre Stimme ab.

Wie tief die Demokratie in der Mentalität der Menschen verwurzelt ist, kann man auch daran ablesen, wie sich die Bürger in der Zivilgesellschaft engagieren. Auch hier gibt es ein großes Ost-West-Gefälle. Die fünf neuen Bundesländer teilen sich mit Berlin, Bremen und Hamburg die letzten acht Plätze in der Rangliste ehrenamtlicher Tätigkeit. Den Negativrekord hält auch hier Sachsen-Anhalt. Während sich in diesem Bundesland nur 26% der Bürger ehrenamtlich betätigen, sind es in Baden-Württemberg, dem Spitzenreiter, 41%.

Fragt man nach den Ursachen für die Demokratie-Müdigkeit der Ostdeutschen, bekommt man etwas zu hören, was in den Ohren der Westdeutschen merkwürdig klingt. Die ostdeutschen Demokratiekritiker machen „den Staat“ dafür verantwortlich, dass sie arbeitslos sind, dass sie von Hartz IV leben müssen, dass ihre Dörfer veröden, weil die Jugend in die Städte zieht…usw. Die Einstellung, der Staat müsse alles richten, hat offensichtlich den Untergang der DDR überdauert und ist in vielen Köpfen als Denkmuster wirksam geblieben. Vielen Ost-Bürgern ist nicht geläufig, dass staatliches Handeln nur den Rahmen absteckt, innerhalb dessen der einzelne Bürger eigenverantwortlich agiert und sein Leben verwirklicht. Die Demokratie ist nach allem, was in der Geschichte der Menschheit ausprobiert wurde, die beste Staatsform. Sie lässt den Menschen den Freiraum, den sie zur Selbstverwirklichung benötigen. Sie gibt der Gesellschaft aber auch die Regeln, die nötig sind, damit beim „Streben nach Glück“ der Starke den Schwachen nicht übervorteilt. Deshalb sind vor dem Gesetz alle Menschen gleich. Den Staat für die persönliche Misere verantwortlich zu machen, hat natürlich etwas Entlastendes. Keinem fällt es leicht, sich das eigene Versagen oder Unvermögen einzugestehen. In einer Diktatur, die alle Lebensregungen der Menschen kontrolliert, kann man die Schuld am eigenen Versagen auf die von oben ausgeübten Zwänge schieben. In der Demokratie fällt dieser Mechanismus weg, weil hier wirklich jeder seines eigenen Glückes Schmied ist.

Deprimierend ist auch, wie die Mehrheit der Ostdeutschen über die soziale Marktwirtschaft denkt. Acht von zehn befragten Bürgern setzen die Marktwirtschaft mit Ausbeutung gleich und jeder zweite sieht die Planwirtschaft positiv, weil er damit soziale Sicherheit assoziiert. Sind die Mangelerfahrungen, die man in der Planwirtschaft in der DDR gemacht hat, inzwischen vergessen? Leidet das kollektive Gedächtnis schon nach 25 Jahren an Gedächtnisschwund? Auf den Kauf eines Autos 12 Jahre lang warten zu müssen, war doch sicher kein Vergnügen.

In der Foto-Galerie von Dieter Riemann, die man zur Zeit in Berlin besichtigen kann, findet sich ein Foto von einer der wenigen privaten Fleischereien in der DDR. Zwei riesige Schlangen stehen vor der Ladentür: Eine von links steht an um Wurst, eine von rechts um Fleisch – geordnet und diszipliniert, wie es sich für eine „sozialistische Wartegemeinschaft“ gehörte. Die DDR war bis zu ihrem Ende eine Mangelwirtschaft, die es nicht vermochte, den Bürgern mehr als die elementaren Existenzmittel zu verschaffen. Die Planwirtschaft, die heute von vielen rückblickend mit sozialer Sicherheit in Verbindung gebracht wird, hat vor allem Entbehrungen erzeugt und bewirkt, dass die Menschen den Blick sehnsuchtsvoll gen Westen richteten. Im West-Fernsehen war die Alternative zur Tristesse in den Konsum-Märkten zu besichtigen, die die offizielle Propaganda als „kapitalistische Ausbeuterordnung“ verunglimpfte. Die Bürger wussten es (damals) besser, wie die nicht abreißenden Flüchtlingsströme bewiesen.

Von den Verteidigern der DDR – vor allem in der Linkspartei – wird auch heute noch gerne am Mythos gestrickt, die DDR-Wirtschaft sei durchaus leistungsfähig gewesen, bis sie dann im Westauftrag von der bösen Treuhandgesellschaft ruiniert worden sei. Als die DDR noch existierte, glaubten selbst im Westen viele dem im Politbüro der SED entstandenen Märchen, die DDR besitze die zehntstärkste Volkswirtschaft der Welt. Dass dies eine Lüge ist, kann man in allen seriösen Analysen der DDR-Ökonomie nachlesen. Als nach der Wende die Experten in die Kombinate gingen, um die Konkursmasse zu besichtigen, waren sie entsetzt: Oft standen in den Werkhallen noch Maschinen, die aus der Zeit der Weimarer Republik stammten. Insgesamt betrug der Technologie-Rückstand zum Westen 15 Jahre. Die Produkte der DDR-Betriebe waren nur im kommunistischen Wirtschaftsraum (Comecon) konkurrenzfähig gewesen. Als sie nach 1990 der internationalen Konkurrenz ausgesetzt waren, gerieten sie total ins Hintertreffen. Hinzu kam, dass sie sich nach der Einführung der DM in der ehemaligen DDR so verteuerten, dass sie für ehemalige Kunden aus den sozialistischen Staaten nicht mehr erschwinglich waren. Wäre es eine realistische Alternative gewesen, aus Rücksicht auf die Konkurrenzfähigkeit der ostdeutschen Betriebe die Währungsunion zu verschieben? Sicher nicht. Die DDR-Bürger skandierten auf den Demonstrationen: „Kommt die D-Mark, bleiben wir, kommt sie nicht, geh´n wir zu ihr!“. Manchmal gibt es in der Geschichte Situationen, in denen das ökonomisch Sinnvolle zu tun sich verbietet, weil die Politik andere Prioritäten erzwingt. Die Wanderungsbewegungen der DDR-Bürger Richtung Westen wären nicht mehr steuerbar gewesen, wenn ihr Hauptwunsch, die DM als Zahlungsmittel zu bekommen, nicht erfüllt worden wäre. Aus derselben Opportunität heraus wurde beim Währungswechsel der Umtauschkurs Mark der DDR zu DM in einer Weise festgelegt, der gemessen an der Produktivität der DDR-Wirtschaft zu günstig war. Politisch war er jedoch segensreich, weil er den DDR-Bürgern das Gefühl nahm, im neuen Staat Bürger zweiter Klasse zu sein.

Die LINKE beklagt ständig, dass das Vermögen der Bürger an Geld und Immobilien zwischen Ost und West krass ungleich verteilt sei. Sie sieht darin eine systematische Benachteiligung des Ostens gegenüber der alten BRD. Der Tatbestand als solcher ist nicht zu bestreiten. Demnach verfügte im vergangenen Jahr (2014) ein westdeutscher Haushalt über ein Nettovermögen von durchschnittlich 140.600 Euro, ein ostdeutscher dagegen nur über 61.200 Euro – also weit weniger als die Hälfte. Die LINKE verschweigt natürlich die Ursachen für diese Diskrepanz. Das kommunistische System hat aus ideologischen Gründen die Privatwirtschaft bis auf ganz wenige Handwerksbetriebe ausgelöscht. Auch der private Besitz von Grund und Boden war verboten. Damit war der wichtigste Motor zur Generierung von Vermögen ausgeschaltet. Dieser systembedingte Nachteil kann in 25 Jahren natürlich nicht ausgeglichen werden. Auch in der alten BRD hat es zwei bis drei Generationen gedauert, bis das Vermögen, über das die Haushalte heute verfügen, akkumuliert war.

Zwei wendebedingte Verbesserungen für die DDR-Bürger werden in den Vereinigungsbilanzen selten genannt. Sie sind jedoch, wenn man Lebensqualität messen will, von zentraler Bedeutung. Die Lebenserwartung der DDR-Bürger hat sich von 1990 bis heute um sieben Jahre erhöht. Die Suizidrate ist zwischen 1980 und 2014 von 33,6 pro tausend auf 20,5 – also auf den westdeutschen Wert – gesunken.

Dankbarkeit ist in der Politik keine geschätzte Kategorie. Auch im gesellschaftlichen Leben verblasst das Gute, das einem widerfahren ist, gegenüber dem, was einen aktuell bedrückt. Nur so kann man erklären, dass sich viele ehemalige DDR-Bürger einer Verdrossenheit hingeben, die sie die fundamentalen Verbesserungen – im DDR-Jargon: „Errungenschaften“ – ignorieren lässt. Klaus Schröder vom Forschungsverbund SED-Staat an der FU Berlin hat alle Transferleistungen für die neuen Bundesländer zusammengerechnet. Er addierte Wirtschaftförderung, Solidarpakt, Länderfinanzausgleich und EU-Fördermittel sowie die Transfers über die Sozialsysteme. Er kam auf die gigantische Transfersumme von 2 Billionen Euro. Auf den einzelnen „Bundesbürger West“ entfallen  28.000 Euro an Hilfeleistung. Hätte es diese Zuwendungen vom großen, reichen Onkel aus dem Westen nicht gegeben, hätten die neuen Bundesländer heute den Lebensstandard von Polen, Lettland, Estland, Litauen oder der Slowakei. Und der erreicht nur ein Drittel dessen, worüber die Ostdeutschen heute verfügen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende der einzigen frei gewählten Volkskammer der DDR, Richard Schröder, hat sich in einem Artikel in der FAZ (5. 10. 2015) mit der Haltung vieler DDR-Bürger auseinandergesetzt, die erreichten Erfolge nicht wahrhaben zu wollen. „Das hängt wohl mit einer Schattenseite der Demokratie zusammen: Nur wer klagt, gewinnt. Nach meinen Maßstäben ist diese vorteilsheischende Jammerei ein Mangel an Selbstachtung und Ehrlichkeit.“

 

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15 Gedanken zu “Ostdeutsche Demokratieverdrossenheit;”

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    „Auf die Frage, ob die Demokratie die beste Staatsform sei…“
    Hätte man bei dieser Frage Churchills Antwort bei ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ gezählt? Vielleicht war den Ostdeutschen ja die Frage zu humorlos, vielleicht haben sie in ihr auch einen Geßlerhut gesehen.
    „Die Frage, ob sie mit dem Funktionieren der Demokratie in unserem Land zufrieden seien.“
    Auch ein 100%iger Demokrat kann mit dem Funktionieren der Demokratie in einem Land und zu einem Zeitpunkt sehr unzufrieden sein. Einfache Arithmetik zeigt, dass mindestens 30% der Ostdeutschen die Demokratie zur besten Staatsform erklärt haben und gleichzeitig mit ihrem aktuellen Zustand unzufrieden sind.
    Und die Frage muss gestellt werden, was daraus folgen soll, wenn die Ostdeutschen demokratieverdrossener sind als die Westdeutschen. Es gehört zum Wesen der Demokratie, dass auch die Verdrossenen und Unzufriedenen eine Stimme haben. Wäre es anders, wäre Demokratie sinnlos.

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    Korrigiert:
    Demokratie? Aber Herr Werner, ich bitte Sie!
    Würden Sie das als Demokratie in Geschichte lehren?:
    Es wird nur noch sehr einseitig berichtet in den ÖR. Hinzu kommt die absolut unzureichende Ausdrucksfähigkeit eines Herrn F-W St. und das leicht näselnd-sächselnde Alternativlospalaver, langweilig bis zum Abwinken, uncharismatisch und volksfern, von Sie wissen schon. GEZ-Zwangsgebühren, alternativloses Vollmüllen von Dächern und Landschaft mit Solar und Turbinen, alternativloser und undemokratischer ESM etc. und dann die alternativlose Flut von sogenannten Facharbeitern ohne Ausbildung.
    Die Demokratieverdrossenheit ist keine, der Ausdruck ist falsch, denn es ist eine Diktaturverdrossenheit, oder, falls Ihnen das zu heavy sein sollte, eine Verdrossenheit über eine alternativlose Scheindemokratie oder eine Demokratie, die seit 2005 zunehmend in Auflösung ist. Vielleicht ist es auch ganz simpel: Unmut wegen krasser Inkompetenz. Der ist im Westen wie im Osten ausgeprägt, nur trauen sich die Ossis mehr, haben vermutlich auch insgesamt weniger zu verlieren.
    Die Wessis schauen befriedigt zu und sind heimlich dankbar, dass jemand die Drecksarbeit des Protests übernimmt.
    In Köln kippen sie am WE hoffentlich nicht wieder Polizeiwagen um. Waren das vielleicht autonome Linke? Das macht nämlich keinen Sinn, weil man sich die Polizei besser warmhält, siehe Kairo vor einigen Jahren, Polizei und Militär beim Volk. Kurz gesagt: Ich fürchte, dass das alles in rigorose Aufstände kippen kann. Was man dann am besten macht, ist doch abzulesen ausgerechnet in Kairo oder Istanbul. Und dann gucken wir mal, ob unsere Eliten den Wasserwerfer auffahren und den Erdogan geben oder ob sie sich lieber ein Beispiel an Mubarak nehmen. Bei Stu 21 wurde ja schon geprobt. Fakt ist: Man traut ihnen inzwischen einiges an Einsatz gegen die eigene Bevölkerung zu, und dankbare Handlanger sind im Land. Das geht über Verdrossenheit hinaus. Da ist auch Misstrauen, seien Sie sich sicher. Wenn die Bevölkerung in Misstrauen und Angst gegenüber der eigenen Regierung kippt, ist die Demokratie, die auch Sicherheit zur Voraussetzung hat, vorbei oder zumindest in Frage gestellt.

    Und noch hierzu:
    „Man traut ihnen inzwischen einiges an Einsatz gegen die eigene Bevölkerung zu, und dankbare Handlanger sind im Land.“

    Der Pirincci geht hier gedanklich sehr weit, aber ganz von der Hand weisen kann man paranoide Gedanken nie.

    Bei diesem Mann haben wir auch die übliche Reaktion: Einem linken Bushido oder einem Sido wird Fäkalsprache verziehen, mancher kriegt sogar einen Bambi dafür, ein Rechter und Fäkalsprache? Geht gar nicht. Aber seine Bücher deswegen nicht mehr verkaufen wollen und ihn damit totstellen und bewusst fehlinterpretieren, ist einer Diktatur würdig.
    Der Mann sollte seine Fäkalsprache abschaffen – schließlich ist er kein Rapper – und an den Provokationen so lange feilen, dass er sich keine Prozesse einhandelt und auf sicherem Terrain ist, denn dann würde er auch gehört.

  3. avatar

    Demokratie? Aber Herr Werner, ich bitte Sie!
    Würden Sie das als Demokratie in Geschichte lehren?:
    Es wird nur noch sehr einseitig berichtet in den ÖR. Hinzu kommt die absolut unzureichende Ausdrucksfähigkeit eines Herrn F-W St. und das leicht näsend-sächselnd Alternativlospalaver, langweilig bis zum Abwinken, uncharismatisch und volksfern, von Sie wissen schon. GEZ-Zwangsgebühren, alternativloses Vollmüllen von Dächern und Landschaft mit Solar und Turbinen, alternativloser und undemokratischer ESM etc. und dann die alternativlose Flut von sogenannten Facharbeitern ohne Ausbildung.
    Die Demokratieverdrossenheit ist keine, der Ausdruck ist falsch, denn es ist eine Diktaturverdrossenheit, oder, falls Ihnen das zu heavy sein sollte, eine Verdrossenheit über eine alternativlose Scheindemokratie oder eine Demokratie, die seit 2005 zunehmend in Auflösung ist. Vielleicht ist es auch ganz simpel: Unmut mir krasser Inkompetenz. Die ist im Westen wie im Osten ausgeprägt, nur trauen sich die Ossis mehr, haben vermutlich auch insgesamt weniger zu verlieren.
    Die Wessis schauen befriedigt zu und sind heimlich dankbar, dass jemand die Drecksarbeit des Protests übernimmt.
    In Köln kippen sie am WE hoffentlich nicht wieder Polizeiwagen um. Waren das vielleicht autonome Linke? Das macht nämlich keinen Sinn, weil man sich die Polizei besser warmhält, siehe Kairo vor einigen Jahren, Polizei und Militär beim Volk. Kurz gesagt: Ich fürchte, dass das alles in rigorose Aufstände kippen kann. Was man dann am besten macht, ist doch abzulesen ausgerechnet in Kairo oder Istanbul. Und dann gucken wir mal, ob unsere Eliten den Wasserwerfer auffahren und den Erdogan geben oder ob sie sich lieber ein Beispiel an Mubarak nehmen. Bei Stu 21 wurde ja schon geprobt. Fakt ist: Man traut ihnen inzwischen einiges an Einsatz gegen die eigene Bevölkerung zu und dankbare Handlanger sind im Land. Das geht über Verdrossenheit hinaus. Da ist auch Misstrauen, seien Sie sich sicher. Wenn die Bevölkerung in Misstrauen und Angst gegenüber der eigenen Regierung kippt, ist die Demokratie, die auch Sicherheit zur Voraussetzung hat, vorbei oder zumindest in Frage gestellt.

  4. avatar

    Die Ostdeutschen mögen direkte Demokratie, Volksabstimmungen, Demofreiheit und Meinungsfreiheit, also all das, was antidemokratische Blockpolitiker von Grün bis CDU hassen. In Westdeutschland gibt es massiven linksislamischen Terror, deshalb ist dort jede Demo von Deutschen ein Risiko für Leib und Leben.

  5. avatar

    Die Reduzierung ehrenamtliche Tätigkeit ist wohl gesichert auf den Kampf um die materielle Existenz zurückzuführen, der weder Geld, Zeit noch Energie für ehrenamtliche Tätigkeit übriglässt. Vereins- und Parteimitgliedschaften als Basis für ehrenamtliche Tätigkeiten kosten alle Geld, das HartzIV-Empfänger nicht haben. Wer sich mit mehreren Jobs über HartzIV-Niveau zu halten versucht, hat auch keine Zeit fürs Ehrenamt.

  6. avatar

    Von der Repräsentativdemokratie halten die Ostdeutschen offenbar nicht viel, aber viele von ihnen beteiligen sich Woche für Woche an Demonstrationen der PEGIDA zu deren Forderungen auch mehr direkte Demokratie gehört, an Gegendemonstrationen und an AfD-Kundgebungen. Auch Demonstrieren ist demokratische politische Partizipation.

  7. avatar

    @BVG
    Sie haben recht: Bei Landtags- und Kommunalwahlen gibt es inzwischen auch in den westlichen (alten) Bundesländern beschämend niedrige Wahlbeteiligungen.
    Die von mir genannte Zahl für Halberstadt bezieht sich allerdings auf die Bundestagswahl. Dort ist überall die Wahlbeteiligung höher, weil die Bürger doch glauben, dass es gut sei, die nächste Regierung bestimmen zu müssen, die ja dann Entscheidungen trifft, die alle Bürger betreffen. Wenn man dieser wichtigen Wahl fernbleibt, gibt man irgendwie doch zu erkennen, dass man kein rechtes Vertrauen in die Regierungen (oder in das ganze System) hat.

    Rainer Werner

  8. avatar

    Sehr geehrter Herr Gandow,
    hier ist meine Quelle zur Zahl der Ehrenamtlichen:

    http://de.statista.com/statist.....er-arbeit/

    Zu den Flüchtlingen aus der DDR: Von 1949 bis 1989 verließen 3,8 Millionen Menschen die DDR, die meisten illegal. Darunter sind 480 000 Menschen, denen die Ausreise aus humanitären Gründen gestattet wurde. Wenn man die Zahl ins Verhältnis zur Einwohnerzahl der DDR setzt (17 Millionen), ist das schon ein recht großer Aderlass. Vielleicht ist der Begriff „Flüchtlingsstrom“ nicht optimal gewählt, weil man dabei die Bilder dieses Sommers vor Augen hat.

    In der DDR gab es „geteiltes“ Eigentum. Grund und Boden war grundsätzlich „Volkseigentum“ und als solches nicht privat käuflich. Ein Haus, das auf einem dem „Volk“ (=Staat) gehörenden Grundstück stand, konnte allerdings privat gekauft und auch wieder verkauft werden. Auch vererbt konnte es werden. Dafür gab es sogar ein eigenes, separat geführtes Grundbuch. Es ist dasselbe System, das wir heute noch bei Lauben oder bei der Erbpacht von Wohnungen haben: Private Nutzung eines Hauses auf einem Grundstück, das dem Staat (Kommune, Stadt usw.) gehört.

    Rainer Werner

  9. avatar

    Seh geehrter Herr Werner,
    mich interessiert Ihre Quelle zum ehrenamtlichen Engagement in den östlichen Bundesländern.
    Der Freiwilligensurvey der Bundesregierung gab bisher andere Zahlen – oder irre ich mich?
    Hat es eine Veränderung in den letzten 7 Jahren gegeben? Solche (extremen) Veränderungen und ihre Gründe wären interessant.

    BTW zwei Anmerkungen:
    „Die Bürger wussten es (damals) besser, wie die nicht abreißenden Flüchtlingsströme bewiesen“ – Was meinen Sie damit? Es gab sicherlich eine ständige Ausreisebewegung, aber „Flüchtlings*ströme*“ zwischen 1962 und 1988?
    „Auch der private Besitz von Grund und Boden war verboten.“ Was meinen Sie damit? Das trifft jedenfalls weder auf Mietshäuser in der Stadt noch Grundstücke mit „Eigenheimen“ zu. Meinen Sie dn Erwerb?

  10. avatar

    Ok ok, die DDR war scheiße, das will ja jetzt (hoffentlich) niemand ernsthaft bestreiten.

    Aber wie kann das der Grund dafür sein, dass sich immer mehr Bürger von der Demokratie abgewendet haben.
    Wenn man ehrlich ist, dann liegt das doch vor allem daran, dass die Marktwirtschaft es nicht geschafft hat die Erwartungen, die in sie gesetzt wurden, zu erfüllen. In Ostdeutschland ist die Industrie weiterhin unterentwickelt, die Infrastruktur schlecht, der Arbeitslosensatz deutlich höher. Und das soll die Schuld der Ostdeutschen sein, weil sie sich im „Streben um Glück“ (als ob Glück mit Geld gleichzusetzen sei) nicht durchsetzen. Das ist doch Bullshit.

    Ohne mit dem Finger auf jemand zu zeigen, muss man sagen, dass bei weitem nicht genug getan wurde, um den Osten wieder aufzubauen. Und das obwohl doch eine ganze Menge getan wurde. Man muss verstehen, dass sich manche Dinge nicht auf dem freien Markt regeln. Manchmal muss der Staat auch eingreifen, wenn er sich schon sozial nennt.

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