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Alzheimer hat mich

Ich find mich nicht mehr zurecht. Bitter, aber wahr. Es demoralisiert so, selbst zu erkennen, dass man gaga wird. Aus der Apotheke im Bahnhof bringe ich neben den Gingko-Tropfen und dem Viagra die Apotheken-Umschau mit. Und am Kiosk kaufe ich mir den Spiegel und einen Pulk Sonntagszeitungen, dabei aus Versehen auch die BILD. Zuhause lege ich die Beine hoch und beginne mein staatsbürgerliches Sonntagsvergnügen: ich tue was für meine poltische Bildung.

Kopfschmerzen sind eine Volkskrankheit, sagt mir das Titelbild. Ich wollte doch den Spiegel lesen, wohl vergriffen, das Apothekerblatt genommen. Nein, es war nicht der Titel der Apotheken-Umschau, das ist der Titel des neuen Spiegel. Nur Menschen meines Alters können ahnen, wie weh das tut, wenn Du an Deinem Verstand zu zweifeln beginnst. Wie kommt das Thema der Apotheken-Umschau auf den Spiegel? Ich begreife es nicht. Alzheimer hat mich.

Zum Glück für meine Aufklärer-Seele gibt es auch an diesem Wochenende eine große investigative Geschichte: Der ADAC fälscht in dreister Manier seine Auto-Prämierungen zum Gelben Engel, um den Faktor Zehn. Der Pressechef der Gelben Mafia räumt das ein und geht. Und wo steht das Stück des Investigativen? In der BamS. Im Springerblatt. Nichts davon im Spiegel.

Dann wird, höre ich im Radio, nachgelegt: Ein Autoexperte kündigt an, dass man nun auch an den Pannenstatistiken des ADAC zweifeln müsse. Woher hat das die alte Tante RBB? Wo steht das ursprünglich? Im Focus. Der Spiegel hat noch immer nichts eigenes. Mein Neffe spielt im Internet und sagt: SPON kupfert das nur ab.

Die Leute, die ich früher beim Spiegel kannte, sind da nicht mehr. Das passiert, altersbedingt. Aber ich höre, die sind jetzt bei der Welt, dem blauen Flaggschiff Springers. Dort, wo sich heute ein stadtbekannter Zyniker über Kinderarmut als Thema erhebt. Wie klein ist das denn? Und der Berliner Büroleiter der Bild ist jetzt Stellvertretender beim Spiegel. Ich verstehe es nicht.

Meine Brille verlege ich, die Hose bleibt gelegentlich auf, und meine Brieftasche gehört schon eine ganze Weile wem anders. Manchmal werde ich morgens wach und bin hocherfreut, dass schon wieder eine andere Frau neben mir liegt, bis ich dann beim Frühstück merke, es ist doch meine. Na ja, die Brille. Und das Alzheimer eben.

Dann am Abend die Erlösung. Der Spiegel kommt mit der elektronischen Geschichte, die die da immer machen. Und es steht drin, dass man jetzt gar keinem ADAC-Test mehr trauen darf. Na also, das Sturmgeschütz der Demokratie! Ich finde meine Brille wieder und lese den Exklusivbericht mit heißer Erwartung, wie in alten Tagen. Die Luft weicht dann gänzlich aus mir, als ich unten angekommen bin. Dort steht lapidar: dpa. Die haben nur eine Agentur verwurstet. Genug Enttäuschungen für einen Tag. Ich greife zur Apotheken-Umschau.

 

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13 Gedanken zu “Alzheimer hat mich;”

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    @ KJN
    Sie brauchen keine Korrekturen mehr zu machen. Mein Lapsus mit dem Dom in Aschaffenburg ist auch nicht weiter wild.

    Hier von der Konkurrenz. Ein Leser:
    “ Mathe-As Münchau hat wieder zugeschlagen:

    Eine Milliarde minus zehn Prozent ergibt 900.000 Millionen. Is‘ klar.

    Und nächste Woche bricht wieder die Welt zusammen …“

    Ein Land in der geistigen Deflation.

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    @parisien
    „cup-holder“
    Sie meinen jetzt Bierdosenhalter? Ich glaube ja, aber ich weiß nicht.. ähem.. fällt schwer, so lange Jahre geheimgehalten.. aber dann muss ich mich wohl auch outen: Ich fahre Opel-Vectra und das ist auch gut so. (jetzt ist’s ‚raus.)

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    Oh, nee, Korrektur:
    Nordbayern ist offenbar nicht mein Ding. Meinte natürlich Bamberg. Schöner Dom. In Arschaffenburg war ich noch nie. Auch beginnender Alzheimer, ganz offensichtlich. Sowas ist wahnsinnig ärgerlich. Die ..Blubb.. hat das jeden Tag. Wenn ich Chef wäre, würden die alle fliegen.

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    Der andere Oberzyniker von der Fa. achgut hat es besser drauf als Sie, Herr Kocks. Wahrscheinlich verwechselt er seine Frau nicht oder sowas. Röhl meint, bei Neuanschaffungen brauche man den ADAC nicht. Da hat er nicht ganz unrecht, denn wenn die liegen bleiben, ruft man die Nummer in der Tür an. Da die ganze Sache hochnotpeinlich ist, zahlen sie sogar die Drinks. Auf diese Weise habe ich Aschaffenburg (schöner Dom) und Meersburg kennen gelernt. Diese erscheinen in keiner Statistik.
    Ansonsten muss ich die Engel loben. Wie sie den Abgesoffenen aus der gefluteten Tiefgarage brachten, wo wir ihn nach einem Urlaub fanden, verkehrt herum natürlich, verdient Bewunderung. Sie sind immer freundlich, selbst bei Bagatellen. Auto, Motor und Sport lese ich auch noch, obwohl bekannt ist…..
    Ganz weit hinten in den Studententagen habe ich einen ..Blubb.. ohne Bremsen nach München gefahren. Die versagten bei Stuttgart. Er mochte die Stadt wohl nicht, weil dort das Porsche-Werk steht. Da hatte ich noch keinen ADAC. Das Modell hieß so ähnlich wie die berühmteste Popgruppe.

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    @K.K.
    ..so sind Sie doch ironisch – letztes mal war ich sehr am zweifeln. Was die „gelbe Mafia“ betrifft: Verdient man nicht so sein meistes Geld – wenn man „schreibt“ (?): Der Golf ist doch immer das beste Auto der Welt gewesen und wird es immer sein – in Ewigkeit Amen.

  6. avatar

    … wusste nicht das Apotheken sonntags geöffnet haben. Oder der Notdienst auch die Apotheken-Umschau verkauft. Nun ja.

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    Tatsächlich scheint Ihnen langweilig zu sein, Herr Kocks, ein schlimmes Übel. Ich fürchtete schon nach Einblicken in den Koalitionsvertrag, dass uns allen langweilig werden würde. Nur Ihre Viagra-Sache machen Sie vermutlich nicht. Aber wenn Sie Viagra und Alzheimer da stehen haben, wird das unter Viagra und Alzheimer auf google erscheinen und trotzdem gelesen werden, obwohl Sie nicht wussten, was Sie schreiben sollten, nachdem Ihnen die Anregungen fehlten.
    Vielleicht wird das auch gelesen, wenn ich hier etwas Eindeutiges über Männer und Frauen verfasse.
    These: Männer brauchen Viagra nur, weil sie zu wenig Phantasie auf dem Sektor haben. Nicht dass Männer keine Phantasie haben, weit gefehlt. Männer haben die schönsten Autos erfunden und davor die Motoren und den Motorsport, die Harley, den Film Easy Rider, das Flugzeug und die Schnelligkeit. Männer haben eine brillante technische Phantasie, weswegen ich die Quote für Firmen wie Daimler-Benz als Horror empfinde. Männer haben den Computer erfunden und den Mac, die Suchmaschine und social networks. Da sie keinerlei Angst haben, irgend etwas kaputt zu machen, was man ja auch an ihrer Vergewaltigungsrate und ihrer höheren Unfallrate beim Autofahren sieht, hatten sie nie Angst, unbekannte Knöpfe zu drücken und werden im IT-Sektor und im militärischen Bereich immer hoch überlegen sein. Wenn sie aber den Sexualbereich aus dieser Überlegenheit ausschließen würden und sich von einem Machbarkeitswahn hier befreien würden, bräuchten sie weder Viagra noch Porn.
    Frauen dagegen haben in diesem Bereich Phantasie, wie auch in den Feldern Ordnung oder Geschichten erzählen, Kindern auf der Bettkante zum Beispiel. Man merkt sofort, wer einen Koffer gepackt hat. Am Flughafen machen sie möglicherweise Witze darüber. Man sieht auch, wenn man eine Wohnung betritt, ob dort auch eine Frau lebt. Die Wohnungen von Intellektuellen ohne Frau sind grausig, überall liegen Papierstapel. Häuser, die von Männern eingerichtet wurden, zeichnen sich aus durch Kahlheit, Funktionalität und einen signifikanten Mangel an Charme. Ich schlage daher vor, den Flughafen BER als nächstes einer genialen Frau zu übergeben, aber bitte nicht einer Politikerin. Außerdem wäre die Quote tatsächlich in der Architektur schön. Wenn Ihnen noch langweilig ist, lesen Sie doch über die dünne deutsche Personaldecke bzw. Adorn-Behdorn-Mehdorns Klage gegen sich selbst bei Burkhard Müller-Ulrich, auch achgut.
    Falls Sie mir nicht glauben, gucken Sie sich die Meinungsbildung in England an. William ist irgendwie out. Man hält ihn für ein Anhängsel der Familie Middleton. Harry ist der Liebling. Ein Haudegen, der mit behinderten Sportlern am Südpol war. Jetzt ist man traurig, dass er einen Schreibtischjob annimmt. Der Haudegen ist also immer noch sehr beliebt.

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    Ich hab ’ne gute Therapie für Sie, Herr Kocks: Wir ziehen die Diskussion, die wir unten bei Posener führen, hier ‚rauf, und Sie nehmen daran teil. Vielleicht erspart Ihnen das das Viagra. Aber Sie brauchen das auch nicht wirklich, wenn Sie morgens eine Andere in Ihrer Frau sehen. Sie müssen nur die gesamte Aktivität auf morgens verlagern.
    Und außerdem können Sie die brillanten Ausführungen über die Freiheit von Ulrike Ackermann achgut lesen. Das erspart Ihnen die Apothekenrundschau. Zum Spiegel lässt sich aber sagen, dass ein so krasser Gegensatz wie Augstein-Fleischhauer ausgesprochen erfrischend ist.

    @ Alan Posener
    Vielleicht sollten Sie mal über Beamtenstaat nachdenken statt Nationalstaat. Eines der Probleme sowohl bis ’18 als auch bis ’45 war der ausgeprägte deutsche Gehorsam. Zur Zeit haben wir wieder beträchtlichen Gehorsam und Unisex-Meinungen. Das macht Sorgen, und das ist die Parallele.

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    Das mit der Frau gefällt mir (damit könnte man für Alzheimer werben), mit dem Zyniker, das ist zu schwach, denn der ist landesbekannt, an der LSE ist er auch verschrien, aber noch weiter hat er’s nicht geschafft, was ihn sicher grämt, nicht, weil das nicht möglich wäre, sondern weil zumindest die Länder Frankreich, GB und USA Zyniker auf Vorrat im Regal haben, im Gegensatz zu Deutschland.
    Und ich bitte Sie, gehen Sie mal weiter als bis zum Kiosk, mindestens in Berlin sehen Sie jede Menge Verwahrlosung. Mindestens einmal am Tag stellt man sich die Frage, warum jetzt gerade dieser/diese wohl Kinder gekriegt hat. Und im Ernst, es gibt ein paar Leute, für die die Reihe Kinder, die sie haben, inzwischen den Hauptteil des Einkommens einbringt. Ich stelle Ihnen mal eine These auf: Mit Schulen, die nicht bezahlt werden müssen, und dem Kindergeld kann man die Kinder ernähren. Kleidung? Fast geschenkt, Bazaar, Freunde. Denken Sie mal an Oliver Twist, Dickens überhaupt. So leicht konnten Arme noch nie ein Kind großziehen. Natürlich nur, wenn sie vom Kindergeld weder booze, noch Nikotin, noch Gras noch neue Elektronikgadgets kaufen. Kosmetika kommen auch dazu. Aufgebrezelte Blondinen mit einem gammeligen Kinderwagen. Schonmal gesehen? Der Mann hat Recht, und die Romani sollten bitte nicht mitgezählt werden.
    Wieso kriegt eine(r) Kinder, der/die nicht bereit ist, auf etwas zu verzichten, gut zu kochen und abends vorzulesen, zu basteln oder MenschÄdn zu spielen, wieso? Sechzehn bis achtzehn Jahre Altruismus, das ist die Grundvoraussetzung. Am Geld kann es wohl nicht liegen, sonst hätte es schon vor hundert Jahren kaum noch Londoner gegeben.
    Ansonsten kommt mir das auch langsam so vor, als wäre Bild am besten.

    @ Alan Posener
    Bei Ihnen alles kursiv. Ich hab keine miese Laune, und habe nie behauptet, Sie hätten gesagt, die Deutschen wären allein am Krieg schuld gewesen. Das ist eher meine Meinung, wenn ich alles zusammen zähle, nach wie vor.

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