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George Orwell lesen!

Im Zusammenhang mit der nicht sehr überraschenden Meldung, dass ein US-Geheimdienst auch auf die Verbindungsdaten von Telefongesellschaften und auf die Datenbanken bestimmter Social Media und Suchmaschinen zugreift, wird immer wieder George Orwell beschworen. „1984“ und „Big Brother“ würden nun Wirklichkeit, heißt es.

Nun freue ich mich einerseits immer, wenn George Orwell im Gespräch ist. Leider muss ich immer wieder feststellen, dass Orwell meistens von Leuten beschworen wird, die offensichtlich sein Werk, und insbesondere den Roman „1984“ nicht kennen. Das letzte Mal war das 1987 – „drei Jahre nach dem Orwell-Jahr“ – der Fall, als in der Bundesrepublik eine Volkszählung anstand. Wie wenig das damalige Westdeutschland – anders als die DDR – der Orwell’schen Dystopie glich, sieht man auch daran, dass ein von einigen Protestierern erwirktes Bundesverfassungsgerichtsurteil nicht nur das „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ bestätigte, man möchte sagen: erfand; sondern verlangte, dass in der Anwendung dieses Rechts die Ausführungsbestimmungen zur Volkszählung in Richtung Anonymisierung  verändert würden, was auch geschah.

Womit ich – auch – sagen will, dass der Protest gegen die Anmaßungen der exekutiven (und, da bei uns die Regierung auch automatisch im Bundestag eine Mehrheit hat, der legislativen)  Staatsgewalt berechtigt sein und zu guten Ergebnissen führen kann, auch wenn er sich falscher Vergleiche bedient. Dennoch scheint es mir wichtig, Orwell und „1984“  vor der Verflachung zu verteidigen, die Ergebnis der Instrumentalisierung für jeden Protest gegen einen angeblichen „Überwachungsstaat“ sein muss.

Orwell schrieb den Roman 1948, und es ist oft angemerkt worden, dass „1984“, weit davon entfernt, eine ferne Zukunft zu beschreiben, die britische Gegenwart seines Veröffentlichungsjahres – mitten in der „Austerity“- und Verstaatlichungspolitik der Labour-Regierung und Clement Attlee –parodiert. Das reicht vom allgegenwärtigen Gestank von Kohl über die ersten Fernseher, die ja nur ein Programm ausstrahlten und bei Orwell als Überwachungsgeräte auftauchen, die gemeinsamen Turnübungen etwa in  den „Holiday Camps“ von Billy Butlin, die Fixierung auf die glorreiche Kriegszeit – der Held heißt ja mit Vornamen „Winston“ – und den schon damals offenbar werdenden Widerspruch zwischen den Intellektuellen, die in der Labour Party den Ton angaben, und den Proleten, für die sie angeblich ihre Politik machten, bis hin zu dem Nachrichtenmanagement und der Selbstzensur des staatlichen Rundfunks BBC, für den Orwell ja tätig gewesen war.

Der Roman ist außerdem eine Kritik des real existierenden Stalinismus, wenn der allerdings im Roman erheblich menschlicher daher kommt als in der damaligen Sowjetunion oder in den von ihr befreit-besetzten Ländern Osteuropas; und ist beeinflusst von dem – nun wirklich prophetischen – Buch des Ex-Trotzkisten und CIA-Mitarbeiters James Burnham, „The Managerial Revolution“, das man dieser Tage lieber als „1984“ wieder lesen sollte.

Was an „1984“ jedem Leser sofort auffällt, ist die technische Rückständigkeit der dort imaginierten Gesellschaft, selbst nach dem Stand von 1984. Winston Smith etwa ist damit beschäftigt, alte Exemplare der Parteizeitung den politischen Erfordernissen der Gegenwart anzupassen, indem nachträglich alle Hinweise auf inzwischen in Ungnade gefallene Parteigenossen oder auf Aussagen von Big Brother, die im Widerspruch zu dem stehen, was heute von ihm verkündet wird, zu tilgen oder zu verändern. Offensichtlich hat das gedruckte Wort noch ein solches Gewicht, dass eine solche Arbeit – man kennt die retouchierten Fotos, die früher in sowjetischen oder chinesischen Geschichtsbüchern standen, Nostalgiker können sie heute noch im Stalin-Museum in Gori, Georgien bewundern – wichtig ist.

Ansonsten aber ist die Propaganda der Partei primitiv und einfallslos. Bereits 1931 hatte Aldous Huxley in „Brave New World“ eine Gesellschaft imaginiert, in der durch pränatale Manipulation, Hypnose und Konditionierung der Kinder, durch Sex, Drogen und Musik eine prästabilisierte Harmonie erreicht wird, in der Liebe und Hass, Poesie und Schmerz, Religion und Tod keinen Platz haben. Zweifellos ist Huxleys Dystopie, obwohl älter, nicht nur aktueller, sondern auch eher zum Fürchten als Orwells Welt, in der Winston Smith durch Folter gezwungen werden muss, Julia und sich selbst zu verraten, auf dass er „heil“ wird und Big Brother liebt.

Das sagt sich natürlich leicht, wenn man nicht in einem Orwell’schen Staat lebt. In Nordkorea etwa. Oder im Iran. Im Irak des Saddam Hussein, den die bösen Amis stürzten, oder im Syrien des Baschar al Assad, den die bösen Amis nicht gestürzt haben. Auch das Russland des Wladimir Putin und das Weißrussland des Alexander Lukaschenko haben Züge von „1984“. Aber nur Züge davon. Denn im Herzen des Orwell’schen Romans entdeckt man eine Finsternis, die nichts mit Überwachungstechniken und Herrschaftsformen zu tun hat. Der herrschenden Schicht in diesem Roman sind ja die Massen – die „Proles“ – vollkommen gleichgültig, und sie sind auch völlig dumpf und ungefährlich. Beim Konflikt zwischen Smith und O’Brien geht es um einen innerparteilichen Kampf, um eine Auseinandersetzung innerhalb der herrschenden Klasse. Und nicht einmal um eine wirkliche Auseinandersetzung, denn O’Brien hat Smith erst zum Abfall von der Parteilinie ermuntert, ja verführt, um ihn dann als Persönlichkeit auszulöschen. Darin besteht der Daseinszweck der Partei, und deshalb muss sie immer wieder ihre eigenen Gegner hervorbringen. „If you want a picture of the future“, sagt O’Brien, „imagine a boot stamping on a human face – forever.” Die Partei ist nur dazu da, Menschen zu unterdrücken. Das ist ihre Funktion und die Lust ihrer Funktionäre. Und sie obsiegt. Am Ende ist Smith zerstört und geheilt, reif zur Hinrichtung: „He loved Big Brother.“

Orwells Menschenbild ist also zutiefst pessimistisch. Dem Stalinismus gehört die Zukunft, weil ihm die menschliche Natur entspricht. Die Freiheit hat keine Chance.

Bei Huxley immerhin muss die menschliche Natur manipuliert werden, damit die Schöne Neue Welt entstehen kann. Der „Wilde“, aufgewachsen außerhalb der Zivilisation mit William Shakespeares Werken als seiner einzigen Literatur, kann diese Zivilisation im Namen der menschlichen Natur verwerfen und die Freiheit wählen.

 

Die Leute, gegen die sich Programme wie „Prism“ wenden, ticken wie O’Brien. Sie glauben nicht an die Freiheit. Ihnen bereitet es Lust, anderen Menschen Schmerzen zuzufügen. Al Qaida und Co. sind – einschließlich ihrer Gleichgültigkeit gegenüber der Technik, der Schönheit, dem Luxus – die legitimen Nachfolger der Partei, die in Orwells Roman Ozeanien beherrscht. Sie verachten uns, weil sie in uns die willenlosen, manipulierten Hedonisten der Schönen Neuen Welt sehen.

Aber wir haben noch den Wilden in uns. Die Zukunft ist weder der Stiefel, der ein Gesicht zertritt, noch die „Orgy-Porgy“-Party mit Soma und Sex. Freilich muss man sich gegen beides wehren. Gegen Terroristen mit Intelligenz und Technik, Feuer und Schwert; gegen die Gleichgültigkeit und die Trägheit des Herzens mit jenen Waffen, die uns die Kultur und die Wissenschaft zur Verfügung stellen.

Orwell hatte Unrecht. O’Brien hat Unrecht. Und die Leute, die sich in ihrer Kritik an Internetüberwachung und Drohnenschlägen auf Orwell berufen, haben auch Unrecht.

 


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97 Gedanken zu “George Orwell lesen!;”

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    Sie wollen Fragen für die Sendung. Hier ist eine:
    Was halten Sie davon, wenn Roger Lichtenberg Simon feststellt: „Welcome to Fascist America“?

    Ich würde mich freuen, wenn Sie nicht etwas von Tea Party murmeln würden, zumal die IRS, amerikanische Steuerbehörde, angeblich selektiv Tea Party-Mitglieder hat abhören lassen.

    Frage 2: Was halten Sie davon, wenn John Bolton die lahme Anschuldigung bringt (guardian), Edward Snowden hätte China moralisch aufgewertet? Den genauen Wortlaut werden Sie wohl selbst nachlesen.

    Frage 3: Gibt es Ihnen nicht zu denken, dass zwei Ränder, der weiter links stehende Guardian und amerikanische konservativ-liberale blogs, gern als „tea party“ abklassifiziert, in etwa gleich besorgt sind und dass einige Verteidiger der Methode aus der vorvorigen administration (bis 2008) kommen?

    4. Ist das eine Aushöhlung des 4th amendment?
    5. Was ist eigentlich noch amerikanisch? Ist Edward Snowden ein typischer Amerikaner alter Schule, in eine Kategorie gehörig mit den beiden investigativen Journalisten der WaPo, die watergate aufgedeckt haben? Hier also prismgate?

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    @ Alan Posener

    Oben schrieb ich von einer geistigen Autorität, Clive Staples Lewis. Alle geistigen Autoritäten müssen sich ihre Anerkennung ständig erarbeiten. Was sie dafür nie brauchen, ist einen Knüppel oder eine Spähmaschine. Sie müssen auch niemandem politisch korrekte Sprache auf’s Auge drücken, denn wenn ihnen etwas nicht gefällt, können sie es verbal anfechten.

    Was Staaten, zusammen mit Firmen und Kreditgebern zur Zeit machen, ist noch kein Knüppel, kann aber jederzeit einer werden. Sie bauen eine Drohkulisse auf.
    Sie (A.P.) beschreiben, wie sheep ihnen freiwillig alle möglichen Daten gibt. Bei Sheep muss man die Jugendlichen ausnehmen, aber man muss sie davor schützen, sich dort geistig und körperlich zu entkleiden. Letztlich muss man also facebook dazu bringen, mit eigenen Regeln Jugendliche zu schützen. Was den älteren Teil von sheep betrifft, offenbart sich eine erschreckende Autoritätsgläubigkeit (schreiben zumindest die msm mit dazu passenden Statistiken), die Ausredenbastler in den entsprechenden Firmen und in der Politik bedienen. Und erschreckend ist, dass ein großer Teil das glaubt und sich damit zufrieden gibt.
    Und Autoritätsgläubigkeit wurde den Deutschen nach dem Krieg am meisten vorgeworfen. Der Orwell’sche Stiefel kann also noch kommen und wird durch diese Naivität und Gutgläubigkeit gefördert. Passivität ist ein Gift.
    So muss ich konstatieren, dass Huxley’s Albtraum Orwell’s Albtraum erst ermöglichen kann. Diese Staatsgläubigkeit ist jedenfalls erschreckend. Auch zu glauben, die am besten bewaffnete Weltmacht wäre um so vieles besser als die am zweit- und drittbesten bewaffnete, ist krank. Sie ist heute nur ein bisschen besser, wenn überhaupt. Russland hat in den vergangenen Jahren lediglich Grenzstaaten angegriffen, China niemanden.
    Und sie will sicher kein Freihandelsabkommen, um uns umsonst mit einem GE-Freezer auszustatten, eher möchte sie unseren Käse (eher Auto) günstig importieren, wenn wir dafür Mais plus Dünger von Monsanto nehmen. Und das ist ein Sch…-Tausch.

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    @ Alan Posener: Agentur, die diese freiwillig hergegebenen Daten benutzt, um Terroristen und Drogenhändler zu jagen

    Genau! Genau!

    Nebenbei: Wie rückständig die Amis doch wieder sind! So ein riesiges Dingen zu veranstalten, um ein paar Terroristen (nicht) zu fangen! Unsere „Agenturen“ haben da doch längst eine kopernikanische Wende vollzogen: Den ganzen Datenwust, der jede freie Sicht auf das Objekt der Begierde nur verstellen kann, kurzerhand schreddern und – zack ….

    Aber wie auch immer. Weg mit dem Orwell-Kram! Vertrauen muss man haben. Dann passt’s schon.

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    The actions of the US government in spying on its and other countries‘ citizens has been sharply cricitised by Noam Chomsky, the prominent political thinker, as attacks on democracy and the people.

    „Governments should not have this capacity. But governments will use whatever technology is available to them to combat their primary enemy – which is their own population,“ he told the Guardian.
    …..
    „This is obviously something that should not be done. But it is a little difficult to be too surprised by it,“ he said. „They [governments and corporations] take whatever is available, and in no time it is being used against us, the population. Governments are not representative. They have their own power, serving segments of the population that are dominant and rich.“
    http://www.guardian.co.uk/worl.....am-chomsky

  5. avatar

    @ KJN
    „WER hat Interesse an der Infantilität der Einwohner? Von WAS soll sie ablenken?“

    Wer? Vielleicht nicht so wichtig. Die Masse wurde früher dumm gehalten. Da sie ausgebildeter wurde, wird sie zum Ausgleich infantilisiert, denn dann konsumiert sie besser. Konsum ist auch ein scheinbares Antifrustrationsmittel.

    @ MB
    Egal, was auf dem Handelsblog steht, mit „kalte“=schleichende Enteignung hat der Mann Recht.
    Ich habe eine Theorie, lesen Sie die mal unvoreingenommen:
    Bevor die Chinesen mitmachten, war alles in Butter. Theorie: Inzwischen haben wir eine grassierende Überproduktion. Haufen an Handyfirmen von Apple bis Samsung, zu viele Computerfirmen, zu viele TV-Geräte-Hersteller etc. Wenn diese alle klein bleiben wollten oder umschrieben, wäre das kein Problem. Ein Problem ist aber, dass alle für Aktionäre arbeiten und groß bzw. größer werden wollen (Wachstum – Sie haben Recht, finde ich).
    Um größer zu werden, müssen sie die Arbeit rationalisieren. Es gibt weniger Arbeitsplätze, und der Einzelne verdient zu wenig (Lohnstückkosten). Überall. Folge: Zu wenig Kaufkraft für zu viele Produkte. Überall.
    Was halten Sie davon?
    Folge: Beballern der potentiellen Käufer mit Werbung, teilweise aggressiv, möglicherweise ohne Erfolg, denn wo zu wenig verdiente Zauberthaler, da ist kein Käufer zu kreieren.
    Infantilismus (@ KJN), wozu?: Vielleicht, damit der Käufer wird wie der average-Amerikaner und sich bis unter den Stehkragen versorgt mit Kreditkarten von jedem einzelnen Unternehmen und sich maximal verschuldet.
    Folge: Staaten verschuldet, Bürger verschuldet und wohl auch, wenn man Krämer zugrunde legt, Firmen verschuldet und Banken verschuldet, alle verschuldet. Also hat das System nach Adam Riese und Giovanni Trappatoni fertig. Die Mentalität stimmt nicht. Und man kann nicht zu viel produzieren. Man muss weniger produzieren und teurer, um in jedem einzelnen Land den Binnenkonsum anzuschieben. Es geht nur noch um Export (wer ist der Beste?), das kann es nicht sein, weil es jedem um Export geht.
    Statt dessen treibt man das System noch weiter in den Abgrund, indem man an das Eingemachte von Bürgern will, die gespart haben. Das kann es nicht sein, denn dann geht es noch mehr den Bach hinunter.
    Natürlich will man auch an die Mafia. Die Kriterien, die ich oben beschrieben habe, treffen hier auch zu, wie ich in Ihren links gesehen habe. Soll das heißen, dass das ganz normale System quasi mafiös geworden ist? Keine gute Qualität, der Produzierende zunehmend in Slavendasein gedrängt, nicht genug Einkommen, zu wenig Kaufkraft? Aggresssive Werbung für die Katz‘, außerdem Übergriffigkeit über Spähen (Die meisten Abfragen und Eingriffe von Seiten der NSA angeblich in Deutschland und China, Nachtigall, ick hör de trapsen).
    Und Schlussfolgerung: Ich möchte hier in Europa nicht dafür bezahlen, dass die USA nach Nixon fast ihre gesamte Produktion erst nach Taiwan, dann nach Korea und China verlegt haben und heute zu wenig Käufer im Land, außerdem ihr Know-How reduziert haben.

  6. avatar

    Lieber Hannes,

    ich habe nicht gesagt, dass die Labour-Regierung und das Austerity-Programm die einzige Quelle für „1984“ bilden. Ich erwähne ja auch den Stalinismus … Aber DASS sie eine Inspirationliefern, kann nicht ernsthaft bestritten werden. Sehr erleuchtend in diesem Zusammenhang der Essay des katholischen Häretikers Anthony Burgess – der zu meinen Lieblingsschriftstellern gehört – über Orwell und die Komik von „1984“ in seinem eigenen Roman „1985“.

  7. avatar

    Lieber Parisien, Sie bestätigen mir, dass Huxley einem mehr Angst machen sollte als Orwell; und wir sollten bei Gelegenheit auch darüber diskutieren. ich habe hier nur Orwell zur diskussion gestellt, weil „1984“ dank PRISM wieder zum Bestseller auf – haha – Amazon wird.
    @ 68er: Sie haben ja vollkommen Recht: Die Leute sind völlig bereit, auch das Intimste von sich auf Facebook, YouTube, Twitter usw. preiszugeben, freuen sich über Kaufvorschläge von Amazon und Suchvorschläge von Google: Das ist jene Liebe zur Diktatur, von der Huxley sprach, und die besser funktioniert als das Treten. Wenn man das einmal begriffen hat, dann relativiert sich aber die Empörung über eine Agentur, die diese freiwillig hergegebenen Daten benutzt, um Terroristen und Drogenhändler zu jagen. oder?

  8. avatar

    Lieber Parisien,

    herzlichen Dank.

    Zu Walter Krämer her etwas aus dem HB lustig, aber läßt ein wenig Rückschlüsse auf Walter Krämer zu:

    http://blog.handelsblatt.com/h.....er-kramer/

    Und was die “ kalte Enteignung “ betrifft…

    Wann soll denn Deutschland seine Staatsschulden zurückzahlen ?

    Der derzeit sehr niedrige Zinssatz (Tagesgeld ca. 0,25 % p.a.) ist mehr oder weniger auch eine kalte Enteignung.

    Wir können, sollten und müssen uns von dem
    “ ökonomistischen Wachstumsbegriff “ trennen.

    Krämer hat ebenfalls immer noch diesen “ Zopf “

    Und:

    Was konkret:

    Was wäre wohl, wenn Deutschland webiger exportieren würde….
    dann steigt doch die Arbeitslosigkeit oder ?

    Und die Erhöhung der Lohnkosten führt doch per se auch zu höheren Inflationsraten gleich kalte Enteignung!!

    Die Kritik von Krämer ist eindimensional betracht sicherlich richtig.

    Aber wo sind ganzheitlich betrachtet seine Lösungsansätze??

    Wieder ein Buch, dass kurzfristig nach der ersten hype rasch auf dem Grabbeltisch wandern wird.

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    @MB
    Das Ausspionieren zu Werbezwecken ist lästig, ärgerlich und kostet Firmen, die das machen, Reputation – unverzichtbar für einen langfristigen Firmenerfolg. Eher ein törichter Tribut an die Quartalszahlen-Fixiertheit. Solche Firmen meiden!
    Facebook, Twitter: Grundsätzlich ist jeder selbst verantwortlich, wie er/sie das nutzt. Wenn jungen Menschen nichts besseres einfällt, als die berüchtigten „Saufphotos“ einzustellen, statt ihre Interessen zu präsentieren und zu vermarkten, ist das wohl die zusammen mit Parisien im letzten thread bereits eingehend konstatierte Infantilität. Und wenn sog. „Personalern“ nichts besseres einfällt, als angesichts solcher „Fehltritte“ Bewerber nicht einzustellen, gilt das gleiche, allerdings mit der nicht verkneifbaren Bemerkung, daß ich 19 – 25-jährigen Infantilität eher nachsehen würde, als Personalverantwortlichen von Unternehmen. (Jugendschelte gab`s immer und sie war immer falsch – Prügelstrafe war hingegen nie ganz falsch, aber eben nicht für Kinder + Jugendliche..).
    Bundestrojaner: Mindestens Sachbeschädigung – auch Behörden müssen sich an Gesetze halten.
    Geldwäsche: das ist der 2. Schritt nach dem Verbrechen -> neues Thema.

    Die Frage für mich wäre: Wenn Aldous Huxleys Brave New World derweil in dre westlichen Welt relevanter ist, als Orwells Großer Bruder (Parisien und Posener meinen das auch, hNeusprech/DonGeraldo -> Beitrag Stefanovic) – WER hat Interesse an der Infantilität der Einwohner? Von WAS soll sie ablenken?

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    @ Moritz Berger

    Lesen Sie mal auf achgut über die Zauberthaler, das wird Ihnen Gefallen (Walter Krämer, aus dem Buch „Kalte Enteignung“). Liest sich lustig, ist aber nicht lustig.

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    @KJN

    Nachtrag:

    „Denken Sie auch mal an solche sehr unangenehmen auch nicht neuen Erscheinungen, wie die organisierte Kriminalität, vielleicht beim Handel mit Drogen oder Plutonium.“

    Sie wissen doch wie Al Capone zur Strecke gebracht wurde….

    Wegen Steuerbetrug!!

    Und wenn Sie Saviano lesen würden:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Roberto_Saviano

    Dann brauchen Sie letztlich z.B. mur in die Stadt Köln oder auch Frankfurt zu fahren und einmal ganz laut Drogen, Menschenhandel oder auch Mafia etc zu rufen…

    und nicht wenige Häuser stürzen ein!!

    Deutschland gehört laut OECD zu den Ländern in Europa wo es am einfachsten ist Geld zu waschen:

    http://flarenetwork.org/media/.....-in-de.pdf

    http://www.3sat.de/page/?sourc.....index.html

    http://www.heise.de/tp/artikel/35/35166/1.html

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    @KJN

    Es geht doch nicht um die Angst vor der Technik in Deutschland lieber KJN

    Sonst wären die Deutschen nicht so Technik vernarrt.

    Hat es nicht auch in den achtziger Jahren einen Aufstand gegen die Datensammelleidenschaft des deutschen Staaters gegeben, siehe Volkszählung.

    Und schauen Sie doch einmal auf diese Webseiten wie z.B. Stefan Wehrmeyer und Frag den staat und mehr:
    http://www.zeit.de/2013/17/inf.....eneinsicht

    Und haben Sie den Staatstrojaner schon vergessen???

    Und ganz ehrlich.

    Wer ist wohl besserr ausgestattet mit den Datenschnüffelapparaturen:

    der deutsche Staat und amazon google facebook oder auch das unbekannte UK Unternehmen :

    http://datasift.com/

    die seit längerem die Twitter Daten analysieren:

    http://www.faz.net/aktuell/feu.....68838.html

    Und wie war das noch mit dem Vorläufer von O2 , bereits 2001:

    http://www.computerwoche.de/a/.....om,1071533

    http://www.fiercewireless.com/.....2012-10-10

    Ach ich vergaß der BND will in den nächsten Jahren aufrüsten

    🙂 🙂

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    Nachtrag: Und das Apple mails liest/löscht (per Algorithmus) – was meinen Sie warum? Beobachten Sie mal einen Kneipier, wie der zu später Stunde seine „engagierten“ Gäste moderiert.. apropos – es sind draußen 37°..

  14. avatar

    Naja, @68er, die Diskussion über Überwachung und Technik ist ja nicht gerade neu. Auch frühere Telefone konnten überwacht werden und das wurde auch ausgiebig gemacht. Sicher ist man mit Algorithmen / Mustererkennung, vielleicht eher „zu Fuß“, vorgegangen. (Zum Urheberrecht: Das wird versucht, auf verschiedene Weise durchzusetzen, meist werden Apple & Co. zur Kasse gebeten – früher kassierte die GEMA von Herstellern von Musikcassetten und Aufnahmegeräten – schwieriges und anderes Thema, ich glaube aber lösbar: z.B. https://www.gvl.de/ , ich denke youtube wird pauschal abführen müssen.)
    Sie werden Facebook & Co nicht regulieren können.)

    Die Staaten (nicht nur die USA) werden im Netz aufrüsten (müssen), weil man Facebook & Co nicht verbieten kann und nicht verbieten sollte. Und sprechen Sie mal mit einem erfahrenen Polizisten: Wenn etwas passiert, schimpfen Bürger auf die Polizei, daß sie nicht präsent war und wenn sie präsent ist spricht der Bürger von Polizeistaat. Denken Sie auch mal an solche sehr unangenehmen auch nicht neuen Erscheinungen, wie die organisierte Kriminalität, vielleicht beim Handel mit Drogen oder Plutonium..
    Ich habe ja einiges zu meckern, gerade und auch über Auswüchse der Staatsbürokratie und Wirtschaftsoligarchie, aber man muss die Kirche im Dorf lassen und die Dinge trennen, finde ich.

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    Oder Posener hat doch nicht ganz Recht.
    Stichwort 1: Ordnungsmacht
    Stichwort 2: Nutzen

    Frei von sentimentalen Bindungen an Europa fragt sich Obama heute vor allem, welchen Nutzen der Kontinent bringt, um die Amerikaner als Weltordnungsmacht zu entlasten. Und darauf lautet die Antwort: immer weniger.
    http://www.achgut.com/dadgdx/i.....urchreise1

    Die Schriftsteller überlappen sich, genau wie die Dystopien. Per se gefährlich: Wenn ein Land sich als „Weltordnungsmacht“ versteht.

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    Posener: „Und die Leute, die sich in ihrer Kritik an Internetüberwachung und Drohnenschlägen auf Orwell berufen, haben auch Unrecht.“
    Was ist ein Relativsatz? Ein Relativsatz kann eine wichtige Aussage enthalten, so wie hier. Er sagt nicht, die Leute hätten absolut unrecht. Außerdem:
    „Bereits 1931 hatte Aldous Huxley in „Brave New World“ eine Gesellschaft imaginiert, in der durch pränatale Manipulation, Hypnose und Konditionierung der Kinder, durch Sex, Drogen und Musik eine prästabilisierte Harmonie erreicht wird, in der Liebe und Hass, Poesie und Schmerz, Religion und Tod keinen Platz haben. Zweifellos ist Huxleys Dystopie, obwohl älter, nicht nur aktueller, sondern auch eher zum Fürchten als Orwells Welt,..“

    Brief von A. Huxley an „or well“ (Eric Blair):
    „Within the next generation I believe that the world’s leaders will discover that infant conditioning and narco-hypnosis are more efficient, as instruments of government, than clubs and prisons, and that the lust for power can be just as completely satisfied by suggesting people into loving their servitude as by flogging them and kicking them into obedience“.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Aldous_Huxley
    „In a 1958 televised interview conducted by journalist Mike Wallace, Huxley outlined several major concerns: the difficulties and dangers of world overpopulation; the tendency toward distinctly hierarchical social organization; the crucial importance of evaluating the use of technology in mass societies susceptible to wily persuasion; the tendency to promote modern politicians, to a naive public, as well-marketed commodities.“ Dieselbe Quelle

    Wie wär’s, wenn Huxley diskutiert würde? Orwell passt nur partiell (newspeak), er hat Recht.

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    @ 68er
    Die Einstellung, die Sie beschreiben, war möglicherweise schon vorher gut bedacht und heißt „Gib dem Affen Zucker.“ Ihr Spielzeug. Nicht TÜV-sicher.
    Angeblich (WO) wollen 80 Prozent der Berliner für Obama jubeln. Erschreckende Indolenz. Wenn das stimmt, wohlgemerkt. Eines der Zeichen von Niedergang sind ausgewählte Besucher oder gar Claqueure. Eine Gesellschaft auf Draht hätte über Twitter verabredet, geschlossen die Stadt zu verlassen. Schönes Wetter, viele Seen.

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    @ Moritz Berger
    „Es ist schon eigenartig, dass Sie als Liberaler die mehr oder weniger totale Überwachung rechtfertigen.“

    1.) Vielleicht ist Posener der falsche Ansprechpartner.
    2.) Broder hatte bei spon mehr Pep. Mehr Freiraum auch.

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    @ Moritz Berger
    „Gigerenzer beschreibt einen Fall, wo sich Kunsthistoriker über den Ankauf eines Torsos durch das Getty Museum beunruhigt zeigten. Die wissenschaftlichen Prüfungen erkannten die Fälschung vorerst nicht, später wurde das Kunstwerk als Fälschung enttarnt.“

    Mein Bauchgefühl sagt mir, dass die spanische Mona Lisa die echte ist. Mal sehen, ob daraus was wird. In der Medizin ist Bauchgefühl übrigens immens wichtig und rettet manchmal Leben.

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    @ Hannes Stein

    Danke für den Hinweis. Ich hatte immer Probleme mit 1984 und werde „Catalonia“ lesen. Aktuell sind alle.

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    @ Don Geraldo

    Der Muttertag wurde von einer Amerikanerin, Anna Jarvis, eingeführt, die Nazis missbrauchten ihn nur für ihr Brutkasten-Bild.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Mother's_Day

    @ Roland Ziegler

    „dann mag sogar ich die Kirche, auch wenn ich nicht an ihre Autorität glaube.“

    Auch C.S. Lewis glaubte nicht an die Autorität der Kirche. Er glaubte nur an Gott und zwar nicht als Autorität, sondern als Vertrauensinstanz, die in der Welt ein Gegenstück braucht, bei ihm Lucy, die für seine eigene Nichte stand. Sein Löwe wirkt furchteinflößend, ist aber diese Vertrauensinstanz für denjenigen, der sie sieht. Genauere Übersetzung:
    Im ersten Band springen Digory und Polly (Kinder) in Teiche und landen in einer kalten, öden, von einer Macht in Form einer Hexe gefangenen Welt, in der alle parieren müssen. Sie treffen auf Reste von Menschlichkeit, es gelingt ihnen, diese Welt zurückzuerobern, die Tiere und die Bäume beginnen zu sprechen und zu singen. Digory will dort einen Apfel holen, der angeblich seine kranke Mutter heilt. Als er (inzwischen hungrig) den wunderschönen Apfel findet, sagt die Hexe, die ihn bewacht, er solle ihn lieber für sich behalten und verspricht ihm das Blaue vom Himmel. Sie ist natürlich schön. Aber Digory, dem das schwer fällt, geht. Seine Mutter wird wieder gesund. Lewis dreht den Sündenfall um und erklärt ihn damit hinreichend, besser als das AT: Wenn Digory auf die Hexe hereingefallen wäre, dann, weil sie seinem Ego schmeichelte. Lewis erklärt, dass die Liebe stärker sein muss und damit der Altruismus. Und Lewis trennt hier die Liebe von der Sünde, was die Kirche im Autoritätszustand gerade nicht getan hat. Oder doch? Digory pflanzt das Apfelgehäuse in den Garten.
    Digory, der meiner Ansicht nach für Lewis selbst steht, ist im zweiten Band ein alter Herr, der wegen der Kriegsevakuierung von London vier Kinder aufnimmt, Lucy und ihre Geschwister. Lucy entdeckt einen begehbaren Schrank. Er hat keine Rückwand. Hinter der Rückwand ist die Welt, die zuvor Digory und Polly befreit hatten (wobei natürlich der Löwe hilft bzw. sie dem Löwen jeweils helfen). Der Schrank ist gebaut aus dem Holz des Apfelbaumes, der einst aus dem Gehäuse gewachsen war. Die Welt wird wieder von der Macht beherrscht, als Hexe dargestellt. Sie ist vollkommen vereist, alle müssen parieren. Ein Juwel ist, wie die Hexe Lucy’s Bruder verführt, der aber rechtzeitig von ihr abfällt. Sinnigerweise heißt der Junge Edward. Bezaubernd ist, wie die Welt im Laufe der Geschichte taut, wie Lewis den Frühling beschreibt und außerdem, wie er in seinen Geschichten die griechische Mythologie einwebt in Gestalt von Fauns und anderen Fabelfiguren.
    In diesem Band erklärt er die Auferstehung.
    Das gesamte Werk aus sieben! Bänden deutet an, dass die Welt immer wieder von Mächten beherrscht wird, die sie veröden lassen, zwischendurch aber befreit wird und dann jeweils einen Frühling erlebt. Für die Befreiung macht er sowohl religiöse Grundtugenden als auch humanitäre Werte verantwortlich. Die Natur spielt eine extrem wichtige Rolle.

    Lewis wurde selbst eine Autorität, missbrauchte das aber nie. Autorität ist weniger der Punkt als Machtmissbrauch. Lewis konzentriert seine Gestalten auf Verantwortung, sowohl für eine Mutter, als auch für eine Welt. Es geht um Vertrauen und Verantwortung. Außerdem um Naturzerstörung, so früh.
    In Band 5 gelangen die Kinder nach Narnia durch das Bild eines Schiffes, symbolisch. In Band 6 wird der Thronfolger von einer schönen Frau entführt, die unterirdisch zu einer schillernden Schlange wird. Die Symbolik in den Büchern ist hinreißend, das Schillernde wird als Gefahr betrachtet. Autoritäre Kirche? Habe ich darin nicht entdecken können, sondern nur Lewis selbst, einen großartigen Menschen, gebildet, humorvoll, verantwortungsbewusst, gläubig, bescheiden, nach dem Tod seiner Frau vorübergehend hiobianisch. Verbunden den englischen Dichtern.

  22. avatar

    @ KJN

    „Warum gerade hierzulande soviel Angst vor der Technik und so wenig vor dem Staat besteht, tät ich schon gerne genauer wissen.“

    Das ist doch genau anders herum:

    Bei payback, facebook, google und Co. machen doch alle ohne nachzudenken mit.

    Aber wenn der Staat wissen will, wie viele Leute in einem Haus wohnen, weil er für mich die Daseinsvorsorge planen will, sind alle – aus meiner Sicht zurecht – erst einmal skeptisch.

    Auch wenn ich Diskussionen zum Urheberrecht lese, habe ich manchmal den Eindruck, die Menschen haben das Gefühl, Musikvideos umsonst bei Youtube zu schauen, ohne dass der Urheber das erlaubt hat, geschweige denn hierfür einen Cent bezahlt bekommt, sei ein Grundrecht, dass jedem Internetnutzer nun einmal zusteht.

    Lesen Sie mal die Blogs zu diesem Thema, da wird überall damit argumentiert, dass Dinge, die im Internet nun einmal technisch möglich sind, auch erlaubt sein müssten, weil sie ja so unheimlich praktisch sind und allen das Leben erleichtern (mit Ausnahme der Urheber und klassischen Verwerter).

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    Un hier noch ein paar Links, welche die fundierte Analyse von Herrn Posener belegen, dass Apple und Co. für die Freiheit und den hedonistischen Lebensstil kämpfen:

    http://www.badische-zeitung.de.....97846.html

    http://www.computerbild.de/art.....89164.html

    http://www.welt.de/wall-street.....Cloud.html

    Hoch leben die verruchten Freunde von Apple und Co.!

    Tod den prüden Fieslingen von Al Kaida!

    (Es sei denn, sie destabilisieren den Nahen Osten, äh, ich meinte, kämpfen für die Werte Freiheit, Gerechtigkeit, Demokratie, Menschenrechte und Hedonismus im Nahen Osten, dann kann man ihnen auch ruhig mal ein paar Waffen nach Syrien liefern.)

  24. avatar

    Bin mit allem einverstanden, ausser damit, dass Orwell in „Nineteen Eighty-Four“ vor allem die Labour-Regierung in Grossbritannien nach dem Krieg parodiert. Er war ja ein prominenter Unterstuetzer dieser Regierung (und ein radikaler Sozialist bis zu seinem Tod). Die Kohlgerueche etc. liefern die Atmosphaere, nicht den Inhalb dessen, wovon Orwells bittere Satire handelt. (Und dass sein Held „Winston“ heisst, ist nun gerade nicht satirisch: Orwell verehrte Churchill ohne alle Ironie.) Worum es Orwell in seinem letzten Roman geht, ist vielmehr das, was er im spanischen Buergerkrieg erfahren hatte. Man versteht „Nineteen Eighty-Four“ nicht, wenn man nicht gleichzeitig „Homage to Catalonia“ liest — und Orwells Essay „Looking back on the Spanish Civil War“. Alle grosse Themen des Romans werden dort bereits angerissen: dass Geschichtsklitterung die Geschichtsschreibung ersetzt, dass das Bild des Grossen Bruders Stalin allgegenwartig ist, dass die Proles entmachtet werden.

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    @ Lars Stern: Danke fürs Posten! Ich meine: hier, nicht dort. „Winston und Julia lehnen sich auf“, schreiben Sie. Aber sie werden von der Partei zu ihrem Abfall geradezu ermuntert. Winston, indem ihm von O’Brien zuerst der Beweis für eine Lüge der Partei gesteckt wird, dann das Buch des „Emmanuel Goldstein“. Winstons Opposition ist von der Partei gewollt, ist eine sozusagen gruppendynamische Notwendigkeit, damit die Partei das tun kann, was ihres Wesens ist: herrschen, unterdrücken, zermalmen. Und wenn Winston und Julia auf die Proles setzen, dann sind sie ebenso verraten, wie sie es von O’Brien sind. Die Proles sind eine willenlose Masse, wie die meisten Tiere in „Farm der Tiere“. Also: Die Partei kann herrschen, weil die Proles sie herrschen lassen, und weil die Liebe eben nicht stärker ist als der Tod. Das nenne ich ein pessimistisches Menschenbild.

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    @ Moritz Berger

    Dass Herr Posener als „Liberaler“ die Überwachung preist, wundert mich eigentlich nicht. Als ich das Buch über die CIA von Tim Weiner gelesen habe, konnte ich nicht fassen, wie viele, die sich bei der CIA für Liberals hielten (und Liberals sind ja in Amerika beinahe Linksradikale) bei den dreckigsten Aktionen beteiligt waren, weil sie dachten, durch ihre falsch verstandene „Verantwortungsethik“ würden sie irgendwie der Menschheit helfen.

    Das sind aus meiner Sicht Gesinnungsverantwortungsträger.

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    @ KJN: Sehe ich ähnlich.
    @ Don Geraldo: Dass Orwell die eigene Gesellschaft parodiert hat, ist nicht nur meine Meinung, sondern eigentlich Stand der Forschung:

    „Orwell’s biographer Michael Shelden recognizes, as influences on the work: the Edwardian world of his childhood in Henley for the „golden country“; his being bullied at St. Cyprian’s for feelings of victims toward tormentors; his life in the Indian Burma Police and his experiences with censorship in the BBC for models of authoritarian power. Specific literary influences Shelden mentions include Arthur Koestler’s books Darkness at Noon and The Yogi and the Commissar; Jack London’s The Iron Heel (1908); Aldous Huxley’s Brave New World (1930); Yevgeny Zamyatin’s Russian novel We (1923), which Orwell first read in the 1940s; James Burnham’s The Managerial Revolution (1940). Orwell personally told Jacintha Buddicom that at some point he might write a book in a style similar to that of H. G. Wells‘ A Modern Utopia.

    His work for the overseas service of the BBC, which at the time was under the control of the Ministry of Information, also played a significant role as the basis for his Ministry of Truth (as he later admitted to Malcolm Muggeridge). The Ministry of Information building, Senate House (University of London), was the Ministry of Truth’s architectural inspiration.

    The world of Nineteen Eighty-Four also reflects various aspects of the social and political life of both the United Kingdom and the United States of America. Orwell is reported to have said that the book described what he viewed as the situation in the United Kingdom in 1948, when the British economy was poor, the British Empire was dissolving at the same time as newspapers were reporting its triumphs, and wartime allies such as the USSR were rapidly becoming peacetime foes (‚Eurasia is the enemy. Eurasia has always been the enemy‘).“
    http://www.netcharles.com/orwe.....d-info.htm

    Ganz bestimmt ging es ihm nicht um eine Kritik „sozialistischer Weltbeglücker“, zu denen Orwell selbst gehörte. Im Kern des Romans, das schreibe ich ja, steht die Theorie, dass es der Partei überhaupt nicht um Weltbeglückung geht, sondern um die Herrschaft um der Herrschaft Willen.

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    Stevanovic: Die beiden lieben sich trotzdem, dass es sie den Kopf kostet, wussten sie beide. Das System ist eben nicht total.

    … [sic!]

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    Interessant! Aber ist Orwells Menschenbild wirklich so pessimistisch? Ist es nicht sein Blick auf die Gesellschaft, auf das Kollektiv? So habe ich ihn immer verstanden. Winston und Julia lehnen sich ja auf. Und Winston projeziert seine Hoffnungen ja auch immer auf die menschen, auf die Proles. Burnham habe ich noch nicht gelesen, aber danke für den anregung!

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    @DonGeraldo

    Der Muttertag wurde von den Nazis eingeführt, seiner Mutter Blumen schenken ist aber nicht nationalsozialistisch. So verhält es sich mit Neusprech zu PC.

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    Orwell ließ sich von seiner Arbeit bei der BBC inspirieren. Ich glaube nicht, dass in der BBC die Verhältnisse zu irgendeinem Zeitpunkt so schlimm wie im Roman waren, d.h. Orwell würde uns die schrägen Vergleiche vielleicht verzeihen. Den Roman habe ich auch nicht als Warnung vor der Technik gelesen, es stimmt, selbst 1948 war das beschriebene schon „used future“ in jeder Hinsicht, das technisch Machbare und Erwartbare war ihm bei der BBC sicher bekannt. Die technische Seite des „Big Brother“ ist nicht interessant. Orwell als eine Kassandra des Fortschritts zu lesen ist sicherlich möglich, aber nicht richtig. Aber darum geht es ja nicht. Wer Bilder einer Madrasa in Pakistan gesehen hat, sich an den Ausspruch „ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod“ erinnert und sich an die „used future“ Look eines Taliban mit Mobiltelefon erinnert, dem sollte die Rollenverteilung keine Probleme machen. 1984 ist ein flammender Appell, sich gegen die zu wehren, die wir via Prism jagen. 1984 auf die NSA zu beziehen, ist eine Bagatellisierung des Totalitarismus und auch des Romanes. Sei aber verziehen, hat Orwell schon mit der BBC gemacht.

    @Posener
    Die schmutzige Seite der Partei, die Gewalt und die Prügel, sind essentiell. In Verbindung mit der Sprache auch immer Sexualisiert. We shall abolish the orgasm. Sexuelle Handlungen ohne Sex sind meist pathologisch. Sexuelle Unterwerfung (ohne Orgasmus) und Faschismus sind nicht zu trennen. Die Liebenden werden ja auch nach dem (freien) Akt verhaftet, obwohl das zu jeder Zeit hätte passieren können. Das einzige, in dem ich ihnen wiedersprechen möchte, ist deswegen das pessimistische Menschenbild. Die beiden lieben sich trotzdem, dass es sie den Kopf kostet, wussten sie beide. Das System ist eben nicht total.

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    @Parisien: Danke für die Empfehlungen, ich werde ihnen nachgehen. Ich habe keine Allergie gegen Religion (meine Kinder waren sogar in einer katholischen Kita, weil die Erzieherinnen dort sehr gut sind; meine Frau ist ebenfalls so halbwegs religiös; ich bin der Ungläubige in unserer Familie 🙂 ). Wenn der Prediger der Gemeinde nicht gerade ein schlechtes Gewissen macht oder Angst einflößt und wenn v.a.D. nichts von dieser ekelhaft sich anbiedernden, süßlichen Kirchenpopmusik (hier bin ich gnadenloser Fundamentalist) ertönt, dann mag sogar ich die Kirche, auch wenn ich nicht an ihre Autorität glaube.

  33. avatar

    Lieber Herr Posener,

    könnte es sein daß Sie Orwell auch nicht verstanden haben ?

    Ich sehe die von Orwell beschriebene Gesellschaft nicht als Parodie der seinerzeitigen englischen Gesellschaft unter einer Labour-Regierung.
    Vielmehr hat Orwell die Auswirkungen der Herrschaft der sozialistischen Weltbeglücker in die Zukunft interpoliert. Als ehemahliger Kommunist hatte er nach seinen Erfahrungen (mit den Stalinisten) im spanischen Bürgerkrieg keinerlei Illusionen mehr über das Wesen des Sozialismus. Vielleicht hätten Sie 1984 oder Animal Farm mal vor Ihrer maoistischen Phase lesen sollen.

    Die Partei in 1984 ist noch nicht gesichert in ihrer Herrschaft, daher muß sie auf altmodische, aber bewährte sozialistische Herrschaftsmittel wie Bespitzelung, Gehirnwäsche und Genickschuß zurückgreifen. Allerdings arbeitet die Partei mit sehr viel subtileren Methoden an der dauerhaften Herrschaft. Ich finde es daher erstaunlich, daß Sie als Journalist – ein Mann des Wortes – kein Wort verloren haben über das Neusprech (für die anglophilen: Newspeak.
    Orwell hat klar erkannt, daß Sprache ein Herrschaftsmittel ist, möglicherweise sogar das wichtigste. Heute nennt man dieses Herrschaftsmittel natürlich nicht nach dem Begriff aus Orwells Roman, stattdessen nennt man es „politisch korrekte“ Sprache oder – wie bei dieser lächerlichen Bibelausgabe – „gerechte Sprache“.

    Daher wurden aus Zigeunern Sinti und Roma (obwohl mit diesen beiden Volksgruppen nicht alle Stämme der „Zigeuner“ genannt sind), Neger sind „Afrodeutsche“, Müll ist ein Wertstoff, das Kriegsministerium heißt zwar noch nicht Friedensministerium, aber man nennt Kiegseinsätze heute „Friedensmissionen“.

    Es gibt noch unzählige Beispiele, aber schon diese wenigen zeigen das Orwell immer noch aktueller ist als Huxley.

  34. avatar

    Lieber Roland Ziegler,

    linke Ideologie hat lange bestimmt und ist m.E. verschmolzen mit dem Kapitalismus, der sich offensichtlich zu einer Art Kapitokommunismus entwickelt. Beide Seiten hatten etwas gemeinsam: Die Kirchen störten. Daher erscheint mir die Verschmelzung konsequent. Als logische Folge ergibt sich, dass Christen in Irak, Ägypten, Nigeria nicht geholfen wird und ein Eingreifen in Syrien reflektiert wird, dass nicht nur Christen das Leben schwer machen würde, sondern allem, das nicht Sunni ist.
    Als Folge wurde der Autor, der den Totalitarismus am besten verstand, lange geflissentlich von der sogenannten Intelligenz ignoriert: C.S. Lewis, Christ, und oh weh, auch noch Pauliner. C.S. Lewis, neben dem König einer der Wenigen, die im zweiten Weltkrieg den englischen Überlebensgeist aufrecht erhalten konnten über seine Radioansprachen. Literaturprofessor in Oxford und Cambridge, Laienprediger, Schriftsteller, Freund von Tolkien; heiratete die intelligenteste, charmanteste und witzigste Frau seiner Zeit, Jewish American, nur so nebenbei. Wartete über 50 Jahre auf so einen Counterpart und verlor sie nach vier Jahren an Knochenkrebs.
    Hat Bücher auch für Sie geschrieben, (wie „Anweisung an einen Unterteufel“). Aber ich finde, dass seine wichtigsten Bücher die Narnias sind, weil er darin alles versteckt. Band 1: Totalitärer Staat. Band 2. Totalitärer Staat. Band 3: Totalitärer Staat. Band 4, Prince Caspian: Der gute Herrscher. Band 5: Die Reise auf der Morgenröte!: Lucy findet das Buch des Lebens. Band 6: Die Macht der Unterwelt. Band 7: Ia, der Esel übernimmt, totalitärer Staat.
    Das war eine Übersetzung. Das Zentrum ist Lucy, Lucy und der Löwe. Lucy ist luzide, vertrauensvoll und von Natur aus weise. Aslan, der Löwe, ist Jesus und Gott zugleich. Lucy ist das Kind, von dem Jesus sprach (Lasset die Kinder (Unschuld, Weisheit) zu mir kommen), die weise Unschuld. Großartig. Lesen Sie es Ihren Töchtern vor. Wenn Sie es wegen null Bock auf Religion nicht tun, haben Sie etwas versäumt.
    Guter Zeitpunkt: Lewis ist 50 Jahre tot, gestorben am Nachmittag des Tages, an dem JFK erschossen wurde, im Sessel, bei einer Tasse Tee. Es war einer der schlechtesten Tage des vergangenen Jahrhunderts.

    Außerdem finde ich Burnham, den Posener oben empfiehlt, interessant.

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    @Parisien: Ray Bradbury, ja, den hab ich früher auch gern gelesen, aber bis eben völlig vergessen! Wie sich in die Zeitmaschine eine winzige Fliege geschlichen hat, weshalb die Zeitreisenden bei ihrer Rückkehr eine völlig veränderte Gegewart finden.

    Orwell habe ich nicht gelesen, hier gibt es für mich nichts zu kommentieren. Ich habe aber Lust ihn zu lesen (hat Seltenheitswert), wenn ich die Zeit dazu finde.

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    Orwell hat die Möglichkeiten eines totalitären Staates, die durch die Technik möglich sind oder vielleicht sein werden und „was das mit den Menschen macht“ beschrieben, Huxley genauso. Orwells großem Bruder und seiner Nomenklatura ging es um die Systemerhaltung, bei der individuelle Persönlichkeiten stören und die daher aufgespürt und vernichtet werden müssen. In Huxleys „Brave New World“ wurden die Ergebnisse einer Glücksforschung gentechnisch am Menschen verwirklicht. Der Alpaplus und Weltherrscher Mustafa Mond ist ein humanistischer Technokrat, ein guter Diktator (wie ihn sich so viele wünschen). Von daher ist Huxleys Roman viel näher an unserer Gesellschaft. Totalitär sind beide Systeme, weil sie den Menschen in seiner Grundstruktur verändern wollen. Ein Schelm, wer Parallelen sieht (gender mainstreaming etc.)? Die Technik war noch nie das Problem – immer die Absicht dahinter.
    (Warum gerade hierzulande soviel Angst vor der Technik und so wenig vor dem Staat besteht, tät ich schon gerne genauer wissen..)

  37. avatar

    Das noch. Ich hab’s nicht gelesen, aber Posener vielleicht:
    „Jens protestierte mit diesem Roman (Nein. Die Welt der Angeklagten) gegen ein utopisches Modell totalitärer Macht. Hauptfigur ist Walter Sturm, ein ehemaliger Dozent und Literat, der das Werk Franz Kafkas mehr als alles andere liebt. Diesem erklärt der oberste Richter und Machthaber des Staates, dass es „auf der ganzen Welt nur Angeklagte und Zeugen und Richter gibt.“
    http://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Jens
    Anm.: Was in Klammern steht, von mir eingefügt

    Am wichtigsten, meine ich, wird, dass die Grundlage gelegt wurde für den unberechtigten Prozess gegen jeden kleinen Sünder, am wichtigsten also Kafka. Wie immer. Wenn Kafka aktuell wird, brennt’s. Die beste Antenne der Welt, Franz Kafka.

    Hier noch was Interessantes nebenbei, Kafka-Rap:
    http://www.spiegel.de/schulspi.....05283.html

  38. avatar

    @ Moritz Berger

    Als ich folgendes Buch las (Jihad vs. McWorld) wusste ich sofort, dass der Autor das richtig betrachtet; Hier der link und Ausschnitt aus einer Leserrezension:

    McWorld is the term coined to define the mass consumerist ideology of global marketing. McWorld is not so much a place but is a consumerist behavior. McWorld crosses all cultural boundaries whether they be open free markets or closed sacrilegious cultures. McWorld has not a human face but a bullish influence. McWorld’s ultimate goal is to integrate every nation, every country, every person, every thing into a global market, whether they be mass consumers as pompously displayed as the obesity of the „West“ or as manufacturers such as in the Nike corporation’s child-labour sweatshops in Thailand. Jihad vs….

    Jihad vs. McWorld is eloquently written and provides hard, factual insights without becoming alarmist. Benjamin Barber provides the reader with though! t-provoking questions that we as a society have been too lax in addressing and bold solutions that our present political systems can’t seem to accommodate. An excellent book, I strongly recommended it.
    http://www.amazon.com/Jihad-vs.....ben+barber

  39. avatar

    Zusatz:
    Der Autor, den ich erwähnte,ist antürlich Ray Bradbury, auch ein ganz Großer, etwas verschwunden im Schatten von Huxley und Orwell. Truffaut hat den Film gemacht.

    Sie brauchen unsere Gesichter: Die Google-Brille. Ganz große Frage: Ist google kooperativ, oder haben diese beiden, Brin und Page wie auch Zuckerberg, voll konzentriert auf ihre Firmen und Entwicklungen, alle hochintelligente Nerds, nicht gesehen, dass sie hier eine Entwicklung für breit angelegten Missbrauch hinlegen?

  40. avatar

    Lieber Moritz Berger!
    Wer hat nicht schon einmal den Ausdruck vongesternschnee verwendet? Ja, und so fangen wir am besten an, die Sprache zu verdrehen.
    Oder hier, NSA, for you: Schnee von gestern, Jungs, deutscher Ausdruck. Ihr seid leider paranoid seit Nineleven. Niemand kann es euch verdenken, aber es ist Zeit zum Aufwachen zu Vernunft.
    Mehrere Möglichkeiten: Man spricht sie an. Oder man müllt ihnen die Programme zu, indem man in jedes Betreff entsprechende Schlüssel eingibt. Ersteres ist besser.
    Ich glaube, (@) Alan Posener will hier nichts rechtfertigen. Nein, eher ist sein Stück genial, denn er weist darauf hin, dass wir hier bei der schlimmeren Version angesiedelt sind, Brave New World. Und wenn wir die Feuerwehr erstmal abziehen, sind wir bei dem Autor, der Amerika am besten kannte, dem, der den Horror „Friedhof der Kuscheltiere“ geschrieben hat oder „The Illustrated Man“ oder aber „Fahrenheit 451“.
    Truffaut hat die Fraufolie von Montag und den denkenden Frühling, das junge Mädchen, von derselben Schauspielerin spielen lassen, Julie Christie. Es lohnt sich für alle, die betroffen sind – und das scheinen leider nur 50% zu sein – das nochmal anzusehen. Truffaut sagt, du hast die Wahl. Du kannst immer noch das Echte haben oder Du nimmst das Außengesteuerte. Gut gemacht.
    Die entscheidende Frage ist aber: Geht es um Terrorismus (eher selten), Kriminalität (in Teilen eher erwünscht, wie war das doch noch mit den Drogenmessungen im Potomac?) oder geht es um die Daten, Gesichter, Gedanken und Fingerabdrücke von ca. 7 Mill. Menschen, wozu man natürlich LAN-Ballons über IT-Löchern steigen lassen würde? Wenn Terrorismus nur der Vorwand ist, um die ganze Welt zu kontrollieren, ist es doch Big Brother mit dem Stiefel im Gesicht der Menschheit. Dann wären auch Menschenrechte nur installiert, der Kriminelle dem Guten gleich gemacht worden, um einen Vorwand zu haben, alle zu kontrollieren, um den Unabhängigen, den Tüchtigen, zu steuern und zu bestehlen. Man kann ihm einiges stehlen: Ideen, Literatur, Arbeiten, Exposés, Bewerbungen, vielleicht sogar Zeugnisse oder in Zukunft die ganze Identität. Das ist aber science fiction.
    Im Moment geht es darum, dass man einerseits sich eine neue Bevölkerung (die willig mitmacht) formt und andererseits bis in das Schlafzimmer Einzelner kriecht, siehe DSK, in dessen Telefon spätestens 2009 beim Gipfel eingebrochen wurde, falls er dabei war, sonst zu einem anderen Zeitpunkt. Bester Zeuge für den Missbrauch. Leider zu anfechtbar.
    Verwechslungen: Wie nennen sie das wohl? Ich würde sagen Kollateralschaden. Ihre Kollateralschäden inclusive der Vernichtung ganzer Familien oder Hochzeitsgesellschaften türmen sich zu einem unappetitlichen Müll- und Leichenberg auf.
    Orwellian ist es, wenn es Absicht ist. Ist es keine Absicht, sondern die Folge von Paranoia, gehört der ganze Club in die Psychiatrie, bzw. wir leben alle in einem Kuckucksnest, und wer noch normal ist, ist ein Jack Nicholson.
    Wie Putin schon andeutet, ist das der Zeitpunkt zu einem neuen Kalten Krieg. Was die Amerikaner vergeigt haben, ist Vertrauen. Es wird ihnen nicht noch einmal gelingen, alles auf die Russen zu schieben. Die Zeiten sind vorbei. Das Unterhaus (bravo) hat gegen ein Eingreifen in Syrien gestimmt.

    @ Alan Posener
    Wie würde Franz Kafka das finden? Secret courts.

  41. avatar

    Lieber Moritz Berger,
    zunächst geht es mir um „1984“. Ob der Roman als Folie zum Verständnis dessen taugt, wie Geheimdeinste heute arbeiten. Meine Antwort: Nein.
    Zu Ihren Fragen,
    1. Ob es eine „totale Überwachung“ gibt.
    2. Ob die überwachung, die es gibt, überhaupt funktioniert.
    3. Wo – abgesehen von Pannen und inhärenten Problemen bei einer sehr großen Datenmenge – die rechtsstaatliche Problematik liegt und wie ein Liberaler die Überprüfung des Internets und die Vorratsdatenspeicherung rechtfertigen kann.
    – Dazu habe ich gar nicht Stellung genommen. Vielleicht tue ich das noch. Hier auf diesem Thread oder nächste Woche. Aber – wie gesagt – das sind nicht die Fragen, die zu erörtern ich mir bei diesem Beitrag vorgenommen hatte.

  42. avatar

    Sorry, es muss heißen, dass „1984“ technisch rückständig ist, „selbst nach dem Maßstab von 1948“.
    Und, wenn ich schon am Fehlerkorrigieren bin: Es handelte sich damals um „die Labour-Regierung VON Clement Attlee“.

  43. avatar

    Lieber Herr Posener,

    „Und die Leute, die sich in ihrer Kritik an Internetüberwachung und Drohnenschlägen auf Orwell berufen, haben auch Unrecht.“

    Es gibt auch Leute, die sich nicht auf Orwell berufen…

    Vielleicht lesen Sie einmal Grigenzer:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Gerd_Gigerenzer

    Und:

    Risiko. Wie man die richtigen Entscheidungen trifft.

    Dann würden Sie vielleicht Ihren Artikel über den Nutzen unserer Geheimdienste etwas revidieren:

    http://www.welt.de/wirtschaft/.....achen.html

    Es ist schon eigenartig, dass Sie als Liberaler die mehr oder weniger totale Überwachung rechtfertigen.

    Nehmen Sie doch als konkretes Beispiel die flächendeckende Videoüberwachung in London und erklären Sie uns Laien, warum die Kriminalität trotz der Überwachung sich nicht verringert hat!!

    Parisien hat schon recht, wenn er das Beispiel des fünfjährigen Kindes bringt, dass keine Erlaubnis erhielt in die USA einzureisen.

    Und was ist wohl wenn wir uns den Spaß machen würden Ihre Identität uns anzueignen…..

    Ich glaube das Netz hat noch sehr viele Überraschung in der Schublade.

    In diesem Zusammenhang sind die Artikel in der NZZ von Helbing sehr aufschlußreich:

    http://www.nzz.ch/aktuell/wirt.....1-18049950

    http://www.nzz.ch/aktuell/digi.....1.17731842

    http://www.heise.de/tp/artikel/39/39298/1.html

    Ein kleines Beispiel:

    st es überhaupt möglich, diesen gigantischen, permanent wachsenden Datenberg zu analysieren?

    „Dirk Helbing: Ein großes Problem ist, dass die Algorithmen imperfekt sind. Man erkennt Muster, die es gar nicht gibt. Wenn man etwa nach zukünftigen Terroristen sucht, werden Menschen identifiziert, die kritisch denken. Man sucht nach bestimmten Stichwörtern, etwa „Bombe“ oder bei der Drogenfahndung „Schnee“, und wenn Sie solche Stichwörter eingegeben haben, kommen Sie auf eine Liste, vielleicht selbst dann, wenn sie einer Ihrer Facebook-Freunde eingegeben hat oder jemand, der Ihnen mal eine Email geschrieben hat. Die Bombenattentäter von Boston waren ja auch in einer Datenbank von Verdächtigen gespeichert, und als man den Polizeichef fragte, warum er nichts getan hat, antwortete er, fast schon verzweifelt: Es stehen so viele Leute auf diesen Listen. „

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