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Die CDU nach Niedersachsen: Warum es nicht nur auf die Kanzlerin ankommt

„Auf die Kanzlerin kommt es an!“ Auch nach der überraschend knappen Wahlniederlage in Niedersachsen hält die CDU an ihrem Kurs fest. Das strategische Ziel: Gegen die Union darf es keine politische Mehrheit geben.

Niedersachsen verdeutlicht aus Berliner Sicht zwei Trends, die seit der letzten Bundestagswahl vor vier Jahren anhalten: Die CDU ist immer weniger in der Lage, Stamm-, Wechsel- und Nichtwähler zu mobilisieren. Populäre und über die eigene Parteigrenze angesehene Spitzenkandidaten wie McAllister und die Bundeskanzlerin schaffen es nicht diesen Trend auszugleichen. Die eigenen Verluste bei Wahlen bleiben zudem nicht im bürgerlichen Lager und landen nicht nur bei der FDP. Die Allianz aus Union und FDP erweist sich damit als „Nullsummenspiel“ und Mesalliance, von dem vor allem die Grünen profitieren.

Sie sind aus CDU-Sicht der eigentliche Hauptgegner und nicht eine stagnierende, mit sich selbst beschäftigte SPD. Die Grünen – und nicht die Christdemokratie – sind die „einzige Wertepartei in Deutschland“ (Richard Hilmer) und profitieren als einzige politische Kraft vom gesellschaftlichen Wandel.

Die CDU wird in diesem Jahr eine andere Strategie verfolgen müssen als bei der letzten Bundestagswahl. 2009 konnte die Partei mit einer „asymmetrischen Demobilisierung“ punkten und verhalf mit ihrer Strategie der Einschläferung des politischen Gegners vor allem der FDP zu einem überraschend hohen Erfolg.

2009 hatte die SPD kein Ziel und kein Projekt, 2013 scheint es umgekehrt zu sein. Der CDU sind die Themen abhanden gekommen – und die Köpfe. Um Angela Merkel ist es still und einsam geworden. Kluge Köpfe wie Roland Koch, Ole von Beust oder Friedrich Merz haben sich privatisiert und sind in die Wirtschaft gewechselt.

Geblieben ist mit Ursula von der Leyen eine Vertreterin des sozialen Flügels, die auch die Wirtschaft im Blick hat. Beide, eine populäre Kanzlerin und eine kämpfende Arbeitsministerin, sind jedoch zu wenig für ein Land mit 82 Millionen Bürgern. Eine Volkspartei muss ein größere Integrationsleistung erbringen und mehr Strömungen abbilden. Köpfe wie Armin Laschet aus Nordrhein-Westfalen, Julia Klöckner aus Rheinland-Pfalz und auch der unglückliche Verlierer aus Niedersachsen David McAllister werden sichtbar mehr Verantwortung in der Partei übernehmen müssen.

Mindestens ebenso wichtig wie die Köpfe werden die Themen sein.  Für welches Projekt stehen die CDU und ihr Personal heute im Jahr 2013? Diese Frage muss jedes ehrenamtliche Mitglied im Schlaf beantworten können. Momentan verursacht die Frage Kopfschmerzen und Depressionen.

Dabei würde ein Blick in die Geschichte helfen. Die CDU war erfolgreich als Partei der Sozialen Marktwirtschaft und des Ausgleichs widerstreitender Interessen. Sie – und weniger die SPD – stand in der Geschichte der Bonner Republik – für sozialen Konsens und eine Aura der Gerechtigkeit.

Nach dem Fall der Mauer und dem Ende des Systemwettbewerbs zwischen Kapitalismus und Sozialismus hat es die Partei versäumt einen Begriff von Freiheit aus der Idee der Gerechtigkeit zu entwickeln und soziale Politik um der Chancenfreiheit der Einzelnen willen zu betreiben. Dabei geht es nicht um den Gegensatz von Wachstum und Gerechtigkeit, den Meinungsforscher gerne in Umfragen konstruieren. Es geht um eine zeitgemäße Kombination aus Ökonomie, Ökologie und Solidarität.

Kein Begriff bringt diese besser auf den Punkt als die „öko-soziale Marktwirtschaft“. Bislang lenkt der soziale und kulturelle Wandel allein das Wasser auf die Mühlen der Grünen. Ihre sozialen Milieus wachsen („neue Bürgerlichkeit“), ihre Themen (Ökologie, Nachhaltigkeit, qualitatives Wachstum) sind dem gefühlten Allgemeinwohl näher als die anderer Parteien.

Auf den großen Wandel der Zeit bleiben die Grünen als einzige Wertepartei beim Wähler haften. Die CDU wird ihr Schweigen brechen müssen und Antworten finden auf die Themen der Zeit: sozialer Aufstieg, Bildung und Gerechtigkeit. Sie wird dies mit einer Wertedebatte verbinden müssen, die nicht wie ein Luftkissen über die realen Probleme hinweg gleitet, sondern die Alltagssorgen der Menschen ernst nimmt.

Gelingen wird dies nur, wenn die CDU sich wieder ihrer eigenen Stärke und Kraft bewusst wird und aufhört, sich über den jeweiligen Koalitionspartner zu definieren (ein bisschen sozialer mit der SPD; ein bisschen wirtschaftsliberaler mit der FDP; ein bisschen grüner mit den Grünen).

Der Begriff der öko-sozialen Markwirtschaft gibt die Antwort auf die Überlebensfrage nicht nur der CDU. Die Fragen der Zukunft können nicht gegen eine gute wirtschaftliche Entwicklung, sondern nur mit ihr beantwortet werden. Wohlstand, Solidarität und Nachhaltigkeit sind in Zeiten von Globalisierung und Wertewandel mehr denn je aufeinander angewiesen. Wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit hängt immer auch von sozialen und ökologischen Voraussetzungen ab. „Eine Gesellschaft in der Balance“ ist das große Thema des Weltwirtschaftsforums in Davos. Die CDU sollte es zu ihrem Zukunftsthema machen.

Der Autor ist Gründer des Instituts für Zukunftspolitik (www.zukunftspolitik.de).

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2 Gedanken zu “Die CDU nach Niedersachsen: Warum es nicht nur auf die Kanzlerin ankommt;”

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    Daniel Dettling schreibt:
    „„Eine Gesellschaft in der Balance“
    Die hatten wir mal. Mit Kapitalismus, an dem jeder teilhaben konnte. Nicht nur bestimmte (geförderte) Konzerne und Organisationen. Das Geheimnis war „Fertigungstiefe“. Jeder hatte sein Auskommen. So konnte auch die „Friseuse“ ordentlich bezahlt werden. Das wäre nicht nur eine Aufgabe der CDU, sondern sicher auch des „Denkwerk(s) Zukunft“, über die Teilhabe des Einzelnen am Kapitalismus ernsthaft nachzudenken.

  2. avatar

    Die „Mutti“ oder „Germany’s Merkel“ ? Ich gebe keine Rat fuer die Innenpolitik der BRD. Das sollen die Menschen in der BRD entscheiden. Aber von den Amerikas gesehen ist Merkel eine „Patriotin“ – im Grund macht sie alles das Moegliche fuer Deutschlands „the best deal“& „get Germany some slack“. In den Amerikas erklaere ich: Germany ist noch und wahrscheinlich fuer ewig von 72,000 U.S.&Brit. Truppen besetzt – und diese „Tatsache“ erklaert symbolisch warum die Ausenpolitik Deutschlands nicht vollkommen „autonom“ von den Kanzlern, oder den gewaehlten Ministern und Abgeordeneten „instrumentiert“ werden kann: Das „PERMANENTE“ Personal – im Ausenministerium und seinen NROs wie GTZ, Goethe Institute, die BND, und das Verteidigungsministerium, und die von der Regierung finanzierten im Ausland wirkenden „Parteistiftungen“ – blicken fuer ihre „Orientierung“ („Hints“…) zum U.S. Congress, zum Pentagon, zur CIA, zu den „Umwelt-NROs“(Prince Charles MI6 cronies!) in London oder direkt zur U.S.Embassy/Berlin. Die Mutti kauft Bewegungsraum („slack“) fuer das Wirken der deutschen Wirtschaft MIT Russland und unmaessigen weltweiten Export, und die „zoegernde Begeisterung“ fuer Truppeneinsaetze im Nahen Osten (Lybien, Mali,usw.) – indem sie diesen deutschen „Partnern“ der USA ermoeglicht FUER die USA in Lateinamerika, China und Indien“zu untergraben“. Also dort wo der Ami wie eine Katze mit einer Klingel herumschleicht und vorsichtig bleibt – dort trampeln die BRD Botschaften, BND Stationen, „Parteistiftungen“ voellig hunnenartig ueber alle nationale Hinternisse. Soweit hat nur Indien einen deutschen „Helfer“ aufgestoebert und zurueck deportiert nach Frankfurt, und mehreren hundert BRD „NROs“ verboten mehr Geld von Deutschland nach Indien zu ueberweisen: Wegen Aktionen gegen die nationalen Interessen Indiens.(NEWS BHARATI, Aug.30.2012:“Kundankulam Effect“) Die Chinesen kalkulieren das es wirtschaftlich vorteilig ist – die deutschen Operationen elegant zu uebersehen. Die Lateinamerikaner wollen das soweit gar nicht wahrnehmen – weil sie hypnotisch die USA & Britanien beobachten. Gerade dieses Wochenende erscheint Deutschland in Chile zum „Gipfel CELAC – UE“ mit der Mission die Einheit der Lateinamerikaner zu sabotieren.(CELAC – geo-diplomatische Vereinigung der 33 Nationen Lateinamerikas und der Karibik – ohne USA&Kanada!). Wie ueberall ist das schoen vorbereitet von der Konrad Adenauer Stiftung – der grosser Auftrag: Die NATO soll ueber Lateinamerika und Sued&West Afrika ausgedehnt werden. U.S. code „cut the Atlantic-divide“.(Brasilien und Argentinien stehen „im Weg“ sind „zu unabhaengig“!) Zwischen den Zeilen lesen und wie die MI6 ‚grab from the air‘: KAS Stratege Maik C. Zarandi „Chance zur Neugestaltung der Beziehung Deutschlands und EU zu Lateinamerika“.

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