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True Grit: Warum Kinder an der Schule – oder am Leben – scheitern

Es kommt alles wieder. Als ich 1970 mit dem Lehrerstudium begann, war die „kompensatorische Erziehung“ in aller Munde. Es ging um die Frage, weshalb Arbeiterkinder – oder besser: „Unterschichtkinder“ – so selten Gebrauch machten von den erweiterten Bildungsangeboten, die ihnen die Reformen der 1950er Jahre zugänglich gemacht hatten.

Da diese Reformen – Gesamtschulen etwa – in Deutschland erst bevorstanden, stammten die meisten Studien aus Großbritannien und den USA. Offensichtlich sind sie nicht sehr gut rezipiert worden, wie das Elend der Gesamtschulen zeigt.

Aber darum geht es mir nicht. Es geht mir um das Konzept, das im Zentrum dieser Studien stand: die Fähigkeit zur „aufgeschobenen Bedürfnisbefriedigung“. Diese als „typisch bürgerlich“ beschriebene – also durch eine typisch bürgerliche Erziehung anerzogene – Fähigkeit fehle den Unterschichtkindern, so die Theorie; darum – und nicht, wie es die Sarrazine jener Ära behaupteten – wegen eines Mangels an Intelligenz schafften es wenige Kinder, die Frustrationen auszuhalten, die unweigerlich mit dem Lernen einhergehen, zumal mit dem akademischen Lernen.

Dass die Fähigkeit, seine Impulse zu beherrschen, tatsächlich mit dem Erfolg in der Schule und im Leben zusammenhängt, bewies bereits in den 1960er Jahren der Psychologe Walter Mischel aus Stanford. Mischel bot Vierjährigen einen Teller mit zwei Negerküssen (ups – andere Diskussion) an: Sie könnten entweder gleich einen essen, oder aber warten, während der Forscher den Raum verließ, und bei seiner Rückkehr beide bekommen.

Mischel  fand bei Langzeitfolgeuntersuchungen heraus, dass die Fähigkeit oder Unfähigkeit eines Vierjährigen, der Versuchung zu widerstehen, eine zuverlässige Prognose seines Schulerfolg mit 14 Jahren ermöglichte; und dass diejenigen, die mit vier Jahren auf die Rückkehr des Forschers gewartet haben, mit 27 in der Regel erfolgreicher, umgänglicher und weniger anfällig für Drogenprobleme waren als diejenigen, die gleich genascht hatten.

Ich will nicht weiter auf die Verirrungen eingehen, die in den frühen 1970er Jahren unter den radikaleren Linken dafür sorgten, dass diese Ergebnisse diskreditiert wurden. Ich erinnere mich etwa an ein Seminar zur Frage der Heimerziehung mit Ulrike Meinhof, bei der die Dozentin meinte, es ginge ja gerade darum, die verklemmte bürgerliche Haltung aufzugeben und von der lebensbejahenden Sinnlichkeit der Unterschicht zu lernen: Negerküsse für alle – und zwar sofort!

Das war, in Verbindung mit den Sprachstudien, die – entgegen der Theorie eines „restringierten Codes“, der es den Unterschichtkindern unmöglich mache, in der Schule zu reüssieren – die Komplexität und Lebendigkeit, kurz Gleichwertigkeit der Unterschichtsprache betonten, Vorläufer jenes kulturellen Relativismus, der lange Zeit – und vielerorts bis heute – Erzieher und Lehrer unsicher macht und an der Formulierung einer Leitkultur des Lernens hindert.

Als Mitglied einer kommunistischen Partei, die dem leninistischen Prinzip der Hebung der Arbeiterklasse auf das Niveau der Avantgarde verpflichtet war, leuchtete mir der Kulturrelativismus nie ein; es schien mir auch, dass er für die Angehörigen der Intelligenz den angenehmen Nebeneffekt hatte, ihre soziale Stellung zu festigen: Wer dem Kind aus dem Prekariat oder aus einer Zuwandererfamilie vermittelt, „du willst ja gar nicht werden wie ich, verklemmt, entfremdet, verbürgerlicht, verkopft“, der sperrt das Kind ebenso sicher in den Käfig seiner Herkunft und Familie ein wie der Theoretiker, der behauptet, die Intelligenz werde vererbt, daher sei es im Grunde genommen verlorene Mühe, die Kinder von Leuten heben zu wollen, die ihrerseits an der Schule gescheitert und darum unten sind; vielmehr müsse man Akademikerinnen, Managerinnen  und Freiberuflerinnen  dazu anregen, mehr Kinder zu haben; bekämen nur die Proleten und Zuwanderer Kinder, schaffe sich Deutschland in wenigen Generationen ab.

In einem neuen Buch – darum die Eingangsbemerkung, es komme alles wieder – beschäftigt sich der New Yorker Journalist Paul Tough (toller Name) mit den Faktoren des Schulerfolgs und – wichtiger – des Erfolgs im Leben, und findet, dass die Messung der Intelligenz, etwa durch IQ-Tests – Überraschung! – ein schlechter Gradmesser ist.

Und auch der Schulerfolg selbst garantiert nicht den Erfolg im Leben, wie die meisten von uns intuitiv-anekdotisch ahnen, wenn wir daran denken, wer bei uns in der Klasse der beste Schüler war und was aus ihm geworden ist.

In „How Children Succeed: Grit, Curiosity and the Hidden Power of Character“ beschreibt Tough das Schicksal einer Gruppe von Schülern aus der Bronx, die 1999 rekrutiert wurden, um an einem besonderen Programm teilzunehmen. Die meisten waren Schwarze oder Hispanics aus armen Familien.

Die Teilnahme am „Knowledge Is Power Program“ (KIPP) sollte zeigen, dass auch sozial benachteiligte Kinder mit dem richtigen Unterricht genau so  gute Schulleistungen erbringen konnten, wie die privilegiertesten Kinder an den besten Schulen der Stadt – und das gelang spektakulär. Fast alle Programmteilnehmer schlossen ihre Schule so gut ab, dass sie an den besten Hochschulen des Landes – oft mit Stipendien – studieren konnten.

Sechs Jahre später jedoch hatte nur ein Fünftel der KIPP-Schüler einen Hochschulabschluss. Die Mehrheit hatte das Studium abgebrochen.

Was ihnen fehlte, so Tough, war einerseits intellektuelle Neugierde, andererseits eine Charaktereigenschaft, die er „grit“ nennt: die Fähigkeit, seine Impulse zu kontrollieren und an einem Problem dranzubleiben, hart  zu arbeiten und durchzuhalten. Das hätte Walter Mischel kaum überrascht.

Was Mischel allerdings nicht so genau wusste, war, woher die Fähigkeit zur aufgeschobenen Bedürfnisbefriedigung herkommt. Sie war „bürgerlich“, gewiss, aber was bedeutet das genau?

Angesichts einer steigenden Zahl auch bürgerlicher verhaltensgestörter Kinder und Jugendlicher, die diverse Lernschwierigkeiten, Unlust und Leistungsverweigerung an den Tag legen, haben viele Ratgeber Konjunktur, die in Anlehnung an  Michael Winterhoffs  These von den „kleinen Tyrannen“ die Schuld für diese Entwicklung darin sehen, dass in der Folge der „antiautoritären Erziehung“ Eltern vergessen haben, Nein zu sagen.

Deshalb lernten die Kinder halt nie, mit Frustrationen umzugehen. Diese relativ simple Denkschule ist in Deutschland so mächtig, dass ein Buch des dänischen Familienpsychologen Jesper Juul, der eigentlich einen ganz anderen Ansatz vertritt, von seinem deutschen Verlag den Titel „Nein aus Liebe“ verpasst bekam, was Juul, wie er mir im Interview sagte, für „faschistisch“ hält.

Die Psychologen und Neurologen, die Tough befragte, haben etwas weniger spekulative Antworten auf die Frage, wie Kinder lernen können, mit Frustrationen umzugehen. Ihre Forschungen zeigen, dass Armut, dysfunktionale Familien, Gewalt und sexueller Missbrauch – kurz: extremer Stress – den präfrontalen Cortex beschädigen, und zwar derart, dass die beschädigten Kinder es schwieriger finden, schädliche Impulse zu unterdrücken.

Herkunft ist Schicksal – nicht mittels der Genetik, aber mittels der Biochemie. Armut ist nicht, wie Rilke meinte, „ein großer Glanz aus innen“, sondern ein Verbrechen gegen kleine Kinder, die mit einem in die Neuronen eingeschriebenen Defekt in die Schule kommen.

Die gute Nachricht ist allerdings, dass der beschädigte Hirnteil auch repariert werden kann. Der präfrontale Cortex bleibt bis ins Erwachsenenalter durch Erfahrung formbar. Liebe und Fürsorge durch Eltern oder Erzieher kann den Stress der Armut lindern.

Charakter kann erlernt werden. Ob allein durch die Erfahrung der Frustration, wie Winterhoff zu suggerieren scheint, ist allerdings fraglich. Bei der überwältigenden Mehrheit der Problemkinder, mit denen wir es zu tun haben, ist Frustration ja das tägliche Brot.

Die Schule allerdings, die sich nicht auf „kompensatorische Erziehung“ versteht, oder die kompensatorische Erziehung nur als Angebot von Extraklassen und mehr Unterricht missversteht, wird scheitern, weil die Schüler das Angebot nicht annehmen oder nicht davon zu profitieren verstehen und darum nur die Vorurteile der Lehrer bestätigen, und sei es nur das Vorurteil, sie „wollten“ eben nicht, sie hätten eben ihre Wahl getroffen.

Charakter ist lernbar: Dies war und ist die Botschaft der Reformschulen gewesen, die sich das Ziel setzten, „das Kind seiner Gesamtheit zu sehen“. Und auch die herkömmlichen Schulen haben laut Schulgesetz einen „Erziehungsauftrag“.

Man tut aber der überwältigenden Mehrheit der Lehrer und Erzieher bestimmt kein Unrecht, wenn man feststellt, dass sie niemals gelernt haben, wie man Charaktere erzieht. Die meisten haben zwar gelernt, wie man mit Frustrationen umgeht, sonst wären sie nicht dort, wo sie sind. Aber die Dauerfrustration des Lehrerberufs, mit dem besten Willen der Welt am scheinbaren Unwillen der Schüler zu scheitern, halten die wenigsten aus.

Ihnen – und ihren frustrierten Schülern – kann geholfen werden; freilich muss die Schule dafür anders werden.

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178 Gedanken zu “True Grit: Warum Kinder an der Schule – oder am Leben – scheitern;”

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    @Roland Ziegler
    „Warum, ist mir übrigens egal.“ Genau so ist es! 🙂 Wenn extrinsische Motivation auf Dauer allerdings keine intrinsische Motivation auslöst, dann ist es nicht die Schuld des Kindes, dann liegt es einfach daran, dass noch nicht „das Richtige“ fürs Kind gefunden wurde. Für den einen ist es die Musik, das freut mich als Musiker & Klavierlehrer, für den anderen ist es hingegen Sport, sich schon früh mit Naturwissenschaften zu beschäftigen – oder etwas ganz anderes. Hier nicht aufzugeben, sondern immer weiter nach dem passenden Feld zu suchen ist Aufgabe aller Eltern, egal mit welchem Bildungshintergrund. Wenn das stärker ins Bewusstsein gerückt wird, profitieren Kinder auch in der Schule, an der führt ja kein Weg vorbei. Die Aufgabe einer idealen Schule: Möglichst viele Angebote bereitzustellen, die Interesse an der Vertiefung wecken.

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    @ Rita.E.Groda
    Das ist eine wirklich interessante Beobachtung, die meines Erachtens aber zeigt, was möglich wäre, wenn Migrantenkinder in stabile soziale Verhältnisse wachsen können, und nicht,
    „daß die, die in Deutschland am wenigsten gefördert werden, am höchsten motiviert sind“.
    Motiviert sind sie erst dann, wenn das Nachbarskind auch im Jugendgemeinderat sitzt. Guckt der Nachbar aber immer RTL II und kommt aus einer Familie, die in der dritten Generation Transferleistungen erhält, denken Kinder wohl eher, dass dies hier so üblich ist. Ich will nicht der Subventionitis das Wort reden, aber für Berlin müssen andere Lösungen her. Denn was hier (meinem subjektiven Erleben nach) in den Vorstädten heranwächst, ist eine Unterschicht, die wir bisher in Deutschland gar nicht kennen. Fiel in den 90ern die soziale Infrastruktur im Ostteil weg, brachen in den Nullerjahren ganze Stadtteile im Westen in sich zusammen, hinzu kommt eine Gentrifizierung, die Arme immer mehr an den Stadtrand ziehen lässt. Die Auswirkungen werden wir erst kennenlernen. Daraus entsteht eine Mischung, die einen eher an die Banlieus in Frankreich denken lässt. Kompensiert werden soll das alles durch Schule, weil es am Stadtrand eh gar nichts anderes mehr gibt. Das kann nicht funktionieren. Ob mit Grip oder mit Lernfreude oder sonstwie.
    Insofern finde ich auch die Überlegungen von @ Lyoner etwas naiv. Ich glaube nicht, dass alle Berliner Grundschullehrer ihre Erstklässler als „Gänschen“ erleben, schon gar nicht, wenn sie zu 30 sind. „Auf lautes Artikulieren wird wert gelegt“. Das ist nett, aber so spricht ein Bildungsbürgertum, das manche Parallelwelten nie kennengelernt hat. Vor der ersten Klasse daran arbeiten ist in manchen Regionen (auch in den wirtschaftlich schrumpfenden Ostdeutschlands) nicht umso besser, sondern dringend notwendig. Wird wohl aber auch zunehmend gemacht (ausreichend?). In allem anderen gebe ich Ihnen aber recht.
    Wenn A.P. wirklich meint, dass die Bevölkerung dieses Landes beliebig ersetzbar und zusammensetzbar ist, dann will er ihr wirklich den Garaus machen. Oder kann es sein, dass gerade Menschen, die damit kokettieren, dass sie mal Maoist oder Leninist waren, Unterschichtenkinder nie wirklich wahrgenommen haben?
    So dacht ich. Gern auch nächstens mehr.

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    @KJN: Auch mich hat man die Sehnsucht nach dem Meer und nach den Früchten der Bildung gelehrt; herausgekommen ist die Sehnsucht nach dem Meer und dem Ende der 6. Stunde. (Wirklich, das ist kein Gag.) Schlechte Schulnoten zu tolerieren ist aus meiner Sicht kein Fehler. Ich würde aber schon versuchen, dass sie besser werden.
    OK, schaun wir mal, was die Karawane denn so macht…

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    @R.Z.
    „Dann müssen Sie sich was einfallen lassen.“
    Und da fällt Ihnen wirlich nur Geld oder „Predigt“ ein?
    Es geht mir nicht darum, Recht zu haben, oder gar, Ihre Erziehungsmethoden zu kritisieren. Sie werden Ihre Gründe haben. Ich habe bei dieser Methode aber kein gutes Gefühl und das habe ich zunächst geäußert, ohne genau zu wissen, wieso. Jetzt weis ich’s eher: Kinder ahmen zunächst alles nach (vor allem natürlich das, was sie nicht sollen) und daher ist eine Haltung zu den Dingen (Bildung etc.) wichtiger als alles andere. Pädagogik und Psychotechniken sind mir zutiefst suspekt. Es gibt doch diesen, vielleicht mittlerweile abgedroschenen, Spruch von Saint-Expery: „Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“ (Ich habe schlechte Schulnoten als Vater toleriert, das mag aus Ihrer Sicht ein Fehler gewesen sein, aber ich stehe dazu.)
    Lassen wir’s gut sein, die „Karawane“ ist längst bei Günther Jauch.

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    …Sie sagen es ja selber: „Wenns gut läuft“. Dann haben Sie recht. Ich dagegen rede die ganze Zeit über den Fall, wos eben nicht gut läuft. Dann müssen Sie sich was einfallen lassen.

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    @KJN: Sie müssen dem desinteressierten Schüler die Frage beantworten: „Wozu?“ Das können Sie mithilfe einer Predigt – die schnell ins Scheinheilige abdriften kann, wenn sie von jemandem gehalten wird, der selber für Geld anschafft – oder mithilfe eines Eurostücks. (Am besten wohl mit beidem.) Der so bestochene Schüler kann dann, im Lauf der Zeit, aus der extrinsischen eine intrinsische Wertschätzung entwickeln. Aber von selber kommt die nicht. Bei mir wars jedenfalls so. Mein jüngstes Kind hat sich nie von allein ans Klavier gesetzt; ich musste es immer dazu drängen (extrinsische Motivation, nicht mit Geld, aber eindeutig extrinsisch). Heute Morgen, eben gerade, hat sie sich von selber ans Klavier gesetzt und mich aufgefordert, mit ihr die (noch winzigen) Stückchen zu üben, vielleicht um uns alle hier zu beeindrucken, vielleicht aber auch, weil sie dazu Lust bekommen hat. Warum, ist mir übrigens egal.

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    @R.Z.
    Mir geht’s um Bildung, die sich nur schwer extrinsisch motivieren lässt. Neugier, Empathie, Selbstbewusstsein, Geschicklichkeit, Durchhaltevermögen, Wahrnehmung… Das wächst normalerweise (wenn’s gut läuft) mit, wenn Binomische Formeln, Hölderlin oder Kontrapunkt gelernt wird. Mit Ihrem Belohnungssystem behindern Sie das m.E. Anders: Das eigene Lernen wird nicht vom Schüler selber gewertschätzt. Mit „Scheinheiligkeit“ hat das nichts zu tun.

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    Um vom Schwadronieren wieder zurück in die allgemeingültigere Spur zu kommen: Ich denke inzwischen auch, dass intrinsische Motivation sehr Wünschenswertes ist, und die Frage, die man deshalb beantworten muss, ist: Wie lässt sie sich erzeugen? Bei unwilligen, störrischen, trotzigen Kindern in der Pubertät? Und da, denke ich, ist die extrinsische Motivation – das Belohnungssystem – ein gutes Mittel. Und wenn sich die intrinsische Motivation trotzdem partout nicht einstellen will und es bei der extrinsischen Möhre bleibt, so ist das immer noch besser als die Schule vorzeitig abzubrechen und keine Alternative zu haben.

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    Intrinsische Motivation außerhalb der Schule: Neben den Freunden, mit denen ich immer gern herumhing, waren da Bücher, die glücklicherweise nie im Unterricht auftauchten, insb. Ulysses, der eine ganz andere Welt eröffnete, und natürlich Musik. Aber alles war auf Opposition gebürstet und richtete sich gegen die enge schulische Welt.

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    …wo Sie es ansprechen; ich hatte es eigenltich schon selber gesagt: Der unvorhersehbarste und größte Fall intrinsischer Motivation, der mir je untergekommen ist und zweifellos je unterkommen wird, ist meine Familie. Das ist für mich ein Wunder.

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    @Lyoner: Grundsätzlich: ja. Aber weniger für die Arbeitswelt; hier bin ich extrinsisch – über die Möhre – motiviert. Ich habe übrigens noch nie abhängig beschäftigt gearbeitet (und hoffe, dass das auch so bleibt). Meine Fähigkeiten als Geschäftsmann/Geschäftsführer sind allerdings erwiesenermaßen begrenzt.
    Ich habe hier vielleicht auch etwas zu sehr vereinfacht. Ansätze intrinsischer schulischer Motivation kann selbst ich ab der 7.-8. Klasse verbuchen; da hat sich für mich überraschenderweise gezeigt, dass man im Fach Mathematik auf Hausaufgaben und Vorbereitungen verzichten kann, wenn man im Unterricht aufpasst. Worauf ich begann aufzupassen. Davon abgesehen habe ich sämtliche intrinsische Motivationen außerhalb der Schule entwickelt.

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    @ le berlinois

    Wenn Sie schreiben „…alle anderen Berliner Lehrer, die ich kenne (auch im engeren Familienumkreis), sind krank, und die älteren nicht zu knapp, gehen aber schon noch zur Arbeit.“ halte ich das noch für einen noch gravierenderen Befund als das, was wir von Buschkowsky oder Sarrazin zu hören bekommen haben.

    Erstes Ziel müßte also sein, im Schulsystem Bedingungen zu schaffen, die für Lehrer und Schüler nicht pathogen sind. An Lehrer werden Anforderungen gestellt, Reparaturbetrieb und Sozialtherapie, denen sie nicht gewachsen sind. Wenn ich dann noch mitbekomme, dass sie zum Sündenbock eines kollabierenden Systems gemacht werden …

    M.E. ist dies auch im Zusammenhang mit einem demographischen Versagen und einer damit korrespondierenden aus den Rudern gelaufenen Einwanderungspolitik zu sehen. Wenn hier z.B. Alan Posener, herzhaft sekundiert von KJN, postulieren, dass die Bevölkerung dieses Landes beliebig ersetzbar und zusammensetzbar ist, dann wollen sie dieses Land, nenne man es Vater- oder meinetwegen auch Mutterland, einem immensen Quantum Konflikt und Anpassungstreß aussetzen und in der Konsequenz den Garaus machen. Es gibt in Deutschland mehr als in allen anderen Ländern Menschen, die jede fremde Volkstümlichkeit süß finden – außer der eigenen (http://pickelhaube.files.wordp.....a-roth.jpg, http://www.youtube.com/watch?v=UpAUQY4Wwlo).

    Lehrer und Schüler müssen zuallererst vor Anomien, Anarchie, Verfallszuständen der Autorität und des gegenseitigen Respekts geschützt werden. Ich habe oben Rituale vorgeschlagen, die sich – so vermute ich – in der Prägungszeit des ersten Schuljahres – da sind ja die Kinder noch wie Gänschen – einüben und verinnerlichen lassen. Sofern man noch früher, in Kindergarten und Vorschule, daran arbeitet, umso besser. Die Beherrschung von bestimmten rudimentären gesellschaftlichen Formen stärkt Selbstwertgefühl und damit respektvollen Umgang mit Lehrern und Mitschülern. Ich glaube auch, dass Lehrer vor Ansprüchen ehrgeiziger Eltern geschützt werden müssen. Eine Maßnahme habe ich vorgeschlagen: externe Evaluierung des Leistungsstandes und Benotung von außen. Die eingereichten Arbeiten werden von den Klassenlehrern durch einen Nummerncode anonymisiert. Dieses Verfahren könnte wiederum dazu beitragen, dass die Klassenlehrer einen objektiveren Blick auf die Schüler haben; damit könnte die vorgeworfene soziale und geschlechtliche Privilegierung eingeschränkt werden. Pädagogik wird von nicht perfekten Menschen mit nicht perfekten Menschen betrieben. Man sollte sie vor idealistischen, überzogene Ansprüchen sowohl an ihren Charakter als auch ihre Leistungsfähigkeit bewahren.

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    @ Roland Ziegler

    Da Sie auf Starke Meinungen immer wieder beherzt eingreifen (und dafür einige Zeit aufwenden), vermute ich, dass Sie eine mindestens so starke intrinsische Motivation wie ich verfügen. Oder habe ich hier die Möhre übersehen? Den Gewinn an Frustrationstoleranz? – Außerdem vermute ich, dass Sie als Vater von 2 Töchtern zwar immer wieder verwöhnt werden, aber doch einiges an intrinsischer Motivation brauchen. Dass man, wenn man schon arbeitet (Lohnarbeit), auch Geld (= Möhren) – und zwar zuverlässig und regelmäßig – verdienen will, halte ich für eine Selbstverständlichkeit. Aber machen Sie sich mal selbständig …

    Hier kann ich Ihnen nur zustimmen:

    „Die gravierendsten Probleme sind da, wo die Eltern die Eigenschaften eben nicht haben. Da nutzt es nichts, wenn man eine Predigt anstimmt: “Es ist alles so miserabel, die Eltern sind so mies, es gibt keine Vorbilder, das System ist so schlecht” – das ist alles tausendmal gebrühter kalter Kaffee.“

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    …KJN, sie waren doch Messdiener, wenn ich richtig erinnere? Und ihr Sohn war dann auch Messdiener? Dann wird mir einiges klar: Sie überschätzen den Wert der Predigt. Mir zumindest hat keine Predigt geholfen (und gepredigt wurde reichlich!).

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    Man kann sich das im Prinzip so vorstellen, dass jemand, der reflexhaft und unflexibel ist (und darunter leidet), absolut nichts davon hat, wenn man ihm sagt: „Sei spontan!“

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    Bei der Gelegenheit kann ich ja auch noch was zu der Liste loswerden. Dort stehen viele schöne Eigenschaften drauf, die die Eltern haben sollten, damit aus ihren Kindern etwas wird. Das ist alles richtig, und manch einem hilft es auch wirklich, wenn er hört, dass er weniger auf Strenge achten sollte als darauf, mit seinen Kindern etwas zu unternehmen und ihnen seine Liebe so stark, so unmissverständlich und so oft wie möglich zu zeigen.

    Hier liegt aber nicht die Lösung des Problems Bildung. Die gravierendsten Probleme sind da, wo die Eltern die Eigenschaften eben nicht haben. Da nutzt es nichts, wenn man eine Predigt anstimmt: „Es ist alles so miserabel, die Eltern sind so mies, es gibt keine Vorbilder, das System ist so schlecht“ – das ist alles tausendmal gebrühter kalter Kaffee. Man muss die Leute so nehmen wie sie sind, man kann und sollte sie darauf hinweisen, liebevoller zu sein, ja, aber ansonsten muss man sich ein Schulsystem überlegen, dass die Defizite kompensiert oder eher: die nötigen Bedingungen herstellt. Dafür benötigt man eine Menge Geld. Wer sich die beispielgebenden Bildungserfolge in skandinavischen Ländern ansieht, erkennt schnell, dass die nicht zum Nulltarif zu haben sind. Einzelfallbetreuung am Nachmittag durch Lehrer kostet was.

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    @KJN: Seien Sie unbesorgt; die Möhre, für die ich arbeite, erreiche ich auch. Ich arbeite in einem angenehmen Job, damit es meiner Failie gut geht, ja, aber meiner Familie geht es genau dann gut, wenn Geld auf dem Konto ist. Daraus folgt, dass ich für Geld arbeite. Für alle anderen Bedürfnisse sorgen wir schon selber, aber das Geld muss verdient werden. Das muss mir jemand geben, für den ich den Karren ziehe. Finden Sie es besser, wenn dieser schlichte Zusammenhang für die Kinder verschleiert wird?

    Ich nicht. Wenn die materielle Belohnung wirklich en vogue sein sollte, ist es ja gut. (Und nicht miserabel.) Unsere ganze Welt ist ausgerichtet auf das Geld; es ist lächerlich, ausgerechnet in der Schule, die einen doch auf diese Welt vorbereiten soll, um das Geld einen Bogen und den Kindern ein schlechtes Gewissen zu machen, weil sie sich doch aus Einsicht um die Bildung bemühen sollten. Und doch hoffentlich bitte zu dieser Einsicht fähig sind oder etwa nicht?? – DAS ist miserabel.

    Ich kenne niemanden, der mit einem materiellen Belohnungssystem vorgegangen ist bzw. vorgeht; deshalb schien mir die Erwähnung meiner persönlichen Erfahrung sinnvoll. Und ich wiederhole: Mir hat diese Belohnung dabei geholfen, mich für die Schule anzustrengen. Wenn jemand das nicht braucht, ist ja alles in Ordnung; dann soll der einfach normal Taschengeld kriegen (oder ist Ihnen auch Taschengeld zu materialistisch?). Für alle anderen, die Probleme mit der Motivation haben, Vokabeln zu lernen, historische Daten zu erfassen o.ä., ist der Vorschlag nützlich: wenig Taschengeld und Belohnungen bei guten Noten. (Sehr wichtig: kein komplementäres Strafsystem irgendeiner Art bei schlechten Noten!)

    Sie können das natürlich alles ablehnen und ganz anders handhaben, über den Sinn der Bildung reden usw. Wenn das klappt, ist es ja gut. Bei mir hat es aber nicht geklappt, und bei einem Kind wie mir hätten Sie sich gut überlegen müssen, wo die Grenze zur Scheinheiligkeit liegt, denn wenn Sie einmal im Überschwang da drüber wären, hätten Sie – damals – bei mir verloren.

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    Im Land der Grünen Heiligen und schwäbischen Krampfhennen(siehe Rita E. Groda begegne ich einem neuartigen Phänomen.

    Baden-Württemberg ist mit einem Migrantenanteil von 26,2 % direkt hinter Berlin zu finden, laut Zahlen statistisches Bundesamt 2012

    http://www.statistik-portal.de.....ranten.asp

    Trotz dieses hohen Migrantenanteils waren die Förderungen für Migrantenkinder, zumindest bis ca, 2007 äußerst dürftig, um nicht zu sagen absolut mangelhaft, besonders gegenüber z.B. Berlin. Sprachkurse werden erst neuestens angeboten, seit diese Zugangsvoraussetzung zur Zuwanderung nach Deutschland wurde.

    Das Phänomen ist für mich, daß seit ca. 4 Jahren hier die Migrantenkinder immens aufholen. Seit ca. 3 Jahren steigt die Zahl der Migrantenkinder, die Realschule, Gymnasien und andere weiterführende Schulen besuchen, sehr. Aber nicht nur das, die Bereitschaft sich in der Deutschen Gesellschaft zu engagieren, steigt bei diesen Schülern ebenfalls, sie steigt inzwischen überproportional, gegenüber den Deutschen Schülern.

    Am Wochenende studierte ich mal intensiv unser Amtsblatt. Bei der Neubestellung des Vorstandes des Jugengemeinderates in unserer Stadt waren 5 der 6 Posten eindeutig mit Migrantenkindern besetzt, aus der Realschule, dem Gymnasium, dem Wirtschaftsgymnasium,Wirtschaftsschule. Lediglich die Grundschule war von einem Einheimischen vertreten.

    Die starke Präsenz dieser Migrantenkinder – auch in der Gesellschaft – könnte doch den Schluß zulassen, daß die, die in Deutschland am wenigsten gefördert werden, am höchsten motiviert sind. Unsere Migranten hier müßen sich ganz schön durchbeiße, bei den oft unzugänglichen Schwaben.

    Meine Hypothese hier klingt vielleicht ein bißchen blöd und banal, und natürlich werde auch ich alles Mögliche dazu beitragen, daß wir Chancengleichheit in unserem Lande bekommen und nicht nur für Migranten!

    Auf jeden Fall freut mich diese migrantische Entwicklung in meinem Ländle. Andererseits schleicht sich auch eine gewiße Unruhe ein, diese coolen Migranten könnten die bildungsunlustigen und demotivierten Deutschen bald überholen,

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    @R.Z.
    „Der Großteil des Wochentages geht bei mir jedenfalls dafür drauf, dass ich Geld verdienen muss. Ich gratuliere jedem, bei dem das anders ist, aber ca. 90 % aller Erwerbstätigen arbeiten, um Geld zu verdienen. Wegen der Möhre.“
    Nein, Sie arbeiten (vermute ich), damit es Ihnen und Ihrer Familie gut geht. Nicht wegen einer Möhre, die Sie nie erreichen werden. So hoffe ich jedenfalls für Sie. Auch Ihren Kindern werden Sie sehr regelmäßig den Sinn von Bildung und Wissen klar machen, ohne ständig mit einer materiellen Belohnung zu winken (so vermute ich ebenfalls, trotz Ihrer hier anders lautenden Botschaft). Und Ihre Eltern werden Ihnen mit der „Belohnung“ eher den einen oder anderen Trost gespendet haben, als sonstwas, oder?
    Solche Manipulationen, wie von Ihnen befürwortet, sind durchaus en vogue, sie zeigen aber eigentlich nur den miserablen Zustand unseres Erziehungssystems.

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    @Lyoner,
    ja, das ist ein Skandal, und in der Stadt Willy Brandts ein noch größerer als dieser dämliche Flughafen. Wenn Sie mich meinen mit dem leibhaftigen Lehrer. Ich muss Sie leider enttäuschen, ich habe bereits meine Lehrerausbildung nach 2 Jahren abgebrochen, und zwar aus völliger Frustration und auch Überforderung. Mir fehlten genau die Methoden, nach denen Sie jetzt fragen, und mir selbst auch irgendwann die Haltung, und ich hatte es „nur“ mit leistungsschwachen und motivationsarmen Berliner Gymnasiasten zu tun. Meine Bekannte, die Spandauer Sekundarschullehrer (sehr schwieriges Umfeld), haben in diesem Jahr aufgehört zu unterrichten, die eine wegen Nervenzusammenbruch, der andere wegen Frühpensionierung (Burn-out), alle anderen Berliner Lehrer, die ich kenne (auch im engeren Familienumkreis), sind krank, und die älteren nicht zu knapp, gehen aber schon noch zur Arbeit.
    Das war der eigentliche Grund für meinen Blogbeitrag. Da sprach dann doch die geistreiche Edelfeder, die ihre letzte Unterrichtsstunde in den 80ern gab, für Berliner Verhältnisse eine Ewigkeit.

    Zu der Frage nach der Förderung von Kindern aus schwierigen Verhältnissen. Das ist ein sehr weites Feld.
    Viel wäre schon gewonnen, wenn haarsträubende Fehler vermieden würden. Meine Bekannte mit Nervenzusammenbruch hatte eigentlich gute Verhältnisse. Kleine Gruppen und sie selbst war auch gut ausgebildet (mit DaF-Quali) Aber sie unterrichtete in der 8. Und die sind nicht motivationsarm, die sind brutal. Da lernen sie es nicht mehr. Das muss alles viel früher geschehen, im Kindergarten und in der Vorschule.
    Auch bis zum ersten Schuljahr ist schon zu viel passiert. Und hier viel Lese- und Sprachförderung, da gibt es viel im Netz zu.
    Auch in der Lehrerausbildung wird viel zu viel falsch gemacht. Eine andere Bekannte von mir, mit türkischen Wurzeln und jung, unterrichtet gern, aber sie sagt, alles, was sie in der Ausbildung gelernt hat oder lernen sollte, hat sie mit 2. Staatsexamen weggeworfen, sie unterrichtet eher als Autodidaktin. Das kann so nicht sein. Man muss die Migranten als Lehrer gewinnen und ihnen auch zuhören.
    Und: Man kann die richtige Haltung und die richtigen Methoden haben. Wenn Sie die Kinder mit Problemhintergrund erreichen wollen, brauchen Sie eine fähige Schulverwaltung und Sie müssen die Eltern mit einbeziehen. Dass viele Berliner Grundschullehrer sich gegen Evaluation aussprechen, liegt meines Erachtens auch daran, dass dieser Vorschlag von der Schulverwaltung stammt. Die Berliner Verwaltung hat hier ganze Lehrergenerationen verloren. Evaluierung ja, aber in Maßen, und sie muss ausreichend kommuniziert werden, an alle Beteiligten.
    Wie man Eltern mit einbezieht, die selbst kein Deutsch sprechen wollen, weiß ich nicht. Eines der großen Grundprobleme. „auf gute Artikulation wird wert gelegt“. Das ist sicher wichtig, aber ich fürchte, wir wissen hier alle nicht genau, was man zu hören bekommt, wenn Kindergartenkinder in Neukölln anfangen, sich zu artikulieren.
    Ferner: Alles, was mit Ritualen zu tun hat und zu einem strukturierten Alltag führt, halte ich für sinnvoll. Chinesische Schulklassen haben früher mal Tai-Chi vor der ersten Stunde gemacht. Zurzeit vergessen sie wohl ihre Traditionen. Nicht dieser ganze asiatische Drill, aber Tai-Chi in kleinen Gruppen, mit Atemübungen. In China scheint das funktioniert zu haben.
    Ich merke gerade. Methoden habe ich immer noch nicht so richtig. Aber ohne einen guten Rahmen würde ich mich nicht mehr vor eine Berliner Lerngruppe stellen. Aber Ihnen nützen die besten Haltungen und Methoden nichts, wenn der Rahmen nicht stimmt. Als Lehrer reiben Sie sich nur auf und erscheinen einem „Parisien“ zum Schluss als Trauma hoch zwei. Das ist tragisch. Heute lektoriere ich unter anderem Kinderzeitschriften mit hoher Auflage, da habe ich zumindest das Gefühl, ich tu etwas Sinnvolles. Gutes und richtiges Deutsch für alle, das ist meine Methode. Hat halt mit Schule nichts mehr zu tun. Armer Wilhelm Blume. Aber die Möhren seh ich wenigstens noch. Vielleicht fallen mir ja noch irgendwann andere Methoden ein.
    Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, wer hier sonst noch so bloggt, ich les halt gern mal einen Beitrag von A.P. Israelpolitisch immer an der Seite der Realpolitik, bildungspolitisch bin ich mir nicht mehr sicher, ob der weiß, was das eigentlich heißt. Glaube aber, die meisten hier arbeiten doch eher in den Medien. Kann mir mal jemand erklären, warum man halbwegs sinnvolle Gedanken zur Koeducation eher in einem Blog als in den Zeitungen liest.

  21. avatar

    …und zu Ihrem Esel, der den Karren zieht: Wo sind denn Sie da, in diesem Gleichnis? Sitzen Sie oben auf dem Kutschbock und sagen an, wo es langgeht? Oder ziehen Sie mit, ganz ohne Möhre, weil es Ihnen so viel Spaß macht? Ich bin sicher, dass man auch bei Intrinsikern, die alles so superspannend finden, eine schöne Möhre findet, um derenwillen sie sich bemühen. Natürlich gut versteckt, damit sie sie selber nicht sehen. Aber so will ich nicht den Karren ziehen. Mir muss man die Möhre schon vorher zeigen, und ich ziehe nur mit, wenn ich sie haben will.

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    .,,ich war bereits als Kind ein sehr höflicher Mensch. Eher still und schüchtern. Sie dürfen sich ein Kind vorstellen, das impertinenten Lehrern gerne den ausgestreckten Mittelfinger ins Gesicht gehalten hätte. Ohne die Möhre wäre ich auf der Strecke geblieben, mit Möhre konnte ich auf die Uni und habe dort dann auch intrinsische Motivation kennengelernt. Ich habe mit glatter Bestnote abgeschlossen, gänzlich ohne Möhre; es ist ein brotloses Studium; auf eine Unikarriere hatte ich keine Lust. Ich bin froh, dass ich studiert habe.

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    @KJN: Was meinen Sie mit „hinter der Möhre herlaufen“? Machen Sie Ihre Dinge, weil die so wahnsinnig spannend sind? Was mich angeht, so hatte ich in der Schule nicht die von Lyoner angesprochene „intrinsische Motivation“. Es gab unter den gegebenen Umständen zwei Möglichkeiten: gar nicht laufen oder hinter der Möhre her. Das ist (vom Familienleben abgesehen) im Grunde noch immer so. Wenn die Möhre gut genug ist, setze ich mich in Bewegung. Bei Ihnen scheint das anders zu sein, aber es sind nicht alle so wie Sie. Ich vermute, dass ich nicht der einzige bin, der aus diesem Holz geschnitzt ist. Der Großteil des Wochentages geht bei mir jedenfalls dafür drauf, dass ich Geld verdienen muss. Ich gratuliere jedem, bei dem das anders ist, aber ca. 90 % aller Erwerbstätigen arbeiten, um Geld zu verdienen. Wegen der Möhre.

    Was meinen Sie mit „Wadenbeißer“? Dieser Ausdruck scheint ja erkärungsbedürftig zu sein. Ich meinte True Grit; meine Kinder haben das, glauge ich. Hoffe ich.

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    @R.Z.
    „Wenn Sie möchten, dass Ihr uninteressiertes Kind sich trotzdem gute Noten erarbeitet, dann halten Sie das Taschengeld niedrig und belohnen Sie stattdessen jede gute Klassenarbeit und jede gute Zeugnisnote mit Geld.“
    Wenn Sie Ihre Kinder so einer Möhre hinterher laufen lassen, wie den Esel, der den Karren zieht, dann wundert es mich nicht, wenn Ihre Kinder „Wadenbeißer“ werden.

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