Letzte Woche habe ich an dieser Stelle zu zeigen versucht, wie Joseph Ratzinger das Zweite Vatikanische Konzil entwertet, indem er es zu Unrecht ursächlich verantwortlich macht für die „Gärungen“ von 1968 und sogar für den Terrorismus, der auf das Scheitern von 68 folgte. Leider wurde hier darüber wenig, dafür 68 und die 68er viel diskutiert.
Nun liegt eine aktuelle Stellungnahme des Papstes zum Konzil vor. Sie ist lesenswert, weil Benedikt XVI im Kern sagt, dass die zwei zentralen Dokumente des Konzils fehlerhaft waren. Wohlgemerkt: Nicht fehlerhaft in dem Sinne, wie jedes programmatische Dokument durch die Wirklichkeit in gewisser Weise widerlegt wird, sondern in sich – ideologisch – fehlerhaft. Vorweg die Stellungnahme Benedikts in ihrer Gesamtheit:
Nun zur Kritik der Dokumente im Einzelnen.
Über „Nostra Aetate“ wäre einiges zu sagen. Hier nur so viel: dass auf Druck der arabischen Bischöfe 17 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts kein eigenes Dokument zum Verhältnis der Kirche zu den Juden zustande kam, ist schlicht und einfach eine Schande und keineswegs zu verteidigen, wie es Benedikt hier tut. Den arabischen Bischöfen ging es vor allem um die Delegitimierung des jüdischen Staats, zu dem der Vatikan damals keine Beziehungen unterhielt. Die unselige Rolle, die viele Christen – katholische, orthodoxe und andere – in der ersten Phase des panarabischen, national-sozialistisch geprägten antizionistischen Kampfs gespielt haben, gehört zu den dunkleren Kapiteln des Christentums. Und in diesem Zusammenhang ist es natürlich zu sehen, dass „die kranken und gestörten Formen von Religion“ nicht thematisiert werden, wie Benedikt zu Recht kritisiert – ohne allerdings den opportunistischen Grund für dieses Versäumnis zu nennen: Die arabischen Christen waren sich mit ihren muslimischen Brüdern einig im Hass auf Israel.
Bei Gelegenheit komme ich auf „Nostra Aetate“ zurück. Nun aber zum Dokument „Dignitatis Humanae“. Hier zunächst die Erklärung im Wortlaut:
Und hier die Stellungnahme Benedikts:
„Es ging um die Freiheit der Wahl und der Ausübung der Religion wie auch um die Freiheit, sie zu wechseln, als grundlegende Freiheitsrechte des Menschen. Von seinem inneren Grund her konnte eine solche Auffassung dem christlichen Glauben nicht fremd sein, der in die Welt getreten war mit dem Anspruch, dass der Staat über die Wahrheit nicht entscheiden und keine Art von Kult beanspruchen könne. Der christliche Glaube erforderte die Freiheit der religiösen Überzeugung und ihrer Ausübung im Kult, ohne damit das Recht des Staates in seiner eigenen Ordnung zu verletzen: Die Christen beteten für den Kaiser, aber sie beteten ihn nicht an. Insofern kann man sagen, dass das Christentum bei seinem Entstehen das Prinzip der Freiheit der Religion in die Welt getragen hat. Aber die Deutung dieses Freiheitsrechtes im Kontext des modernen Denkens war dennoch schwierig, weil es scheinen konnte, als ob die neuzeitliche Fassung der Religionsfreiheit die Unzugänglichkeit der Wahrheit für den Menschen voraussetze und damit von ihrem Grund her Religion in den Bereich des Subjektiven verlagere.“
Zunächst einmal ist es nicht richtig, dass „das Christentum bei seinem Entstehen das Prinzip der Freiheit der Religion in die Welt getragen hat“, wie Benedikt behauptet. Die Praxis, „für den Kaiser zu beten, aber ihn nicht anzubeten“, die der Papst zu Recht rühmt, übernahmen die frühen Christen von den Juden, die sich im Römischen Reich das Privileg erstritten hatten, den Kaiser nicht anbeten zu müssen. Wenn überhaupt, haben also die Juden die Freiheit der Religion in die Welt getragen. Eine Freiheit, die von den Christen so lange auch von Rom gefordert wurde, bis ihre Religion im vierten Jahrhundert zur Staatsreligion des Imperiums wurde. Danach wurden die „heidnischen“ Kulte verboten – teilweise unter Androhung der Todesstrafe.
Nutzt Benedikt also seine Reflexion über die Religionsfreiheit zur Geschichtsfälschung und zum Weißwaschen des Christentums, so ist seine Kritik des Konzilsdokuments schlicht und einfach unsinnig und beruht offensichtlich auf der Hoffnung, dass niemand das Original lesen werde.
Benedikt kritisiert „die neuzeitliche Fassung der Religionsfreiheit“, weil es scheinen könne, als ob sie „die Unzugänglichkeit der Wahrheit für den Menschen voraussetze und damit von ihrem Grund her Religion in den Bereich des Subjektiven verlagere.“
Das Konzilsdokument postuliert aber nicht eine generelle „Unzugänglichkeit der Wahrheit“, wie Benedikt behauptet. Gleich eingangs „bekennt die Heilige Synode: Gott selbst hat dem Menschengeschlecht Kenntnis gegeben von dem Weg, auf dem die Menschen, ihm dienend, in Christus erlöst und selig werden können. Diese einzige wahre Religion, so glauben wir, ist verwirklicht in der katholischen, apostolischen Kirche.“
Deutlicher geht’s nicht.
Die Kirche muss ja auch behaupten, „die einzige wahre Religion“ zu sein. Der pluralistische Staat aber muss relativistisch argumentieren, als sei die letztgültige Wahrheit in religiösen wie in anderen weltanschaulichen Dingen für Menschen nicht zu erkennen. Ob man das glaubt oder nicht – und ein religiöser Mensch glaubt das natürlich nicht: der Staat darf seine Verfassung nicht abhängig machen von geoffenbarten Wahrheiten, wenn er wahrhaft pluralistisch sein will; und er muss pluralistisch sein um des Friedens Willen.
Der liberale Staat erlaubt es ja dem Absolutisten, an die unbedingte Wahrheit seiner Erkenntnisse (und an die Richtigkeit seiner Bräuche, auch fragwürdiger wie der Beschneidung) zu glauben, und schützt sowohl den Absolutisten anderen Glaubens wie auch den Relativisten davor, zur Anerkennung dieser Wahrheit gezwungen oder im Namen dieser Wahrheit, wie so mancher Heide unter dem christlichen Kaiser Theodosius oder wie der Häretiker Giordano Bruno unter dem christlichen Gouverneur von Rom, hingerichtet zu werden.
Der Relativismus ist darum, wenn man so will, die implizite Theorie hinter der Praxis des Pluralismus.
Joseph Ratzinger hat das Wesen des liberalen Staates nie begriffen, oder nie akzeptiert. Er begreift das Paradoxon nicht, dass erst der Relativismus des Staates ihm die Freiheit zum Glauben an die absolute Wahrheit gibt. Dass er den Relativismus in der Kirche nicht akzeptiert, ist sein gutes Recht ist; dass er ihn in der Politik nicht akzeptiert, macht ihn zum Gegner des Pluralismus. Benedikt glaubt, auch der Staat müsse sich gründen auf die Wahrheit, die die seine Kirche verkündet; die Religionsfreiheit eines derart christlich begründeten Staates brauche – darauf weist er ausdrücklich hin – nicht hinausgehen über die Toleranz, die Pius XII verkündete.
Pius XII, erinnern wir uns, hielt sich an den von Leo XIII verkündeten Leitsatz, demzufolge Liberalismus und Demokratie der Lehre der Kirche widersprechen, und der erst vom Zweiten Vatikanischen Konzil überwunden wurde. Seine Vorstellungen vom christlichen Staatswesen sah Pius am ehesten in den klerikalfaschistischen Regimes in Spanien, Portugal, Österreich und Kroatien, oder in Vichy-Frankreich verwirklicht. Die Pius-Brüder sehen das heute genau so. Und auch Benedikt akzeptiert nicht, dass die Religion Privatsache sein, „in den Bereich des Subjektiven verlagert“ werden soll.
Benedikts illiberales Staatsverständnis ist der Hauptgrund, weshalb ich ihn einen „gefährlichen“ Papst genannt habe. Mit dieser Stellungnahme zum Konzil bestätigt er meine Einschätzung.
Herr Roland Ziegler, ich habe aus einem Ihrer Kommentare auf meiner FB-Seite zitiert. Ich hoffe, es ist in Ordnung, falls nicht, bitte melden. Der Passus der mir so gut gefiel:
„Allerdings geht es viel weniger um die Wahrheit von Weltanschauungen als um die Gültigkeit von Gesetzgebungen. Und diese ist in einer Demokratie nicht weniger absolut als in einer Diktatur, im Gegenteil: der Diktator kann problemlos Gnade vor Recht walten lassen, die Demokratie kann das nicht ohne weiteres.“
LG
Christine Kaiser
R.Z.: Wer aber Probleme mit dem dmeokratischen System hat, weil er glaubt, dass sein Gott mit bestimmten Gesetzen nicht einverstanden ist, der muss sich beugen.
… wat für ’ne Offenbarung. Sie haben ein ’seltsames‘ Demokratieverständnis. Ich mein(t)e in eine Demokratie ordnet man sich ein. Allein Diktaturen und Ideologien verlangen die Verbeugung.
Vielleicht beschreiben Sie mal ‚Ihre‘ Demokratie?
Die Eckpfeiler sind also nicht irgendwie begründet, außer dass sie mit einem gemeinsamen Willen zur Kooperation eingerammt worden sind. Sie sind nicht weiter begründet, sondern begründen ihrerseits die Strukturen, in denen sich die Bürger mit ihren verschiedenen Weltanschauungen bewegen. Sie sind nicht-relativistisch, d.h. sie lassen sich nicht durch extreme weltanschauliche Positionen (Talibanismus) verschieben. Sie sind permanenter Erosion durch die Weltanschauungen ausgesetzt, die sich in einem Konkurrenzkampf befinden, und deshalb muss man auf sie aufpassen.
Der Grund, warum wir mit unseren verschiedenartigen Vorstellungen es miteinander aushalten, ist, dass unser System eben NICHT in Gott, im Naturrecht oder sonstwo wurzelt. Wenn es in Gott wurzeln würde, dann wenden sich unsere Atheisten ab. Würde es im kommunistischen Menschenbild wurzeln, verprellt das die Monotheisten. Unser System wurzelt nirgendwo außer in uns selbst. Jedem ist es aber unbenommen, es nach Belieben zu interpretieren; wer glaubt, dass das System prima zu seiner Religion passt und offenbar von seinem Gott stammt bzw. auf ihn bezogen ist, soll das gerne tun. Wer aber Probleme mit dem dmeokratischen System hat, weil er glaubt, dass sein Gott mit bestimmten Gesetzen nicht einverstanden ist, der muss sich beugen.
@Nora Berg
Das haben Sie aber schön erklärt mit: „Wer ist mein Bezugspunkt..“ im Unterschied zu „Was ist mein Bezugspunkt..“, daß sogar ich das verstanden habe.
Mein Lächeln versichere ich Ihnen!
Wenn ich aber so ganz tief in mich hineinhorche, lande ich eher bei dem auch von Einstein bemerkten Pantheismus. Schlimm?
@Marit: Zunächst doch noch eine Bemerkung. Beim Lesen des Buches hatte ich nicht den Eindruck, wie eventuell durch den Text im eingestellten Link entstehen kann, dass Bernd Greiner (*) sich nur auf George W. Bush fokussiert. Ein Grundproblem war die Abschottung und Beratung im kleinsten Kreis. Persönlich denke ich, dass man die gesamte Gesellschaft und deren Erwartungen an den Präsidenten betrachten muss. Es war auch ein Wechselspiel zwischen den verschiedenen Akteuren, „auch der Kongress verfügt im Prinzip über Mittel und Möglichkeiten zum Gegensteuern.“ (Quelle: *). Der Kongress ließ die Exekutive kritiklos gewähren. Eventuell vorhandene Kritik hatte aus verschiedensten Gründen keine entsprechenden Folgen (keine Rücktritte usw.)
@ Roland Ziegler, @ Marit: Im speziellen Fall ging es nicht um die Menschenrechte im Allgemeinen, sondern um die Auslegung der Genfer Konventionen (z. B. http://de.wikipedia.org/wiki/G.....kommen_III), die „Bedeutung und die Anwendung“ wurde vom Gesetzgeber in die Hände des Präsidenten gelegt. Zusätzlich wurde die Praxis der Verhörmethoden geändert.
@Nora Berg
Poet ??
Sie sind dies wohl eher:
„Ein Christ fragt aber anders, er fragt “wer” ist das, Wer ist mein Bezugspunkt und findet die Antwort im personalen Gott“
http://newsnetz-blog.ch/hugost.....alen-gott/
Und wenn ich so etwas unausgegorenes lese:
„Der personale Gott, den ich aber in jedem Menschen wiedererkennen kann, ist der Grund, das Fundament der Menschenrechte.“
Dann ist dies religiöser bullshit
Nach dem Piusbruder hier im Blog auch noch eine Evangelikale mit einem personalen Gott.
Es fehlt nur noch dass unser Blondi hier den Kreationismus propagiert.
Daher plädiere dafür, dass Alan Posener seine Auseinandersetzung mit Benno an einem anderen Ort führt.
@Kerstin, ich habe Sie schon richtig verstanden.Die Erklärung für die amerikanische Politik nach 9/11 kann ich nur mit Schockstarre und Trauma erklären und damit, dass der Angriff als Kriegserklärung bewertet wurde.
Ich glaube nicht an diesen unbedingten Bezug auf die Menschenrechte. Die Menschenrechte sagen z.B.: „Jeder Mensch hat ein Recht auf das Leben.“ Wenn man dann fragt, warum das so ist, wird entweder ein Gottes- oder ein Naturbezug hergestellt. Und den kann man anfechten.
Die Verfassung sagt etwas Ähnliches: „Dieser Staat spricht jedem Mensch ein Recht auf das Leben zu“. Da gibt es abe reinen fundamentalen Unterschied: Wenn man nämlich wieder fragt, warum, dann gibt es eine andere Antwort: „Weil wir das hier so wollen.“ Das ist eine Art Basta!-Antwort, die nur auf die menschluche Gemeinschaft zurückgreift, nicht auf Gott, nicht auf die Natur, nicht auf irgendetwas. Man gibt sich selber sein Gesetz, man hält es selber aufrecht. Wenn dann jemand z.B. sagt, das mit dem Lebensrecht ist ja gut & schön, aber Gott hätte befohlen, Gottesbeleidiger zu töten, dann sagt man als Staatsbürger nicht: „Nein, das stimmt nicht, hat er nicht!“, sondern: „Das ist irrelevant!“
@KJN
Lächeln Sie doch wieder, war nicht böse gemeint, nur ein bißchen gefrozelt.
Nun ja, der Bezugspunkt ist ja nicht falsch, aber es besteht ein Unterschied in den Betrachtungsweisen. Viele fragen, „was“ ist das, was ist der Bezugspunkt und finden als Antwort z. B. Menschenrechte etc. Das ist erstmal völlig o.k.wobei der Ursprung der Menschenrechte damit nicht geklärt ist.
Ein Christ fragt aber anders, er fragt „wer“ ist das, Wer ist mein Bezugspunkt und findet die Antwort im personalen Gott. Das ist eine qualitativ andere Antwort, denn mit einer Person kann ich in Beziehung treten, mit einer Idee allein nicht. Der personale Gott, den ich aber in jedem Menschen wiedererkennen kann, ist der Grund, das Fundament der Menschenrechte.
@Marit: Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, mit Terroristen sind natürlich al Qaida und Osama bin Laden gemeint. „Wie alle Terroristen zu allen Zeiten setzten sie zunächst auf die Propaganda der Tat.“ (Quelle: Bernd Greiner 9/11)
@Marit: Sicher ist der Bezugspunkt Menschenrechte nicht der einzige Punkte der Demokratien schützt, denn er erreicht im besten Fall, dass man sich im Falle einer Auseinandersetzung nicht noch zusätzliche Feinde schafft oder seine Fürsprecher verliert.
„Wie alle Terroristen zu allen Zeiten setzten sie zunächst auf die Propaganda der Tat.“ (Quelle: Bernd Greiner 9/11)
Daraus sollen resultieren: „Anstiftung der Schwachen“; „Feind so lange zu provozieren, bis er jedes Maß verliert und mit seiner Überreaktion auch die Gutmütigen und Geduldigen verprellt.“ (Quelle: *)
Bernd Greiner versucht folgende Fragen zu beantworten: Warum funktionierten die „checks and balances“ – Gewaltenteilung und wechselseitige Kontrolle des Machtapparates – nicht mehr? Wieso fügten sich mächtige Ministerien und Behörden, weshalb ließ der Kongress die Exekutive kritiklos gewähren? Weshalb galten scheinbar unverrückbare Prioritäten von einem Tag auf den anderen nicht mehr? Und wie ist das Schweigen des Supreme Court, der obersten Verfassungshüter zu erklären?
Zur Beschreibung der Fragilität der Demokratie benutzen Historiker und Verfassungsrechtler in den 1970er Jahren das Schlagwort „Imperiale Präsidentschaft“.
„Was „nationale Sicherheit“ bedeutet oder „nationales Interesse“, entschied nach dem 11. September ausschließlich George W. Bush. Damit hebelte er aber die fein austarierte Gewaltenteilung zwischen Weißem Haus und Kongress aus mit dem Ergebnis, dass während der Ära Bush junior die demokratische Verfassung großen Schaden nahm.“ (Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendu.....k/1453911/)
@Roland Ziegler: Ich sehe Menschenrechtsverletzungen so: Anstiftung der Schwachen und Verprellen der Gutmütigen und Geduldigen. Und gab es da nicht auch eine Agenda Demokratieexport?
@ Moritz Berger
Ah, ein Poet! Mir ist nicht so ganz klar, was Sie meinen, aber ich kennen einen Typ, der fragt mich andauernd, ob er mir seine Schmetterlingssammlung zeigen darf. Aber ich weiß nicht so recht, was ich von einem halten soll, der Schmetterlinge jagt und fängt und dann zum Vorzeigen aufspießt.
@Nora Berg
„großväterlich“
Das war jetzt zwar gemein 😉 , aber „gönnen können“ ist sicherlich ein wesentliches Merkmal auch einer „relativistischen“, liberalen Gesellschaft (@R.Z., mir fällt jetzt kein anderes Wort dafür ein).
Was den Flow betrifft, so ist das für die einen „göttlicher Funke“ und für die anderen
human nature.
Daß dieser „Flow“ in den 80ern und 90ern von bestimmten Managern und Politikern fast als unanständiger Luxus in der Arbeitswelt angesehen wurde und heute noch wird, hat nicht nur Christen gestört, Sie sollten da nichts verwechseln.
Ansonsten sind Marits „Bezugspunkte“ sicher entscheidend. Nicht umsonst erwarten die (von katholischen Fundamentalisten so geschmähten) Freimaurer von Ihren Mitgliedern den Glauben an (einen) Gott.
@Nora Berg
so jung und schon Flöhe
Aber der Glaube versetzt Berge.
Vielleicht Herr KJN mehr flows gehabt als sie .
Ein ganz intime Frage:
Haben Sie jemals Schmetterlinge im Bauch gehabt?
@blonder Hans
es tut mir aufrichtig leid, dass Sie aufgrund meiner Abwesenheit hier im blog Entzugserscheinungen hatten.
Aber außer Beten,Beichten und dem sonntäglichen Kirchengang gibt es auch noch Alternativen in diesem irdischen Leben.
Und um Ihre Neugierde zu befriedigen:
In der Zwischenzeit war ich wieder einmal mit meinen Genossen , der Genossenschaftsbrauerei i.G. unterwegs (nicht die Sozialisten die Sie hier kontinuierlich für alles Glück in dieser Welt verantwortlich machen).
Ziele(e) unserer Reise waren Microbrauereien in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.
Sehr zu empfehlen ist die Region Oberfranken mit dem Brauereiwanderweg:
http://www.brauereiweg.de/
nicht zu verwechseln mit dem Jakobsweg (obgleich der deutsche Jakobsweg auch die fränkische Bierpfade kreutzt).
http://www.deutsche-jakobswege.....anken.html
Die Pilger wußten schon immer himmlische und irdische Gelüste zu vereinigen 🙂
Sehr zu empfehlen ist auch die Kommunbrauerei in Kulmbach:
http://www.kommunbraeu.de/
Zwischenzeitlich haben wir bei den Gelbfüßlern in Karlsruhe “ Ölwechsel “ gemacht:
http://www.vogelbraeu.de/startseite.html
bis es uns zum
“ Goldenen Engel “
http://www.brauhausgoldenerengel.de
nach Ingelsheim getrieben hat.
http://www.youtube.com/watch?v=pRRW5L55O6Y
Was Ihre Zitate zu Max Planck betrifft.
Ich vermute, dass Sie diese auf der Seite des Kreationisten:
http://www.weloennig.de/MaxPlanck.html
ausgegraben haben.
So langsam öffnen Sie Ihr Visier, dass Alan Posener schon lange einforderte
Was Einstein betrifft, da sind Sie leider nicht mehr up-to-date:
http://hpd.de/node/4584
Aber vielleicht ist Albert Einstein auch wieder ein “ Sozialist “ weil er u.a. die These vertritt dass die Bibel ein kindischer Aberglaube ist.
Was den von Ihnen erwähnten Ausgang betrifft, da kann ich nur mit den Anfangszeilen eines Kirchenliedes antworten:
„der HERR behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit.“
R.Z.: Einstein sollten Sie besser nicht für Ihre katholische Sache einzuspannen versuchen (auch wenn der sich nicht mehr wehren kann). Er hat sich mal als eine Art “Pantheist” eingeordnet.
… nun er war nicht perfekt. Das ist richtig. In die ‚allgemeine Sache‘ aber – ist alles und jeder eingespannt. 😉
„Bezugspunkt“!
Danke,das ist genau das, was Demokratien schützt.Wenn die ethische Basis, also hier die Menschenrechte, erodiert, ist der demokratische Staat in Gefahr.Die verlässlich funktionierenden rechtsstaatlichen Institutionen sollten eigentlich garantieren, dass diese Basis stets im Blick bleibt.Dort sehe ich allerdings Probleme, wie das Beispiel der NSU-Affäre gezeigt hat.
Wer kontrolliert die „rechtsstaatlichen Institutionen“, auf ihre Rechtsstaatlichkeit.
Erodiert das demokratische Gefüge innerhalb der Verfasstheit seiner Institutionen,gerät die Rechtsstaatlichkeit der Demokratie zumindest in Verruf.
Dort liegen die Gefährdungen.Die nebulöse „Gefahr“, die Posener hier in Persona des Papstes ausmacht, bleibt „nebulös“.
Die „Wahrheiten“, die die Kirche verkündet, sind für Christen bindend.Und das, was Christen „bindet“, trägt ganz sicher nicht zur Erosion der demokratischen Gesellschaft bei, kann aber, wie andere Überzeugungen auch, in die Gesellschaft hinein wirken.Das ist ein Merkmal von Pluralität.
@BlonderHans: Einstein sollten Sie besser nicht für Ihre katholische Sache einzuspannen versuchen (auch wenn der sich nicht mehr wehren kann). Er hat sich mal als eine Art „Pantheist“ eingeordnet.
Ich glaube, dass es eine logische (oder wenn man will, „natürliche“) Folge der Kooperation als solcher ist, dass man einander als gleichberechtigt (-> Demokratie) wahrnimmt. Wenn man sich dann noch als unterschiedlich wahrnimmt, installiert man einen Minderheitenschutz (-> Liberalismus).
Damit will ich sagen, dass eine liberale Demokratie keine weltanschaulichen Grundlagen benötigt, sondern nur einen gemeinschaftlichen Willen zur fairen Kooperation.
Zur Begründung verweise ich wieder einmal auf das Verhalten von Kindern auf Kindergeburtstagen. Jeder hat Anspruch auf ein gleich großes Stück vom Kuchen, das ist eine Selbstverständlichkeit (-> Egalitätsprinzip). Es sei denn, das Kind hat im Spiel gewonnen und kassiert eine Belohnung oder ist außergewöhlich ausgehungert, zuckerkrank oder sonstwie ein Sonderfall (-> Minderheitenregelung). Alle Kinder – ob streng erzogen oder wild – beugen sich diesen Prinzipien widerspruchslos, weil sie das einsehen (klar: Es wird auch geschummelt…).
@Kerstin: Ja, es existiert ein offensichtlicher Bezug des GG und anderer demokratischer Verfassungen zu den Menschenrechten, und die Menschenrechte wiederum verstehen sich ausdrücklich als absolut/universell (nicht-relativistisch). Die Frage ist, ob dieser Bezug für die Verfassungen notwendig oder kontingent ist, denn die Verfassung beschränkt sich selbst ja per definitionem auf ein Staatsgebiet und die Staatsbürger (ggf. auf die Leute, die dort wohnen). Eigentlich sagt die Verfassung also: „Dieser Staat hier, in diesen Grenzen, regelt das sounso; was draußen bei den anderen Staaten oder in der Wirklichkeit maßgebend, ist egal.“ Die Verfassung funktioniert demnach „autark“, ohne Begründung oder Bezugnahme (im Sinne Poseners/Rortys) und ist erfreulicherweise trotzdem demokratisch, sogar liberaldemokratisch.
(Nicht ganz, zugegebenermaßen, im GG gibt es auch Gottesbezüge, aber die halte ich für historisch und eigentlich überflüssig)
Der Vorteil eines solchen Verzichts auf Universalität ist, dass die Verfassung immun ist gegenüber weltanschaulichen Diskussionen, Gottesbeweisen oder universalistischen Anfechtungen.
Allerdings können die demokratischen Staaten in der Praxis ihre universalistische Herkunft auch nicht verleugnen. Das außenpolitische Auftreten der westlichen Demokratien ist ein guter Indikator dafür. Denn es sind die westlichen Demokratien, die auf Interventionen und „State building“ gegenüber Diktaturen und „failed states“ drängen, und sie führen dafür höchst unrelativistische Argumente an. China z.B. besteht demgegenüber auf dem Prinzip der Nichteinmischung. Die chinesische Staatsregierung sagt, dass die Menschenrechte für das chinesische Volk nicht gelten würden und man damit von außen nicht behelligt werden möchte. Das ist Relativismus.
Die von Ihnen genannten Bücher kenne ich leider nicht; ich bin seit einiger Zeit insb. aus familiären Gründen Nichtleser.
@KJN
Och nö, jetzt tun Sie so gönnerhaft großväterlich. Ich versteh schon, ist ja gut gemeint, aber ich nehme Ihnen nicht ab, dass Sie noch nie einen Flow hatten. Wenigstens einen klitzekleinen beim Lösen einer mathematischen Aufgabe oder beim Schreiben Ihrer Dissertation oder als Sie als Kind im Gras gelegen sind und den Wolken zugeschaut haben, haben Sie da nicht die Zeit vergessen, waren Sie da nicht auch da ? Oder schauen Sie mal hier im blog, wie die Leute ja um ein einzelnes Jota sich hineinfusseln können, das ist doch echt episch!
@Roland Ziegler: …man sollte nicht vergessen, dass es eine enge Verwandtschaft zwischen üblen Diktaturen und freiheitlichen Demokratien gibt: Beides sind Geschwister, beides sind Staatsformen. Staatsformen sagen den Bürgern, was zu tun und was zu lassen ist (im liberalen Extremfall nur, was zu lassen ist). (Ihr Zitat)
Mit dem Begriff des “Relativismus” hatte ich auch meine Probleme. Zunächst hatte ich diesen auf wissenschaftliche Erkenntnisse und nicht so sehr auf die Gesellschaft und das Recht bezogen. In dem Buch Marcia Pally „Lob der Kritik“ beschreibt Marcia Pally die historischen Wurzeln und Prinzipien des Liberalismus und der Demokratie, dieses Buch hat mein Denken verändert. Es ist eine Frage des Bezugsystems, es darf meines Erachtens kein wechselnder Bezugspunkt sein, sondern muss immer an den Menschenrechten ausgerichtet sein. Sonst droht in der Bewertung von Handlungen der Menschen wirklich ein Relativismus. Die Anderen machen es doch auch oder es gibt Schlimmeres. Kennen Sie das Buch von Bernd Greiner „9/11 Der Tag, die Angst, die Folgen“ In der Debatte um den 11. September und den Irak-Krieg ist mir aufgefallen, dass hier oft mit zweierlei Maß gemessen wurde. Auch hier wirkten Erfahrungen der näheren Geschichte mit ein. Ich glaube, keine Staatsform, besonders in Krisen und Kriegssituationen, ist davor gefeit, fehlerhafte Entscheidungen zu treffen. Wichtig sind die Kontrollmechanismen einer Gesellschaft Justiz, Presse usw. und das Festhalten am festen Bezugspunkt Menschenrechte, sonst verspielt man auch Vertrauen.
@ Alan Posener, derblondehans
Was meinen Sie dazu?
… hab‘ ich schon beantwortet … und hier, … das hinzu: Gründungsaufruf Wahlalternative 2013.
@Nora Berg
Ich weiß wirklich nicht, was Sie meinen, aber ich vermute, daß Sie mich deswegen herzlich bedauern werden. Ich kann wahrscheinlich nicht so unendlich lieben, wie Sie, aber ich kann unendlich gönnen: Ihnen Ihr Glauben, Hoffen und Lieben, dem blondenhans seine Wahrheit und mir meine Freiheit. So verschieden sind wir Menschen.
@derblondehans
Immer wenn Ihnen irgendwas was nicht passt, schreiben Sie „kommen Sie wieder ‚runter„. Ich bin doch gar nicht „oben“. Ich stimme Ihnen doch weitgehend zu, da Ihr Glauben Sie doch eine Erkenntnis nach der anderen finden lässt, denn auch hier in der benachbarten Eifel sagt man: „Durch dauerndes Wiegen wird die Sau nicht fett.“
Ein relativierender Staat wird Ihre Glaubensinhalte kaum infrage stellen – argumentieren Sie besser mit mir gegen pseudowissenschaftliche (ersatzreligiöse) Ideologien, die sich unser Staat viel zu sehr zu eigen macht. Dazu reicht der gesunde Menschenverstand, dazu braucht man keine Religion, denn es geht ums Diesseits.
Frau Berg „fühlt sich von Benedikt XVI. bestätigt.“ Dann sollte Frau Berg auch ihr eigenes intellektuelles Rüstzeug zusammenraffen und sich erinnern, dass der Papst tatsächlich weiß und dies auch ausdrückt, dass die größten Feinde der Kirche aus der Kirche selbst kommen.Aber welcher Fundamentalismus rigoroser ist und lächerlicher wirkt, der von Frau Berg oder der von A.P. das kann ich wirklich nicht entscheiden.
@M.B.: … he, he M.B. … lange nix mehr gehört/gelesen … haben Sie Ausgang? 😉 echt, es gibt genügend andere ‚Sprüche‘. Auch von Max Planck selber:
Zwischen Religion und Naturwissenschaft finden wir nirgends einen Widerspruch. Sie schließen sich nicht aus, wie heutzutage manche glauben und fürchten, sondern sie ergänzen und bedingen einander.
Oder Albert Einstein:
‚Jedem tiefen Naturforscher muss eine Art religiösen Gefühls nahe liegen, weil er sich nicht vorzustellen vermag, dass die ungemein feinen Zusammenhänge, die er erschaut, von ihm zum ersten Mal gedacht werden. Im unbegreiflichen Weltall offenbart sich eine grenzenlos überlegene Vernunft.- Die gängige, Vorstellung, ich sei Atheist, beruht auf einem großen Irrtum. Wer sie aus meinen wissenschaftlichen Theorien herausliest, hat sie kaum begriffen.
Komme gerade aus einer Podiumsdiskussion im Potsdamer Einsteinforum mit dem Schriftsteller Ingo Schulze, der seine Schrift „Unsere schönen neuen Kleider: Gegen eine marktkonforme Demokratie – für demokratiekonforme Märkte“ vorstellte, mit der tapferen ergrippten Gesine Schwan und dem reichlich drägen Ostbänker Edgar Most, der „den Menschen“, wie er eben ist, nicht für fähig hält, an seinen Verhältnissen etwas zu ändern.
Im Anschluß daran: es wäre die schönste aller Welten, wenn die größte Bedrohung für die Demokratie von dem deutschen Papst und seinen Fundamentalisten oder vom rechtsradikalen Rand der Gesellschaft ausginge; dann könnten wir, glaube ich, selig und zufrieden schlafen. Ich fürchte allerdings, mit dieser Ablenkung (Alan Posener, ist Ihnen das bewußt?) verpassen wir den Alptraum, dass die Demokratie weitaus mehr von denen destruiert wird, die mit der Kanzlerin und den europäischen Eliten, unter ihnen der benevolente Imperialist Alan Posener, eine „marktkonforme Demokratie“ anstreben.
@ Alan Posener, derblondehans
Was meinen Sie dazu?
Erdogan-Berater sieht gottlosen Westen als Verlierer (http://www.welt.de/politik/aus.....ierer.html)
Cem Özdemir: Rot-Grün Voraussetzung für EU-Beitritt der Türken (http://www.welt.de/politik/aus.....erkei.html)
@blonderHans
„Es fehlt Ihnen eigentlich nur die Erkenntnis, dass es nur eine (absolute) Wahrheit gibt, geben kann.“
Das müßten Sie als Maschinenbauingenieur uns Laien eigentlich erklären.
Wie war das mit Galilei:
Und sie dreht sich doch
P.S.
Die Wahrheit triumphiert nie, ihre Gegner sterben nur aus.
Max Planck
KJN: Alan Posener schreibt zu Recht: “Alle Fundamentalisten sind sich in der Verachtung der Demokratie einig.”
… kommen sie wieder runter. Was für ein unsägliches Geschwurbel. Von was für einer, von welcher Demokratie, schreiben Sie eigentlich? Deutschland können Sie nicht meinen.
… und … gibt es in Deutschland schlimmere ‚Fundamentalisten‘ als unkontrollierbare Kollektive und Finanzmärkte samt Ex und Kumpane?
Vermessene messen – aber die Wahrheit wird richten. Das können Sie glauben oder nicht.
@KJN
Drehen Sie sich doch mal bitte zu mir um, wenn Sie mit dem Sortieren Ihrer Schubladen fertig sind.
Eine Frage an Sie, freilich eine intime Frage, aber trotzdem: Kennen Sie die Liebe? Eine Liebe, die Ihr ganzes Denken, Ihr ganzes Fühlen, Ihr ganzes Wesen mitreißt?
Wenn glauben, hoffen, lieben für Sie der Gipfel Ihres Daseins ist, freuen Sie sich. Das ist alles.
Ein Tipp: Fragen Sie Ihre „Piusschwester“ nicht mehr um Rat in Glaubensfragen. Oder können Sie sich ernsthaft vorstellen, dass Manche den Aufzug nehmen dürfen, während Andere durchs Treppenhaus müssen oder gar über den Hof ins Nebengebäude? Wer so denkt, treibt Unzucht mit dem Glauben. In der Arbeitswelt ist das allerdings so üblich.
@ Alan Posener
Israel mag ein kleines Land sein; sowohl weltpolitisch als auch hinsichtlich seiner Bedeutung, was die Religion angeht, ist es doch nicht unerheblich? Für Jacques Derrida war z.B. der Kampf um die „Aneignung Jerusalems“ der heutige Weltkrieg „Er findet überall statt, er ist die Welt, er ist heute die singuläre Figur ihres ´out of joint´-Seins“. Ich finde, sie haben eine zu enge Perspektive auf die Religion, wenn Sie sie bezüglich Israels auf die Orthodoxen verengen. Sie wissen, dass z.B. Jeshujahu Leibowitz den nationalreligiösen Enthusiasmus verbunden mit einem quasi-juristischen Besitzanspruch auf „Eretz Israel“ scharf verurteilt hat; es scheint jedoch (ich hoffe, ich liege falsch), dass sich politisch ein Bibel-Fundamentalismus durchsetzt gegenüber einem rationalen judaistischen Verständnis eines Leibowitz.
Was das Gewicht der katholischen Kirche angeht – schauen Sie doch mal in einen Gottesdienst hinein. Das sieht und hört sich noch geriatrischer an als die sog. „biodeutsche“ Population. Die katholischen Fundamentalisten – ist das nicht eher Geisterbahn? Gruslig?
@ Serdar
„lā ʾilāha ʾillà l-Lāh, Muḥammadur rasūlu l-Lāh“ Von daher wird man die Jünger und Anhänger des Propheten doch Mohammedaner nennen können? Sie wissen, dass ich von meiner Perspektive aus die Annahme, dass sich Gott sein Volk auserwählt hat, für ebenso absurd halte wie die Annahme, dass in diesem Volk sein Sohn Fleisch geworden ist, und wie die Annahme, dass der Prophet den Koran als ewiges Buch Gottes vom Erzengel Gabriel diktiert bekam. Wir wissen auch, dass mein Argument bei Gläubigen nicht verfängt, dass das Argument der Absurdität keine Widerlegung ist. Ich finde aber auch, dass die Psychiatrisierung des Propheten durch denblondenhans sehr einfältig ist, man würde ebenso gut „psychiatrische Symptome“ bei Jesus, bei der Pfingstgemeinde, bei Moses und den Propheten des Alten Testament diagnostizieren können. Eine gute Annäherung an die Genese und Struktur religiöser Erfahrung scheint mir Julian Jaynes Theorie der Bikameralen Psyche (http://de.wikipedia.org/wiki/Julian_Jaynes) zu sein. In der Epoche der bikameralen Psyche wurden die Stimmen der Götter und ihre Weisungen gehört. Nach Jaynes dauert das Drama an:
„Im zweiten Jahrtausend v. Chr. begannen die Stimmen der Götter für uns zu verstummen. Im ersten Jahrtausend v. Chr. ging es auch mit denjenigen, die nach wie vor Stimmen hörten, mit Orakeln und Propheten, dem Ende zu. Im ersten nachchristlichen Jahrtausend ist der Gehorsam gegenüber dern in „heiligen“ Schriften überlieferten dicta und audita zugleich auch Gehorsam gegenüber den verschwundenen Gottheiten. Und im zweiten Jahrtausend n.Chr. beginnen diese Schriften ihre Autorität zu verlieren. In der Wissenschaftlichen Revolution wendet sich die Menschheit ab von den alten Sprüchen, um die verloren gegangene Autorisierung in der Natur wiederzufinden.“ (Der Ursprung des Bewußtseins durch den Zusammenbruch der bikameralen Psyche, S. 533f)
Ich wundere mich über Zeitgenossen, die wie derblondehans in nomine patris et filii et spiritu sancti an die Autorität einer Heiligen Schrift glauben. Für uns Moderne gilt aber auch: Unsere individuelle Empirie ist begrenzt und nur in Maßen generalisierbar. Wir brauchen als Individuen Beglaubigung und Konsens, auch und gerade dann, wenn wir auf die Vorstellung von universeller Stabilität, ewigwährender Prinzipiensicherheit da draußen verzichten. Da gibt uns Jayne zu bedenken: „Als Individuen sind wir auf Gnade und Ungnade unseren jeweiligen kollektiven Imperativen ausgeliefert.“ Ich fürchte, dass wir die Imperative der Moderne in der Kakophonie des Geschehenden nicht genügend erkennen.
Alan Posener schreibt zu Recht: „Alle Fundamentalisten sind sich in der Verachtung der Demokratie einig.“
So ist es, jeder Fundamentalist, jeglicher Religion meint das – und eben jeder Piusbruder, deren Kulturpessimismus (s. hier Nora Berg) genau darauf abzielt. Das wird im „kleinen Kreis“ auch offen zugegeben. Die Piusbrüder setzen nach wie vor ihre Hoffnung auf Benedikt (und wahrscheinlich umgekehrt). (Allerdings könnte ich mir vorstellen, daß die Rückkehr in den Schoß der kath. Kirche manchen Funktionsträgern dort im Moment noch gar nicht recht wäre, weil sie dann wieder „nach Weisung“ theologisieren müssten.)
@derblondehans
„ Es fehlt Ihnen eigentlich nur die Erkenntnis, dass es nur eine (absolute) Wahrheit gibt, geben kann.“
Also auch hier wieder eine Diskussion über „Wahrheit“, die man gleichermaßen bei Religiösen, wie bei Wissenschaftsgläubigen immer wieder gezwungen ist, zu führen:
Sie sind naturwissenschaftlich vorgebildet und kennen die Heisenberg’sche Unschärferelation, also eine definierte Grenze menschlicher Erkenntnis. Ja, auch ich glaube daß es eine Wahrheit dahinter gibt. Ich kenne diese Wahrheit aber nicht und kann das akzeptieren (ich vermute, daß hinter jeder Erkenntnis eine neue steht). Sie akzeptieren das nicht und glauben an Ihre Wahrheit. Dafür gibt es gute Gründe: Religionen haben immer kollektiv Wissen tradiert und Regeln abgeleitet, die für das Überleben der Menschen wichtig waren (kosher, hahal, keusch…). Manchmal haben sich diese Regeln überlebt und manchmal nicht. Wissenschaftsgläubige glauben an Statistiken/Studien, Diäten, Klimawandel, Homöopathie, Scientology, Sozialismus usw. – Machbarkeit allgemein.
Der Wahrheitsanspruch der einen oder anderen Seite führt zu Totalitarismus in der einen oder anderen Form. Ein Staat (der sich um das Zusammenleben im Diesseits kümmern soll) kann, muss sogar, relativistisch sein, wenn er alle Wahrheitsfanatiker zufriedenstellen will. Vielleicht in der einen oder anderen Ausprägung in Mitteleuropa oder (@Lyoner) z.B. in Israel, wo Christen und Muslime unbehelligt ihre Heiligtümer besuchen und ihre Gottesdienste feiern.
Tatsächlich lehnen christliche Fundamentalisten (Piusbrüder) die Aufklärung ab bzw. wollen die Geschichte so deuten, daß alle ihre Errungenschaften (Heliozentrismus, Maxwell’sche Gleichungen, Relativitäts- und Gravitationstheorie usw.) auch hätten in Klostern entwickelt werden können. Müssen sie auch, denn sonst würden sie konsequenterweise alle zu Fuß in die Messe kommen müssen.
Ich denke der kluge Satz einer „Piusschwester“ aus meinem Freundeskreis, den ich hier vor Jahren schon mal zitiert habe, hebt sich wohltuend von den üblichen Wahrheitsansprüchen ab: Es gibt sicher viele Wege zur Erleuchtung – ich halte unseren für den kürzesten. (Es geht also nach wie vor um Glauben und nicht Wissen!)
Viele Menschen, viele Sichtweisen, daran müsste sich auch Benedikt messen lassen.
@Lyoner: Man kann ja über den Katholizismus vieles sagen, aber nicht, dass er ein leichter Lukas ist, den man mal eben weghaut. Die katholisch-theologischen Debatten vom Mittelalter bis heute sind uferlos und über die Absurdität hinaus kompliziert.
Ach, Herr Kaufmann, da sind Sie wieder bei Israel. Ihre Sorge um dieses winzige Land ist rührend. Wäre ich Israeli, würde ich – wie meine gesamte israelische Verwnadtschaft – zu den schärfsten Kritikern der Orthodoxen gehören. Da ich nicht Israeli bin, frage ich mich: Sind die orthodoxen für mich eine Gefahr? ich denke: Nein. Und was den Islam betrifft, so kann man mir wahrlich nicht vorwerfen, unkritisch zu sein. Aber erstens ist bei einer muslimischen Bevölkerung von zehn Prozent auch da die Gefahr übersichtlich, egal was Sie oder „PI“ für Ängste haben mögen. Übrigens ist der Islam weder intellektuell noch theologisch wirklich interessant. Dass aber der fundamentalistische Katholizismus eine Gefahr darstellt, das sehen Sie am Beitrag von Nora Berg oben: „Ich sag ja immer, das ist das Zeitalter der Hirntoten und AlzheimerPatienten. Kopf ist weg, der Rest zappelt noch, weiß aber nicht mehr, warum.
Passt irgendwie auch auf den demokratischen Staat.“ Würde das ein Moslem sagen, wäre hier der Teufel los. Frau Berg sagt das „immer“ und fühlt sich darin von Benedikt bestärkt. Darum geht es mir: Alle Fundamentalisten sind sich in der Verachtung der Demokratie einig.
Serdar: @Lyoner
“Mohammedaner”? Ich bin klügeres von ihnen gewohnt. Vielleicht sollte ich das Christentum und die Christen als “Paulaner” bezeichnen. Nach einer These war ja Paulus der eigentliche Gründer des Christentums.
… wie sonst, sollte man die Anhänger eines an Schizophrenie erkrankten bezeichnen?
In seinem Buch Die Krankheit des Propheten untersucht Geus, ob der angebliche islamische Prophet Mohammed an Schizophrenie gelitten habe, was viele der Verse des Korans erkläre. (Ihre These – bleibt ’ne These.)
@Lyoner
„Mohammedaner“? Ich bin klügeres von ihnen gewohnt. Vielleicht sollte ich das Christentum und die Christen als „Paulaner“ bezeichnen. Nach einer These war ja Paulus der eigentliche Gründer des Christentums.
PS: Ich meine damit nicht Joseph Ratzinger…
„Er begreift das Paradoxon nicht, dass erst der Relativismus des Staates ihm die Freiheit zum Glauben an die absolute Wahrheit gibt.“
Das ist kein Paradoxon Herr Posener, sonst müsste es allgemein gültig sein. – Es soll fast eine Milliarde Menschen geben, die weder des Lesens noch des Schreibens mächtig sind. Die setzen weder einen Staat voraus, noch Recht, noch Gesetze. Und sie gibt es doch! … in Ihrer Version sind sie wohl „verlorene Schafe“, nach Joseph Ratzingers These nicht.
„Joseph Ratzinger hat das Wesen des liberalen Staates nie begriffen, oder nie akzeptiert.“… es soll auch „verirrte Schafe“ geben.
Der demokratische Staat ist nicht weltanschaulich neutral, er hat sozusagen ein paar Eckpfeiler eingerammt, an denen die Religion nicht vorbeikommt, die sie einplanen muss. Sie muss zusehen, wie sie ihr Gebäude auf den Eckpfeilern aufsetzt oder als eine Art Zelt dazwischenstellt, was keineswegs selbstverständlich und problemlos möglich ist. Sie betrachtet die ihr aufgelegten Einschränkungen argwöhnisch und versucht sie, aus dem Weg zu räumen, weil sie glaubt, nur sie dürfte Eckpfeiler setzen. Aber da irrt sie sich. Auch sie muss sich an die bestehenden Gesetze halten.
Alan Posener schreibt „Und auch Benedikt akzeptiert nicht, dass die Religion Privatsache sein, „in den Bereich des Subjektiven verlagert“ werden soll.“
Warum sollte der Heilige Vater auch? Religion, insbesondere die Offenbarungs- und Gesetzesreligionen Judentum, Christentum und Mohammedanertum können ihrem Selbstverständnis keine Privatsachen im Bereich des Subjektiven sein, sie sind Gemeinschaften mit einem Corpus an Riten, Gesetzen, Geboten, Dogmata, die nicht dem subjektiven Belieben unterliegen. Ich wundere mich auch, dass Sie das schreiben, nachdem Sie sich jüngst noch mit allen Kräften in Sachen Circumcision eingesetzt haben, schon länger für einen verbindlichen Kanon einer Zivilreligion, die sich auf Auschwitz stützt, kämpfen.
Ich finde, mit dem Deutschen Papst und dem Katholizismus haben Sie sich den wohlfeilsten und leichtesten Lukas auf der Kirmes der Religionen ausgesucht, Ihrer Kraft wären m.E. die mohammedanischen Gesellschaften mit der Scharia, oder noch besser Israel in Bezug auf die Halacha (z.B. Hochzeitsgesetze oder das Gesetz der Rückkehr, wer darf die israelische Staatsangehörigkeit erwerben) angemessener und würdiger.
Was die arabischen Bischöffe angeht – wer, wenn nicht sie, sollte den Alten Bund (die Landverheißung für „sein“ Volk) nicht als nationalreligiöse Fundierung des Zionismus und als antagonistisch gegenüber ihrem Neuen Bund riechen können? Es wäre schön, wenn Sie im Gelobten oder Heiligen Land einen Beitrag für eine Privatisierung der Religionen leisten könnten. Mir scheint jedoch, dass Sie die Zivilreligion und Israel unhinterfragt lassen, dafür kämpfen, dass die Catholica eine Hilfsreligion wird, die sich dieser Zivilreligion unterordnet und sie stützt.
Davon abgesehen gehe ich mit Ihnen d´accord, wenn Sie die Offenbarungsreligionen zu Privatangelegenheiten subjektiver Art (wie Esoterik, Astrologie etc) machen wollen. Nach dem großen Medientheoretiker Friedrich Kittler gibt es „…Gesetzesgötter, die strafen und befehlen. Der Verkehr mit ihnen wird gesetzlich geregelt. Es gibt andererseits Götter, die an- und abweisen. Der Verkehr mit ihnen wird nicht verwaltet, sondern begangen. Er erneuert sich jedes Mal, wenn Musik und Sage zu klingen beginnen. […] Nur die Befreiung von allen Monotheismen wird uns die Quellen von Lust und Wissen des Abendlands eröffnen. Denn griechische Götter, die mit Religion, dieser römischen Erfindung, nichts zu tun haben, stehen am Beginn dessen, was unsere Wissenschaft und ihre technische Welt geworden sein wird.“
Herr Asmodi,
„Zur Not muss man die Demokratie auch dann verteidigen, wenn man sie nicht philosophisch begründen kann.“
Ne, was für ein schöner Satz!
Ich sag ja immer, das ist das Zeitalter der Hirntoten und AlzheimerPatienten. Kopf ist weg, der Rest zappelt noch, weiß aber nicht mehr, warum.
Passt irgendwie auch auf den demokratischen Staat. , Da sind ja jetzt alle gleich doof, weil, Überblick und Durchblick waren im Oberstübchen verankert, ist jetzt aber weg! Und weil man nix mehr erkennen kann, kapiert man auch nicht recht, was einem fehlt! Nur die Sinnlosigkeit dieses Daseins kann irgendwie noch begriffen werden.
Und Benedikt XVI wird als gefährlich vermutet! Ist ja auch unheimlich, diese allumfassende Kirche, die den Kopf nicht verloren hat!
@ Serdar u. A. Posener: Kein Ende ohne Nachtrag. Die von Serdar angeführte weltanschauliche Neutralität ist nicht gegeben; die zitierte Gleichberechtigung von Mann und Frau ist beispielsweise nicht weltanschaulich neutral, aber elementarer Bestandteil unseres staatlichen Rahmens. Ohne die gesetzliche Gleichberechtigung würden wir in einem völlig anderen Staat leben. Um die Demokratie erfolgreich zu machen, brauchen wir keine philosophische Begründung für diesen Rahmen, sondern nur eine gewisse Zustimmung, die nicht mal durch Wahlen abgesichert sein muss, denn der Rahmen sorgt teilweise für sich selbst („wehrhafte Demokratie“). Dass aber ein solcher Rahmen auch kaputt geschlagen werden kann, haben wir auch schon gesehen in unserer Geschichte.
@Serdar/Alan Posener: Ja, beim Wahrheitsanspruch stimme ich Ihnen grundsätzlich zu. Allerdings geht es viel weniger um die Wahrheit von Weltanschauungen als um die Gültigkeit von Gesetzgebungen. Und diese ist in einer Demokratie nicht weniger absolut als in einer Diktatur, im Gegenteil: der Diktator kann problemlos Gnade vor Recht walten lassen, die Demokratie kann das nicht ohne weiteres.
Die Wahrheitsfrage wird z.B. an dem Punkt tangiert,an dem das Gericht darüber entscheidet, ob ein bestimmter Sachverhalt zu Wortlaut und Intention der Gesetzgebung passt oder nicht. Hierbei ist echte Hermeneutik angesagt, und die Prozedur unterscheidet sich nicht von theologischer Exegese, denke ich. Ob aber das Gesetz inhaltlich richtig ist oder nicht, entscheidet nicht das Gericht, sondern der Gesetzgeber. Und dieser ist maßgeblich eingeschränkt durch die Verfassung, welche wiederum bei uns sozusagen vom Himmel gefallen ist. Sie wurde von Vätern und Müttern auf etwas undurchsichtige Weise ausgedacht und nicht diskutiert, geschweige denn zur Abstimmung gestellt, sondern einfach – inkraft gesetzt. Klar können wir sie in einigen Punkten ändern, aber nicht in allen: Gleichberechtigung oder die Unverletzlichkeit der Person stehen nicht zur Wahl. Wenn wir diese Passagen streichen, schaffen wir unsere Staatsform ab.
Das Thema ist für Ihren Artikel eigentlich nebensächlich, deshalb höre ich jetzt auch schon auf und gucke morgen, ob mir zu den thematisierten Satzungsstreitereien eines Vereins, dessen Mitglied ich nicht bin, etwas Nennenswertes einfällt 🙂
APo: Jede Erkenntnis ist nur vorläufig, jede Wahrheit relativ. Deshalb darf sich der demokratische Staat nicht einer Sicht der Dinge verpflichten – erstens, weil der Häretiker von heute der Heilige von morgen, der Held von heute der Bösewicht von morgen, die Erkenntnis von heute die widerlegte Hypothese von morgen sein kann; zweitens aber, weil sich der Staat, der sich als ideologisch begründeter Staat (z.B. “islamische Republik”) dann automatisch zur Geisel der Gültigkeit und der allgemeinen Akzeptanz jener Wahrheit macht, auf der er sich gründet.
.. werter Apo, so sehr unterscheiden Sie sich gar nicht von Benedikt XVI. 😉 Es fehlt Ihnen eigentlich nur die Erkenntnis, dass es nur eine (absolute) Wahrheit gibt, geben kann. Wer sie nicht erkennt – muss relativieren. So einfach ist das.
‚Die Zeit der Ideologien ist gezählt‘, so Benedikt XVI: ‚Sie scheinen stark und unwiderstehlich zu sein, doch nach einer gewissen Zeit verbrauchen sie sich, haben keine Kraft mehr in sich, da ihnen eine tiefe Wahrheit fehlt. Das Evangelium dagegen vergehe nie: ‚In allen Zeiten treten seine neuen Dimensionen hervor, erscheint seine ganze Neuheit‘. Deshalb ‚bin ich davon überzeugt, dass es auch einen neuen Frühling des Christentums geben wird‘.
In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti. Amen.
Lieber Roland Ziegler, Sie haben vollkommen Recht: Der Rahmen des liberalen Rechtsstaats – die „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ – wird nicht relativiert. Man kann diesen Rahmen, der ja explizit die Meinungs- und Glaubensfreiheit erlaubt, nun damit begründen, dass man sagt: Jede Erkenntnis ist nur vorläufig, jede Wahrheit relativ. Deshalb darf sich der demokratische Staat nicht einer Sicht der Dinge verpflichten – erstens, weil der Häretiker von heute der Heilige von morgen, der Held von heute der Bösewicht von morgen, die Erkenntnis von heute die widerlegte Hypothese von morgen sein kann; zweitens aber, weil sich der Staat, der sich als ideologisch begründeter Staat (z.B. „islamische Republik“) dann automatisch zur Geisel der Gültigkeit und der allgemeinen Akzeptanz jener Wahrheit macht, auf der er sich gründet.
Aus diesem Paradoxon, dass der Staat zur Begründung einer nicht zu relativierenden Ordnung im Grunde genommen eine relativistische Haltung einnehmen muss, schlägt Richard Rorty in dem Aufsatz „Der Vorrang der Demokratie vor der Philosophie“, an dessen deutscher Fassung ich die Ehre hatte mitzuarbeiten, einen Ausweg vor: Man müsse schlicht und einfach auf eine philosophische Begründung der demokratischen Ordnung verzichten. Wenn wir in einem demokratischen Gemeinwesen leben wollen, müssen wir halt die Demokratie verteidigen. Sie geht eben jeder Philosophie – und natürlich jeder Religion – vor.
Ich habe lange mit Rorty darüber gestritten. Mir scheint es nötig, das oben geschilderte Paradoxon auszuhalten. Aber zweifellos hat Rorty Recht (und Sie auch): Zur Not muss man die Demokratie auch dann verteidigen, wenn man sie nicht philosophisch begründen kann.
Für Benedikt ist weder die eine noch die andere Haltung akzeptabel, wie er in der Auseinandersetzung mit Habermas gezeigt hat. Siehe dazu ausführlicher mein Papst-Buch.
@Roland Ziegler
Ich glaube Herr Posener meinte das in einem viel trivialeren Sinn mit der Relativität, das steht auch im Text. Es geht einfach darum, das die liberale Demokratie keine Weltanschauung von Staatswegen aktiv vorgibt, insofern neutral ist, was nicht heißt das sie gleichgültig sein muss.
Ob das natürlich in der Praxis immer so eingehalten wird, ist eine andere Frage.
Die liberalste Demokratie von allen dürfte wohl die USA sein. Da durfte man bis vor Kurzem sogar Schwarze diskriminieren. Aber ist sie deshalb relativistisch? Dazu sollte man mal statt Publizisten die Insassen der Gefängnisse befragen, für wie relativistisch sie die Grundlage einschätzen, auf der sie einsitzen.
Unsere Demokratie ist nicht so liberal, hier ist mehr verboten (Holocaustleugnung, Nazipartei, Flagge verbennen, Individuen oder Gruppen beleidigen, Volk verhetzen, evt. Kinder beschneiden…). Vielleicht ist sie also weniger „relativistisch“ als die USA. Aber dieser Vergleich ist selber ziemlich relativistisch.
…man sollte nicht vergessen, dass es eine enge Verwandtschaft zwischen üblen Diktaturen und freiheitlichen Demokratien gibt: Beides sind Geschwister, beides sind Staatsformen. Staatsformen sagen den Bürgern, was zu tun und was zu lassen ist (im liberalen Extremfall nur, was zu lassen ist).
Bereits bei Ihrem letzten Beitrag habe ich mich an dem Begriff „Relativismus“ gestoßen. Er ist zumindest erklärungsbedürftig, gerade wenn er im Zusammenhang mit „liberal“ fällt. „Liberal“ stellt einen ausdrücklichen Freiheitsbezug her, der als solcher eine zwar unklare, aber jedenfalls „positivistisch“ – d.h. eben nicht relativistisch, sondern anhand von Kriterien zu beurteilen – auf Freiheit ausgerichtete Forderung ist.
Oder was soll „relativistisch“ bedeuten? Soll es bedeuten, dass keine eigene Aussage getroffen, sondern lediglich ein Netz an Bezügen geknüpft wird, zu Instanzen, die ihrerseits die Aussagen frei treffen und also für die Gesamtaussage zuständig sind? Könnte man also die Gesamtaussage ändern, indem man eine Instanz ins Leben ruft, die eine besonders extreme Aussage trifft, so dass das gesamte Netz durch sie verzerrt wird? – Nein.
Um es etwas praktischer auszudrücken: Jede Staatsform, auch die liberale Demokratie, hat eine bestimmte Ordnung, die nicht relativistisch zu verstehen ist. Im Rahmen dieser Ordnung ist alles erlaubt; was ihr widerspricht, ist verboten. (Ob und wie sehr man diese Verbote dann auch durchsetzt, ist eine andere Frage.) Der einzige Zustand, der wirklich relativistisch wäre, ist die Anarchie.