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Grass: Sein Erstschlag

Ach ja, die Welt kann so herrlich einfach sein. Vorausgesetzt, man hat ein unerschütterliches Welt- und Feindbild. Weiß genau, wo das Gute zu Hause ist und wo das Böse wohnt. Und kennt die großen wie die kleinen Teufel dieser Erde. Günter Grass, immer noch Deutschlands Großschriftsteller und selbst ernanntes Gewissen der Nation, ist ein derartiger Allwisser. Einer, der gerne selbstverliebt den Finger hebt, um Klage zu führen, ja anzugreifen.

Dieses Mal bekommt Israel den blindwütigen Zorn des bald 85-jährigen Paten zu spüren. Per Prosagedicht holt Grass zum „lyrischen Präventivschlag“ gegen den jüdischen Staat aus. „Was gesagt werden muss“ heißt das Pamphlet – es hätte in Stammtischmanier auch „Man wird ja noch mal sagen dürfen …“ überschrieben sein können –, das am Mittwoch in mehreren bekannten Zeitungen erschienen ist.

Die neun Strophen sind der Beitrag des Literaturnobelpreisträgers zur Debatte um den Atomkonflikt mit dem Iran. Diese 69 Zeilen inhaltlich einseitig zu nennen, wäre eine ungerechtfertigte Untertreibung. Vielmehr handelt es sich um ein Sorge heuchelndes Machwerk, das in Wirklichkeit Jerusalem als gefährlichen Kriegstreiber denunziert. „Warum sage ich erst jetzt, gealtert und mit letzter Tinte: Die Atommacht Israel gefährdet den ohnehin brüchigen Weltfrieden?“, schreibt der Dichter. Und er weiß, wohlfeiler Beifall ist ihm hierzulande sicher.

Dabei ist das die falsche Frage. Sie müsste eigentlich lauten: Was treibt einen Mann wie Grass an, einen derartigen, zumal gefährlichen Unsinn der Welt kundzutun? Die Antwort könnte lauten: Der Moralist nimmt seine Rolle als Warner wahr, meint es nur gut mit den Juden, will das Schlimmste verhindern, fürchtet eine atomare Katastrophe. Die Antwort könnte aber ebenfalls lauten: Der ältere Herr hat ein Problem mit Juden und dem Staat Israel. Ist er womöglich, wie der Publizist Henryk M. Broder schreibt, der „Prototyp eines gebildeten Antisemiten“? Mag sein, sicher ist jedoch, dass Grass’ Philippika auf dumpfeste Art und Weise gängige Ressentiments bedient. Und die handeln davon, dass Israel das größte Übel für diese Welt ist.

Nun kann man trefflich darüber streiten, ob ein Militärschlag Jerusalems gegen Teherans Atomanlagen sinnvoll oder sinnlos wäre. Auch ein deutscher Schriftsteller, der erst im fortgeschrittenen Alter in einer Autobiografie etwas verdruckst einräumte, dass er am Ende des Zweiten Weltkriegs Mitglied der Waffen-SS war, darf dazu eine Meinung haben. Er kann auch monieren, dass Israels Kernwaffenarsenal keiner Kontrolle und Prüfung untersteht. Unbenommen.

Infam ist es allerdings, wenn nur auf die eine Seite eingeschlagen, die andere ohne Wenn und Aber dagegen entlastet wird – kontrafaktische Geschichtsschreibung wie aus dem propagandistischen Lehrbuch. Denn der Lübecker Literat verschweigt beflissentlich, dass Irans Führung in Person von Präsident Ahmadinedschad schon mehrfach dem „zionistischen Gebilde“ mit Vernichtung gedroht hat. Dass Israels Existenz von den iranischen Machthabern immer wieder infrage gestellt wird. Dass die Mullahs Terrorbanden wie Hamas und Hisbollah tatkräftig unterstützen. Dass das Regime jede Form von Opposition gewaltsam unterdrückt.

All das kommt Grass nicht in den Sinn. Stattdessen geht er hinter angeblichen Denkverboten in Deckung, geriert sich als mutiger Tabubrecher. Das liest sich dann so: „Warum schweige ich, verschweige zu lange, was offensichtlich ist und in Planspielen geübt wurde (…)“. Oder so: „Das allgemeine Verschweigen dieses Tatbestandes“, gemeint ist Israels geheim gehaltenes nukleares Potenzial, „dem sich mein Schweigen untergeordnet hat, empfinde ich als belastende Lüge.“ Sätze, die nur rhetorisches Mittel zum Zweck sind. Denn Grass gibt den selbstlosen Aufklärer, den aufrichtigen Wahrheits-Sager. „Ich schweige nicht mehr, weil ich der Heuchelei des Westens überdrüssig bin.“ Eitler geht es kaum.

Das Gedicht ist zudem auf einer etwas subtileren Ebene von bestürzender Ehrlichkeit. Es soll uns Deutsche entlasten. Die historische Schuld des Holocaust, sie dient als Vehikel, um frisch, fromm, fröhlich und vor allem frei Politik in deutschem Namen zu betreiben. U-Boote made in Germany für ein martialisches Land wie Israel? Geht gar nicht. Da sei bundesrepublikanische, den Frieden heiligende Verantwortung vor. Und Oberinquisitor Günter Grass.

Das allein wäre schon schlimm genug, es kommt jedoch noch selbstzufriedener, noch entlarvender. Denn derjenige, der kein gutes Haar an Israel lässt, schützt vor, ein Freund zu sein. Einer, der die Lehren der Geschichte ernst nimmt. „Warum aber schwieg ich bislang? Weil ich meinte, meine Herkunft, die von nie zu tilgendem Makel behaftet ist, verbiete, diese Tatsache als ausgesprochene Wahrheit dem Land Israel, dem ich verbunden bin und bleiben will, zuzumuten.“ Ja, es muss sehr an Grass genagt haben, nicht schon vor langer Zeit gegen die Politik des jüdischen Staates zu Felde gezogen zu sein. Aber nun hat er sich von diesem Zwang befreit. Auf dass ihm die vielen Feinde Israels zujubeln mögen.

So wird es kommen. Und die nicht wenigen Hassprediger werden auf Günter Grass als ach so integren Gewährsmann verweisen. Weil es endlich mal gesagt werden musste … Allein das müsste den einstmals großen Schriftsteller beschämen. Ebenso wie sein eigenes Gedicht. Mit wohlgesetzten, arglos harmlos daherkommenden Sätzen macht Grass aus Israel einen kriegslüsternen Dämon. Wenn das kein Erstschlag ist.

 

zuerst erschienen auf www.theeuropean.de

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25 Gedanken zu “Grass: Sein Erstschlag;”

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    Liebe Frau Groda,

    ich habe Ihnen keineswegs einen „Judenknacks“ unterstellt; das ist nicht mein Vokabular. Ich gehe eher davon aus, dass Sie wie viele von uns, die sich hier an dieser Diskussion beteiligen, mit den vielen Frag-Würdigkeiten der Themen Israel und die Deutschen und die Juden ringen, nicht nur glauben und stark meinen wollen, sondern darüber nachdenken.

    Ich denke, die Frage, ob Grass ein böser Mann ist, können wir weit hinten anstellen.

    Interessant erscheint mir folgendes. Sie schreiben:

    „Da ist mir letztendlich der verwirrte alte Mann noch lieber, dem man zumindest einen vorgeblichen guten Willen nicht grundsätzlich absprechen kann, als ihre sich überhebende Ironie, die um jeden Preis beweisen will, daß Israel der böse Moloch ist, der alles und jeden unterdrückt, besonders die Menschenrechte sowie die Palästinenser.“

    Ironie gebe ich zu; ob ich mich damit überhebe, muss ich offen (im Auge des Betrachters) lassen. Was meinen Sie mit „um jeden Preis beweisen“? Ich habe hier immer versucht, meine Hypothesen mit nachprüfbaren Belegen zu untermauern, zuletzt hier mit dem Link auf Noam Sheizafs Analyse “One or two states? The status quo is Israel´s rational choice” (http://972mag.com/one-or-two-s.....ice/39169/). Soweit ich weiß, habe ich nie abgeleitet, dass „Israel der böse Moloch ist, der alles und jeden unterdrückt…“ ist. Das ist Ihre Interpretation der von mir vorgelegten Hinweise. Mit Verlaub glaube ich, dass Sie Israel härter als ich verurteilen würden, wenn Sie sich mit mir über die „Faktenlage“ einigen könnten. Sie ziehen jedoch vor, mir diese Ihre Beurteilung (z.B. „Moloch“) zu unterschieben. Meine schärfste Stellungnahme ist, dass Israel (bzw. die israelische Administration unterstützt durch eine Mehrheit der Bevölkerung) eine stillschweigende Agenda hat, die sie nicht offiziell bzw. nur halboffiziell artikuliert, nämlich die Annexion von Judäa und Samaria. Der „Friedensprozess“ ist eine fromme Lüge, die Konzession an die Weltöffentlichkeit.

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    Anstatt daß Israel durch Reparationen den Ausgleich in einer Region sucht, in der es sich jahrzehntelang durch seine Halsstarrigkeit und Selbstgerechtigkeit nach Leibeskräften unbeliebt gemacht hat, versteigt man sich nun an der Völkergemeinschaft vorbei zu einem Erstschlag gegen das Wahnsinns-Reden verbreitende Regime im Iran mit seiner höchst verdächtigen Heimlichtuerei. Ich glaube nämlich nicht, daß die USA, die Europäer, Russland und China Atomwaffen in der Hand eines solchen Regimes dulden würden.

    Also echt: mit solchen durchgeknallten Israelis darf man kein Mitleid haben. Die sind selbst schuld am selbst geschaffenen Stress.

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    KJN: „Kriegt eigentlich keiner hier mit, wie blank die Nerven in Israel liegen und daß deswegen dort eher “suboptimale” Regierungen gewählt werden, die “suboptimale” Entscheidungen fällen?“

    Doch, aber da sind die in Israel selbst schuld mit Ihrer rücksichtslosen Landnahme („Erez-Israel“) und der jahrzehntelangen Weigerung den Palästinsnsern für die erfolgten ethnischen Säuberungen eine gerechte Entschädigung zu bezahlen. Auf einem Haufen ungesühnter Verbrechen lebt es sich ganz einfach brisant.

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    Lieber Lyoner: Den bösen alten Mann kann ich nicht zurücknehmen, der stimmt faktisch.
    Sollten Sie mich gehört haben „Antisemit“ zu schreien?

    Meine Kritik macht sich wo anders fest.

    By the way, es findet sich eine hundertprozentige Übereinstimmung bei den Fundamentalisten der Religionen, katholische (Bischof Williams) sowie islamische (der iranische Präsident) sind sich einig in der Leugnung des Holocaust.Eine interessante Gedankenvorlage!

    Bei aller Sympathie für Sie; das mit dem Judenknacks verbitte ich mir energisch, das kommt einer persönlichen Diffamierung gleich!!!

    Würden Sie einmal logisch und nicht emotional folgern, kämen auch Sie zu der Überlegung, daß Israel nicht den geringsten Vorteil von einem Erstschlag hätte.
    Welches Ansehen hätte es noch in der Welt, welcher Ächtung wäre es international ausgesetzt?

    Da ist mir letztendlich der verwirrte alte Mann noch lieber, dem man zumindest einen vorgeblichen guten Willen nicht grundsätzlich absprechen kann, als ihre sich überhebende Ironie, die um jeden Preis beweisen will, daß Israel der böse Moloch ist, der alles und jeden unterdrückt, besonders die Menschenrechte sowie die Palästinenser.

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    @Dr. Oliver Strebel
    „Aber warum druckt die sonst stramm-deutsch-doof-zionistische Süddeutsche Zeitung so ein schwachsinniges Geschwafel?“
    Offensichtlich, damit sich die üblicherweise stramm-deutsch-doof-antizionistische Leserschaft in ihren Leserbriefen ihren Verschwörungstheorien zur jüdischen Weltverswörung hingeben kann, wie ich heute – etwas verspätet – der Presse entnahm (meinten Sie das?).
    Kriegt eigentlich keiner hier mit, wie blank die Nerven in Israel liegen und daß deswegen dort eher „suboptimale“ Regierungen gewählt werden, die „suboptimale“ Entscheidungen fällen?

  6. avatar

    Das Geschwafel von Grass über die Auslöschung des iranischen Volkes ist hanebüchener Unsinn. Es ist defamatorisch und daher ist es logisch, daß Israel so jemandem Einreiseverbot erteilt.

    Aber warum druckt die sonst stramm-deutsch-doof-zionistische Süddeutsche Zeitung so ein schwachsinniges Geschwafel? In der Antwort auf diese Frage wird klar, was der Skandal von Grass bezwecken soll.

  7. avatar

    Oh Jemine, die Reaktionen der (einzigwahren) Freunde Israels sind der beste Beweis, haben mich restlos davon überzeugt, dass man in Deutschland und in der einzigen Demokratie im Nahen Osten wirklich alles sagen kann, dass es keine Redetabus gibt – und sind eine Quelle des Unglaubens: neben der verehrten Frau Groda, die uns beibringt, dass ein böser alter Mann ein paar Juden das Lebenrecht bestritten habe, so große Kapazitäten wie Emmanuel Nahshon („Ritualmordlegende vor dem Pessachfest“), der unvergleichliche Henryk M. Broder („Und „wenn’s Judenblut vom Messer spritzt“, dann gehts Jakob und seinen Brüdern gleich “nochmal so gut”, dann haben sie ihren Judenknacks endlich überwunden.“), Benjamin Netanyahu, Avigdor Lieberman und Eli Jischai. Der Bann ist verhängt.

    Nicht übersehen werden sollte, dass alle, die sich an Grassens Gedicht so prächtig entzündet haben, sich keineswegs ihren Kopf an David Grossmans Befürchtung angesichts des anschwellenden Bocksgesangs eines alternativlosen („TINA“) präemptiven Schlags gegen den Iran gestossen haben: „Ein solcher Angriff wäre übereilt und würde uns eine Zukunft bescheren, die ich mir lieber nicht vorstellen möchte. Doch, ich kann es mir vorstellen, aber meine Hand weigert sich, es aufzuschreiben.“ und ihre Griffel liegen ließen (Jean Luc Levasydas hat dankenswerterweise auf Grossmans Essay verlinkt).

    Die Kontaminierung und Recodierung der israelischen Politik durch den Holocaust ist Israels größtes Unglück. Wenn Netanyahu und Gefolge bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit dem Holocaust herumfuchteln, um den präemptiven Schlag zu begründen, sollte man sich jedoch nicht wundern, wenn ein alter Grass verwirrt faselt und den Spieß herumdreht. Dass in diesem reality distortion field der Teufel seine Hand im Spiel hat, ist offensichtlich; er ist der, der alles durcheinander rumpeln und pumpeln lässt, die Geister verwirrt. – Hoffen wir, dass gegen diese besessenen Propheten genügend besonnene Geister stehen, die noch dem Begriff der Gewinnung der Wahrheit durch sorgfältige Einteilung und Zerschneidung der Begriffs- und Sachmengen verpflichtet sind.

    Für -> Roland Ziegler, der fest davon überzeugt ist, dass das Huhn schon immer vor dem Ei da war, noch ein verspätetes Osterei: Radikalisierung eines Palästinensers (http://www.spiegel.de/politik/.....72,00.html)

    @ Alan Posener

    Sie haben in Ihrer Meditation zur Karwoche geschrieben: „Es versteht sich von selbst, dass mit dieser grundsätzlichen Haltung des Verlags eine Kritik der jeweiligen israelischen Regierung und ihrer Politik durchaus vereinbar ist, ja dass eine solche Kritik im Interesse der Lebensrechte des israelischen Volkes geboten sein kann. … Kritik, die vor allem Israel delegitimieren soll, Kritik, die nicht ausgeht von den Lebensrechten des israelischen Volks, ist nicht akzeptabel.“

    Ich will Sie um eine Beurteilung bitten. Noam Sheizafs Analyse „One or two states? The status quo is Israel´s rational choice“ (http://972mag.com/one-or-two-s.....ice/39169/) ist eine akzeptable Kritik in Ihrem Sinne? Wenn ich daraus und aus einigen anderen Beobachtungen schließe, dass der „Friedenprozess“, dem sich Israel verpflichtet fühle und der nur durch die Palästinenser verhindert werde, eine fromme Lüge ist, dass Israel eine stille Annexionspolitik in Judäa und Samaria betreibt, Stein für Stein, Haus für Haus das Land „befreit“ und die Rechte der Palästinenser delegitimiert – ist das noch eine akzeptable Kritik oder bin ich damit bereits in den Untiefen eines antizionistischen und antisemitischen Vorurteils?

  8. avatar

    bei der Diskussion um Grass und den Antisemitismus sollte man vielleicht auch den Rassismus in Europa nicht vergessen.

    Unser schweizerischer Moralprediger Roger Köppel, ehemals auch Chefredaktor der Welt, schürt das Feuergen die Roma.

    http://www.tagesanzeiger.ch/sc.....y/26338045

    Was haben Sie in Deutschland für ein Glück, dass er jetzt nicht mehr für ein deutsche Zeitung schreibt!
    Aber vielleicht erhält Köppel noch ein Angebot von der Jobbik Partei in Ungarn:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Jobbik

  9. avatar

    Deutsche „jetzt sind wir wieder wer“-Einbildung: Das „Gedicht“ machte nur Wellen in BRD, Israel, Iran, London und New Yaaark. Die „Deutsche Welle International“ quatscht natuerlich ueber eine „weltweite Reaktion“. Aber dort wo die grosse Mehrzahl der Menschen leben: Asien, Afrika, Lateinamerika (wo das „Gedicht“ praktisch fast nicht erwaehnt erscheint!) wird das Grundproblem im Nahen&Mittleren-Osten ganz nuechtern gesehen: Das Grundproblem ist der ewige Drang der „Anglos“ (USA&Britanien) zur geostrategischen Beherrschung der Kreuzung Asien-Europa-Afrika – und natuerlich das Oel. Die Israelis, Perser, Deutsche – sind nur Martionetten welche als „Partner“ oder „Boese“ jeh nach Zeitalter gegeneinander gezampelt werden. Die Menschen in Asien, Afrika und Lateinamerika kennen doch die „Anglos“ aus eigener historischer Erfahrung…

  10. avatar

    Lese gerade, dass Israel Grass aussperrt, weil er seine Meinung gesagt hat. So sieht also die vielgerühmte Vielfalt und Meinungsfreiheit in Israel aus?

    Ach ja, noch etwas, Israel darf man ja auch kritisieren. Ab heute macht sich jeder nur noch lächerlich, der diesen Unsinn verbreitet. Das war es dann wohl.

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    @Rita E. Groda

    Ob er in Bezug auf den Antisemitismus lernfaehig war….

    Und wo hat er den Segen der kirche angefleht?

    Den Ausspruch my god gibt es doch auch bei Atheisten oder ?

    Und wenn er am Ende seines Lebens wieder den Segen der Kirche angerfleht hat… dann frage ich mich schon wo sein Atheismus geblieben ist …

    Eine Lebensluege….??

    Vielleicht passt dieses jiddische Sprichwort daher auch auf Brecht:

    Ojb a chochem wert in kass, farlirt er sajn chochme.

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    @Jean-Luc: Aber Brecht war wenigstens lernfähig.
    Der böse Kirchenkritiker hat am Ende des Lebens den Segen der Kirche angefleht und ihn bekommen.

    Leschana haba’a b’Jeruschalajim

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    Ihr solltet hier schon teutsch reden, wenn Ihr verstanden werden wollt:

    Auf zwei BLÖDheiten sei hingewiesen:

    1.) Nach dem Krieg ist vor dem Krieg (Seppl Herberger oder wars der Joseph Blattner?) – Zwischenfrage: was hat sich seit dem Irak-Feldzug zum Guten geändert ?

    2.) Die Rituale sind immer die gleichen: ein alter Holzkopf stört die Kriegstänzer bei ihrer medialen Bemalung. Den aufgeheizten Kriegslüsternen wird glauben gemacht, der bevorstehende Schlag diene deren Überleben, dabei sind sie nur Menschen – Material, das benutzt wird.

    Für Pantoffelhelden vor Bildschirmen sind schwere Maschinen hilfreich, es genügt Maßstab 1:24 und schon können die Gockel der göttlichen Schöpfung ihre Triebe ausleben.

    Der letzte Schrei von Kocks´ens Autoscootermarkt: Klebt auf euren Feuerstuhl den Clip: „Keine Airbags! Wir wollen noch sterben wie Männer!“

  14. avatar

    Lieber Herr Böhme,

    warum reiten Sie eigentlich auf Klischee-Welle mit, anstatt sich ernsthaft mit den Inhalten und mit der Position von Grass zu beschäftigen? Die Antisemitismus-Keule, die sofort ausgepackt wird, sobald einer die Politik von Israel kritisiert, ist in dem Fall einfach nur beschämend und traurig.

    Und es fördert genau eins: Den Krieg! Eine objektive Betrachtung des Gedichts wird ergeben, dass Grass zwar keine vollständiges Bild beschreibt aber auch kein falsches! Wäre es nicht für eine friedliche Lösung angebrachter, wenn man alle Argumente sachlich prüft als sie mit irgendwelchen Klischees herunterzuspielen?

    Dies wäre doch mal eine starke Meinung – der publizistischen Masse kann doch jeder hinterher laufen.

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    …oder warum eigentlich nicht in Vollversion:

    Das Gedächtnis der Menschheit
    für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz.
    Ihre Vorstellungsgabe für kommende
    Leiden ist fast noch geringer.

    Die Beschreibungen,
    die der New Yorker
    von den Gräueln der Atombombe erhielt,
    schreckten ihn anscheinend nur wenig.
    Der Hamburger ist noch umringt von den Ruinen,
    und doch zögert er,
    die Hand gegen einen neuen Krieg zu erheben.
    Die weltweiten Schrecken der vierziger Jahre scheinen vergessen.
    Der Regen von gestern macht uns nicht nass sagen viele.

    Diese Abgestumpftheit ist es,
    die wir zu bekämpfen haben,
    ihr äußerster Grad ist der Tod.
    Allzu viele kommen uns schon heute vor wie Tote,
    wie Leute, die schon hinter sich haben,
    was sie vor sich haben, so wenig tun sie dagegen.

    Und doch wird nichts mich davon überzeugen,
    dass es aussichtslos ist,
    der Vernunft gegen ihre Feinde beizustehen.
    Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen,
    damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde!
    Lasst uns die Warnungen erneuern,
    und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind!
    Denn der Menschheit drohen Kriege,
    gegen welche die vergangenen wie armselige Versuche sind,
    und sie werden kommen ohne jeden Zweifel,
    wenn denen, die sie in aller Öffentlichkeit vorbereiten,
    nicht die Hände zerschlagen werden.

    (geschrieben 1952 von Brecht)

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    Was man Grass wirklich vorwerfen muss ist, dass er ein Gedicht auf den Marktplatz des politischen Feuilletons geworfen hat. Nicht dass es verworren, subjektiv, einseitig oder ungerecht ist; das stimmt zwar, aber das ist bei Gedichten eben oft so. Aber er wollte ja unbedingt eine Diskussion ankurbeln; dann muss er jetzt nicht jammern. Da im Regal unserer Literaturkritiker neben Paulo Coelho bestimmt auch Brecht steht, können sie dort etwas Passenderes zu Grass finden: „Das Gedächtnis der Menschheit für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz. Ihre Vorstellungsgabe für kommende Leiden ist fast noch geringer.“ Na dann: Frohe Ostern!

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    Diess jämmerliche Geheule als Möchtegernopfer ist bei Grass und der gräsigen Honnecker das einzig gleichgeschaltete. Das ist ja wirklich das ewig zeternde senile Traumpaar der Kriegsgeneration. Die brauchen nicht mal in der Casting Show von den „Tagesthemen“ gecastet werden. Die passen wie Arsch auf Eimer! Frohe Ostern.

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    Inzwischen sind sich alle einig, dass das Gedicht von Grass nur grässlich ist. Nicht nur der Inhalt ist Schrott, auch die Form finden viele Literaturkritiker hässlich. Manche setzen das „Gedicht“ in Anführungszeichen und folgern, dass sich Grass beim Begriff „Erstschlag“ senilerweise im Begriff geirrt habe und besser „begrenzter Präventivangriff mit konventioneller Bewaffnung“ geschrieben hätte. Ich frage mich, welche Poesiealben da wohl im Regal stehen. Paulo Coelho? Theoretisch müsste bei soviel lautstarker Einigkeit gegen den „politisch korrekten Antisemiten“ (Döpfner) jetzt die österliche Ruhe einkehren. Ich wünsche jedenfalls allen Teilnehmern dieses Blogs ein ruhiges, frohes Osterfest.

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    Im Vergleich zu Bert Brecht ist Grass nur ein literarischer Gartenzwerg.

    Dem letzten Erguss von Grass würde ich nachfolgendes Gedicht von Brecht gegenüberstellen.

    Der Jude, ein Unglück für das Volk

    Wie die Lautsprecher des Regimes verkünden
    Sind in unserm Land an allem Unglück die Juden schuld.
    Die sich immerfort mehrenden Mißstände
    Können, da die Führung sehr weise ist
    Wie sie oft betont hat
    Nur von den sich immerfort vermindernden Juden kommen.
    Nur die Juden sind schuld, daß im Volk Hunger herrscht
    Obwohl die großen Grundbesitzer sich auf den Feldern zu Tode arbeiten
    Und obwohl die Ruhrkapitäne nur die Brosamen essen, die von der Arbeiter Tisch fallen.
    Und nur der Jude kann dahinterstecken, wenn
    Für das Brot der Weizen fehlt, weil
    Das Militär für seine Übungsplätze und Kasernen
    So viel Boden beschlagnahmt hat, daß er
    an Umfang einer ganzen Provinz gleichkommt. Da also
    Der Jude für das Volk ein Unglück ist
    Kann es hiemit für das Volk nicht schwer sein
    Einen Juden zu erkennen. Es braucht dazu
    Weder Geburtsregister noch äußere Merkmale
    – Alles dies kann ja täuschen – es braucht nur zu fragen:
    Ist der oder jener Mensch ein Unglück für uns? Dann
    Ist er ein Jude. Ein Unglück erkennt man
    Nicht an der Nase, sondern daran, daß
    Man einen Schaden hat dadurch. Es sind nicht die Nasen
    Die das Unglück sind, sondern die Taten. Es braucht einer
    Da doch keine besondere Nase, um
    Das Volk berauben zu können, er braucht doch nur
    Zum Regime zu gehören! Jeder weiß
    Daß das Regime für das Volk ein Unglück ist, wenn also
    Alles Unglück vom Juden kommt, muß
    Das Regime vom Juden kommen. Das ist doch einleuchtend!

    Die bösen alten Männer, die keine Zukunft mehr haben, aber mit ihrer Vergangenheit hadern, sollte man an ihren eigenen Sätzen ersticken – da sie ja von selbst nicht schweigen können – damit sie nicht neues Unheil in die Welt tragen.

  20. avatar

    Grass kann, und wird auch nicht mit allerletzter Tinte, seine eigene schwere Verstrickung in die Nazi Zeit ehrlich aufarbeiten. Die Besessenheit von Grass, die Juden als Bedrohung für den Weltfrieden zu sehen und dabei z.B den Konflikt Parkistan-Indien völlig weg zu lassen, den „Maulhelden“ aus dem Iran als kleinen Luftikus zu verscheissern, es ist alles untergeordnet unter den ewig latenten Antisemitismus dieser Generation. Dasselbe bösartige antisemitische Gedicht als islamphobes Gedicht von Thilo Sarrazin und der Herr Posener von Starke Meinungen würde sich nicht mehr einkriegen vor „Xenophobie, Islamphobie“ usw.

  21. avatar

    GraSS darselbst:

    Und zugegeben: ich schweige nicht mehr,
    weil ich der Heuchelei des Westens
    überdrüssig bin; …

    … da hat er ja wohl recht – mit der Heuchelei des ‚Westens‘. (Anwesende ausdrücklich eingeschlossen.)

    Allerdings ein wenig anders als wie GraSS es dann weiter schreibt.

    Denn meint jemand (ernsthaft) die mohammedanische Expansion macht an Israels Grenzen halt?

    Salam alleikum – lieber Herr Gesangsverein – willkommen in der von EU und der ‚BRD‘ geschaffenen Realität.

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    Herr Böhme, Sie schreiben: „Nun kann man trefflich darüber streiten, ob ein Militärschlag Jerusalems gegen Teherans Atomanlagen sinnvoll oder sinnlos wäre.“
    Dies ist das Zentrum des Themas. Der „blindwütig-zornige“ 85-jährige (= senilkonfuse?) Pate sieht hier eine Katastrophe heraufziehen, „an deren Ende als Überlebende wir allenfalls Fußnoten sind.“

    Das mag ja viel zu apokalyptisch sein, nach dem Motto: „Et hät noch immer joot jejange.“ Dann müsste man dem Greis Grass aber entgegnen: „Keine Panik, Herr Grass, so schlimm wirds schon nicht werden.“

    Wenn man aber zugibt, dass es vielleicht doch so schlimm werden könnte, und wenn es am Ende auch so schlimm käme, dann nützt es nichts, wenn man im gleichen Atemzug hinzufügt: „…aber schuld daran ist nur das wahnsinnige Regime im Iran – warum ist es nicht auf unsere berechtigten Forderungen eingegangen!“ Damit hätte man vielleicht recht, aber sehr viele hätten dafür ihr Leben verloren.

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