Geschichten, die das Leben schreibt, kann sich kein Mensch ausdenken. Nehmen wir als Beispiel den Fall einer 68jährigen Rentnerin, nennen wir sie Iris Faik, die Geld anlegen will. Frau Faik hat viele Jahre lang recht erfolgreich mehrere Modeboutiquen betrieben. Um Geldangelegenheiten hat sich ihr inzwischen verstorbener Mann gekümmert.
Vom einstigen bescheidenen Wohlstand ist nicht viel übrig geblieben, ihre Rente ist karg. Da trifft es sich, daß sie nun ein wenig geerbt hat.
Mit Geldanlagen kennt Frau Faik sich nicht aus. Man könnte sagen, sie sei auf diesem Gebiet dumm, wie wir alle dumm sind in Lebensbereichen und auf Wissensgebieten, in denen wir uns nicht auskennen. Frau Faik geht also zu ihrer Bank, um Rat einzuholen. Sie wolle nicht spekulieren, erklärt sie der Kundenberaterin, die sich ihrer annimmt. „Ich will mein Geld nur sicher anlegen, und dabei gute Zinsen erzielen.“
Nun müssen echte Namen genannt werden, denn die Beraterin bietet Frau Faik nur Produkte ihres eigenen Hauses, der Deutschen Bank, an. Da ist zum einen der Investmentfonds DWS Rendite Garant 2015 II. Daß es sich dabei um einen Rentenfonds mit Garantie handelt, muss die Beraterin auf dem dürftigen, kopierten Blatt, das nur spärlichste Informationen enthält, noch handschriftlich hinzufügen.
Im später nachgereichten Informationsblatt heißt es, der Fonds lege seine Mittel unter anderem in „forderungsbesicherte Wertpapiere“ an. Das klingt in den Ohren von Frau Faik recht gut, weil die Formulierung zusätzliche Sicherheit suggeriert. Der Verkaufsprospekt des Fonds, der Frau Faik nicht vorgelegt wird, wird da schon deutlicher: „Die Anlagen in Anleihen umfassen insbesondere, aber nicht abschließend, Residential Mortgage Backed Securities (RMBS), Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS), Asset Backed Commercial Papers (ABCPs) und Covered Bonds.“
Nun ist zwar Frau Faik der englischen Sprache durchaus mächtig, aber was das für Wertpapiere sind, die da im Verkaufsprospekt beschrieben werden, versteht sie überhaupt nicht. Sagte man ihr, daß all dies jene Art von Wertpapieren sind, mit denen so viele Banken in der Finanzkrise – sehr drastisch ausgedrückt – selbst auf die Schnauze gefallen sind, würde Frau Faik den Fonds DWS Rendite Garant 2015 II sofort als Anlageinstrument ablehnen. Das sagt ihr aber niemand.
Als zweites Produkt bietet die Beraterin Frau Faik das Deutsche Bank Festzins-Zertifikat (WKN DB2KYZ) an. Dabei handelt es sich um eine festverzinsliche Anleihe mit einer Laufzeit von drei Jahren mit einem Zinssatz von 4,7 Prozent. Auch das klingt in den Ohren von Frau Faik recht attraktiv, weiß sie doch, daß wir derzeit in einer Niedrigzinsphase stecken, in der vergleichbare Renditen rar sind.
Die Beraterin erklärt Frau Faik auch noch, daß die Höhe der Rückzahlung der Anleihe an einen „Basiswert“ gekoppelt ist, nämlich an den Euro Stoxx 50. Aber das kapiert Frau Faik dann schon nicht mehr so richtig. Sie versteht nicht, daß sie beim Kauf dieses Zertifikats im Grunde eine Wette darauf abschließt, daß der europäische Aktienindex Euro Stoxx 50 am Laufzeitende der Anleihe nicht unter 1.500 Punkte fällt. Frau Faik versteht nichts von Aktien. Sie weiß weder, wo der EuroStoxx 50 heute steht, noch könnte sie erahnen, wo der Index am 19. März 2014 steht. Wie also kann man dieser Frau mit gutem Gewissen eine solche Wette anbieten?
Dennoch fühlte sich Frau Faik bei ihrer Beraterin gut aufgehoben. Am Ende des Beratungsgesprächs, berichtet sie, habe die Beraterin ihr nur noch zugeflüstert: „Sie können sich gar nicht vorstellen, unter was für einem Verkaufsdruck wir stehen.“
Die Beratung von Bankkunden, die Geld anlegen wollen, muss dringend einem Pisa-Test unterzogen und genauso laut debattiert werden wie der Schultest.
In einer Krise koennen die Regierenden auch einfach das Gold „verstaatlichen“ – wie das in USA in der Depression vollzogen wurde. Erst nach 1970 wurde Gold wieder ein normales Investitionsinstrument in USA.
„Gut verkauft, schlecht beraten“
Das Motto des gesättigten Marktes. Wobei „schlecht beraten“ und „gut beworben“ sich ja nicht unbedingt ausschließen müssen, denn wie soll da auch sonst konkurriert werden? 😉
Bei den Finanzprodukten ist es mittlerweile bekannt – in anderen Marktbereichen kommt das noch.
bleiben die Anleger-Kunden der nützliche Idiot der Banken
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bleiben die „beratenen“ Anleger-Kunden der nützliche Idiot der Banken
Eine Bank, die wesentlich vom Eigenhandel lebt, kann kein Interesse daran haben, die Markt-, Wertpapier-, Währungs- usw. Analysen, auf deren Basis sie selbst handelt, öffentlich zu machen.
Sie kann aber sehr wohl Interesse daran, ihre Kunden und sonstige interessierte Öffentlichkeit über „Analysen“ zu einem bestimmten Anlageverhalten zu bewegen, in das sie „hinein“ handen kann.
Das muss nicht so sein: Auf der gegenwärtigen Rechtslage könnte zwischen autonomen und beratenen Depots (oder Teildepots) unterschieden werden …
So lange jedoch der Anlageerfolg der beratenen Depots einer Bank nicht in Summe (überprüfbar und) öffentlich gemacht wird, bleiben die Anleger-Kunden der nützliche Idiot der Banken.
Sorry!
Aber beim Wértpapierkauf muss man immer den Prospekt lesen. Und wenn man den nicht versteht, dann gilt die goldene Anleger-Regel: Finger weg!. Das sollte man mal gründlich durch die Medien propagieren.
@Apo. schreibt: ‚… lediglich die Auskunft, es könne durchaus vorkommen, dass verschiedene Abteilungen der Bank zu verschiedenen Schlussfolgerungen gelangen.‘
… sein Sie glücklich. 😉 Noch nie habe ich von Bankern so eine ehrliche Antwort gehört/gelesen. Nur diese Antwort ist die einzig wahre.
Ich habe bei der Deutschen Bank vor einiger Zeit Goldzertifikate gekauft. (Ich wusste, was ich tat.) Im Sommer letzten Jahres wurde ich zu einem „Beratungsgespräch“ gebeten, in dem mir geraten wurde, die Zertifikate zu verkaufen. Solche Gespräche sieht ja der Gesetzgeber vor; sie gehören zum Maßnahmepaket der Lehren aus der Finanzkrise. Zum Glück lag mir ein internes Papier der Bank vor, in dem es heißt, der Goldpreis werde weiter steigen. So habe ich den Rat der Bank in den Wind geschlagen und binnen weniger Wochen einige Tausend Euro realisieren können. Auf meine mehrfachen schriftlichen Eingaben bei der Bank, weshalb die Bank wider besseres (internes) Wissen ihren Kunden den Verkauf des Edelmetalls raten ließ, bekam ich – nach Wochen – lediglich die Auskunft, es könne durchaus vorkommen, dass verschiedene Abteilungen der Bank zu verschiedenen Schlussfolgerungen gelangen. Meines Erachtens liegt hier, wie in dem von Ihnen geschilderten Fall, entweder Inkompetenz (Mangel an „due diligence“) oder bewusste Täuschung vor. Leider ist es Kunden nie möglich, so etwas nachzuweisen.
Finanztrug hat es schon fast „immer“ gegeben, and fast ueberall. Endlich kapiert das auch der Deutsche. Aber die „New Yaaarker“ haben diese Kunst in eine Wissenschaft verwandelt. Gestern berichtete Ria Novosti ueber einen russischen Einwanderer in USA, welcher zu 8 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde – weil er ein „geheimes“ Verechnungssystem von Goldman-Sachs „mitgenommen“ hatte zu der Firma in welcher er Partner wurde. Natuerlich hatte dieser Finanzexperte die richtige wissenschaftliche Bildung: „Ph.D. in mathematics“ von einer fuehrenden U.S. University. — Und dass man den „New Yaaarkern“ nicht mehr blindlings vertrauen kann, hat inzwischen auch die kluge Doktor Merkel gelernt – und nun sehen wir immer mehr Auswirkungen – positive fuer Deutschland – in dem internationalen Verhalten der BRD – mit China gegen die Idee der „Exportbegrenzung“ welche von USA gefordert wird, mit Russland-China-Indien-Brasilien im UN Sicherheitsrat gegen den NATO „Eingriff“ in Lybien. Das ist die selbe Dr. Merkel welche vor drei Jahren vor dem gesammten U.S. Congress fuer die „Levy-Strauss-blue jeans“ gedankt hat, welche ihre Tante damals vom „Westen“ in die DDR brachte (waehrend die DDR der Familie des Pastor Merkel eine konstenloses Doktorstudium bezahlte! Heute kostet so etwas in USA 1/2 Million!) Vielleicht hat Dr.Merkel doch etwas gelernt in der DDR-Universitaet: Klar denken, auch in den Levy-Strauss-blue jeans!