Ein Gespenst geht auf dem gerade stattfindenden Weltwirtschaftsforum in Davos um: es ist die Angst vor der Übermacht Asiens, ökonomisch wie kulturell. Zum ersten Mal in der Geschichte des Forums findet eine Debatte nicht auf englisch, sondern auf Mandarin statt. Die westliche Welt ist irritiert. Nicht nur beim Wirtschaftswachstum, auch bei den PISA-Ergebnissen liegt China um Weiten vorne.
Die Mutter des Erfolgs, so der gleichnamige Titel aus den USA, sind Zwang und konsequente Erziehung. Die Autorin, Tochter chinesischer Einwanderer, setzt auf das Coaching der eigenen Kinder. Andere würden es Drill nennen. Üben bis zum Umfallen und Motivation durch Drohungen wie das Verbrennen der Stofftiere. Der verbissene Ehrgeiz findet auch hierzulande immer mehr Anhänger. Chinesisch als erste Fremdsprache in Kitas und Schulen ist der eine neue Trend. Au pairs aus Asien sind der zweite Trend. Und studieren in Fernost wird bald wichtiger als in den USA oder England. Werden wir alle Chinesen? Die Eltern sind verunsichert. Mit Drill zum Erfolg? Sind asiatische Kinder gar glücklicher als westliche, wie die neue Star-Autorin behauptet?
„Westliche Eltern werden ihr Kind für eine Eins minus loben. Eine chinesische Mutter jedoch wird nach Luft schnappen und fragen, was falsch gelaufen ist.“ Offenbar gibt es nicht nur Abstiegs-, sondern auch Aufstiegsängste. Die beiden Töchter sitzen am Klavier, spielen Geige oder Tennis. Eines spielt in dem Buch keine Rolle: das Teamspiel. Doch darauf wird es in einer zunehmend bunten und kreativen Gesellschaft vor allem ankommen. Und davon haben wir in Politik und Wirtschaft zu wenig.
Der Chef einer chinesischen Vermögensverwaltung, die im Bereich „Value Investing“ in der Volksrepublik China tätig ist, klagte kürzlich in einem Vortrag über die mangelnde Qualifikation von chinesischen Mitarbeitern. Die seien zwar exzellent im Erlernen eines Lehrbuches und im Bestehen einer Prüfung, häufig aber den praktischen Anforderungen des Berufslebens nicht gewachsen.
Dennoch glaube ich, daß etwas mehr Einübung von Disziplin dem deutschen Bildungssystem gut täte. Es muß nicht immer gleich Drill sein ;).
Ich arbeite mit Chinesen zusammen. Dort arbeiten sie für 1 cent die Stunde, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Nein, danke. Kein Modell für Europa. Man könnte gleich Sklaventum wieder einführen.
Der chinesische Drill führt leider zu einem Absinken der Kreativität und letztlich auch zu einem Ausbleiben von Innovationen.
China wird ökonomisch und kulturell zu einem Konkurrenten für Europa. Was haben wir diesem Trend entgegenzusetzen? Mit Drill zum Erfolg? Es gibt auch andere Wege, die Erfolg garantieren: Frühzeitige Stärkung des Selbstbewusstseins, Übernahme von Verantwortung, geübte Teamfähigkeit, Kritikfähigkeit etc. sind ebenfalls positive Erziehungsziele, die zum Erfolg führen. Ich glaube, der Drill ist Ausdruck einer typisch chinesischen Mentalität. Auf diese kann man getrost verzichten, denn unsere Angebote sind auch nicht zu verwerfen!
Dr. Dr. Joachim Seeger, Recklinghausen
Jetzt kommt man natürlich ins Straucheln, wenn die Wirtschaft auf „Immer mehr Wachstum“ ausgelegt ist. Wir haben alles, was wir brauchen – und was wir noch nicht wissen, ist eine reine Forschungssache, für die genügend Geld da wäre, wenn es nicht durch Dinge wie Wirtschaftskrisen und ähnlichem aufgelöst werden würde.
Weder China noch USA sind zu imitieren: Mitteleuropa muss fuer sich selbst denken und gleichzeitig von ALLEN das Nuetzliche lernen und adoptieren. Der brasililanische Verteidigungminister Nelson Jobim (Jurist und ehemaliger Bundesrichter) hat vor zwei Monate den deutschen General Klaus Naumann ganz unverbluemt erklaert: „Europa wird noch fuer die naechsten dreisig Jahre von USA abhaengen, und wird keinen unabhaengigen geopolitischen Pol darstellen!“ Leider wird besonders Deutschland weiterhin von der seichten USA-Gesellschaftskultur verstuemmelt bleiben:“Hollywood“, „pop music“, „New Yaaark“, „Las Vegas“, „what’s cool and what’s in ?“. Damit kommt die Verdummung welche man besonders bei Deutschen immer wieder beobachtet: „Baron“ zu-Guttenberg in „Frank-Sinatra-Pose“ am Broadway, „Pop Export“ in DW TV International“, General Klaus Naumanns Mission den Suedamerikanern die NATO Ausdehnung zu verkaufen (auf einem Kontinent wo fast alle Praesidenten/inen von USA/NATO schon verfolgt, inhaftiert, manchmal gefoltert wurden!). ALLE fuerchten sich vor einem ueberwaeltigenen China – und viele hoffen auf ein China welches ein Gegengewicht gegen USA-Euro/NATO bieten koennte…: You win some, and you lose some!
Es geht nicht um das „Teamspiel“, was wir Europäer angeblich besser können (was ich im Übrigen bezweifle), sondern darum, ob wir in Zukunft so leben wollen (oder müssen?), wie diese chinesische Professorin.
Als darauf bezogen hatte ich auch den Artikel „Stopping the trans-atlantic drift“ verstanden.
Lieber mit den USA..
Aber mal halblang – China ist in einer extremen Aufholjagd, wie einstmals die so in puncto Fleiß so vorbildlichen Deutschen auch. Wenn in China erstmal der allgemeine Wohlstand ausgebrochen ist..
Teamspiel – oder es wird wieder wichtiger, die Ellenbogen benutzen zu können. Oder ist es nicht bereits so? Wenn das Ziel darin besteht, den Einzelnen für den absoluten Erfolg zu drillen, was für eine Rolle soll den anderen, d.h. der Konkurrenz, da schon zukommen? Schon auf die Schule bezogen wäre die 1- doch umso ärgerlicher, hätten andere Kinder die 1 ohne das Minus.