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Die Abenteuer meines Urgroßvaters Joseph Samuel (2): von Berlin nach Liverpool

Der zweite Teil des Tagebuchs, das mein Urgroßvater Joseph Samuel, der sich später Posener nennen musste, über seine Auswanderung aus und Rückkehr nach Preußen führte.

Den 10ten May 1840 bin ich in Berlin angelangt. Mein böser Fuss ist die Ursache, dass ich die Stadt nicht sehen kann!
Den 16ten habe ich Berlin verlassen und komme den 19ten in Hamburg an, ich muss all mein bisschen Geld für die Seereise nach England anwenden, nicht allein das Geld, sondern auch eine alte Uhr, welche mir mein Schwager Wolf zum Andenken gegeben hat, habe ich verkaufen müssen, um das ganze Reisegeld zusammen zu machen.
Den 24ten dieses, bin ich in Hull (England) angelangt. Wir waren 3 Tage zur See und wir hatten sehr schlechtes Wetter, obgleich ich das Wetter gar nicht gesehen habe, indem ich alle 3 Tage sehr seekrank war und habe viel Übel und Schmerzen daran gefunden; wir kamen in Hull des Nachts an, und mein ganzes Vermögen (musste ch ausgeben, um) die erste Nacht mein Logie (zu bezahlen). Nun jetzt bin ich in der grossen weiten Welt, ich verstehe kein Wort von der Sprache, und es fängt mich zu hungern. Ich kann keine Arbeit finden, obgleich ich mir solche viele Mühe gegeben habe um solche zu suchen. Der liebe Gott weiss, wie es mir gehen wird. Mein Reisekamerad Wolf Lippmann ist auch schon in (unleserlich), er schreibt aber heute an seinen Bruder, wo er hofft, etwas Geld geschikt zu bekommen. Er ist sehr gut für mich, und hat mir versprochen Wortzuhalten.

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Die Abenteuer meines Urgroßvaters Joseph Samuel aus Wirsitz (1)

Mein Urgroßvater väterlicherseits, ein Ostjude aus der damals preußischen Provinz Posen, heute Großpolen, hinterließ ein Tagebuch. Es beschreibt, wie er 1840 als armer Schneidergeselle aus seinem Dorf Wirsitz bei Schneidemühl aufbricht, um zuerst in Großbritannien, dann den USA, schließlich Brasilien sein Glück zu machen, und wie er 1856 als wohlhabender Mann in seine Heimat – nach Berlin allerdings, nicht Wirsitz – zurückkehrt. Joseph war also das, was man heute abschätzig einen Wirtschaftsflüchtling nennen würde. Ich werde das Tagebuch hier abschnittsweise veröffentlichen und gegebenenfalls kommentieren. Es ist ein Dokument des jüdischen Aufstiegswillens. Original-Orthografie und Grammatik sind beibehalten. Joseph war kein gebildeter Mann.

Es ist ein jeden Menschen seine Schuldigkeit, der Gesellschaft eine klare Rechnung seiner
Thaten, Handel und Gewerbe zu geben. Der Mensch ist nicht allein dieses an der Gesellschaft
schuldig, sondern sich selbst und seinen Eltern. Wenigstens ist dieses mein Vorsatz, das wenn ich
mein Geburts-Ort verlassen soll, alle meine Thaten, Gute oder Schlechte (welches ich zu Gott
bitte, mich nur zur Besten zu leiten) in diesem kleinen Heft nieder zu schreiben, um das wenn ich
einst durch einen Unglücksfall sterben sollte (indem ich den Allmächtigen Schöpfer anflehe diesen
großen Grahm nicht so bald meinen guten Eltern zuzufügen) wie oben gesagt, wenn mich der
große Gott so hoch strafen sollte, auf meinen Reisen umzukommen, dass wenigstens meine
Eltern über mich urtheilen können.

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