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Antiamerikanismus – das beständige Ressentiment

Von dem Journalisten Henryk M. Broder stammt das Wort, der Antisemitismus sei ein „beständiges Gefühl“, das zu allen Zeiten in allen Weltregionen auftrete, selbst dort, wo es gar keine Juden gibt. Antisemitismus sieht Broder keineswegs auf alte oder neue Nazis beschränkt. Antisemitismus finde sich in allen Gesellschaftsschichten, auch bei vermeintlich aufgeklärten (linken) Intellektuellen, manchmal offen, manchmal subkutan.

Diesem „beständigen Gefühl“ kann man mit gutem Grund ein weiteres hartnäckig wirkendes Ressentiment hinzufügen: den Anti-Amerikanismus. Das Meinungsforschungsinstitut Allensbach befragt in regelmäßigen Abständen die Einstellung der Deutschen gegenüber den Vereinigten Staaten. Dabei bejaht stets eine große Mehrheit die Aussage, die US-Amerikaner seien „als Konsum- und Wegwerfgesellschaft ein abschreckendes Beispiel für den Rest der Welt“. Allensbach stellt noch eine weitere Frage: „Wenn jemand sagt, kein Land tritt immer wieder so für die Demokratie ein, ist ein so starker Verfechter von Freiheit und Menschenrechten wie die Vereinigten Staaten. Würden Sie da zustimmen oder nicht zustimmen?“ – Dieser Meinung über die USA pflichtet nur eine Minderheit bei. Weiterlesen

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Würde Jesus den Müll trennen?

Am 18. 06. 2015 stellte Papst Franziskus in Rom seine Ökologie-Enzyklika vor. Sie trägt den melodisch klingenden Titel „Laudato Si“. Damit erinnert der Papst an sein großes Vorbild, den Heiligen Franziskus von Assisi, der in seinem Lobgesang „Laudato si‚, mi‘ Signore“ (Gelobt seist du, mein Herr), den Schöpfer der Welt gepriesen hatte. In seiner „Regierungsklärung“ kritisiert der Papst all das, was das grünbewegte Herz schlecht finden muss: die (vom Menschen gemachte) Klimaveränderung, die Zunahme von Naturkatastrophen, Bodenverwüstung und Wassermangel, blinden Wachstumsglauben, Technik-Vergötterung, die Verirrungen der Humangenetik usw. Dass in Papst Franziskus´ Gefolge der Chef des „Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung“ (PIK), Hans Joachim Schellnhuber, auftrat, lässt nichts Gutes ahnen. Denn dieses Institut ist das Zentralkomitee des grünen Alarmismus. Das PIK fiel in der Vergangenheit schon mehrfach dadurch auf, dass es Horrorszenarien in Umlauf setzte, die sich später als „falsch berechnet“ herausstellten. Seriöse Wissenschaftler fassen die Expertise des PIK seither nur noch mit den Fingerspitzen an. Weiterlesen

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Wer rettet wen bei der Griechenland-„Rettung“?

 Sprache hat die Eigentümlichkeit, dass man mit ihr Sachverhalte griffig verkürzen, sie gleichzeitig aber auch verschleiern kann. In der deutschen Griechenland-Debatte ist häufig davon die Rede, dass „wir“ verpflichtet seien, „die Griechen“ zu retten. Die Frage drängt sich auf: Wer ist mit „wir“ gemeint? Und: Retten wir tatsächlich „die“ Griechen, also „alle“ Einwohner dieses schönen, traditionsreichen Landes? Weiterlesen

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Ägyptens Präsident Sisi – Bad guy oder Hoffnungsträger?

Der Besuch des ägyptischen Präsidenten Abd al Fattah al Sisi am 3. 6. 2015 in Berlin sorgte schon im Vorfeld für Wirbel. Bundestagspräsident Norbert Lammert sagte demonstrativ das geplante Gespräch ab, weil er in den zuletzt von ägyptischen Gerichten verhängten 500 Todesurteilen eine schwere Menschenrechtsverletzung sah. Anstatt mit Sisi darüber zu diskutieren, zog sich Lammert lieber in den moralischen Schmollwinkel zurück. Man darf gespannt sein, ob er künftig Putin die Hand schütteln wird, der durch seine Aggression in der Ostukraine für 6000 Tote verantwortlich ist. Oder dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping, der für 2400 hingerichtete Menschen pro Jahr verantwortlich ist (Zahl von 2013). Weiterlesen

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Flüchtlingspolitik – romantisch verklärt oder rational gelöst?

Teil 2 (und Schluss)

 

  1. Irrtum:   Migration schadet nicht den Herkunftsländern.

Ein Argument wird immer bemüht, wenn es darum geht, eine verstärkte Einwanderung zu rechtfertigen. Die Migranten seien in der Regel besonders motiviert, im Leben voranzukommen. Das sei für die Aufnahmeländer unter ökonomischen Gesichtspunkten ein Gewinn. Paul Collier hat in seinem schon erwähnten Buch „Exodus. Warum wir Einwanderung neu regeln müssen“ (2014) diesem Argument einen zweifelhaften moralischen Wert zugesprochen: „Ein Talenttransfer von armen in reiche Gesellschaften ist nicht unbedingt etwas, das weltweit gefeiert werden sollte.“ An konkreten Beispielen weist er nach, dass der Brain Drain der Durchsetzungsstarken und Risikofreudigen den Herkunftsländern einen schweren Entwicklungsschaden zufügt. In London gebe es mehr sudanesische Ärzte als im Sudan, in Paris mehr rumänische Ärzte als in Bukarest. Haiti erlitt, bedingt durch die räumliche Nähe zu den USA, einen extrem starken Aderlass, indem 85% der gebildeten Haitianer auswanderten. Dass mit dem verbleibenden Rest der Staat nicht zu modernisieren ist, liegt auf der Hand. Weiterlesen

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Flüchtlingspolitik – romantisch verklärt oder rational gelöst?

 Teil 1

Die grausame Flüchtlingskatastrophe mit Hunderten von Toten, die sich am 19. April 2015 im Mittelmeer vor der Küste Italiens ereignete, hat die europäische Öffentlichkeit aufgerüttelt. Und sie hat mit aller Deutlichkeit gezeigt, dass es Europa nicht gelingt, die Flüchtlingsfrage menschlich zu regeln. Gleichzeitig wird offenbar, dass Europa bisher dabei versagt hat, eine rationale Flüchtlingspolitik zu entwickeln, die das Migrationsproblem von den Ursachen her angeht, z.B. durch die Bekämpfung der Schleuserkriminalität und die Befriedung der Länder, aus denen die Flüchtlingsströme überwiegend kommen. Die Flüchtlingspolitik der Parteien in unserem Land bewegt sich zwischen Hilflosigkeit (Regierungskoalition), gefühligen Menschlichkeitsappellen (Opposition) und gehässiger Abwehr (Pegida, AfD). Der folgende Artikel, der sich in zwei Teile gliedert, beleuchtet das Problem von der sachlichen Seite her, indem er neuere Ergebnisse der Migrationsforschung in die Debatte einbezieht. Als Folie für die Argumentation dient dabei ein romantisches Verständnis von Migration, wie es vor allem von den Grünen und der Linken vertreten wird. Diese Auseinandersetzung erscheint angebracht, gelingt es doch vor allem den Grünen, mit ihrer „Barherziger-Samariter-Haltung“ („Lasst sie alle zu uns kommen!“) die politischen Kräfte, die das Problem rational lösen wollen, moralisch ins Unrecht zu setzen. Weiterlesen

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Gesinnungszwang im Netz

Seit Wochen sieht sich Politikprofessor Herfried Münkler von der Humboldt-Universität zu Berlin anonymen Anwürfen im Internet ausgesetzt. Die Kritiker im Internet-Blog „Münkler-Watch“ werfen ihm all das vor, was linke Kritiker einem Menschen vorwerfen können, der sich politisch in der Mitte der Gesellschaft verortet: Er stelle in seiner Vorlesung (und seinen Büchern) abweichende Meinungen, z.B. andere (linke) Demokratiekonzepte, Genderthemen, Theorien außereuropäischer (linker) Politologen, nicht dar, sei deshalb ein „Extremist der Mitte“. Die Kritiker, Studenten aus seiner Vorlesung, suchen nicht die Diskussion mit dem Gescholtenen und ihen Kommilitonen an Ort und Stelle – also in der Vorlesung. Nein, sie ziehen die Anonymität des Internets vor, weil sie Nachteile für ihre Karriere (schlechte Noten) befürchten, wenn ihre Identität bekannt wird. Außerdem fühlten sie sich im offenen intellektuellen Schlagabtausch dem Professor rhetorisch nicht gewachsen. Der Professor nennt sie wegen ihres Kneifens „erbärmliche Feiglinge“. Weiterlesen

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„Klimarettung“ für das eigene Seelenheil

Neulich besuchte ich wieder einmal Freiburg, die heimliche Hauptstadt der Grünen. Den Oberbürgermeister stellen sie seit 2002, im Stadtrat bilden sie die größte Fraktion. Vor allem das grüne Lebensgefühl hat in der Stadt eine sichere Heimstatt. Das „Quartier Vauban“ gilt als ökologische Mustersiedlung: grün, autofrei und mit Plus-Energiehäusern ausgestattet. Ökologisch gestimmte Pilgerscharen aus vielen Ländern besuchen diese Solarsiedlung, um Anregungen für das eigene Wohnumfeld mit nach Hause zu nehmen. In der Altstadt drängen sich Biomärkte, vegane Restaurants und vor allem Fahrradläden dicht an dicht. Die Fahrradfahrer sind so zahlreich, dass die schmalen Altstadtstraßen für dieses abgasfreie Gefährt gesperrt werden mussten. Für die Fußgänger gäbe es sonst kein gefahrenfreies Durchkommen. Es versteht sich, dass alle ökologisch ausgerichteten Geschäfte Freiburgs Auskunft über den CO 2 – Fußabdruck erteilen, den ihr Produkt hinterlässt. Hier ist die  Welt in bester grüner Ordnung. Weiterlesen

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Technologisches Wunderland Israel

Im Jahre 2014 ist in Israels Hightech-Branche so viel Geld geflossen wie nie zuvor. Während der Gaza-Krieg tobte und die Weltgemeinschaft – einer lang gehegten Tradition folgend – Israel der Unverhältnismäßigkeit bei der Bekämpfung der terroristischen Hamas zieh, flossen über eine Milliarde Dollar in Unternehmen der Computer-, Software-, Nano- und Biotechnologie. Auch die rege Start-up-Szene Israels erfreut sich regen Zuspruchs. Auf Feldern wie der Sicherheitstechnologie, der Pharmaindustrie und der Biotechnologie gilt sie als Spitzenreiter in der Welt. Zum Vergleich: Deutschland hat die zehnfache Einwohnerzahl des kleinen Staates Israel (80 zu 8 Millionen), konnte aber weniger als ein Viertel der israelischen Kapitalzuflüsse verbuchen. Wie Marktanalysten feststellten, lockte Israel doppelt so viel Risikokapital je Einwohner an wie Amerika und dreimal so viel wie Europa. Weiterlesen

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Odenwaldschule am Ende – ein Nachruf

Zum Ende des laufenden Schuljahres stellt die ehrwürdige Odenwaldschule in Ober-Hambach den pädagogischen Betrieb ein. Seit der Aufdeckung des Missbrauchsskandals im Jahre 1998 waren die Schülerzahlen stetig gesunken, so dass die Schule immer mehr in die roten Zahlen rutschte. Alle Versuche, die Schule durch eine seriöse Aufarbeitung der Affäre und durch effektive Präventionsmaßnahmen zu stabilisieren, waren letztlich vergeblich. Zuletzt besuchten noch 114 Schüler das Internat – viel zu wenige für einen kostendeckenden Betrieb. Weiterlesen

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Außenminister als Weichspüler

Frank-Walter Steinmeier hat die Kunst, im dipomatischen Umgang Vertreter anderer Staaten nicht vor den Kopf zu stoßen, zu einer solchen Perfektion entwickelt, dass man den Eindruck gewinnen muss, die Camouflage eigener Überzeugungen sei zu seiner zweiten Haut geworden. Im Vorfeld des 100-jährigen Gedenkens des Völkermords der Jungtürken an den armenischen Bewohnern des damaligen Osmanischen Reiches im Frühjahr 1915 wand er sich auf Nachfragen von Journalisten, als gelte es, öffentlich einen Seitensprung zu gestehen. Bei seinem Besuch in Estland sagte Steinmeier: „Die Gräuel am armenischen Volk lassen sich nicht auf einen Begriff oder den Streit um einen Begriff reduzieren.“ Gemeint war das Wort Völkermord, das darauf in der Presse ironisch als  anstößiges V-Wort zirkulierte. Es ist schon bemerkenswert, dass der Außenminister des Landes, das das größte Menschheitsverbrechen – den Holocaust – zu verantworten hat, davor zurückschreckt, einen Vorläufer des Massenmordes an den europäischen Juden beim Namen zu nennen. Muss er nicht damit rechnen, dass er damit Unbelehrbare ermutigt, künftig auch den deutschen Genozid an den Juden zu leugnen oder zu relativieren – nach dem Motto, die „Gräuel an den Juden lassen sich nicht auf einen Begriff bringen“?  Weiterlesen

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