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Warum Carola Lentz?

Das Goethe-Institut soll die Kenntnis der deutschen Sprache im Ausland fördern, die internationale kulturelle Zusammenarbeit pflegen und ein umfassendes, aktuelles Deutschlandbild vermitteln. Warum hat es dann ausgerechnet Carola Lentz zur Präsidentin bestimmt?

„Am 13. November 2020 wird Prof. Dr. h.c. Klaus-Dieter Lehmann als Präsident des Goethe-Instituts verabschiedet und übergibt sein Amt an Prof. Dr. Carola Lentz. Die Ethnologin und Seniorforschungsprofessorin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wurde im Herbst 2019 vom Präsidium des Goethe-Instituts einstimmig zur Nachfolgerin von Klaus-Dieter Lehmann gewählt, der das Amt seit 2008 innehatte.“ So die Pressemitteilung des Instituts.

Das Präsidium, fünf Männer und zwei Frauen, fünf Manager oder Kulturmanager, eine Kunstschaffende, hat eine 66-Jährige gewählt, die also in ihrer Person kaum ein „aktuelles“ Deutschlandbild repräsentiert; eine Akademikerin, deren Schwerpunkt die Gesellschaften Westafrikas sind, die also von Deutschvermittlung und Vermittlung der deutschen Kultur so viel oder so wenig versteht wie irgendeine beliebige deutsche Intellektuelle und vielleicht weniger als viele; und eine Ethnologin, die sich in den letzten Jahren dem Forschungsprojekt „Un/doing differences“ gewidmet hat, das ein mögliches Ergebnis seiner Arbeit als Voraussetzung nennt, nämlich „vor allem die Kontingenz“ der „Kategorisierung von Personen und der Grenzziehung zwischen Gemeinschaften“. Was man vielleicht dem Islamisten erzählen sollte, der in einer französischen Kirche gerade drei Ungläubige getötet hat.

Unter seinem vorigen Präsidenten ist das Goethe-Institut schon weit auf dem Abweg vorangeschritten, statt die deutsche Sprache und Kultur zu vermitteln allgemeine postkoloniale Diskurse zu fördern. Offensichtlich soll Frau Lentz dafür sorgen, dass das so weitergeht. Schade. Es gäbe viele engagierte junge Frauen, denen das ursprüngliche Anliegen des Goethe-Instituts eine Herzensangelegenheit wäre. Aber nach ihnen hat man offenkundig erst gar nicht Ausschau gehalten.

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12 Gedanken zu “Warum Carola Lentz?;”

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    Meine 4 Gedanken:
    1. Die kognitive Dissonanz der Linken im Bezug zum Islam ist beachtlich (nicht nur dort). Der Islam ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was mal als Links galt. Das läßt nur zwei Rückschlüsse zu. Pisa und Bremen liegen auf unterschiedlichen Planeten und das Verbindende, Ablehnung der FDGO, ist stärker als das Trennende.

    2. Die Millionen Moslems, die gegen den Terrorismus protestieren, sind ein Hoffnungszeichen. Die schweigende Minderheit, die den Terrorismus erst möglich macht, fällt nicht ins Gewicht. Es zum Glück nichts mit dem Islam zu tun.

    3. Der Hund, der die ihn fütternde Hand beißt, wird bestraft. Es wird deshalb bedauerlicherweise zu unvermeidlichen Härten im Umgang mit Islamisten und ihren Unterstützern kommen.

    4. Die TAZ ist und bleibt die Mutter des Schweinejournalismus.

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    Das Goethe-Institut hat doch eine bewegte Geschichte, immerhin hat Costa Cordalis dort vor langer Zeit einen Deutschkurs belegt. Und ueberhaupt, was stoert Sie daran, dass eine Expertin fuer westafrikanische Kulturen der Welt erklaert, wie das heutige Deutschland aussieht? Die Frau hat sogar ein Buch ueber Saisonarbeiter auf Zuckerrohrplantagen geschrieben, womit sie exemplarisch alle prekaeren Arbeitsverhaeltnisse im Turbokapitalismus erklaeren kann.
    Herr Posener, das ist ein privater Verein, der zu grossen Teilen aus dem Bundeshaushalt finanziert wird. Es handelt sich also um so etwas wie einen Ponyhof fuer bewaehrte Personen des politischen und gesellschaftlichen Establishments mit saftigen Wiesen, viel frischer Luft und wenig Anstrengung. Der Name „Goethe-Institut“ macht am Ende mehr her als die Bedeutung wiegt.

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      Lieber Herr Taylor: Das Goetheinstitut sei „so etwas wie einen Ponyhof fuer bewaehrte Personen des politischen und gesellschaftlichen Establishments“, schreiben Sie. Das mag für das Präsident*innenamt gelten, nicht aber für die vielen Institute, die im Ausland Deutschkurse anbieten, Autor*innen einladen usw. Und diese Arbeit ist gerade angesichts der diversen kulturellen Offensiven unserer Konkurrenten, die – man denke an China und Russland, aber auch an den Islamismus und afrikanischen Nativismus – nicht nur wirtschaftlich, sondern wertemäßig das infrage stellen, wofür Goethe steht, wichtiger als je zuvor. Ich meine, das Amt der Präsidentin braucht eine Frau, die sich dessen voll bewusst ist und in der Lage ist, dafür auch zuhause und im Ausland zu kämpfen.

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    “Doing Differences“ scheint allgegenwärtig: Unter den Nationalsozialisten bekam der Begriff der Rasse ungeheures Gewicht – mit fatalen Folgen. “
    genau – deshalb ist „Undoing differentes“, also das Projekt von Frau Lentz und Stefan Hirschauer auch so wichtig. Beide sind Gegner einer Identitätspolitik!

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      Der „Begriff der Rasse“ bekam nicht „unter den Nationalsozialisten ungeheures Gewicht“. Der Antisemitismus war in Deutschland vor 1933 so allgegenwärtig und hatte solches Gewicht, dass eine Partei an die Macht kommen konnte, die sofort daran ging, das von allen Konservativen, vielen Kommunisten und nicht wenigen Liberalen und Sozialdemokraten als Tatsache anerkannte „Judenproblem“ zu lösen. Wer das im Nachhinein „ungeschehen machen“ („undo“) will, kommt zu spät, sollte sich aber wenigstens an die historischen Fakten halten.
      So viel zu meiner Lese-Inkompetenz.

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    „Warum Carola Lentz?“

    Auch wenn das Goethe-Institut als Verein organisiert ist, man tritt niemandem zu nahe, wenn man es als staatlich finanziert und politisch kontrolliert bezeichnet.
    Frau Lentz kennt halt die richtigen Leute.

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    Lieber Alan Posener: lesen heißt nicht verstehen. Hirschauer und Frau Lenz versuchen aus der Langeweile der Genfer-studies auszubrechen und auch die Ebene der Rassismus-Vorwürfe zu verlassen, um interdisziplinär zu forschen. Wer beider Werke kennt, kommt nicht auf die Idee, dass sie oberflächlich seien. Die üblichen pro und contra Positionen passen hier nicht. Ich habe ja nichts gegen Vereinfachungen, aber Sie greifen einen hervorragenden Wissenschaftler an, der sich in kultursoziologischen und feministischen Diskursen bestens auskennt, und sie missachten eine unparteiische, aber sehr informierte Soziologin. Das ist in meinen Augen ein starkes Stück und eine Anmaßung sondergleichen. Ihre Assoziationen haben auch sehr wenig mit der Forschung dieser beiden Personen zu tun. Am besten hören Sie sich einmal eine Vorlesung von Hinschauen an. Dann merken Sie, dass sich in den letzten Jahren viel getan hat.

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      Liebe Monika Frommel, sie unterstellen mir wieder alles Mögliche, ohne mit einem Wort auf die entscheidende Frage einzugehen: Was qualifiziert Carola Lentz, Prasidentin des Goethe-Instituts zu sein? Die Versicherung, sie wolle „aus der Langeweile der Gender Studies ausbrechen und die Ebene der Rassismus-Vorwürfe verlassen“ reicht ebenso wenig wie die Behauptung, sie sei eine „unparteiische und sehr informierte Soziologin“. Das Goethe-Institut hat mit Sprach- und Kulturvermittlung zu tun. Und auch wenn Sie Journalisten verachten: ich glaube, dass eine Journalistin – denken wir an Susanne Gaschke oder Ines Pohl – oder Schriftstellerin – denken wir an Juli Zeh – oder einfach eine erfahrene Lehrerin aus den Instituten selbst, die jahrelang Deutsch als Fremdsprache unterrichtet hat und die Praxis der Einrichtung kennt, erheblich besser geeignet wäre als eine Soziologin, deren Fachgebiet seit Jahrzehnten Westafrika ist.
      Meine Frage „Warum Carola Lentz?“ kann man jedenfalls nicht abtun mit der beleidigenden Unterstellung, dass ich zwar lese, aber nichts verstehe.

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      „ich glaube, dass eine Journalistin – denken wir an Susanne Gaschke oder Ines Pohl – oder Schriftstellerin – denken wir an Juli Zeh – oder einfach eine erfahrene Lehrerin aus den Instituten selbst, die jahrelang Deutsch als Fremdsprache unterrichtet hat und die Praxis der Einrichtung kennt, erheblich besser geeignet wäre als eine Soziologin, deren Fachgebiet seit Jahrzehnten Westafrika ist.“

      In der Tat. Aus eigener Erfahrung kenne ich Betriebsblindheit, ‚Networking‘ (=> Seilschaften) und daraus resultierende professionelle Fachidiotie. Über den Fall selber weiß ich zu wenig, um etwas darüber zu äußern. Umso mehr würden mich Argumente für eine solche Berufung interessieren. Oder kann ich es mir einfach machen und z.B. Steffen Ehrlich hat schlichtweg recht?

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      Liebe Monika Frommel, Sie unterschätzen mich, wie Sie überhaupt ein wenig zur Herablassung neigen. Die betreffende Seite habe ich gelesen und zitiere sie sogar. Was soll uns zum Beispiel das hier sagen:

      „Die Forschungsgruppe eint ein grundlegendes Interesse an der Herstellung, Überlagerung und Außerkraftsetzung verschiedener kultureller Differenzierungen des gesellschaftlichen Personals − am „doing“ und „undoing“ von Differenzen. Sie will Praktiken kultureller Kategorisierung von Menschen untersuchen. Dazu zählen Grenzziehungen im Rahmen von Gemeinschaftsbildungen („wir/die“) entlang sprachlicher, religiöser, ethnischer und nationaler Marker ebenso wie innergesellschaftliche Teilungen nach Geschlecht oder Leistungsklassen. In einer vergleichend angelegten Forschung über heterogene Fälle der Kategorisierung von Personen und der Grenzziehung zwischen Gemeinschaften soll vor allem die Kontingenz dieser Prozesse beleuchtet werden: die Bedingungen der Differenzierung und Entdifferenzierung und die treibenden Mechanismen der Aktualisierung oder Neutralisierung von Varianten solcher Unterscheidungen.“

      „Vor allem die Kontingenz“ soll „beleuchtet“ werden. Wir wissen ja, dass Rassen und Klassen, Nationen und Ideologien, Religionen und Kulturen „kontingent“ sind. Niemand wird als Christ oder Deutscher oder Weißer oder Linker geboren. Das ist trivial. Was aber hat das mit der Leitung eines Instituts zu tun, das weltweit eine gewiss „kontingente“, aber wichtige Kultur und gesellschaftliche Realität anderen „kontingenten“ Gesellschaften näherbringen soll? Richtig: nichts.

      Und wie oberflächlich die Forscher*innen vorgehen, ersehen Sie aus diesem Interview:
      https://www.magazin.uni-mainz.de/2599_DEU_HTML.php

      Ein Zitat daraus:

      „“Doing Differences“ scheint allgegenwärtig: Unter den Nationalsozialisten bekam der Begriff der Rasse ungeheures Gewicht – mit fatalen Folgen. Nach dem Anschlag vom 11. September 2001 wurden die arabische und die christliche Welt zunehmend als Blöcke gesehen. Aber auch „Undoing Differences“ findet unentwegt statt. „Nehmen Sie die jüngsten Wahlen in Israel, die Arabische Liste: Da treffen sich plötzlich Islamisten, Feministinnen und Linke“, erzählt Hirschauer.“
      Wie kann man den Holocaust vergleichen mit der Reaktion auf einen Terroranschlag von Islamisten? Und dann muss man natürlich auch noch Israel mit hineinbringen, mit einer völlig falschen Behauptung, die mit einem Blick in Wikipedia unter „United Arab List“ zu widerlegen ist:
      „Its constituency consists mostly of religious or nationalist Israeli Arabs, and enjoys particular popularity among the Bedouin – in the 2009 elections, 80% of residents of Bedouin communities voted for the party. The Islamic Movement also operates in poor Arab towns and villages, as well as in Bedouin settlements, to mobilize voters. The southern faction of the Islamic Movement is now the dominant force in the party, whilst other factions include the Arab National Party.“ Nix „Feministinnen und Linke“.
      Vielleicht meint der Professor aber die „Joint List“, die 15 von 120 Sitzen in der Knesset hat, weil einige radikale jüdische Linke sie unterstützt haben.
      Ich zitiere jedoch aus dem „Economist“:
      https://www.economist.com/middle-east-and-africa/2020/02/27/a-growing-number-of-jews-are-voting-for-arabs-in-israel
      „Mr Odeh (Sprecher der „Joint List“, A.P.) says it is not so hard to imagine an Arab-Israeli prime minister. But his appeal has its limits. Two-thirds of Israeli Jews want to bar Arab parties from government. Over 40% oppose living next to an Arab, let alone voting for one. Yuppies flinch at the Joint List’s communist origins. Left-wing secular Jews are turned off by its Arab nationalist and Islamist cheerleaders. And the Joint List is bad at practising the equality it preaches. Just one of its 13 parliamentarians is Jewish. Still, the interest Mr Odeh is piquing indicates a growing demand for a party that truly spans Israel’s Jewish-Arab divide. Voters will have to wait a bit longer for that.“
      Was soll man von Akademiker*innen halten, die so schlampig arbeiten und solche wilden Behauptungen aufstellen? Eben. Nichts. So viel übrigens zu Kompetenz.

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