»Eine halbwegs komplette Kenntnis des Marxismus kostet heute, wie mir ein Kollege versichert hat, zwanzigtausend bis fünfundzwanzigtausend Goldmark und das ist dann ohne die Schikanen. Drunter kriegen sie nichts Richtiges, höchstens so einen minderwertigen Marxismus ohne Hegel oder einen wo der Ricardo fehlt usw….«(Bertolt Brecht)
»Die letzte Form [der politischen Ökonomie] ist die Professoralform, die ›historisch‹ zu Werke geht und mit weiser Mäßigung überall das ›Beste‹ zusammensucht, wobei es auf Widersprüche nicht ankommt, sondern auf Vollständigkeit. Es ist die Entgeistung aller Systeme, denen überall die Pointe abgebrochen wird, und die sich friedlich im Kollektaneenheft zusammenfinden. Die Hitze der Apologetik wird hier gemäßigt durch die Gelehrsamkeit, die wohlwollend auf die Übertreibungen der ökonomischen Denker herabsieht und sie nur als Kuriosa in ihrem mittelmäßigen Brei herumschwimmen läßt. Da derartige Arbeiten erst auftreten, sobald der Kreis der politischen Ökonomie als Wissenschaft sein Ende erreicht hat, ist es zugleich die Grabstätte dieser Wissenschaft.« (Karl Marx, MEW 26.3, 492)
Wer alt genug ist, an die 60er / 70er Jahre unmittelbar sich zu erinnern, dürfte wissen, daß einst die Universitäten meterweise Marxismus produzierten. Heute wird, sei es genauso produziert sei es, daß das bei Marx (inklusive all der Schikanen: Aristoteles, Platon, Kant, Schelling, Hegel) usw. Gelernte als Werkzeug für das eigene Denken verwendet wird. Chronologische Anläße wie 150 Jahre oder 200 Jahre könnten zu dem verführen, was Würdigung genannt wird, aber sie erscheint heute unerträglich, wenn sie überhaupt jemals was taugte.
In den abscheulichen Fragen, was Marx noch in unserer heutigen Zeit bedeute, so wie man einst bei Hegel Lebendiges und Totes auseinanderklaubte, schwingt immer eine Anmaßung mit, weswegen die umgekehrte Frage aufzuwerfen an der Zeit ist, was die heutige Zeit vor Marx bedeute, nachdem die Verwirklichung der Philosophie mißlang, die einst die Marxschen Feuerbachthesen versprachen.
1867 erschien in Hamburg die erste – von der zweiten abweichende – Auflage des Kapitals, wobei der erste Satz nicht verändert wurde; das berühmte viel diskutierte oft nicht verstandene, Fetischkapitel war allerdings noch nicht enthalten. Der erste Satz wurde von Alan Posener vor Kurzem als Einstieg zu seinen Beiträgen zum 150 Jubeläum des Kapitals Band 1 genommen und aus der Diskussion entsprang eine Einladung, bei „Starke Meinungen“ eigenständige Beiträge zu veröffentlichen, die ich annahm, auch weil ich die Neigung habe Kommentare leicht in Korreferate zu verwandeln. An den dort erschienen Kommentaren möchte ich anknüpfen.
Der erste Satz des Kapitals zeigt bereits, daß Marx mit dem Reichtum beginnt, dessen Erscheinung in seiner Elementarform der Begriff der Ware ist:
„Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine „ungeheure Warensammlung“, die einzelne Ware als seine Elementarform. Unsere Untersuchung beginnt daher mit der Analyse der Ware.“(MEW 23, S. 49)
(MEW = Marx Engels Werke, die berühmten Blauen Bände, Berln 1953f)
Mit dem Begriff des Reichtums bezieht sich Marx auf die Politische Ökonomie, die Buchtitel wie „Wealth of Nation“(Adam Smith) hervorgebracht haben. „Reichtum“(wealth) findet sich auch bei dem von Marx geschätzten wie kritisierten David Ricardo, den Marx zitiert: „Eine Nation ist wirklich reich, wenn 6 statt 12 Stunden gearbeitet wird. Wealth ist disponable time, and nothing more.“MEW 26.3. 252 und „Aber free time, disponable time, ist der Reichtum selbst – teils zum Genuß der Produkte, teils zur free activity, die nicht wie labour durch den Zwang des äußeren Zwecks bestimmt ist…“(MEW 26.3. 253) Hier sieht man, daß freie Arbeit und labour eine unterschiedliche Bedeutung haben. Freie Arbeit ist eine Antizipation einer Weltgesellschaft im „Reich der Freiheit“. Aber lange noch nicht das, was Marx als Kommunismus bezeichnet, die Bewegung, die die Entfremdung, d.h. den bestehenden Zustand aufhebt. Der junge Marx – nicht mehr der Pariser Manuskripte, sondern der Deutschen Ideologie – reflektierte auf die empirischen Voraussetzungen, die gegen sein müßten, um den entfremdeten Zustand weltweit aufzuheben. Nachdem aber bis 1848 eine erwartungsgemäße Revolution nicht stattfand, worauf wir kommen müssen, wenn wir über Marx hinausgehen, mußte das Scheitern der damaligen Bewegung erklärt werden, was zur erneuten Beschäftigung mit der Politischen Ökononomie führte, deren Verfahrensweise und Kategorienbildung Marx als gelehrigen Schüler von Hegel erwies, was seine zweite Hegelaneignung war. Die erste der Pariser Manuskripte entwickelte eine über Hegel hinausgehendes Konzept der Entfremdung, die Entfremdung und Vergegenständlichung schied. Die am Feuerbachschen Gattungswesen orientierte Entfremdungstheorie wurde modifiziert im Zuge der Auseinandersetzung mit Max Stirners „Der EInzige und sein Eigentum“ und leitete über zu einer weniger spekulativen Phase bei Marx, die den Einzelnen, das Individuum gegen das Kollektivwesen betonte, was auch widerlegt das Vorurteil eines Kollektivismus bei Marx, das ebenso wie, daß er das Eigentum abschaffen wolle, Stereotypen schlechter Marxkritik sind. Er kritisiert ja gerade die Eigentumslosigkeit des größten Teils der Bevölkerung, insbesondere an Produktionsmittel wie Boden und Produktionsinstremte bis hin zu Maschinen. Auch war die Ausbildung von potentiellem Reichtum eine Voraussetzung. Daß in unentwickleten Gemeinwesen in seinem Namen Revolutionen gemacht wurden, widerspricht seinen Einsichten.
Aber zitieren wir doch mal aus den 1845-46 geschriebenen Manuskripten, die allerdings erst 1932 in Moskau erstmals veröffentlicht wurden.
„Diese „Entfremdung“, um den Philosophen verständlich zu bleiben, kann natürlich nur unter zwei praktischen Voraussetzungen aufgehoben werden. Damit sie eine „unerträgliche“ Macht werde, d. h. eine Macht, gegen die man revolutioniert, dazu gehört, daß sie die Masse der Menschheit als durchaus „Eigentumslos“ erzeugt hat und zugleich im Widerspruch zu einer vorhandnen Welt des Reichtums und der Bildung, was beides eine große Steigerung der Produktivkraft, einen hohen Grad ihrer Entwicklung voraussetzt – und andrerseits ist diese Entwicklung der Produktivkräfte (womit zugleich schon die in weltgeschichtlichem, statt der in lokalem Dasein der Menschen vorhandne empirische Existenz gegeben ist) auch deswegen eine absolut notwendige praktische Voraussetzung, weil ohne sie nur der Mangel verallgemeinert, also mit der Notdurft auch der Streit um das Notwendige wieder beginnen und die ganze alte Scheiße sich herstellen müßte, weil ferner nur mit dieser universellen Entwicklung der Produktivkräfte ein universeller Verkehr der Menschen gesetzt ist, daher einerseits das Phänomen der „Eigentumslosen“ Masse in Allen Völkern gleichzeitig erzeugt (allgemeine Konkurrenz), jedes derselben von den Umwälzungen der andern abhängig macht, und endlich weltgeschichtliche, empirisch universelle Individuen an die Stelle der lokalen gesetzt hat. Ohne dies könnte 1. der Kommunismus nur als eine Lokalität existieren, 2. die Mächte des Verkehrs selbst hätten sich als universelle, drum unerträgliche Mächte nicht entwickeln können, sie wären heimisch-abergläubige „Umstände“ geblieben, und 3. würde jede Erweiterung des Verkehrs den lokalen Kommunismus aufheben. Der Kommunismus ist empirisch nur als die Tat der herrschenden Völker „auf einmal“ und gleichzeitig möglich, was die universelle Entwicklung der Produktivkraft und den mit ihm zusammenhängenden Weltverkehr voraussetzt.“(MEW 3, S. 34f)
In diesen Kontext steht auch die Formulierung, daß der Kommunismus keine bloße Idee ist, keine ausgemalte Utopie, die hergestellt werden soll, wie auch das gängige Vorurteil besagt. Der Untertitel des Kapitals „Kritik der politischen Ökononomie“, darauf wies schon Karl Korsch in einem Geleitwort 1932 hin, wurde oft übersehen. Er zitierte darin auch Marx Angabe, daß der „letzte Endzweck dieses Werks“ ist, „das ökonomische Bewegungsgesetz der modernen Gesellschaft zu enthüllen.“ Es ist also nicht Aufruf zum Sozialismus oder Kommunismus, sondern Kritik der Politischen Ökonomie.
Wenn das klar ist und verstanden worden ist, haben wir ein großen Teil möglicher Mißverständnisse vorab behoben. In den Grundrissen zur Politischen Ökonomie ging Marx noch konkreter auf den Begriff des Reichtums ein.
„Nun ist der Reichtum einerseits Sache, verwirklicht in Sachen, materiellen Produkten, denen der Mensch als Subjekt gegenübersteht; andrerseits als Wert ist er bloßes Kommando über fremde Arbeit nicht zum Zweck der Herrschaft, sondern des Privatgenusses etc. In allen Formen erscheint er in dinglicher Gestalt, sei es Sache, sei es Verhältnis vermittelst der Sache, die außer und zufällig neben dem Individuum liegt. So erscheint die alte Anschauung, wo der Mensch, in welcher bornierten nationalen, religiösen, politischen Bestimmung auch immer als Zweck der Produktion erscheint, sehr erhaben zu sein gegen die moderne Welt, wo die Produktion als Zweck des Menschen und der Reichtum als Zweck der Produktion erscheint. In fact aber, wenn die bornierte bürgerliche Form ab gestreift wird, was ist der Reichtum anders, als die im universellen Austausch erzeugte Universalität der Bedürfnisse, Fähigkeiten, Genüsse, Produktivkräfte etc. der Individuen? Die volle Entwicklung der menschlichen Herrschaft über die Naturkräfte, die der sog. Natur sowohl wie seiner eignen Natur? Das absolute Herausarbeiten seiner schöpferischen Anlagen, ohne andre Voraussetzung als die vorhergegangne historische Entwicklung, die diese Totalität der Entwicklung, d. h. der Entwicklung aller menschlichen Kräfte als solcher, nicht gemessen an einem vorhergegebnen Maßstab, zum Selbstzweck macht? Wo er sich nicht reproduziert in einer Bestimmtheit, sondern seine Totalität produziert?“(MEW 42, 395f =Grundrisse 1953 S. 387)
Vieles, was dann in der Reduktion der Komplexität verschwand, wird hier noch ausgesprochen. Der Mensch als Subjekt dürfte ohne den Deutschen Idealismus von Kant bis Hegel und Schelling nicht verständlich sein. Die Konstitutionsproblematik bei Kant, ging davon aus, daß das Subjekt die Data der Erkenntnis, die Mannigfaltikeit zur Einheit bringt und hierbei den Gegenstand der Erkenntnis konstituiert, der Gegenstand der Erkenntnis ist eine Synthesis des Mannigfaltigen und nicht vor der Erkenntnis schon für die Erkenntnis strukturiert. Dies nannte Kant Erscheinung oder Phänomen. Dies wurde vornehmlich für die Wahrnehmung und für die Naturerkenntnis der Naturwisseschaften realisiert. Erst die Neukantianer bemühten sich dann um die Geisteswissenschaften. Bei Marx geht es im Ersten Abschnitt immer auch um das, was in den Köpfen der Menschen vorgeht, wenn sie tauschen, d.h. um das Allgemeine darin. Hierbei hat er auch den Universalienstreit zwischen Universalienrealismus und – nominalismus im Blick, was aber erst im 20. Jahrhundert in der Kritischen Theorie genauer formuliert wurde. Der Wert einer Ware ist ja abstrakt und damit durchaus etwas Begriffliches, aber diese Abstraktion ist Realabstraktion, die nicht nur im Denken, sondern in der Gesellschaftlichen Praxis stattfindet. D.h. wenn wir Waren beurteilen danach, da zwei Waren gleich viel wert sind, abstrahieren wir von ihrer konkreten Beschaffenheit, die Grundlage für den Gebrauchswert ist.
Marx beginnt also erst einmal mit der Ware wie sie konkret erscheint, nämlich als Gut, äußerer Gegenstand, ein Ding, das menschliche Bedürfnisse befriedigt. (Daß alles Mögliche bis zum Gewissen eines Abgeordneten zut Ware werden kann, wird methodisch ausgeblendet, weil von einfachen Bestimmungen zu immer komplizierteren fortzuschreiten Marx von Hegel (Aufstieg vom Abstrakten zum Konkreten) dieses Verfahren gelernt hat, das aber seit Euklid als analytisch-kompositorische Methode durchaus bekannt war und auch in den Naturwissenschaften eine Rolle spielt. Auch dort werden im Experiment die Gegenstände aus dem Gesamtzusammenhang isoliert, um sie kontrolliert zu untersuchen.
Gerade am Anfang des Kapitals gibt es bei Marx durchaus Ungenauigkeiten bei der Begriffsbestimmung, die teilweise den Popularisierungversuchen sich verdankt. Der Wert ist einerseits Abstraktum, „einfache Durchschnittsarbeit“, der in der Wirklichkeit eine potenzierte und multiplizierte immer entspricht. Aber Marx will ja im Band 1 erst einmal dieses Durchschnittliche entwickeln. Auch wird methodisch erst einmal Wert und Preis als identisch gesetzt, die in der Wirklichkeit nur zufällig mal zusammenfallen und letzlich im Durchschnitt. Aber es geht auch darum Bewegungsgesetze aufzufinden, die diese Durchschnittsbildungen erzwingen. Zunächst einmal wird davon abgesehen, in den ersten beiden Bänden des Kapitals haben wir es wesentlich mit wissenschaftlichen Idealisierungen zu tun. Erst im Dritten Band nähert er sich der Logik der Gestalten, wie sie sich in der WIrklichkeit finden. Da gab es lange Debatten darüber, ob da ein Bruch sei oder gar ein Widerspruch im formalen Sinne oder den Versuch den Bruch dann über eine Transformation von Werte in Preise und dergl. zu kitten. Das erscheint aber m.E. als Mißverständnis. Demnächst erscheint in Freiburg übriges wieder Roman Rosdolskys: Zur Entstehungsgeschichte des Kapitals als Nachdruck, das einst bei EVA erschienen war und die erste Arbeit war, die die Grundrisse der Kritik der Politischen Ökonomie, Vorarbeiten Marxens einzubeziehen und damit auch methodologische Fragen aufwarf. Auch die Arbeit von Helmut Reichelt, Zur logischen Struktur des Kapitalbegriffs bei Marx ist immer noch lesenswert, die ja die sog. neue Marx Lektüre einleitete, die einerseits die nötige Marxphilologie auf den Weg brachte, neben Hans Georg Backhaus, Kritik der Wertform in gesammelter Form in Freiburg erschienen, sind das alles werkerschließende Arbeiten.
Die Kategorien Wesen und Erscheinung bei Marx sind wichtig, so ist – manchmal wird das auch ignoriert bei Marx, weil er sie dort gleichsetzt – der Tauschwert Erscheinung des Werts, da ja der Wert reine Abstraktion ist und nur an konkreten Dingen erscheinen kann, etwa eine andere Ware, ein Gold- oder Silberstück, eine Schrift auf einem Papier, oder eine Digitalanzeige, wenn man eine Bankkarte ausliest usw. Es geht aber Marx erst einmal um das Allgemeine und Erscheinungsweisen, die erst später gekommen sind, dienen verständlicherweise nicht als Beispiel bei ihm.
Eine Ware, so werden wir sehen, hat einen Doppelcharakter, Naturalform und Wertform. Wenn wir zwei konkrete Waren als von gleichen Wert bezeichnen, was wir ständig tun, eine Schachtel Zigaretten der Marke A ist so viel wert wie eine der Marke B, kann sich jeder vorstellen. Hierbei geht es Marx aber um die ökonomische Wirklichkeitskonstitution, das was das Gemeinsame zweiter Waren ist, kann nicht „eine geometrische, physikalische, chemische oder sonstige natürliche Eigenschft sein“(MEW 23, S.51), es kann nur die gemeinschaftliche Eigenschaft sein ein Arbeitsprodukt zu sein, aber auch nicht einer bestimmten Arbeit, sondern der Durchschnittsarbeit, gleiche menschliche Arbeit oder abstrakte Arbeit, also auch ein Abstraktionsprodukt. Wenn die Arbeitszeit das Quantum der wertbildenden Substanz bildet, so auch nicht die einzelne Arbeitszeit, die ein Einzelner, Kollektiv usw. dafür benötigt, sondern die notwendige Durchschnittsarbeit, sonst müßte das Langsamerarbeiten mehr Wert schaffen. Auch die Ware gilt immer als Durchschnittsexmplar ihrer Art. Was die Neue Marx Lektüre( NML) herausbrachte ist, daß es auch mißverständliche, gar schlampige Formulierungen gibt. Alle Arbeit, so wird gesagt sei Verausgabung von menschlicher Arbeitskraft im physiologischen Sinne, leicht überliest man den Abstraktionsprozeß, der aus der physiologischen Tätigkeit ein abstrakte macht: abstrakt menschliche Durchschnitts-Arbeit, die den Wert bildet.
Schon Hegel witzelte über jemanden, dem der Arzt für die Gesundheit das Essen von Obst empfahl, der aber nur Äpfel, Birnen, Kirschen usw. angeboten bekam, aber ablehnte, weil er doch keine Äpfel, Birnen, Kirschen, sondern Obst essen solle. In der erste Auflage des Kapitals redet Marx ähnlich vom Gelde, es sei so, als ob neben den konkreten Waren auch noch ihr Allgemeinbegriff existierte, das Geld. So sei als ob neben Löwen, Tiger, Hasen auch noch das Tier existierte. Abgedruckt ist das nicht nur in der MEGA, Marx Engels Gesamtausgabe, sondern auch noch in der einst bei Fischer erschienen Marx-Engels Studienausgabe II, Politische Ökonomie, die mal Iring Fetscher herausgegeben hatte.
Fazit fürs erste. Marx untersucht einmal die Begriffe, die unreflektiert oder undefiniert auch in der heutigen VWL/BWL verwendet werden und die Wirklichkeitskonstitution. Erst Band III hat Vergleichbares, das mit solchen Wissenschaften, die Marx Vulgärökonomie nannte, konfrontiert werden kann. Marx fängt also weit früher oder tiefer an als die heutigen Ökonomen. Wert und Gebrauchswert verschwimmen da oft und man wollte auch mit kardinalen oder ordinalen Nutzenstheorien den Wert bestimmen, was nach Marx schon als unmöglich durchschaut war.
Des weiteren geht es auch darum bei Analyse und Komposition der Begriffe die moderne Welt in ihrer Veränderbarkeit aufzuweisen. Nicht geht es um Politikberatung, bessere Finanz- und Wirtschaftsminister zu erziehen oder dergl. auch nicht um Rezepte für unmittelbare Praxis, außer solchen zu mißtrauen. Für die unmittelbare Praxis ergibt sich aber dennoch etwas, daß man die Folgen prospektiver Praxis besser einschätzen kann, wenn man Marx besser kennt. Das kann auch zu einer Praxis beitragen, die Marx gar nicht wollte. Ich stellte mal fest, daß in einer Kapital-Lesegruppe jemand ganz andere Konsequenzen zog, nämlich seinen landwirtschaftlichen Betrieb vernünftiger zu organisieren. Kurzfristig mag das ja sogar gut sein. Aber Marx ging es um die Einrichtung einer vernünftigen Menschheit, die nicht mehr hilflos den gesellschaftlichen Strukturen ausgeliefert sein sollte. Wer dann also Ende 80er Anfang der 90er Jahre des 20. Jh. Anhänger und Bewunderer von Marxscher Theorie war, für den war der Ostblock ein System, das er aus seinem Weltbild tilgte. Keiner wußte das Ding, das da zusammenbrach exakt zu bezeichnen, sei es Staatskapitalismus, real existierende Sozialismus, Sowjetregime gar noch Kommunismus. Das Politbüro, das herrschte, ähndelte mehr dem absolutistischen Regime oder dem Merkantilismus, den Neomerkantilismus hatte ja Lenin ja – etwa die Deutsche Post oder Bank zum Vorbild für seinen Staatskapitalismus genommen, woran sich kaum jemand wohl noch erinnert.
Daher ist zu erwarten etwas darüber, wie man ein besseres Selbstbewußtsein der heutigen komplexen Welt bekommt, wenn Marx gelesen wird. Und das möchte ich ein wenig fortsetzen, in der Hoffnung, das niemand dümmer aus dem Blog kommt als er reingegangen ist.
Teil 2 folgt bei Zeiten
Folgende Morddrohung kam. Die Daten bitte zur den Behörden weiterleiten (IP Zeit usw.
Fahr zur Hölle, du langhaariges Stück Scheiße.
Ich komme bald nach Hamburg, und sobald du in dein Stammcafè gehst, um deinen Cappuccino zu saufen, werde ich dich am Wege abpassen. Und ich werde ein Messer bei mir haben…
Auch ich bewundere Ihre Geduld im argumentativen Umgang mit Ahnungslosen und
Böswilligen,
das ist sehr angenehm!
Dass Linke ihre eigene Schlechtigkeit gut verstecken können, ist bekannt. So wie Frauen das normalerweise auch meister(innen)haft beherrschen.
Letztlich resultiert dies aber nur aus ihrer Unaufrichtigkeit bzw. aus ihrer Illusion, stets richtig zu liegen. Ich kenne diese Leute nur allzu gut…
Eher unterscheiden sich Linke von Rechten dadurch, daß ihnen ihre Schlechtigkeit noch was ausmacht. Wobei ohnehin gefragt werden müßte, was a) ein Linker denn ist – die Organisation in einer Partei kann es ja nicht sein und b) und wenn die Schlechtigkeit versteckt sein soll, woher jemand darüber überhaupt etwas wissen können soll.
Mir scheint es so einige „Pappenheimer“(Schiller) zu geben, die sich der Lagermentalität hingeben, statt die Menschen als Individuum ernstzunehmen. Ohne Carl Schmitt wahrscheinlich zu kennen, wird nur in Kategorien von Freund und Feind gedacht. Als Schmitt-Kenner machen ich ein solches allerdings nicht mit.
Hmmmm…betrachten Antideutsche wie Sie nicht alle Deutschen als minderwertig? Wo ist in diesem Denkschema Raum für individuelle Beurteilungen einzelner Deutscher?
Lassen wir Freund-Feind-Denken mal außen vor – ich halte das für eine Projektion im Freudschen Sinne: die Linken, die in der Geschichte nur zerstört und niemals aufgebaut haben, unterstellen ihre eigene Schlechtigkeit dem Gegner.
Im übrigen habe ich Menschen und Linke niemals als Individuen betrachtet, sondern bestenfalls als recht unspezifische Typen, schlimmstenfalls als eine formlose Masse, einen Golem.
Als Person auf dem autistischen Spektrum mag ich da nicht objektiv recht haben – aber für mich spricht alles dafür.
Wir sind nun mal Meister im Erkennen von Mustern – auch von Verhaltensmustern. Das haben wir den NTlern, wie Sie es (wie ca. 99% der Menschheit) sicherlich sind, voraus – bei allen Defiziten, die wir auf anderen Gebieten haben 🙂
Beim Autismus gehört die kaum vorhandene Empathie ja zu den wesentlichen Merkmalen und die benötigt man, um jemanden als Individuum wahrzunehmen. Daß Antideutsche, die wegen solcher Mistverständnisse heute sich lieber Ideologiekritiker nenen, alle Deutschen für minderwertig halten, dürfte auch ein Wahrnehmungsdefizit sein, eine pathische Projektion, denn was deutsch ist, wird bei den Antideutschen als politökonomische Konstellation begriffen, die sich aus der Geschichte begreifen läßt. Vulgär ausgedrückt, das Deutschsein geht ihnen am Arsch vorbei und fällt unter der Kritik des Identitären.
„..kaum vorhandene Empathie..“
Lieber Martin Blumentritt, zu den guten Gewohnheiten einiger hier schon länger agierenden Kommentatoren gehört es, sich gegenseitig by the way ein paar Hinweise zu geben, wenn der eine oder andere blinde Fleck in Detailkenntnissen auftaucht: Autismus ist eine Entwicklungsstörung, bei der einige Wahrnehmungskanäle und Vernetzungen (Synapsen) nicht oder nicht so stark ausgebildet werden, weswegen z.B. Gesichter nicht oder nicht sofort erkannt werden (‚der grüßt nicht‘) oder Gesichtausdrücke (‚Emotionen‘) nicht oder nicht stark wahrgenommen werden können usw.
Autisten lernen aber i.d.R. und oft unbewusst, wie Blinde, oder Gehörlose, mit diesem Manko umzugehen und konstruieren die Informationen aus anderen, bessere formalisierbaren Wahrnehmungen (Wortwahl), was im Einzelfall (z.B. Durchführung eines Smalltalks auf einem Empfang) sehr stressig sein kann. Daraus aber zu schließen, daß Autisten generell ‚Empathiefrei‘ seien, wäre wohl genauso ‚daneben‘, wie Blinden generell ein Empfinden für Ästhetik abzusprechen. Zu Quern will ich noch sagen, daß sich beim Autismus natürlich anderes stärker ausprägt (-> Inselbegabungen), Sie schrieben von „Mustererkennung“. Insofern das Kokettieren mit der eigenen Disposition eine gewisse Selbstironie erkennen lässt, finde ich das durchaus sympathisch, allerdings diese ‚Mustererkennung‘ zum besseren Zugang zu einer wie auch immer gearteten Wahrheit hoch zu stilisieren, ist wohl eher kompensatorisch. Ich finde, sie können sich auch fragen, ob die freie, liberale und vielfältige Gesellschaft, gegen Die Sie hier schreiben, Ihnen à la longue nicht eher eine Chance zur Verwirklichung Ihrer Ziele bietet, als eine – wie auch immer – homogenisierte.
Ich dachte da an Asperger Syndrom. Daß es wie auch immer erfolgreiche Subsitute zur Orientierung gibt, ist klar. Ich beobachte einige Fälle in befreundeten Familien schon länger, so kann eine Frau schon seit Kindheit ausgesprochen gute Bilder malen, die an große Kunst fast heranreicht. Wenn jemand sich mit seiner Krankheit beschäftigt hat, kann er versuchen einige Dinge zu ersetzen und vielleicht sogar in größerer Geschwindigkeit.
Vielen Dank, Herr Nick.
Ich verstehe leider Ihre Worte zur heutigen Gesellschaft nicht. Ich finde sie einerseits absolut permissiv-beliebig, andererseits auf ihre Weise extrem konformistisch; und zwar ist sie restriktiv gegenüber den unschuldigen Normalbürgern, der Mehrheit, und extrem lax gegenüber denjenigen Minderheiten, die der Mehrheit schaden.
Der amerikanische palaiokonservative Historiker und Journalist Samuel T. Francis (1947-2005), den ich für einen der größten politischen Denker unserer Zeit halte, hat diese Art von Gesellschaft mit dem Begriff „Anarchodiktatur“ treffend umschrieben (original: „Anarcho-tyranny).
In der englischen Wikipedia gibt es zu Francis und seinen Gedanken einen sehr gut geschriebenen Artikel, den ich herzlich empfehlen kann. Weiterhin sind auch die Schriften von Paul Gottfried einen Blick wert, auch wenn dieser manchmal etwas zu sehr vereinfacht.
Vielen Dank nochmal, Herr Nick.
Wie viele Divisionen hat der Papst, soll Väterchen Stalin gefragt haben. Wie viele Divisionen hat Martin Blumentritt, wenn er die 11. Feuerbach These in unserer und seiner Zeit zur Anwendung bringen will? Ich fürchte, er glaubt, dass er hier mit mehr als mit Glasperlen spielt. Er schafft es nicht, aus dem Elfenbeinturm herauszukommen. Die Zwanghaftigkeit als Geduld zu interpretieren, ist euphemistisch.
Vor dem Elfenbeinturm fürchte ich mich nicht, seitdem bekannt ist, daß er Schießscharten hat. Daß Emanzipation heute in ihrer Ohmacht, auf die sie zu reflektieren hat, auch sich ihrer Macht versichern muß, die der herrschenden Macht ihrer eigenen Ohnmacht überführt, dürfte jedem klar sein, der ein Minimum an historischen Bewußtsein hat und weiß, daß die These 11 ad Feuerbach kaum noch taugt als Einspruchinstanz gegen selbstzufriedene Spekulation, wie sei gemeint ward und heute nur noch den Vorwand bedeutet jeden kritischen Gedanken eitel abzuwürgen, der verändernde Praxis bedürfte. Mit diesem Gedanke beginnt die bekannte Negative Dialektik, die aber im Artikel Resignation schon vorgeprägt war, welcher hiermit endet:
„…Denken hat das Moment des Allgemeinen. Was triftig gedacht wurde, muß woanders, von anderen gedacht werden: dies Vertrauen begleitet noch den einsamsten und ohnmächtigsten Gedanken. Wer denkt, ist in aller Kritik nicht wütend: Denken hat die Wut sublimiert. Weil der Denkende es sich nicht antun muß, will er es auch den anderen nicht antun. Das Glück, das im Auge des Denkenden aufgeht, ist das Glück der Menschheit. Die universale Unterdrückungstendenz geht gegen den Gedanken als solchen. Glück ist er, noch wo er das Unglück bestimmt: indem er es ausspricht. Damit allein reicht Glück ins universale Unglück hinein. Wer es sich nicht verkümmern läßt, der hat nicht resigniert.“
„Das Glück, das im Auge des Denkenden aufgeht, ist das Glück der Menschheit.“
Möge in Ihren Augen die Menschheit gerettet werden. Ist das nicht eine Kategorienverwechslung? Ihr Glück in Eins zu setzen mit dem Glück der Menschheit?
Wie die Silbe -heit andeutet, wie -tät bei HUmanität, handelt es sich hier um eine Idee. Wie im „interesselosem Wohlgefallen“, wie Kant „Das Schöne“ nennt, ist die Suspension des bloßen Interesses, des Kampfes eines jeden gegen jeden, durchaus ein Moment von Glück, von dem man sagen kann, das eine vernünftig eingerichtete Gesellschaft es verspricht.
Dass die Erfahrungen den Erwartungshorizont übersteigen, ist nichts Besonderes, eine alltägliche Sache. Man ist perplex bzw. sieht sich in seiner Erwartung enttäuscht oder überboten. Komplizierter wird es, wenn die Erwartungen den Erfahrungshorizont übersteigen: Dann empfindet man seine Erwartungen durchaus nicht als widerlegt, sondern verlegt sie einfach nach hinten. D.h. wenn wir uns in einer vorrevolutionären Phase sehen und die Revolution in, sagen wir: zwei Jahren erwarten und sie dann, nach zwei Jahren, ausbleibt, heißt das nicht, dass wir uns geirrt haben und uns in keiner vorrevolutionären Phase befunden haben, sondern nur, dass diese Phase länger dauert als angenommen. Eine klare Widerlegung dieser Erwartung (Falsifikation) ist nicht möglich. Das macht das Ganze so quasireligiös.
Es könnte ja sein, dass wir die ganze Zeit in einer vorrevolutionären Phase herumgraupeln, die sich sehr langsam, aber trotzdem sehr sicher (und für den Kenner erwartungsgemäß) auf die Revolution zubewegt. Oder: Es gibt keine Revolution und keine vorrevolutionäre Phase, gab nie eine und wird auch nie eine geben; das Ganze ist ein Hirngespinst. Diese Alternative lässt sich nicht sicher entscheiden, falls man nicht im Kaffeesatz lesen oder zweifelhafte Indizien sammeln will. Auch das macht die Revolutionstheorie so quasireligiös.
…ich bin hier in der Zeile verrutscht, das sollte eine Antwort auf Ihre Antwort vom 16. Januar 2017 at 13:50 werden.
Das mit den metahistorischen Kategorien dient mehr dazu zu erklären, warum jemand eine Geschichtsphilosophie vertritt, oder ein traditionellen Weltbegriff der Wiederkehr des Immergleichen. Zum Prophentum oder Prognose eher nicht.
Ja, die Wiederkehr des Immergleichen ist sozusagen das andere Extrem: es kommt nicht die Revolution, sondern – gar nichts. Da ja aber schon was kommt und auch Neues in die Welt tritt (z.B. durch Technik u. Wissenschaft), kann nur gemeint sein: Es passiert nichts „wirklich“ Neues. Ein Essentialismus. Diesen Gedanken hat Nietzsche von irgendwelchen französischen Atomisten (glaube ich, ich weiß das nicht mehr, Sie werden das vermutl. wissen) aufgegriffen und wörtlich ausgelegt, um ihn gegen Schopenhauer in Stellung zu bringen und den letzten Ausweg aus der Welt (den Tod) zu versperren.
Heutzutage scheint mir beides – ewige Wiederkehr und Revolutionstheorie – gleichermaßen abwegig (nicht widerlegbar, aber unglaubwürdig). Es gibt schon eine Entwicklung, sie ist nur nicht revolutionär. Man kann nicht sehen, wo sie hinführt. Wir sehen nur Ausschnitte, die alles mögliche bedeuten könnten, kein Bild.
Der weise Salomon formulierte ja schon, es gibt nichts Neues unter der Sonne. Aber der Revolutionsbegriff kommt ja auch aus der Astronomie, Kepler sprach z.B. von „De revolutionibus orbium coelestium“. Auch die alten Forschrittsbegriffe waren entelechial. Erst die neuere Zeit hat einen lineraren Fortschrittsbegriff bekommen, abstrakte Zeitvorstellungen keine organische. Neu ist ja auch nicht in einem quantitativen Sinne das Späteren gemeint, sondern qualitativ. In der Monotonie ist es ja so, jeder Tag neu, aber immer derselbe Trott. (Atomist, wahrscheinlich Gassendi, aber Nietzsche lehnt den Atomismus ab)
Ja, im persönlichen Erleben hat jeder die „ewige Wiederkehr“ erlebt, wie Sie sagen: als Monotonie. Man winkt ab und sagt: „Kennwa allet“. Selten ist das ein erfeuliches Erlebnis, meistens trost- und sinnlos.
Bezogen auf die Geschichte ist die Vorstellung der Wiederkehr, die im Mittelalter vielleicht gang & gäbe war, aber nicht mehr so einfach. Denn es ist nicht klar, was z.B. beim PKW-Verkehr, bei der Entdeckung des Antibiotikums oder der Atomstruktur, bei der bemannten Raumfahrt oder dem ersten Schritt auf dem Mond wiederkehren soll. Was davon könnten auch vorherige Generationen schon gewusst oder erlebt haben? Entweder gar nichts oder irgendeine seltsame Essenz, die aber schon eine gewisse Ignoranz darstellen würde dem spektakulär (revolutionär) Neuen gegenüber. Pionierarbeit, Entdeckungen oder Innovationen kann es in der Ewigen Wiederkehr“ nicht geben.
Nietzsche hat das merkwürige Geschichtsmodell der „Widerkehr“ ganz primitiv-atomistisch gedacht (glaube ich): Es gibt eine endliche Anzahl von Atomen (Axiom 1), die sich flexibel kombinieren lässt (Axiom 2), daher ist es sicher, dass sich irgednwann in ferner Zukunft exakt dieselbe Kombination wieder zusammenfindet. Und fertig ist die Laube.
So einfach lassen sich allerdings individuelle Prozesse nicht auf allgemeine oder den Geschichtsprozeß übertragen. Lineare Prozesse, etwa die Drei-Reiche-Lehre (Vater, Sohn, Heiliger Geist), wie seit Augustinus gedacht, gab es allerdings auch. Diese kreisförmigen Prozeße der Wiederkehr stammen von Aristoteles, bei dem die Welt ja auch keinen Anfang hat, was dem Schöpfungsgedanken widersprach, weswegen es auch Aristoteliker-Verfolungen gab.
Dies primitiv-atomistische Weltbild ist eher das von Epikur und Lukrez, aber genau gegen die und deren Ausläufer in der Neuzeit richtet sich Nietsche. Für Nietzsche sind sie erdichtete konstante Ursachen, die man benötigt um die Welt zu beherrschen und sie berechnen zu können.
Zwar gibt es auch bei Marx eine Schrift über die Atomisten, aber vom Kapital kommen wir jetzt etwas ab,
…vielleicht ist ja auch die Palette der seelischen Emfindungsmöglichkeiten gemeint, die tatsächlich immer gleich bleibt (die verschiedene Skalen zwischen höchster Erregtheit und vollkommener Ruhe, Freude bis Entsetzen, Wohlbehagen bis Schmerz). Hier tut sich nichts, der seelische Zeiger wandert auf den immergleichen Bahnen mal hierhin, mal dorthin.
Was Nietzsche angeht, war er ein vitalistischer Kritik des Mechanizismus, einschließlich des Atomismus, der auch unter seine Metaphysikkritik fällt, die alles Statische kritisiert, das als Grund fungieren soll. Schopenhauers Verneinung des Lebens (im Sinne des Prinzips der Selbsterhaltung, das kosmologisch galt) kritisiert er zu einer Bejahung des Lebens. „Was fällt, soll man stoßen.“ „Die Wiederkehr des Immergleichen“ ist dann doch verkappte idealistische Geschichtsphilosophie.
Das passt ja durchaus. Ich glaube wie gesagt, dass der Sinn der „Ewige Wiederkehr“ bei Nietzsche gerade in dieser umwertenden Kritik von Schopenhauers „Lebensverneinung“ liegt. „Was passiert mit dem Nihilisten bei einer „Ewigen Wiederkehr?“ – das ist sein Ansatz. Ein Gedankenexperiment, an dem er Gefallen fand. Auf so ein Gedankenperiment muss man erst mal kommen. Und da glaube ich hat er sich von den Atomisten inspirieren lassen. Das heißt nicht, dass er ein atomistisches Weltbild übernimmt und vertritt. Nein, er übernimmt ein Argument, um eine bestimmte Posirtion zu bekämpfen, und lehnt die Position, aus der das Argument stammt, ebenfalls ab. Ob er das mit der Wiederkehr wenigstens geschichtsphilosophisch meint? Kann ich mir auch nicht vorstellen. Das wäre wohl auch (trotz seiner eigenen offensiven Willensmetaphysik) zu metaphysisch. Widersprüche über Widersprüche.
Schwierig zu verstehen, der Nietzsche. Aber tatsächlich, wir sind hier weit von Marx abgekommen.
Karl Löwith sprich von antichristlicher Bergpredigt und sieht darin die Einheit des ganzen Werkes.Es läuft ja auf die Lebensbejahung hinaus, die hier schon drin steckt, damit ist ja das Leben gemeint, weswegen es ja auch Analogien bei Hegel, bei Marx gibt, die ja auch den Lebensprozeß zum Ausgang nehmen. Zaratrustra:
„Alles geht, Alles kommt zurück; ewig rollt das Rad des Seins. Alles stirbt, Alles blüht wieder auf, ewig läuft das Jahr des Seins. Alles bricht, Alles wird neu gefügt; ewig baut sich das gleiche Haus des Seins. Alles scheidet, Alles grüsst sich wieder; ewig bleibt sich treu der Ring des Seins.
In jedem Nu beginnt das Sein; um jedes Hier rollt sich die Kugel Dort. Die Mitte ist überall. Krumm ist der Pfad der Ewigkeit.“
Man muss wohl auch beachten, das Nietzsche selber alles andere als kohärent war und eine Entwicklung zurücklegt, bei der ehemals mit einer bestimmten Bedeutung gefüllte Begriffe verwandelt oder gar als leere Worthülsen wieder in Erscheinung treten können. Es gab da anscheinend Phasen, in denen er am Atomismus zumindest interessiert war. Kann man sich eigentlich auch gut vorstellen, dass der Atomismus für ihn reizvoll sein konnte, denn der steht ja im deutlichen Widerspruch zum Christentum, gegen das Nietzsche alles in Stellung bringt, was ihm so über den Weg läuft.
Kohärente Theorien sind eine Idealisierung, das gilt auch für Nietzsche. Wer neben der Montinari-Ausgabe auch die Schlecht-Ausgabe von Nietzsche hat, gucke in den Index unter Atom, da finden sich die Textstellen, wo man den Kontext auch sehen kann. Nietzsche, gern ja auch wegen der guten Sprüche als Pubertätslektüre beliebt, ist allerdings leicht zu lesen und deswegen ein schwieriger Autor, weil die Schwierigkeiten einem erst durch eigenes Nachdenken aufgehen. „Christentum ist Platonismus fürs Volk.“ sagte Nietzsche. Aber Nietzsche ist nur verständlich, wenn man ihn im Kontext zu den Dingen liest, gegen die er polemisiert. Moralkritik bei ihm ist kein Aufruf zur Amoral, sondern eine um der Moral willen, die unter bestimmten Bedingungen unmoralisch wird. AUch bei ihm findet sich die Reflexion einer Dialektik der Aufklärung, bei aller Polemik gegen Dialektik. So spricht er davon, daß die Dialektik genauso wie der Moralismus der griechischen Philosophen von Plato ab pathologisch bedingt ist, was durchaus eine Einsicht ist, die sich in Adornos Negativer Dialektik findet.
Die Kritik des Christentums ist ja von seiner Schopenhauerkritik her zu verstehen, eine Kritik der Verneinung des Lebens, die ja in der Mitleidsmoral stattfindet, die er in gewissen Sinne in die Antike dann rückprojiziert.
Ich habe leider keine Textausgaben hier, ist alles lange her. Ich stimme Ihnen zu, sein Ausgangspunkt ist die Kritik an Schopenhauer, dessen pessimistische, ja fatalistische Haltung, seine „Jetztweltvermiesung“.
Hm.. ok, wir haben also keine vorrevolutionäre Phase. Aber es scheint doch irgend etwas instabil zu sein, wenn ein Donald Trump es schafft, mit einer Twittermeldung ein Firmen-Imperium, wie Ford zum Umschwenken in seiner Arbeitsplatz-Strategie zu bringen (billige Arbeit in Mexiko). Wächst nicht doch die Bereitschaft, seit Jahrzehnten überkommene Denkweisen (‚Establishment‘) infrage zu stellen? ist nicht die Rekursion auf Marx, so wenig schlüssig sie im einzelnen Aspekt sein mag, ein Ausdruck dieser Ratlosigkeit bzw. der nicht mehr wahrgenommenen oder wahrnehmbaren Entwicklungsmöglichkeiten für den ‚kleinen Mann‘, der seine Kinder hat studieren lassen und die jetzt von Praktikum zu Praktikum bewerben? Die Abwesenheit von Wachstum lässt doch logischerweise nur noch den Sozialismus bzw. ‚Marx‘ als Perspektive für das ’nicht Establishment‘ zu (oder ganz alternativ identitären Eskapismus) , weswegen seine – wie ich meine nur aus der Zeit zu verstehenden Werke – wieder hervorgenommen und vor allem überinterpretiert werden. Interpretieren Intellektuelle aus einer Notlage heraus, weil es ohne Wachstum keine Handlungsanweisungen, für die abzugeben sie sich vielleicht verpflichtet fühlen, geben kann?
Marx wußte das schon, was dann die Systemtheorie Luhmanns wiederholte, die moderne Gesellschaft ist vom Wesen her instabil. Jede Stabilität baut auf Instabilität auf. Als noch Engels von Revolution als Lokomotive sprach, war das wohl schon eine große Fehlleistung, so daß Benjamin von Revolution als Bremse sprach. Dies aus Marx zu begründen, ist eine der Desiderate, die ich im Laufe der Zeit erfüllen möchte. Marx hat keine Nachfolgetheorie bekommen, d.h. keine, die nicht parasitär auf seine historische Konstellation von Erwartungs- und Erfahrungshorizont bezogen werden mußte. Aus den heutigen Erfahrungen werden wir eine prospektive vernünftig eingerichtete Menschheit gar nicht mehr denken können, d.h. daß die Menscheit sich zum historischen Subjekt konstituiert, was ja identisch wäre mit dem was eine Menschheitsrevolution bedeutet. Dies aber war Voraussetzung der Kritik der Politischen Ökonomie. Damals hatte das noch ein unmittelbares fundamentum in re, war mit realen historischen Bewegungen verknüpft, die aber – was aus Marx selber herzuleiten ist (und in den 70er schon als Krise der Revolutiontheorie diskutiert wurde, u.a. anhand des Herbert Marcuse von Stefan Breuer) – wie Marx diagnostizierte, durch die Präponderanz der Produktionsverhältnisse, die Arbeiter desorganisiert, vereinzelt und in die Ohnmacht zwingt, was sowohl die Kritische Theorie als auch z.B. Hannah Arendt triftig als objektives totalitäres Potential der Gesellschaft erkannten. Wenn das Establishment sich gegen das Establishment positioniert, das macht ja Trump aus, dann werden zum Schein etablierte Denkweisen in Frage gestellt, aber wiederholen sich in anderen Gewand. Es sollte mal bekommen werden nicht Trumps Geschwätz durch den Kakao zu ziehen, sondern das zu Beurteilen, was dann wirklich getan wird. Was er redet, sind ja nicht von Fachleuten vorbereitete oder aufbereitete Konzepte, sondern vorläufige, unausgereifte Ideen, deren Umsetzung – wie immer im Kapitalismus – doch an systemimmante Grenzen stößt, von seiner Branche aus gesehen neigt er zum Merkantilismus, was ihn sympathisch für die Plagiate des Merkantilismus (Lenin & Co. bis Putin) macht, aber muß dann im Interview doch den Liberalismus, den Freihandel ostentativ mögen. Wollen ist eben nicht schon Können. Aus Marx sind keine Handlungsanweisungen herzuleiten, sondern die Besinnungslosigkeit der Praxis heute etwas entgegenzustellen. Im Gegensatz zur Pseudowissenschaft des Marxismus-Leninismus, der eigentlich Engelsismus-Leninismus heißten müßte, weil das Falsche daran seinen Ursprung – nicht schon die Ausführung – bei Engels hat, läßt sich – und das wurde nun wirklich 40-50 Jahre diskutiert – das Kapital nicht historisch begreifen, gar als Widerspiegelung der objektiven Realität, sondern als eine objektive Logik der Produktionsverhältnisse oder Logik der Entfremdung. Hierbei ist von Bedeutung – weil ja Denken in gesellschaftlicher Praxis als konstitutiv eingeht – daß das, was die Menschen für komplexe Voraussetzungen implizit im Kopf haben, die Wirklichkeit bestimmt. Und um diese Voraussetzungen geht es in der Kapitallogik, die auch ein produktiver Grund für die Bildung falschen Bewußtseins ist, d.h. einer Verkehrung, die das Bewußtsein bestimmt, aber nicht ausschließlich aus dem Bewußtsein stammt, etwa als Verfehlung von Tatsachen oder simple Denkfehler. Was Marx (klassisch interpretiert von Lukacs (923) als Ideologie bezeichnet verfehlt nicht die Wirklichkeit, ist aber dennoch falsch, weil sich die Wirklichkeit verkehrt hat. Diese Verkehrung gilt es zu begreifen, die auch heute die Praxis bestimmt. Formulierungen von Marx: „Sie wissen es nicht, aber sie tun es.“ sind hierbei das Entscheidende. Das Kapital hat eine bestimmte Darstellungs-Logik, in der die Kategorien weder historische Reihenfolgen spiegeln, noch sich unmittelbar auf die empirische Realität beziehen. Das tun zu wollen, wäre so als ob man ein Fallexperiment draußen bei Wind und Regen machen wollte und sich dann wundert, daß Feder und Bleikugel gar nicht gleichzeitig am Boden ankommen. Die Naturwissenschaft macht Experimente, die Kritik der Politischen Ökonomie kann nur Gedankenexperimente bzw. Abstraktionen tätigen, um die Beziehungsgefüge zwischen Menschen und zwischen Waren isoliert zu betrachten. Es geht ja Marx auch darum überhaupt erst einmal die Begriffe zu entwickeln. Was ist Wachstum? Eine biologische Metapher, d.h. ein Baum wächst, wird größer und bekommt mehr Äste und Blätter, ein Mensch entwickelt sich vom Säugling zum Erwachsenen, aber schon da ist das komplexer als Wachstum, es ist schon eine andere Form von Entwicklung. Als von „Grenzen des Wachstums“ die Rede war, war das ja auch ideologisch, weil nicht in Betracht gezogen wurde, daß es auch ein Wachstum der Grenzen geben kann, und die rein quantitative Betrachtung Mängel hat, daß mehr Werte existieren als vorher, besagt ja nichts über die Gebrauchswerte. Aber die Gebrauchswerte sind ja das, was der gängigen Ökonomie entschlüpfte, aber dennoch dessen Voraussetzung war, so daß die ökonomischen Kategorien nicht ohne sie gedacht werden können.
Die Beispiele – etwa mit dem Praktikum – lassen sich mit Marx‘ Kategorien durchaus leicht als der Kapitallogik entspringend herleiten. Was gesellschaftliches oder ökonomisches Bewgungsgesetz genannt wird, ist keine Formel, sondern eine konkrete Totalität oder objektive Gedankenform, d.h. eine komplexe objekt-logische Struktur, die die Potenz hat sich selbst zu reproduzieren, womit Marx die Theorien der Selbstorganisation, Autopoiesis, wie auch immer das benannt wird, vorwegnimmt, wobei er das aufgriff, was schon im Deutschen Idealismus oder seit Kant als objektive Zweckmäßigkeit, die den Lebensbegriff bestimmt, diskutiert wurde.
Handlungsanweisungen werde ich nicht gegeben, weil ich sie für anmaßend halte, mein Interesse die Individuen zu befreien widerspricht dem. Was ich beabsichtige hat mehr fragenden Charakter, d.h. in einer Weise zu fragen, daß, ist die Frage richtig gestellt, so schwerwiegend wird, daß sie nur in praktische Antwort umschlagen kann. Sofern die Frage aus der Praxis kommt, kann ja die Antwort gar nicht mehr unpraktisch sein. Das Fallgesetz ist nicht etwas, was erklärt, daß da jetzt gerade vom Baum ein Apfel fällt, sondern etwas, das, wenn er fällt, erklärbar ist in seiner Logik, etwa durch das Fallgesetz oder noch allgemeinere Gesetze.
Die Begriffe des Kapitals sind abtrakt, damit leidenslos. Leiden aber beredt werden zu lassen, ist eine Bedingung der Wahrheit. Dies hatte bei Marx schon erzwungen eine ästhetische Dimension. Wir kennen das ja aus dem 20.Jh. als der Film Holocaust erstmals gesendet wurde und die Opfer als Menschen zeigte, mit denen sich der Zuschauer identifizieren konnte.
Das gehört also zu einer Theorie oder Kritik, die praktisch werden will, ohne Antweisungen zu geben auch dazu.
Diese Sensibilisierung von Theorie fehlt heute ja, wo Menschen auf der Straße verrecken können und die Menschen gehen gleichgültig vorbei. Auch diese Gleichgültigkeit ist etwas, was mittels der Logik des Kapitals erklärt werden kann. Als man noch Meterweise marxistische Literatur produzierte, hat man ja alles daraus zu erklären versucht, Gleichgültigkeit, den Unterschied zwischen Mangel und Knappheit usw. Leider ist es ja nun so, daß in der Not niemand wirklich zu Gedanken gebracht wird, weswegen es auch falsch ist, aus dem Kapital so was wie eine Verelendungstheorie herleiten zu wollen, aus dem dann auch noch das Potential zur Praxis folgt.
Und zu guter letzt: Marx muß und kann immer wieder neu gedacht werden, wenn man seinen Theoremen folgt. Er wurde nur verschieden interpretiert, er muß verändert werden, damit er sich gleich bleibt.
Wie es aussieht hat es Marx selber gesagt: „Die Revolutionen sind die Lokomotiven der Geschichte.“ – Karl Marx, „Die Klassenkämpfe in Frankreich“, 1850. MEW 7:85
https://de.wikiquote.org/wiki/Revolution
Das dazugehörige kritische Zitat von Benjamin geht so:
„Marx sagt, die Revolutionen sind die Lokomotiven der Weltgeschichte, Aber vielleicht ist dem gänzlich anders, Vielleicht sind die Revolutionen der Griff des in diesem Zuge reisenden Menschengeschlechts nach der Notbremse.“
Eine echte gesellschaftliche Revolution würde die Bewegung des „Zuges“ beenden und in harmonischere Bahnen überführen. Aber die gesellschaftlichen Revolutionen, die wir kennen, haben die Dinge jedenfalls nicht gestoppt oder gebremst, sondern extrem zugespitzt, bis die Leute guillotiniert wurden u.ä.,
Mir scheint, mit dem Zug wird hier aber auch der Fortschritt angesprochen. Beim Fortschritt könnten die Menschen nach der Notbremse greifen, wenn der Fortschritt zu schnell ist und sie irgendwie zurückgebleiben. So wie das z.B. die Neurechten beklagen: dass ihnen der Fortschritt, die Globalisierung, die EU usw. nicht gefällt und schleunigst die Bremse gezogen werden muss.
Eine Revolution in dieser Hinsicht ist aber etwas anderes. Z.B. Computer und Internet: Hier kann man schlecht von „Notbremsen“ sprechen, das sind schon klare „Lokomotiven“, die die Kommunikation enorm beschleunigen. Wie wir auch hier gerade sehen,.
Um den Fortschritt geht es in den Thesen zur Geschichte in der Tat. Heute haben wir ja die Metapher des Schmetterlingseffekts, daß so ein kleines Tier einen Sturm mit seinem Flügelschlag auslösen kann. So eine Notbremse wäre ja auch so etwas. Ich habe das aus dem Kopf zitiert, nicht wörtlich und blieb in den Bilder, weniger im Wortlaut.
Es sind, nach meiner Meinugn, vor allem die Bilder, die verwendet werden, die den so nachhaltigen Ruhm ihrer Erzeuger ausmachen. Wir stehen heute davon und versuchen uns einen Reim darauf zu machen. Benjamins Bild von dem Zug und der Notbremse ist hübsch, und wenn man sein Engelbild (der rückwärts aus dem Paradies gepustet wird) dazunimmt, wird es womöglich noch hübscher. Aber was es bedeuten könnte ist unklar und ändert sich. Wenn man in einem rasenden Zug die Notbremse zieht, ist es erwartbar, dass alles durcheinander poltert und das Untere zuoberst zu liegen kommt. Das deckt sich mit unseren Erwartungen an eine Revolution.
Bei einer Lokomotive denken wir eher an etwas anderes. Und auch die Begriffe – „Revolution“- „Kapital“ u.ä. – sind Sprachbilder, und wir stehen auf ähnliche Weise davor und versuchen zu erraten, was uns diese Bilder heute sagen wollen. Oder könnten. Vielleicht solten wir uns lieber unsere eigenen Bilder machen?
Rolf Tiedemann sprich von dialektischem Bild in Hinsicht auf Benjamin. Sein Artikel im Historischen Wörterbuch Philosophie (Ritter) beginnt hiermit: Bild, dialektisches. Bildliche Erscheinung der Dialektik, Dialektik im Stillstand und d.B. stehen im Zentrum der Philosophie W. BENJAMINS, der sich zunächst um eine Ideenlehre bemüht, die Wahrheit und Idee als sprachliches Sein bestimmt, um ihnen «jene höchste metaphysische Bedeutung, die das Platonische System ihnen nachdrücklich zuspricht» [1], zurückzugeben. Zugleich jedoch ist Benjamins Philosophie allem Platonismus entgegengesetzt: Die Ideen sind ihr sowenig Objekte intellektueller Anschauung wie ein idealistisch Erzeugtes, sie erschließen sich allererst der rückhaltlosen Versenkung ins geschichtliche Material. Neben die Lehre von den sprachlichen Ideen tritt bald die spezifisch Benjaminsche Form einer philosophischen Aphoristik, die in «Denkbildern» [2] profanes Dasein als Rätselfigur eines mehr als Daseienden zu entziffern versucht. Wenn Idee und Denkbild bereits die Philosophie des mittleren Benjamin als exzentrischen Materialismus charakterisieren, dann unternimmt er im Zusammenhang der Hegel- und Marx-Rezeption seiner späten Periode eine entschiedene Wendung zur Dialektik. Die Insistenz auf einer Dialektik im Stillstand opponiert indessen dem traditionell dialektischen Begriff der universalen Vermittlung, insbesondere der Identifizierung von Subjekt und Objekt durch Hegel;
[Historisches Wörterbuch der Philosophie: Bild, dialektisches. HWPh: Historisches Wörterbuch der Philosophie, S. 3105
(vgl. HWPh Bd. 1, S. 919)]
So weit Tiedemann. Wir werden auch noch auf die theologischen Mucken der Wareund dergl. kommen. Das Reden über den unsichtbaren Gott der Weltrelgionen kommt ja nicht ohne Bilder oder Symbole aus bzw. analogische Metaphern. Da der Wert ja etwas unsichtbares ist, wir unterstellen ihn beim Vergleich zweier Waren immer schon, ohne es wissen zu müssen, gebraucht auch Marx Metaphern, meist aus der christlichen Theologie. Benjamins Angelos Novos weht der Sturm aus dem Paradies, so daß er nicht nach hinten (in die Zukunft) gucken kann. Da häufen sich nun die historischen Katastrophen. Die einen (Sozialdemokraten) denken an die Enkel, Benjamin an die Ahnen, die durch eine Revolution auch erlöst werden müssen, damit ihr Leiden nicht vollends vergeblich war. Wieviele sind gestorben, damit es uns heute so gut geht, wie es uns geht. Aber das soll alles gewesen sein?
„Die Begriffe des Kapitals sind abtrakt..“
Also, Sie möchten (nur um mich Ihrer Absicht zu vergewissern, ich habe die drei Bände zwar hier stehen und nur auszugsweise gelesen): mit Hilfe von Marx’schen Begriffe eine übergeordnete Gesellschaftstheorie entwerfen, in die die Phänomene passen. Sozusagen eine Art ‚allgemeine Relativitätstheorie der Gesellschaft‘. Ist denn der Begriff des ‚Kapitals‘ überhaupt fassbar? Werden in der Gegenwart bzw. in einer Überflussgesellschaft nicht völlig andere Dinge ‚kapitalisiert‘ werden, als in der Produktionsgesellschaft? (Stichwort ‚emotionale Intelligenz‘). Gibt Marx oder dessen Begriffe darauf eine Antwort?
Von Hegel oder auch schon Aristoteles her kann man sagen, der Begriff hat drei Momente Allgemeines, Besonderes, Allgemeines. Wenn ich „Haus“ sage, kann dieses Haus da, das ich aus dem Fenster sehe und auf das ich zeigen kann gemeint sein, ein Einzelnes. Oder ich grenze Häuser voneinander ab, Besonderes und dann noch ein Haus schlechthin, das etwa dadurch bestimmt ist Menschen und Sachen vor den klimatischen Bedingungen zu schützen und ob es ein wahres Haus ist, das haben wir dann zu beurteilen, wenn es seine Funktionen nicht erfüllt, es reinregnet, man friert usw. dann ist das Haus seinem Allgemeinbegriff nicht adäquat. Ins praktische gewandt, muß es dann repariert werden. In diesem Sinne denkt auch Marx und fragt, ob etwas das ist, was es seinem Begriff nach ist. Um Allgemeinbegriffe, Universalien kommen wir nicht herum. Und wir werden auch über Universalien noch sprechen müssen, Nominalismus und Realismus usw. Die Frage ist ja kann ein Allgemeines überhaupt existieren? Etwa ein Staat, Geld usw. oder ist das so wie mit dem ontologischen Gottesbeweis, wozu ich noch bei der Abhandlung der Ware etwas sagen werde.
Produktionsgesellschaft, ist da an Alfred Sohn-Rethel gedacht?
Marx spricht ja von der Ware auch im allgemeinen Sinne, meint ja nicht, daß das was er dort formuliert für konkrete Waren und konkrete Taschhandlungen gilt, er formuliert Gesetze für das Allgemeine, für den Durchschnitt. Solange die Bedingungen noch reproduziert werden, die einst historisch das Kapital bedingten, gilt auch die allgemein Logik des Kapitals zwingend. Wobei ja dieses nicht bewußt hervorgebracht wird, sondern die Menschen es hinter ihrem Rücken produzieren und reproduzieren.
Zu begreifen, was wir tagtäglich tun, ohne es zu wissen bzw. wenn wir es dann gelernt haben, trotzdem nicht dran denken, weil wir sonst die Kassiererin im Supermarkt zu verstören, um das wird es gehen. Das Marx dazu nötig ist, hat auch damit zu tun, daß er wegen des Zeitfaktors privilegierten Zugang dazu hatte. Das Produktionsverhältnis hat sich nun so weit fast rein durchgesetzt, daß selbst ein Intellektueller wie Marx es heute nicht mehr erkennen würde. Daher ja die Notwendigkeit des Rekurses auf historische Kritik.
….noch zur Ergänzung: ich habe gerade nachgesehen, Benjamin meint tatsächlich den Fortschritt, der mit der Notbremse gestoppt werden soll: „Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm“ (der den Engel aus dem Paradies pustet).
Ja das sind die geschichtsphilosophischen Thesen. Ähnliches findet sich bei Bloch, Adorno zum Begriff des Fortschritts.
Wenn die Phasen lange genug sind, verlieren sie den Sinn als Handlungsanweisung.
Sie meinen die revolutionären Phase, die der Revolution harrt? Ja, irgendwann fangen die Leute an zu gähnen. Ein paar Kommunisten gibt es wohl noch, die daran glauben, aber nur wenige. Das ist so ähnlich wie die Weltuntergangspropheten, nach einer gewissen Zeit verlieren solche Prophezeiungen ihren Reiz. Andererseits lässt sich der Reiz dann auch schnell wieder zum Leben erwecken, wenn etwas Gras über die Sache gewachsen ist. Und schon gibt es eine neue Handlungsanweisung.
An eine vorrevolutionäre Situation dürfte – außer Hardcore-Rechte – kaum glauben. Das Bundesverfassungsgericht hält die NPD für chancenlos. Weltuntergang, sagte Oma Meume, geht gar nicht, wo soll die Welt denn runterfallen?
Wer aus Theorien Handlungsanweisungen herleiten will, hat vorab verloren. Zu mehr als hypothetischen Imperativen kommt man durch Theorien nicht. Die Kategorischen Imperative Kants, Marxens oder Adornos sind ein anderer Fall, aber das wäre eine eigene Diskussion wert.
keine Lust? http://starke-meinungen.de/blo.....ment-61550
Lieber Martin Blumentritt,
ich bewundere Ihre Geduld im argumentativen Umgang mit Ahnungslosen und Böswilligen
@W.K.
… richtig, Gen. König, für die ‚Böswilligen‘ sind Sie dann zuständig. Tschekist, ‚Schwert der Partei‘ …? … mhm?
„Die Feinde zu hassen hast du (d. i. Dzherzhinsky) uns gelehrt.“ (Zitat aus dem verlinkten Video)
Da fällt mir ein Zitat aus einem „Gedicht“ ein, der hier gut paßt: „Der da vom Feind spricht, ist selber der Feind.“ Es war zwar vom „Zonen-Horst-Wessel“, paßt hier aber trotzdem gut.
Wieso finde ich Ihren Kommentar arrogant bis anbiedernd? Was wollen Sie wirklich sagen?
Ich habe mich noch nie mit Marx beschäftigt, fand die entsprechenden freiwilligen Bemühungen der Kommilitonen immer bewundernswert, aber unbegreiflich, weil es so trockener Stoff ist, und auch jetzt fällt mir die Lektüre sehr schwer, obwohl ich es grundsätzlich gut finde, dass Sie eine Korrektur des Bildes versuchen. Bei mir gibt es da mangels Bild leider nicht viel zu korrigieren. Da Sie aber auch Fragen sammeln, möchte ich eine Frage beisteuern: Wieso muss es bei Marx immer so dramatisch sein?
Damit meine ich z.B. den Begriff „Revolution“. Der wird wahrscheinlich etwas anderes bedeuten als das, was wir normalerweise darunter verstehen, aber er wird auch bei Marx etwas Ruckhaftes und Gewalttätiges bedeuten. Natürlich lebte er in einer Zeit, in der neben Gespenstern auch jederzeit eine weitere Revolution vor der Tür stehen konnte. Aber heute wirkt das auf mich abschreckend und lässt mich an Leute denken, die andere am liebsten an Laternenpfählen aufknüpfen würden.
Wo soll heute die gewaltsame Entladung herkommen? Wer soll sie durchführen und wo soll sie hinführen? Was wir heute erleben sind gelegentliche kleine und größere Entladungen in Form von Crashs und Kriegen, aber ansonsten global gesehen viele Verbesserugnen (wenige rhunger, bessere Bildung, bessere medizinische Versorgung) durch flexible staatliche und überstaatliche Strukturen, die Spannungen ausgleichen und alles in allem recht stabil wirken.
Könnte mit der Revolution z.B. die sich zuspitzende Überschuldungsproblematik angesprochen sein? Oder ein ökologischer Kollaps? Was käme nach Marx danach? Kommt dann der geläuterte Mensch, der irgendwie aus der Unmündigkeit herausgegangen und nun mit viel Freizeit bei wenig ökonomischer Sorge ausgestattet ist? Ein solches Modell fände ich gut. Aber dazu müssten erstmal viele andere überzeugt werden, was ja eher ein langwieriger Prozess als ein Ruck und leider nicht absehbar ist.
Der Revolutionsbegriff, der oft gedacht wird, wenn von Gewalttätigkeit die Rede ist, ist der bürgerliche, der meist die Jakobinerzeit im Auge hat. Wie in dem Beitrag gesagt, widerstreiten die Bedingungen, die Marx angibt allein schon auch nur der Möglichkeit eine Weltgesellschaft zumindestens der entwickeltesten Länder zu „revolutionieren“.
Heute haben die Ökonomen ja auch – anders als der klassische Liberalismus – keine Utopie mehr, an der die Verhältnisse gemessen werden können. Dies war für Marx eine glückliche Konstellation, die nunmehr Geschichte ist. Daher entstanden ja auch im 20. Jh. Werke, die die konkreten Möglichkeiten, an denen eine Umwälzung anknüpfen könnte, auszuloten, wie Geist der Utopie oder Prinzip Hoffnung, an denen auch andere mehr oder wengier anknüpften, wie etwa Adorno, Marcuse usw. Marx Geschichtsphilosophie oder Revolutionstheorie, welche immer aus einer Spannung von Erfahrung und Erwartung gespeist sind (vgl. Reinhard Koselleck) hatte noch die Erfahrung eines Proletariats, das noch formell unter das Kapital subsumiert war und noch nicht durch die von den neuen Produktionsverhältnissen bestimmten technischen Produktivkräften in Ohnmacht versetzt wurden. Diese haben sich nun zugunsten einer Präponderanz der Produktionsverhältnisse über diese Produktivkräfte verschoben. Das wurde in der 70er als „Krise der Revolutionstheorie“ diskutiert. Lenins Revolution und die sich im Zuge von Revolutionsversuchen entwickelten Diktaturen über das Proletariat in Bezugsrahmen von Staatskapitalismus brachte Verbrecher wie Stalin hervor, was auch daran lag, daß sie mit Gewalt das erreichen wollten, was zur Revolution fehlte, der notwendige Reichtum an Produktivkräften, die für Marx die Voraussetzung war. Marx konnte zwar noch diagnostizieren, das die sich im Zuge der industriellen Revolution sich entwickelten Produktivkräfte in einer Form sich entwickelten, die den Arbeitern die Sprengkraft und revolutionäres Potential nahm, aber zog nie revoluitionstheoretische Konsequenzen daraus. Das geschah erst in der Kritischen Theorie des 20. nicht schon des 19. Jahrhunderts.
Ruckhaft waren Revolotionen nie. auch die bürgerlichen nicht und eine menschliche wäre das erst recht nicht, angesichts einer Beschleunigung von Geschichte, mag es heute schneller gehen, bestehende Institution globaler Art gibt es ja schon, auch wenn sie nicht als Souverän denkbar sind, das wäre Wahn. Und eine Krise könnte nur revolutionär sein, wenn die Revolutionäre die Krise wären. Sonst dienen Krisen immer mehr der Erhaltung des – ohnehin schon dynamischen – Bestehenden.
Eine Menschheitsrevolution – an das Proletariat glaubt ja wohl kaum noch jemand als alleiniges Subjekt – benötigt keine Gewalt. Wenn die Gewalt in der Demokratie vom Volke ausgeht, stellt sich allerdings auch die Frage, wo sie hingeht.
Danke für die Erläuterungen. Zwei Nachfragen:
– „im Zuge der industriellen Revolution sich entwickelten Produktivkräfte“ – meinen Sie die Prozesse der Automatisierung und Rationalisierung? Die setzen ja durchaus menschliche Zeit frei, werden aber von vielen kritisch gesehen, weil sie Arbeitsplätze vernichten. Die Kritiker der Rationalisierung meinen, es sei zumindest unter den gegebenen Umständen besser, etwas Überflüssiges allwerktäglich zu tun (und dafür bezahlt zu werden) als von seiner Arbeit befreit zu werden u. gar nichts zu tun.
– „Ruckhaft waren Revolutionen nie.“ Das wundert mich. Meinen Sie damit, dass „Ruck“ zu schwach ist für eine Revolution, dass es zu einem Erdbeben, einer Explosion kommen müsse? Oder meinen Sie, jede „Revolution“ sei ein sich allmählich entwickelnder Prozess? Normalerweise nennt man sowas (im bewussten Gegensatz zu ruckartigen Verwerfungen) „Evolution“.
Ruckhaft deutet das diskrete Moment an, aber Revolutionen haben auch ein kontinuierliches Moment. So spricht auch Rosa Luxemburg von Dialektik von Sozialreform und Revolution. Das sind immer ganze Epochen, nur der Kladderadatsch wie der Sturm der Bastie, der dann das symbolische Datum prägt, ist ja nicht Revolution, davon mal abgesehen, daß z.B. Furet von mehreren Revolutionen spricht.
Der Begriff Produktivkraft – von denen ein Moment die technischen Produktivkräfte sind – meint mehr. ABer hier ist erst einmal von dem die Rede was Marx als „kapitalfixiertes Maschinensystem“ bezeichnet. Die Produktivkräfte nicht zu nutzen, wenn sie nicht die Natur und den Arbeiter beschädigen, Marx wußte auch schon davon, wäre so eine Art informeller Sklavenarbeit. Die mögliche freie Zeit, die die Produktivkräfte – auch die technischen – schaffen, war für Marx die Revolution, die im Kapital, d.h. dessen Naturalform, steckt. Auch die industrielle Revolution war ja auch nicht ruckhaft, aber es gab unterschiedliche Phasen. Die Kontradiff-Zyklen, lange Wellen der Entwicklung, zeigen verschiedene Phasen an der Industrialisierung. Und nicht ist zu vergessen, daß das Bauen von Maschinen auch Arbeit kostet, welche bei Marx dann ja in die Rechnung eingeführt wird als Wertransfer. Eine gewisse Vorstellung haben wir steuerrechtlich davon, die Abschreibung, die ja nicht nur die Naturalform angeht, sondern auch den Wert. Aber dazu kommen wir ja noch.
OK, also wie die Katastrophe nur einen Teil des Dramas darstellt, so ist der gewaltsame Teil der Revolution nur der Höhepunkt einer längeren revolutionären Entwicklung. Warum nicht. Am Ende steht jedenfalls etwas substanziell Neues, das in sehr kurzer Zeit plötzlich da ist. Das klingt schon interessant und hat auch Distinktion: alle, die es nicht rechtzeitig kommen sahen, werden sich die Augen reiben. Auf diese Weise verkauft man Bücher. Dieser Aspekt der „Erwartung“, wie Sie es nennen, der der „Erfahrung“ als Maßstab gegenübersteht, der stammt doch aus der Heilsgeschichte? In der empirischen Wissenschaft ist er auf den Begriff der Arbeitshypothese zusammengeschrumpft.
Koselleck hat Erfahrung und Erwartung als metahistorische Kategorien begriffen, das eine ist nicht ohne die andere zu haben. Manche Erfahrungen übersteigen den Erwartungshorizont mancher oder gar aller. Die Erfahrung der Hinrichtung Karls I. konnte den Erwartungshoizonz bestimmen von Turgot, der Ludwig XVI. zu Reformen drängte. Immer noch interessant: Reinhart Koselleck, Vergangene Zukunft, 394ff In Bezug auf Marx, Kant, Adam Smith, Hegel: Kittsteiner, Naturabsicht und unsichtbare Hand. Die Geschichtsphilosophie löst das Geschichtskonzept ab, das vom Heilsgeschehen bestimmt ist. Auch: Karl Löwith, Weltgeschichte und Heilsgeschehen.
@M.B.
… nun ja, da Sonja Margolina Autorin bei ’starke-meinungen‘ ist, wird Sie Ihnen – hoffentlich – Paroli bieten. Schauen wir mal.
Es geht ja hier um ein anderes Thema, die moderne Gesellschaft zu begreifen. Wie die heutige Welt vor Marx bedeutet, wenn man von seinen Grundgedanken aus sich mit der Welt beschäftigt. Kaum hätte der Ostblock – bis heute – vor seiner Kritik standgehalten.
Zu Quern und sein Begriff der „Afterreligion“:
Die sich Kommunisten nennenden Politiker und Diktatoren waren – etwa Stalin und Mao – schwere Verbrecher. Aber Marx war eigentlich nur ein Privatgelehrter, der das Pech hatte, grauenvoll („Grauen“ bewusst genannt) rezipiert zu werden. Hätten Sozialdemokraten das Monopol gehabt, wären wir stolz auf die Begrenzung der Märkte dort, wo es keinen freien Austausch geben kann. Aber leider wurde Lenin dogmatisiert oder – wie in Kuba – einfach ohne jede Theorie so drauf los „revolutioniert“. Zwischen Text, Auslegung und fataler Wirkungsgeschichte muss man insb. bei Marx sehr genau unterscheiden. So gesehen ist dieser blog ganz hilfreich. Er zeigt, wie kompliziert die Sache ist.
Denn erst wenn das geschieht, haben wir gute Argumente gegen Leute, die immer noch meinen, sie seien „links“. Polemiken wie die Ihre sind da wenig hilfreich.
Marx sagte ja mal, daß er kein Marxist sei, was auf Paul Larfague bezogen war, den er schätzte, aber auch kritisierte.
Die Frage wäre, wie weit er auch an manchen Stellen selber Marxist war und auch so etwas wie der „späte Engels“ auch bei ihm sporadisch sich auffinden läßt. Bei Engels beginnt diese grauenhafte Wirkungsgeschichte im Osten und der „westliche Marxismus“ divergiert ja auch wesentlich, auch wenn einige sich dem ML manchmal zu sehr beugten, wie Lukacs, dessen Geschichte und Klassenbewußtsein die Kritische Theorie des 20. Jh. so sehr befruchtete.
Sie werden aber zugeben, dass der so grauenvoll missverstandene Marx, der permanent mit dem Begriff „Revolution“ herumfuchtelt, sich nicht wundern sollte, wenn dann jemand auch tatsächlich eine Revolution macht.
… meno, R.Z., das ich das noch erleben darf. Bei Ihnen scheint Vernunft und Erkenntnis noch nicht verloren. 😉
@dbh: Zuspruch von Ihnen? Sie täuschen sich sicher. Aber dann ist es um meine Vernunft und Erkenntnis auch nicht gut bestellt.
…werter R.Z., ich lass mich nicht täuschen, frei nach Pilatus: was Sie geschrieben haben, haben Sie geschrieben.
Sehr originell. Wem die Teste zu sperrig sind: es gibt ein Filmprojekt- wie immer von Alexander Kluge:
http://www.kluge-alexander.de/.....pital.html
Marx hatte immerhin eine gute Seite: die von ihm geschaffene Afterreligion beschäftigt bis heute das intellektülle Prekariat der ganzen Welt.
Ansonsten lassen 100 Mio. Tote im Namen dieser Ideologie grüßen.
Bei der Zahl 100 Millionen fällt einen dann auch die einzige Quelle ein, die so etwas behauptet und von die seriösen Autoren sich distanziert hatten. Mit Marx läßt sich das nur schwer überhaupt in einen Zusammenhang bringen.
„Was bleibt, ist die schiere Massivität einer globalen Zusammenstellung terroristischer Aktionen in kommunistischen Staaten – und daraus dürfte das Schwarzbuch einen erheblichen Teil seiner öffentlichen Wirkung beziehen. Nur was eigentlich demonstriert werden soll, bleibt unbewiesen: daß „Massenverbrechen“ zeit- und ortsunabhängig zum Wesensmerkmal „des“ etablierten Kommunismus gehören und daß der „rote“ Terror mindestens so schrecklich war wie der „braune“. Wem wäre auch mit der verqueren Logik gedient, daß der Gulag und Pol Pot Auschwitz noch in den Schatten stellten? Den Opfern oder auch nur dem historischen Verständnis?“ Q:
Bericht über Schwarzbuch Kommunismus
Nun gut, lassen Sie es ein paar Millionen weniger sein. Aber der Marxismus ist dennoch die kriminellste Ideologie der Menschheitsgeschichte, von der Opferzahl her sowie von der Behauptung der Linken seit Marx, für das Wohl der Menschheit zu wirken.
Einer Behauptung, die man angesichts der Resultate linker Politik nur kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen kann. Ob der amerikanische Psychiater Lyle Rossiter wohl nicht doch recht hat?
P. S. : Der Nationalsozialismus war natürlich auch nicht besser. Er war nur nicht der fixen Idee aller Linken erlegen, der Mensch sei per se gut. Aber Ideologien, die den Himmel auf Erden versprechen, sind wohl alle mit Vorsicht zu genießen…
Hölderlins bitteres Wort fällt mir da wieder ein: „Immer noch haben jene die Welt zur Hölle gemacht, die vorgeben, sie zum Paradies zu machen.“
Das stellt die Tatsachen auf den Kopf. Zum einen stimmen die Opferzahlen ohnehin nicht, die in dem Schwarzbuch im Vorwort zusammenaddiert werden. Es wird alles Mögliche zusammengewürfelt nur um symbolische Opferzahlen zu erhalten. Und die Opferzahlen des Nationalsozialismus wird im allgemeinen mit 50 bis 55 Millionen angegeben. Und die 50 Millionen Hungertote gehören gar nicht hinein, so daß die 100 Millionen sich schon halbieren. Eine ernsthafte Auseinandersetzung ist ja ohnehin nicht mit Courtois möglich, insbesondere weil die Studien das gar nicht einmal decken, was er behaupten will. Geschweige denn, daß 12 Jahre mit 8 Jahrzehnten zu vergleichen, unterhalb von Ideologie ist.
Marx hat eine Gesellschaftskritik geliefert, keine Ideologie. Ob das Wohl der Menschheit aus einer Praxis folgen könnte, wissen wir nicht und können wir auch nicht wissen, nur daß, wenn der Weltlauf nicht gebremst wird, eine Menschheit wohl nicht mehr existieren wird. So gesehen ist die Rede von Walter Benjamin über die Revolution als Bremse, nicht als Lokomotive, schon mehr als berechtigt. Weder Marx noch eine auf ihn sich berufende Linke vertritt eine anthropologische These, der Mensch sei gut und dann durch die Geschichte verdorben oder dergl. Das klingt eher wie Rousseau und stimmt bei dem auch nicht, wenn man genauer liest. Von Geburt an ist der Mensch weder gut noch böse, weder eine Erbsündentheorie, noch das Umgekehrte ist plausibel. Ethische oder gar moralische Kategorien kann man nicht in die Natur projizieren, ohne ideologisch zu werden, wobei ich Ideologie im strikten Sinne des „notwendig falschen Bewußtseins“ verstanden wissen will. Und wenn man Marx verstanden hat, will man nicht ins Paradies – schon gar nicht weil sich da 72 Frauen vergewaltigen lassen sollen – gesellschaftskritische aufgefaßt ist der Ausgang aus dem Paradies der Übergang vom Jäger- und Sammler-Dasein zur Agrikultur und Viehzucht, zwar ungern vollzogen wegen der entstehenden repetetiven Arbeit, aber doch auch Ausdruck der Abwendung der Not, weil die Natur weniger jagbares Wild bot, und hatte das Grundeigentum zur Folge, weil das Bebauen eines Ackers nicht vereinbar ist, daß es ein anderer zur gleichen Zeit auch tut.
Mit Marx kann man zeigen, daß die für eine befreite Menschheit notwendigen Produktivkräfte existieren, die sich in Destruktivkräfte verwandeln, wenn eine Revolution, die den Namen verdient und die es bislang nicht gab, nicht gemacht wird. Viel mehr kann man auch nicht beweisen, denn der wirkliche Eintritt der Menschheit in die Geschichte, die Konstitution der Menschheit zum historischen Subjekt läßt sich nicht theoretisch herleiten.
Zu Marx Zeiten gab es noch solide Gründe für eine historischen freien Willen, was die noch erwartbare Herstellung des Vereins freier Menschen voraussetzte. Daß der Kapitalismus eine Vorstufe zur vernünftigen Einrichtung der Menschheit ist, ist nur dann wahr, wenn die Revolution wirklich gemacht wird und jede ernstzunehmende Theorie setzt sich dem Risiko ihrer Falsifikation aus. Das Marx genau diesem Risiko unterlag, spricht für ihn als Revolutionär. Die Revolution wäre die Verifikation seiner Theorie gewesen, so gesehen ist er gescheitert als Wissenschaftler, was allerdings gleichzeitig sein Größe ausmacht und dazu führt, daß auf ihn zurückgegriffen werden muß, weil es nach ihm keine Theorie mehr gab, die eine vernünftige Begründung von Revolution ermöglicht. Daß sie nicht standfand, weder unter Lenin, Stalin, Mao, das ist das Debakel der Menschheit. Wer heute wie Lenin behaupten würde, der Marxismus sei allmächtig, weil er wahr ist, ist geschmacklos nicht nur, sondern vom Wahn befallen. Von Marx bleibt die vernünftige Begründung der Notwendigkeit der Einrichtung eines Vereins freier Menschen und daß er das allgemeine Bewegungsgesetz der modernen Gesellschaft erkannt hat, das heute allerdings mit weniger externen Störungen wirkt. Das mag paradox klingen, aber besser als die guten Vorsätze, mit denen der Weg zur Hölle gepflastert ist, ist Marx allemal. Der Neoliberalismus resignierte an der „invisible hand“, wie A. Smith den Markt nannte und erklärte sich zum Glauben und verneinte die Möglichkeit Gesellschaft noch zu erkennen. Sein Gegenstück der Keynsianismus (der Realsozialismus sein da mitgezählt) scheiterte an dem, was Marx schon erkannte hatte. Schon in den 60er Jahren hatte Paul Mattick beschrieben, wie der Ostblock möglicherweise zusammenbrechen wird und hatte Recht (Marx und Keynes), ohne Marx hätte er das gar nicht begreifen können. An die Realisierung der Möglichkeit, die ja dann eintrat, glaubte er allerdings nicht. Auch das gehört zur Größe von Marx, an die gemeinhin niemand denkt. Think out of the box! Die Schubladen, in die man Marx packen möchte, klemmen, quietschen und gehen einfach nicht zu.
Die Opferzahlen des NS dürften sich auf 13 Mio. belaufen. Dies sei nur der Korrektheit halber angemerkt.
Das dürfte diese Ideologie diskreditiert haben. Sie, Herr Blumentritt, befürworten als Antideutscher doch auch den Völkermord an allen Deutschen (auch denen mit Migrationshintergrund?). Daher halte ich Sie und Ihresgleichen für Völkermörder, die man entsprechend aburteilen sollte.
Klar, denn Sie sprechen im Namen des Westens und der politischen Linken, die sich über die ganze Hitlerei gefreut haben dürfte, weil sie nun jemanden hatten, über den sie sagen konnten: „der war noch viel schlimmer“. Meine Antwort: gewiß, aber das macht die fremden Untaten nicht ungeschehen.
13 Millionen ist eine SChätzung für die jüdischen Opfer (ca. 6 Millionen) den sowjetischen, polnischen, jugaslavischen tschechoslovakischen Gefangenen, Zwangsarbeitern usw. Hinzu kommen noch viel mehr Tote von Militärpersonen und Zivilisten, die in Folge eines verbrecherischen Krieges starben und diverse Vertriebene. Mangels exakten Definitionen, mangelden Meldewesen und Statistiken sind es Schätzunge.
Daß Antideutsche für Völkermord sind, gar ich, ist eine so absurde Behauptung, daß da nichts zu sagen ist.
M.B.: ‚… die 50 Millionen Hungertote gehören gar nicht hinein, so daß die 100 Millionen sich schon halbieren … Marx hat eine Gesellschaftskritik geliefert, keine Ideologie. ‚
… puuuh, werter M.B, da bin ich ja beruhigt, dass vorsätzliches und millionenfaches Morden von Menschen, durch eine Hungersnot, nicht zu den Opferzahlen des Sozialismus gerechnet werden darf. [sic!] … und wenn Marx keine Ideologe war, ist mein Hamster der Tiger von Eschnapur.
*Die zur Verzweiflung getriebenen Proletarier werden die Brandfackel ergreifen … die Volksrache wird mit einer Wut geübt werden, von der uns das Jahr 1793 noch keine Vorstellung gibt. Der Krieg der Armen gegen die Reichen wird der blutigste sein, der je geführt worden ist.* Marx/Engels, 1845 (MEW 2, 504).
„da bin ich ja beruhigt, dass vorsätzliches und millionenfaches Morden von Menschen, durch eine Hungersnot, nicht zu den Opferzahlen des Sozialismus gerechnet werden darf.“
Daß die Hungersnöte vorsätzlich herbeigeführt wurden, entspricht nicht den Tatsachen. Das geben nicht einmal die Texte des Schwarzbuches her und einige Autoren protestierten auch gegen das Vorwort. Wie im Historikerstreit sollte ja eigentlich der Schuldkomplex gemildert werden durch die Relativierung der Verbrechen des Nationalsozialismus, dazu wollte man andere Verbrechen als gleichermaßen bestialisch kostruieren. Solche Wünsche gibt es im Übrigen auch bei der Linken und deren Antisemitismus.
@M.B.
… Übrigens Adolf Hitler und die NSDAP waren Sozialisten. Links!
Ich gebe zu, nicht das ich mich fürchte, aber ich habe Angst vor solchen Menschen wie Ihnen, die den Sozialismus, möglicherweise, mit der Begründung, er sei falsch verstanden und falsch ausgeführt, wieder und wieder oder noch mal ‚angehen‘ oder genau so schlimm, die gegenwärtige ‚EUdSSR‘ ‚vervollkommnen‘, wollen.
Da gibt es doch eine Ausgabe von Mein Kampf, aus der man entnehmen kann, daß auch Marxismus (und äquivalente Ausdrücke) jüdisch sei und auszumerzen deswegen.
Das Kapital ist kein Aufruf zum Sozialismus, sondern eine Kritik am Bewegungsgesetz der modernen Gesellschaft und liefert auch keinze Rezepte für – was auch immer man darunter versteht, Max hielt das nicht für etwas, das ausgeführt werden soll, wie ich das im Beitrag ja auch zitierte. Was gar nicht vorhanden ist, läßt sich daher auch gar nicht kritisieren. Mehr als Angaben, was vielleicht in einer vernünftigen Gesellschaft möglich wäre, gibt es bei Marx nicht.
@M.B.
… ich verstehe nicht, warum Sie immerfort ‚Antisemitismus und Juden‘ in dieser Diskussion anführen. Ich habe nix davon geschrieben. Was A.H. meint ist mir wurscht. An Karl Marx ist/war, außer an seine Herkunft, nix ‚jüdisch‘. Marx war Antisemit, wie A.H.; das sind die Sozialisten nun mal, von anno Schnee bis 2017, 13:39 Uhr.
Bei Marx ist das komplizierter, in der Judenfrage gibt es sehr judenfeindlich anmutende Äußerungen, aber in der Praxis setzte er sich für die Judenemanzipation ein. Bei seinem – anfänglich jedenfalls – Freund Proudhon findet sich aber schon Antisemitismus, bevor der Begriff sich dann verbreitete. Bei den Sozialisten gibt es auch eine Gegenbewegung gegen linken Antisemitismus, etwa auch die Diskussion um die Arbeiten von Moishe Postone.
[Karl Kraus hat mal gesagt, daß man manchmal jemanden nichts Schlimmeres antun kann, als ihn zitieren (Martin B.]
Sehr geehrter B. H.,
es ist den Antideutschen ein Herzensanliegen, alle Deutschen (auch jüdische Deutsche? Auch solche mit Migrationshintergrund?) als natürliche Antisemiten und völkermörderische Nazis darzustellen.
Dazu ist keine Hetze zu schmutzig, keine Lüge zu grob, keine Pauschalisierung zu plump.
Dass das letztendliche Ziel die Ausrottung der Deutschen (ob nun rassisch oder kulturell, sei dahingestellt, das eine ist, laut dem Begriff der UNO vom Völkermord, wie das andere) ist, dürfte jedem klar sein, der diese Pamphlete liest und das tierische Geschrei der „Bomber-Harris-do-it-again“-Nichtmenschen hört.
Bei diesen Pamphleten haben sie sich u. a. von der viehischen Hetze der Anglobestien (nein, ich meine nicht alle Briten, sondern diejenigen, die in der Giftküche der britischen Presse beschäftigt waren) aus beiden Weltkriegen bedient, zum Teil aber auch bei Fettbombe Adorno oder Fluppenflosse Backpflaumenauge-Ehrenburg (Yimach shmam ve zikhram).
Natürlich sind die antideutschen Bestien in Menschengestalt (wie ich sie nenne) zu gewitzt, ihr letztendliches Ziel exakt zu beschreiben, und sie leugnen es, darauf angesprochen, klar ab, wie man auch hier in der Debatte gesehen hat. Die Nazis haben auch nichts explizit von ihren Kriegsplänen und Völkermorden geschrieben – so schlau waren sie durchaus auch.
Aber wie ich schon oft gesagt habe: im großen kommenden Kampf wird die Linke in dem Feuer verbrennen, das sie selbst entfacht haben wird, und das Ende der vertierten Völkermörder und ihrer zweibeinigen Hunde wird möglicherweise weder kurz noch schmerzlos sein…
Was mich am meisten freut: diese Strafen werden kurz und harmlos sein verglichen mit dem, was sie nach dem Tode in der Hölle erwartet. Dort werden sie allerdings alle Linken – von Marx bis Hitler (ja, die Nazis waren auch links), Stalin, Mao und Pol Pot – wiedersehen können.
@M.B.
… selbst die Wahrheitspresse schreibt beim ‚Holodomor‘ von Völkermord. Oder lesen Sie Sonja Margolina.
‚Der Tatbestand des Völkermords in der Ukraine sei „indiskutabel“. Auch das ukrainische Parlament erkannte den Holodomor im Jahre 2006 als Genozid an – ebenso wie die USA, der Vatikan, Australien, Polen, Spanien, Tschechien und viele andere Länder.‘
Die Margolina schreibt ziemlichen Unfug über die Juden in der Russischen Revolution. Besser ist da Arno Lustiger Rotbuch: Stalin und die Juden, wenn man sich wirklich informieren will.
Ich befürchte, BH, ein Ideologe wird sich auch dann nicht von seinem Irrweg abbringen lassen, wenn Sie ihm Fakten nennen. Ich empfehle Ihnen „The Liberal Mind“ von Lyle Rossiter, wenn sie sich über linke Denkschemata informieren wollen.
Auch die Herausstreichung des NS-Völkermordes als „einzigartig“ ist ein Mittel der Linken, von eigenen Verbrechen abzulenken. Das ist insofern sinnlos, als das alles historisch einzigartig ist – es sei denn, Sie sind Nietzscheaner und glauben an die ewige Wiederkehr 🙂
Schöne Grüße!
Was Ideologie überhaupt ist, in einem strikten Sinne, sollte man erst einmal wissen. Als notwendig falsches Bewußtsein ist es nämlich in einer Weise konstituiert, die Tatsachen verdinglicht, ihre Vermitteltheit verfehlt. Dazu werden wir aber noch kommen. Sich auf ein Denken einzulassen, um zu begreifen, was da gedacht wird, zu ersetzen durch das Interesse das Schuldgefühl wegen Auschwitz und den übrigen Verbrechen des NS, damit loszuwerden, weil man eine Vorstellung hat, daß es so eine Art Schuldwaage gebe, auf der einen Seite die Waagschale mit den NS-Verbrechen und auf der andere beliebige andere, möglichst auch ein paar Juden dabei, und wenn die Waage dann in die andere Richtung ausschlägt, sei alles o.k. gewesen. Was aber niemals geschieht ist, daß die Verbrechen dann weg wären, es sind nur andere, weitere hinzugefügt worden. Das schafft die NS-Verbrechen gegen die Menschheit aber nicht weg, die sind keinen Deut anders zu beurteilen.
@M.B.
… mag sein, dass es eine Blumentritt-Ideologie gibt, jeder Sozialist hat seine eigene. Das ist nicht neu.
Den Hass auf Juden hatte Hitler mit der marx’schen Ideologie gemein. Hitlers Antisemitismus war, fast ausschließlich, antikapitalistisch motiviert. Sozialistisch.
Mit der ‘Großen Sozialistischen Oktoberrevolution’ in Russland, brannten nicht nur Kirchen, sondern auch Synagogen. Insofern hätte Sonja Margolina differenzieren können/müssen/sollen. Ein Jude wird wohl kaum eine Synagoge anzünden. Lenin und Kumpane mögen allein der Herkunft nach ‚jüdisch‘ gewesen sein, als Sozialist – sind sie nicht ‚jüdisch‘. Gäbe es eine Schuldwaage, sitzen die ideologischen Völker-, Killing Fields und Mauermörder, Marx, Engels, Lenin, Hitler, Stalin, Mao, Pol-Pot, Ulbricht, Honecker, … usw., usf., alle auf einer Seite, auf der sozialistischen.
Ich teile ja den inflationistischen Ideologiebegriff gar nicht. Anfang der 70er Jahre erschien ein Buch von Marx zur Sowjetideologie, von I. Fetscher. Da wird gezeigt, wie aus Marx – mangels Kritischer Erneuerung des Marxismus – eine Ideologie wurde, die Pseudowissenschaft des ML, die von Stalin dann noch mal zusätzlich dogmatisiert wurde, um dann im Neoleninsmus nach Stalins Tod dann teilweise wieder revoziert wurde.
Mit Marx wäre die Verfolgung von Religion oder Glauben nicht vereinbar, schon deswegen nicht, weil er sie für ideologisch hielt, damit aus den gesellschaftlichen Verhältnissen herleitbar. Im Judentum gab es allerdings nie diese Spaltung von Profanen und Heiligen wie im Christentum, wo die Erlösung mehr eine geistliche Sache ist. Und die Stalinisten kooperierten im Übrigen mit den Popen. Die selbsthassenden Juden, angefangen mit den Talmudverbrennungen von Paris 1242, die ausging von einem jüdischen Konvertiten aus Nikolaus Domin, haben bis heute auch genug Schaden angerichtet. Michael Landmann hat das 1971 schon in Das Israelpseudos der Pseudolinken dargelegt, ist in Freibutg neu aufgelegt worden.
Wenn das alles Sozialismus sein soll, wäre das allerdings so als ob der Bäcker sich das Material für Sandtorten am Strand holte. Der Name macht noch nicht den Begriff.
… naja, bei ‚Stalinisten kooperierten im Übrigen mit den Popen.‘ entschlüpfte meinem Hamster ein Bäuerchen. ‚Im Vergleich zur Zeit vor 1917, als es 54.174 Kirchen, etwa 26.000 Kapellen und 1.025 Klöster gab, blieben 1936 nur etwa 100 Kirchen … die Bolschewiki betrieben besonders in den frühen Jahren der Sowjetunion massive Christenverfolgungen, unter Lenin und Stalin gab es Massenhinrichtungen und Deportationen in den Gulag.‘ … schreibt selbst Wiki. An die Christen haben sich Stalinisten erst wieder ‚erinnert‘, als ihnen der deutsche Einmarsch, ’41, Oberkannte Unterlippe stand.
Das Religionsproblem in der SU ist etwas differenzierter zu sehen, sowohl unterschiedliche religiöse Richtungen betreffend als auch unmittelbar nach der Revolution, wo die Popen als Stütze des Zarenregimes galten, später aber sich dem Regime anboten. Erst mit dem Weltkriegsbeginn besannen sogar die Stalinisten sich auf die Kirchen und änderten 1941 tatsächlich ihre Religionspolitik, worauf ich mich bezog. Die folgende Rezension faßt die Problematik zusammen.
Politik und Religion in der SU
… ach ja, von Christentum hat Marx soviel verstanden wie … Selbstzensur … Das Christentum galt Marx als kapitalistisch. Die Marx’sche Ideologie ist nicht nur antisemitisch, sie ist auch antichristlich.
… dieser thread wird unübersichtlich …
Wer Marx kennt, dem dürften sein häufigen Anleihen aus der christlichen Theologie eigentlich aufgefallen sein, die eine intime Kenntnis voraussetzen, etwa wenn die Warenzirkulation mit der Transsubstationslehre verglichen wird, von theologischen Mucken der Ware die Rede ist usw. Zur Religionskritik, die es ja bei ihm gibt, gehört das auch und der Doktor-Club bestand ja aus vielen, die sich mit Theologie beschäftigten und sein Denken hat sich an dem durchaus christlichen Denker Hegel geschult. Marx als Ideologie zu bezeichen, wo er doch Anti-Ideologe, Ideologiekritiker ist, ist töricht. Francis Bacons Idolenlehre war ja schon besser über den Ideologiebegriff informiert, wenn auch noch nicht so weit wie dann Marx. Mit einem Wischiwaschi-Begriff von Ideologie kann man mir nicht kommen, damit diskreditiert man sich nur und gesteht eigene Defizite vorab schon ein.
… Nachtrag, ein Gleichnis zu ‚Stalinisten kooperierten im Übrigen mit den Popen.‘, hier kann ich mir den Hinweis auf Kardinal Marx nicht verkneifen, der Jesus 2017 auf ’n Tempelberg und an Klagemauer, in Jerusalem, verleugnet … ‚ehe der Hahn kräht‘ … nun ja.
Wenn man in der Hauptstadt Israels, jerusalem, ein Taxifahrer bittet, einen zur „Klagemauer“ zu fahren, steigt man beim Finanzamt aus, mit Western Wall kommt man hin. Was Reinhard Marx angeht, kann man sich informieren: Kardinal Marx zum Tempelbergbesuch
… na ja, werter M.B., wenn Marx das Christentum verstanden hätte, wäre er Christ und der Menschheit wäre viel Leid erspart geblieben.
Marx zusammengefasst: Sozialismus ist das Verteilen von dem was anderen gehört, wobei den Gleicheren unter den gleichen, dann das Meiste gehört. Das können Sie mit Vernunft nicht begründen, das kann nur ideologisch begründet werden. Daher!
„…wenn Marx das Christentum verstanden hätte, wäre er Christ und der Menschheit wäre viel Leid erspart geblieben.“
So kann man sich die Welt natürlich auch schönreden.
„Sozialismus ist das Verteilen von dem was anderen gehört“ kann als Marx schon allein deswegen nicht durchgehen, weil seine Kritik gar nicht auf das Umverteilen aus ist, was produziert wurde, sondern darauf WIE Reichtum produziert wird. Ein Kapitaleigentümer wurde mal von einem seiner Arbeiter aufgesucht, der fragte, ob er das nicht auch ungerecht finden, daß er so reich und die Arbeiter so arm sind. Er gab ihm dann 5$ mit den Worten: aber im eigenen Interesse nicht den anderen erzählen, sonst muß er denen auch noch was davon abgeben.
Es geht nicht um Umverteilung, sondern um die gesellschaftliche Form der Produktion.
… die die gesellschaftliche Form der Produktion die Marx meint, hatten wir östlich der Demarkationslinie. Meine Heimat 1989, 45 Jahre nach Kriegsende.[sic!] Vielen Dank aber auch.
Mit Aufstampfen mit dem Fuß, wird das aber nicht wahrer. Marx hat eine Kritik am kapitalistischen Produktionsverhältnis geschrieben, hierbei die Potentiale, die es bietet für eine vernünftige Einrichtung der Gesellschaft, lobgepriesen. Was soll das auch für eine Gemeinwesen gewesen sein, in dem Lohnarbeit und Warenform sich mit der Abdankung des Wertgesetzes zugunsten der Übernahme dessen Funktion durch das Politbüro vereinbar zeigt. Das erinnert an das Merkantilzeitalter, wo der absolutstische Staat genau diese Funktionen erfüllt. Dabei ist das ja nun mehr als 200 Jahre her, daß es das noch gab.
Vor wenigen Wochen bin ich von Alan Posener darüber belehrt worden
„Lenin wollte die Diktatur des Proletariats errichten, was von Anfang an die Diktatur der Partei bedeutete. Da „entartete“ nichts. Da wurde mit Massenmord ein unmenschliches Programm umgesetzt. Bezeichnend, dass Sie das nicht begreifen wollen.“
„“Die Bourgeoisie kann einige Personen töten, wir aber bringen ganze Klassen um. … Von den 100 Millionen Einwohnern Sowjetrusslands müssen wir 90 Millionen für uns gewinnen; was den Rest betrifft, so haben wir ihnen nichts zu sagen, sie müssen ausgerottet werden.“ (Sinowjew September 1918)
Was meinen Sie, könnte man da, wenn nicht von einem kausalen Zusammenhang, wenigstens wie Ernst Nolte von einem Prius der bolschewistischen Massenmorde vor dem nationalsozialistischen Massenmorden sprechen?
Im übrigen hab ich nie ganz verstanden, was es für den seelischen Haushalt (vom bundesrepublikanischen Seelenhaushalt abgesehen) bringt, wenn man entweder den braunen oder den roten Terror für schlimmer als den anderen hält, den Rassenmord der Nazis für entsetzlicher als den Klassenmord z.B. eines Pol Pot Ein Brillenträgern, Polyglotten, Intellektuellen und der Bourgoisie im Allgemein. Gibt es dafür Ihres Erachtens objektive Kriterien für ein Ranking?
Diktatur des Proletariats bezog sich einst auf die Pariser Commune und wegen des Begriffsumfangs des Subjekts war da tatsächlich eine Demonkraite damit intendiert. In dem Sinne könnte man auch sagen Diktatur der Bevölkerung, wenn wir von der BRD reden. An den Rand des Textes von Rosa Luxemburg, in der sie über die Diktatur des Proletariats sprich, steht das berühmte „Freiheit ist die Freiheit der Andersdenkenden.“ Das bezug sich auf die russische Revolution, die sie kritisierte.
Auf der Seite in den Luxemburg Gesammelte Werke Bd. 4, S.359 erwähnt Luxemburg sehr richtig die „stillschwegiede Voraussetzung der Diktaturtheorie im Lenin-Trotzkischen Sinn“, daß „die sozialistischen Umwälzung eine Sache sei, für die ein fertiges Rezept in der Tasche der Revolutionspartei liege, das dann nur mit Energie verwirklicht zu werden brauche. Dem ist leider – oder je nachdem: zum Glück – nicht so.“ Rosa L. hat also wie ich auch etwas gegen die Rezeptthese, wobei ich mehr zum „zum Glück“ neige. Auch schon, weil – wie einige Autoren gezeigt haben – Lenins Erfahrungshoizont eine angemessene Rezeption Marxens gar nicht haben konnte.
Was Noltes Revisionismus angeht, er ist ja Heideggeranhänger, bei dem das auch nicht besser bestellt ist. Der Nationalsozialismus war ebenso wie der ML-Keynesianismus (Die Schrift von Paul Mattick, Marx und Keynes zeigt das und ist im Internet zugänglich) ein Reflex auf die Krise des Kapitals, wobei man kurze, mittlere und lange Wellen unterschieden kann, die langen spiegeln die Sprünge in der technologischen Entwicklung, aber das gehört ja nun zur Wirtschaftsgeschichte, was bei mir auch ein Prüfungsfach war nebenbei. Das wäre ja nun ein eigenes Thema, aber der Nationalsozialismus hat ja in sich auch einen falschen Antikapitalismus (raffendes vs. schaffendes Kapital). Der Antikommunismus gehört auch zum NS. Ein Sozialist sprach hinsichtlich von Stalins System vom roten Faschismus, allerdings vor Ausschwitz. Der hieß Otto Rühle. Es gab auch noch andere Antileninisten, Anton Panekoek, Karl Korsch.
Der NS läßt sich weder logisch noch historisch aus dem sowjetischen Staatskapitalismus, der ja Ergebnis des 1. Weltkrieges für Rußland war, herleiten.
Wenn man das Sowjetsystem (eigentlich auch ein falscher Name, weil Sowjets Räte sind, aber die sind ja sehr schnell liquidiert worden) kritisieren will, da hatte ich mal eine AG gehabt, der wirtschaftliche Teil z.B. ist von Paul Mattick, Marx und Keynes. Die Grenzen des gemischen Wirtschaftssystems instruktiv behandelt.
Einen anderen Grund als die Schuldabwehr kann ich mir weder bei Nolte noch anderen vorstellen, wenn in irgendeiner Art und Weise der NS mit dem Sowjetsystem, für die es noch andere Namen gibt, Etatismus (guter Ausdruck weil Staat und Etat, politisches und ökonomisches Verhältnis drin steckt), Staatskapitalismus, Asiatische Produktionsweise usw.
Interessant: also wird die Erinnerung an Auschwitz nur deshalb wachgehalten, um den deutschen einen Minderwertigkeitskomplex einzureden? Nicht aus Mitleid mit den Ermordeten?
Ach so, ich vergaß: Linke kennen ja Mitleid nur mit sich selbst. 😉
Nietzsche sagte mal über die Selbstverachtung, daß sich der Verächter dabei in seinem Verachten immerhin noch achtet. Ihm war Mitleid verhaßt, wegen der Erniedrigung des Bemitleideten. Heute wird Mitleidens-Ethik abgelehnt, weil man den Zeitgenossen soviel Emphatie gar nicht mehr zutraut.
Ich wolllte Ihren Text studieren, bin allerdings bereits hier hängengeblieben „Heute wird sei es genauso produziert, sei es das bei Marx inklusive all der Schikanen, Aristoteles, Platon, Kant, Schelling, Hegel und und gelernte als Werkzeug für das eigene Denken verwendet wird.“
Ohne Lektüre Ihrer Ausführungen eine Frage: Kann es heute noch Klassenbewußtsein geben oder nur noch grenzenlose planetarische Solidarität, wie unsere postmoderne Linke behauptet?
„Kann es heute noch Klassenbewußtsein geben oder nur noch grenzenlose planetarische Solidarität, wie unsere postmoderne Linke behauptet?“
Mit den Eigentumsklassen endet der Dritte Band „Hier bricht das Ms. ab). Adornos Reflexionen zur Klassentheorie bemerkt richtig: „Marx ist über die Ausführung der Klassentheorie gestorben, un die Arbeiterbewegung hat sie auf sich beruhen lassen.“
Eins ist sicher der Begriff der Klasse hat sein Grund in der Teilung der Gesellschaft in Ausbeuter und Ausgebeutete, die erst einmal zu verstehen sind, bevor wir überhaupt von Klassenbewußtsein sprechen können. Aber der Glaube daran, wie Adorno auch schon argumentierte, als organisierte Klasse Klassenkampf führen zu können, ist doch wohl mit der liberalen Phase des Kapitalismus zerfallen. Daß Gesellschaft heute Weltgesellschaft ist und die Arbeiter dem Produktionsverhältnis mehr und mehr ohnmächtig gegenüberstehen, war eine Einsicht bereits von Karl Marx, der ohnehin 1857 noch eine Gliederung seines Werkes vorsah, die Staat, Auswärtiger Handel und Weltmarkt und Krisen enthalten sollte.
Eine Organisation von Klassenkampf wäre wohl ein Unternehmen, das global sein müßte, weil das Kapital ein globales Verhältnis ist. Das Problem ist, daß der Staat des Kapitals nicht einer ist in der Erscheinung, sondern fragmentiert erscheint in Staaten. Als Form gesellschaftlicher Verhältnisse ist er auch nicht selbständig von dieser Gesellschaft. Auch wenn er ein Verhältnis zwischen Menschen ist, erscheint er nicht als ein solches. Wenn man beim Trinken von Kaffee, Orangensaft usw. im Radio vom Elend der Kaffeearbeiter, Orangenbauern usw. hört, bleibt das nicht im Halse stecken, obwohl sich der Kaffeetrinker und -arbeiter sich in EINEM Produktionsverhältnis befindet. Auch die Nationalstaaten sind Formen der globalen Totalität gesellschaftlicher Verhältnisse. Grenzenlos ist die Gesellschaft heute schon, wiefern eine Solidarität möglich ist, die sich nicht ausschließlich moralisch begründet, sondern im Interesse gründet, das ließe sich vielleicht mit Marx beantworten. Dazu reicht seine Theorie, wegen ihres Allgemeinheitsgrads, nicht aus. Bemerkungen dazu befinden sich im Kommunistischen Manifest, welche sich isoliert sogar als neoliberales Manifest lesen ließen, wie der Soziologe Ulrich Beck mal meinte. Das Kapital gibt da potentiell Anworten, was möglich ist, aber immer auch, was das Ganze wiederum hemmt. Global war das bei Marx immer gedacht.
Eine konkrete Antwort kann ich erst geben, wenn ich die entsprechenden Kategorien bereits dargestellt habe, mit der man Marx mit der Welt konfrontieren kann. Das Absurde, was lange Zeit mit Marx gemacht wurde, war ihn als Zitatenschatz zu verwenden für aktuelle Fragen und man wußte bescheid, wenn man ein Zitat gefunden hatte, gleichgültig ob ihres Kontextes, um es anzuwenden.
Und den Klassenkampf, der ja in der Immanenz des Systems stattfindet, müßte man ohnehin als Epiphänomen betrachtet, anstatt ihn zu fetischisieren, sonst schreibt man den Arbeiter ein Klassenbewußtsein zu, das sie nicht selber haben, sondern per äußerlicher Zuschreibung empfangen haben. Schon Marx wollte aber niemand entgegentreten mit Hier ist die Wahrheit, knie nieder. Nur bei Lenin findet man (Drei Quellen des Marxismus) Formulierungen wie der Marxismus ist allmächtig, weil er wahr ist. Was ja schon übersieht den Zeitkern von Wahrheit, daß wir sie nicht HABEN, sondern eher sie uns.
Ich merke mir Fragen und werde sie berücksichtigen, wenn sie in der Systematik passen. Bitte Geduld. Privatstunden müßten ja ohnehin entlohnt werden:-)
M.B.: ‚Der Wert einer Ware ist ja abstrakt und damit durchaus etwas Begriffliches, aber diese Abstraktion ist Realabstraktion, die nicht nur im Denken, sondern in der Gesellschaftlichen Praxis stattfindet.‘
… die Ware ist soviel wert, wie ich bereit bin dafür zu zahlen. Dabei interessieren mich die Verrenkungen des Anbieters, also seine Kosten, nicht die Bohne. Nur im Sozialismus ist der Wert einer Ware abstrakt; die subventionierte Ware im Wirtschaftskreislauf des Systems. Beispiel, das mit Zwangsgebühren finanzierte Staatsfernsehen. Die Subventionierung der Finanzindustrie durch die Politik, zwangsweise über den Steuerzahler, usw., sind abstrakte Waren.
„… die Ware ist soviel wert, wie ich bereit bin dafür zu zahlen. Dabei interessieren mich die Verrenkungen des Anbieters, also seine Kosten, nicht die Bohne.“
Das wäre allerdings gar nicht der Wert, sondern der Preis, bei dem wir noch gar nicht in der logischen Darstellung sind. Es liefe auf eine Tautologie hinaus: Was ist die Ware wert, was ich bereit bin dafür zu zahlen. Was aber bist Du bereit dafür zu zahlen, das was sie wert ist. Damit ist der Wert nicht begriffen. Da es aber um das Gesamtsystem geht, die Elementarformen begrifflich fixiert sind, muß das auch im Ganzen funktionieren. Wenn der Aufwand an aktueler und vergangener Arbeit, die in eine Ware durchschnittlich eingegangen sind, dauernd höher sind als der erzielte Preis, muß man nur ein Gedankenexperiment machen, was passiert, wenn das verallgemeinert wird. Niemand wäre noch in der Lage sein Waren zu produzieren. Der Vermittlungsprozeß über Angebot und Nachfrage ist nicht autonom, sondern bedingt durch die Produktion.
Wenn jemand nicht bereit ist den Preis zu bezahlen und der Händler gar nicht in der Lage ist runterzugehen, dann ist dann das Hungern angesagt, weil die Ware nicht verkauf wird.
Wir beginnen ja erst, die Kategorien sind nach und nach zu entwickeln. Wenn von einzelnen Waren die Rede sind, sind sie exemplarisch, allgemein gemeint. Solche Frage wie Angebot und Nachfrage, individuelle Präferenzen, Monopole, Erpressung usw. stellen sich am Anfang noch gar nicht, außer manchmal zur Abgrenzung. Bei der Kalkulation (Band 3) der Preise spielen die Kosten eine Rolle, die zahlungsfähige Nachfrage ist erst einmal ein ignotum x, nicht bekannt, außer im Allgemeinen, daß es mit den Einnahmen die Grenze erreicht ist.
Ein Sozialismus würde gar kein Wert und Ware mehr kennen, sondern nur Güter. Festgesetzte Preise, Monopolpreise und dergl. sind komplexere Kategorien, die aber das Funktionieren des Ganzen, wie auch immer über Krisen vermittelt, voraussetzen.
So weit sind wir in der begrifflichen Entwicklung noch nicht, also bitte Geduld. Auch in den Naturwissenschaften nehmen wir nicht alle Störfaktoren von Gesetzen herein, wenn wir diese als solche betrachten. Das muß man auch der Kritik der Politischen Ökonomie zugestehen.