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Sloterdijk, Kissler und die deutsche Debattenkultur

Dem „Cicero“ vom März 2016 entnehme ich, dass es einen „Streit um Peter Sloterdijk“ gebe, und dass dieser Streit zeige, „warum die deutsche Debattenkultur am Boden liegt“. So jedenfalls Alexander Kissler. Nun gibt es, so weit ich weiß, keinen Streit um den Philosophen, dessen „löwenbemähntes Gesicht“ und „reich bevölkerte Gedanken“ Kissler so hymnisch besingt; wohl aber über einige Sätze, die Sloterdijk in einem Interview mit Kissler und „Cicero“-Chef Christoph Schwennicke zum Besten gab.


Diese Sätze, denen man keine besondere Sloterdijk-Originalität zusprechen kann, sondern die in zahlreichen Leserbriefen, Facebook-Kommentaren, Demo-Reden und dergleichen dieser Tage so oder ähnlich geäußert werden, mögen bedenkenswert sein oder nicht. Dazu kommen wir gleich. Sie haben jedenfalls eine ziemlich heftige und kritische Resonanz gefunden, ein „Wetter“ geradezu, meint Kissler, veranstaltet vom „vereinigten Panikorchester“ aufgrund von „Fehllektüre, Falschzuweisung und Vereinseitigungsbereitschaft“; denn für diese linksliberale Mischpoche „muss immer falsch sein, was jemand ausspricht, der als politisch randständig oder verfemt gilt“. Was hier passiert sei, bedeute „das Ende aller Diskursgemeinschaft“, „zu Ende (sei) das Differenzieren.“
Nun sagen wir es erstmal so: ausgerechnet im „Cicero“ sollte man sich über heftige Reaktionen nicht erregen. Als ich es wagte, dem von der „Cicero“-Kolumnistin Amelie Fried kritisierten „Welt“-Autor Henryk M. Broder argumentativ beizuspringen, behauptete „Cicero“-Chefredakteur Schwennicke allen Ernstes, ich hätte Frau Fried „noch einmal niederkartätscht“. Getötet also.
Auch über das angebliche Ende des Differenzierens sollte sich der Kollege Kissler vielleicht weniger stark erregen, wenn er in eben jenem Kommentar zur „Sloterdijk-Debatte“ (die es nicht gibt; es gibt eine Diskussion über einige seiner Äußerungen) Folgendes von sich gibt: „Sonderbar, dieses Deutschland … Ein sonderbares Volk, diese Deutschen: Sie führen Debatten, indem sie erklären, darüber solle man nicht debattieren … Nur bei umfassender Weltneugier und Weltbilderabrüstungsbereitschaft werden die Deutschen debattenfähig.“ Also entweder ist Kissler kein Deutscher, oder er gehört zu jenen Auserwählten, die sich kraft besonderer Gnade über ihr Volk erheben können; ein deutscher Anti-Deutscher sozusagen, nicht „sonderbar“, sondern normal-menschlich, wie, sagen wir ein Franzose oder Syrer oder Chinese. Nun gut, ich spinne das nicht weiter, die deutsche Deutschen-Schelte ist älter als die deutsche Nation, was nicht viel heißt; man denke an Hölderlin, Goethe, Marx, Nietzsche, Hitler, die linksradikalen Antideutschen und andere Größen, da ist Kissler nicht besonders originell, sondern eben nur besonders deutsch. Nur muss man, wenn man so mit großer Geste das eigene Volk für sonderbar erklärt, nicht anderen Leuten einen Mangel an Differenzierung vorwerfen.
So, und nun kurz zur Sache. Damit mir nicht unterstellt werde, ich zitierte parteiisch, gebe ich die Kurzfassung der wesentlichen Aussagen des Philosophen hier so wieder, wie der „Cicero“ sie wiedergab.
Nun halte ich einige Aussagen Sloterdijks für richtig. Etwa die: Dem Nationalstaat prophezeit Sloterdijk „ein langes Leben“. Er sei das einzige politische Großgebilde, das bis zur Stunde halbwegs funktioniere. „Als lockerer Bund hat die EU mehr Zukunft, als wenn sie auf Verdichtung setzt.“

Freilich ist das erstens nicht gerade eine provokative Aussage, sondern wurde soeben durch das Cameron-Tusk-Papier und den auf ihm fußenden Beschluss des EU-Rats bekräftigt. Zweitens aber ist die Aussage unvollständig. Denn natürlich funktioniert der Nationalstaat eben nur „halbwegs“, wenn es um Aufgaben wie den Klimawandel oder die europäische Grenzsicherung geht, wie wir sehen. Die verschiedenen internationalen „Großgebilde“, von der UNO über die Weltbank und die Welthandelsorganisation bis hin zur Europäischen Union, sind ja nicht aus lauter Lust und Laune entstanden, schon gar nicht übrigens auf Initiative der sonderbaren Deutschen, sondern aus geschichtlicher Erfahrung und politischer Notwendigkeit heraus, in der Regel auf Initiative der USA oder – wie im Falle der EU – Frankreichs. Und was man sich unter einem „lockeren Bund“ vorzustellen habe, darum geht der Streit schon immer und gerade jetzt in der EU; das sagt man als Philosoph locker daher, aber hart im Raume stoßen sich dann Rat und Parlament, Kommission und nationale Regierungen, Europäische Zentralbank und Bundesbank, ESA und EADS, da gilt es, ein klein wenig konkreter zu werden, will man nicht als Schwätzer dastehen.
Schwieriger wird es bei der Frage der Grenze. Kissler hat sich mit seiner Distanzierung vom sonderbaren deutschen Volk schon positioniert, nun tut das auch Sloterdijk: „Wir haben das Lob der Grenze nicht gelernt“, sagt Sloterdijk. In Deutschland glaube man immer noch, „eine Grenze sei nur dazu da, um sie zu überschreiten“. Das ist eine ziemlich atemberaubende Unterstellung, der vorhin erwähnten „Antideutschen“ würdig. Da wird die vorübergehende Aussetzung der deutschen Asylregelung, die, man kann es nicht oft genug sagen, niemanden auf dem Landwege hereinlässt, per Assoziation gleichgesetzt mit den kriegerischen Aggressionen Deutschlands in der Vergangenheit: Man glaube „immer noch“, sagt Sloterdijk ja, eine Grenze sei zum Überschreiten da. Also Polen überfallen – Flüchtlinge hereinlassen: beides Ausfluss derselben deutschen Unfähigkeit, das Lob der Grenze zu singen. Widerlich. Ach was, nicht einmal widerlich, eigentlich nur dummes Zeug.
Und dann noch dies über die deutsche Presse: „Der Lügenäther ist so dicht wie seit den Tagen des Kalten Kriegs nicht mehr.“ Im Journalismus trete die „Verwahrlosung“ und die „zügellose Parteinahme allzu deutlich hervor“. Das Bemühen um Neutralität sei gering, „die angestellten Meinungsäußerer werden für Sich-Gehen-Lassen bezahlt, und sie nehmen den Job an.“

Nun finde ich es wenig fein, wenn man sich als emeritierter Beamter über „angestellte Meinungsäußerer“ lustig macht. In der Tat ist der Job des Journalisten, anders als jener des Professors, heute prekär. Was das für das Meinungsklima der Republik bedeutet, ist noch unklar. Aber die – sagen wir es vorsichtig, Herr Kissler – nicht sehr differenzierte Aussage, Leute wie ich würden „für Sich-Gehen-Lassen bezahlt“, wird nicht belegt. Der Fall Matthias Matussek, der für Sich-Gehen-Lassen entlassen wurde, spricht jedenfalls eine andere Sprache.
Man könnte die These wagen, die von Professor Sloterdijk konstatierte „Verwahrlosung“ und „zügellose Parteinahme“ (was ist eigentlich eine „gezügelte Parteinahme“? Egal) habe sehr wenig damit zu tun, dass irgendwelche Unternehmen (Bertelsmann? Burda? Funke? Springer?) irgendwelche „Meinungsäußerer“ fürs Sich-Gehen-Lassen bezahlen, aber sehr viel damit, dass eben jene Unternehmen und Meinungsäußerer ihre Deutungsmacht verloren haben an Blogger, Facebook-User und dergleichen mehr, die keinerlei Hemmungen haben, sich gehen zu lassen; ich habe das in meinem Buch über „die empörte Republik“ zu schildern versucht. Sloterdijk scheint hier weniger etwas Neues festzustellen, eine neue „Sphäre“ des öffentlichen Diskurses, als vielmehr einer uralten Theorie der Manipulation durch dunkle Mächte zu huldigen, die schon damals, als wir beide dumme linksradikale Studenten waren, überholt und unhaltbar war, und die heute ganz und gar aus der Zeit gefallen zu sein scheint.
Dieser Eindruck wird verstärkt durch Sloterdijks Behauptung, „Der Lügenäther“ sei „so dicht wie seit den Tagen des Kalten Kriegs nicht mehr.“ Nun weiß ich über die Dichtigkeit des Äthers fast so wenig wie Sloterdijk, aber die Unterstellung, während des Kalten Krieges habe man diesseits des Eisernen Vorhangs gelogen, was das Zeug hält, vermutlich um den Kapitalismus gegen den Kommunismus geistig-moralisch aufzurüsten, und darauf scheint Sloterdijk hinaus zu wollen, ist wieder so eine linksradikale These, die sich durch nichts belegen lässt. Im Gegenteil: Von der Spiegel-Affäre über die Pentagon-Papiere, Watergate, die Iran-contra-Affäre usw. usf. hat sich die Presse des Westens zuverlässig – im Hause Springer hätte man vielleicht gesagt: allzu zuverlässig – der Instrumentalisierung im Sinne der Politik des Westens widersetzt.
Und hier sollte man doch hellhörig werden: In der Skepsis gegenüber allen supranationalen Organisationen, die unter Führung der USA seit 1945 errichtet wurden; in der nachträglichen Verleumdung der Medien im Kalten Krieg als Teil eines „Lügenäthers“; in der Ablehnung einer Ordnung der Presse, in der Journalisten Angestellte privater Unternehmen sind; in der Unterstellung, die Deutschen seien jederzeit zur Überschreitung von Grenzen bereit (und das in einer Lage, da Russland unter Putin genau das tut, in Georgien, Moldawien und der Ukraine, vom Abenteuer in Syrien ganz zu schweigen), scheint Sloterdijk seinen Apo-Wurzeln jedenfalls näher als der AfD oder den konservativen Idealen seines Apologeten Kissler. Und, dass ich nicht missverstanden werde: diese Regression finde ich nicht sympathischer als eine heimliche oder offene Sympathie für die „Alternative für Deutschland“. Lechts und rinks wieder einmal zum Velwechsern ähnrich.

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24 Gedanken zu “Sloterdijk, Kissler und die deutsche Debattenkultur;”

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    @ Alle: War zwei Wochen in der Türkei und hatte keinen Zugriff auf „Starke Meinungen“. sehe zu meiner großen Zufriedenheit, dass es mittlerweile sehr gut ohne mich geht, erstens, und dass zweitens die Diskussion auf diesem Thread sehr gesittet verlief. ‚Vielen Dank.

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    Oldtimer wie der GM Firebird II statt Volkswagen? 🙂

    PS: Wie wärs mit Staatshaftung für Flüchtlinge aus Schlesien?

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    „kär. Was das für das Meinungsklima der Republik bedeutet, ist noch unklar. Aber die – sagen wir es vorsichtig, Herr Kissler – nicht sehr differenzierte Aussage, Leute wie ich würden „für Sich-Gehen-Lassen bezahlt“, wird nicht belegt. Der Fall Matthias Matussek, der für Sich-Gehen-Lassen entlassen wurde, spricht jedenfalls eine andere Sprache.“

    Zwischendrin die Geschäftsgrundlage zu ändern ist aber auch gemein.

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    – In der Skepsis gegenüber allen supranationalen Organisationen, die unter Führung der USA seit 1945 errichtet wurden; in der nachträglichen Verleumdung der Medien im Kalten Krieg als Teil eines „Lügenäthers“…

    Ist die Skepsis nicht berechtigt, da alle größeren Organisationen, wenn sie lange bestehen, zur Verkrustung neigen?
    Sind nicht die UN ohnehin mit größter Vorsicht zu betrachten aufgrund ihrer ostentativen Parteinahme gegen Israel bei vielen Gelegenheiten?
    Ist nicht auch Brüssel verkommen zu einer Versorgungsanstalt für abgelegte Altpolitiker (Oettinger, Stoiber eine Weile, an sich auch Juncker), die sich immer neu rechtfertigen muss und dabei Absurditäten produziert hat?

    „Lügenäther“, nun ja. Der Vorwurf „Lügenpresse“, den ich stets befremdlich fand, hat möglicherweise immerhin bewirkt, dass zumindest die Schriftpresse etwa auflockerte in der Meinungsäußerung, wobei der Vertuschungsversuch nach Köln dazu beitrug.

    Und das mit Polen 1939, ob er das meinte? Meinte er nicht eher „Von der Etsch (Adige, Norditalien) bis an die Memel (Lithauen)? Und davon kann man die jetzigen Ereignisse nicht freisprechen, auch, in Europa würde wieder deutsch gesprochen (Kauder). Haben Sie das vergessen?

    Glauben Sie, dass ein Philosoph davon beeindruckt sein kann, wenn ein Verbund nur über eine Währung definiert wird?
    Jetzt, da jeder seinen eigenen Weg geht und die Supermachtwünsche von Frau Merkel ignoriert, wird Europa in seiner Verschiedenheit wieder plastisch, schillernd. Der Versuch, die Wünsche über eine Art Sultan und eine Art Schutzgeld zu regeln, ist armselig, und das nach der Jagd dort auf Journalisten.

    Ich habe eine Idee für die Griechen: Mögen sie doch die Leute für drei Jahre in jedem einzelnen Schwarzbau unterbringen, und das sind dort die meisten. Danach gibt man die unrenoviert zurück. Das wäre dann keine Enteignung, gegen die ich bin, sondern eine Begleichung von Steuerschulden auf sonderbarem Wege. Yachten tun’s auch. Und zur Versorgung die vielen Frührentner, für die wir indirekt aufkommen, aus der Versenkung holen.

    In Azurro-Land gibt es auch solche Plätze. Boote auch.

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    Auch GB geht die Verdichtung der EU (immer engere Union) zu weit. Keiner sieht sie als Schwätzer, nur weil sie den Einfluss der europäischen Institutionen (konkret der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte) bei Migrationsangelegenheiten als zu weitreichend ansehen. Oder die mit vielen Regulierungen verbundene Nichtanwendung des Subsidiaritätsprinzips. Gerade hat Wolfgang Schäuble die Bereitschaft der (Wieder-) Anwendung dieses Prinzips mit einem Verbleib der Briten in der EU verknüpft:
    „Gleichzeitig brauchen wir aber eine größere Bereitschaft, das Subsidiaritätsprinzip konsequent anzuwenden. Wir müssen die Zuständigkeiten zwischen den Ebenen in Europa klarer verteilen: So viele Zuständigkeiten wie möglich sollten dezentral bei Kommunen, Regionen, auch bei den Mitgliedstaaten, verbleiben oder wieder zu ihnen zurückkehren.“
    All dies „sollten“ und „müssten“ hört man beständig als Begleitmusik zu den Bekenntnissen einer immer engeren Union.
    Und dann ist ein Schwätzer wer dieser Verdichtung pauschal eine Abfuhr erteilt?
    Ich teile Ihre Kritik, nur bleibt sie an diesem Punkt hinter dem zurück, was Sie selbst schon mehrmals kritisch in Richtung EU formuliert haben.
    Supranationale Organisationen schmücken sich eben nicht mit einem Parlament oder konstruieren aus einer abgelehnten Verfassung Verträge, deren Einhaltung zwar behütet, aber von den Regierungschefs interpretiert werden.
    Es wäre m.E. für die EU und ihre Mitgliedsstaaten viel gewonnen, dieses Prinzip der immer engeren Union mit den Bestrebungen europäischer Nationalstaaten ihre Eigenständigkeit zu betonen, abzugleichen. Und zur Kenntnis zu nehmen, dass die Bildung von Allianzen dieser EU gar nicht unbedingt bedarf.
    Die Klage, solch eine EU würde das Ziel eines starken Gegenpols zum aggressiven Russland verfehlen und nicht über die wünschenswerte Stärke verfügen, verdrängt die Schwäche einer über die nationale Souveränität ständig zerstrittene EU.

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    Lieber Herr Posener, Ihr Text erscheint mir wie ein Husarenritt, bei dem viel Erde aufgesprengt wird, aber bei dem die Richtung lange unbekannt ist (außer die Sicht zu Herrn Sloterdijk nicht zu verlieren). Ein Beispiel ist das „Niederkartätschen“ von Frau Fried, das sie als metaphorisches „Töten“ erläutern. Das hat aber mit der Intention des Anderen offenkundig gar nichts zu tun. Oder die „Grenzen“ z.B., alles ist scheinbar ein Problem, was der Kontrahent sagte, alles wird (aber dann zu) kurz angesprochen. Nur, vielleicht hat Sloterdijk grad am Beispiel ihrer Antwort gar etwas Recht bekommen mit seiner These – nicht der Verrohung, aber doch des etwas Zügellosen, des Zurückschlagens oder Andere etwas Niedermachens (äh..es war nicht „Töten“ gemeint 🙂 ). Wie es auf Facebook, aber auch in den klass. Medien geschieht, s.etwa den Fall Christian Wulff, trotz seiner Fehler: Über Monate ging es um Wulff und sein Bobbycar, jeder Provinzredakteur sprach ihm vom Podest aus die Ehre ab, wir erinnern uns ja. Die Medien attestierten sich selbst 😉 damals völlige Unschuld, bevor sie viel später die Selbstkritik entdeckten, der heiße Shitstorm oder „Furor“ erkaltet war. Aber weshalb dieser personale Kampf im Klein-klein in Ihrem Text, der m.E. nicht überzeugend in einer rechten oder linken Lastigkeit des Philosophen endet. Dieses nicht nur bei Ihnen verbreitete Personalisieren ist m.E. nicht so ein guter Weg, zu argumentieren, gegen Rechts zu kämpfen. Weil ja die Argumente mit aller Kraft angegangen werden, nur sofern sie an einer anderen Person „haften“ bzw. dessen Denklinien folgen. Aber die Frage ist, was wichtiger ist, der Sieg über einen wichtigen Kontrahenten oder ein Erkenntnisgewinn bzw. der Sieg über falsche, rechte Denk- und Deutungsmuster. Ich denke, auch die personale Auseinandersetzung hat bei einem einflussreichen Gegenüber seine Berechtigung. Aber dann doch nur, wenn es um die großen Denklinien oder wichtige Aspekte geht, die einfach aus dem Weg geräumt werden *müssen*. Aber das bedarf doch des Raums der Analyse, so dass ein Husarenritt mit vielen kleinen, oft – mit Verlaub – angerissenen kleinen Dingen die Chance vorbei gehen lässt, das Denkmuster des Andern wirklich „aufzupieken“. Sloterdijk hat etwa mit seinem Lügenäther übertrieben, aber diesen anzugreifen muss man ihn doch erst näher schildern. Und ihn dannn noch auseinander zu nehmen bedarf m.E. halt auch in einer essayistischen Blogform des Platzes – der da gewesen wäre, wenn nicht durch das stark *Personale* des Konflikts die Kleinigkeiten um Sloterdijk herum schon so viel Raum bedurften. Z.B. ist eines richtig und dann ja auch erwähnenswert: dass sich auch die klass. Medien heute weniger an die journalistische Norm: „Facts are sacred, comment is free“ halten, und eine Vermischung mit Meinung heißt nun mal auch oft: tendenziös werden oder gar die Zügel loslassen. Stattdessen nimmt dann wieder Platz weg, dass Sloterdijk emeritiert ist, was doch zu nichts führt, aber ausgeführt wird im Dienste wieder des personalen Schreibstils. Zu etwas geführt hätte, die eigentliche Aussage zu analysieren, sein „flottes“ Reden über „angestellte Meinungsäußerer“. Das ist ein medienpraktischer (und -wiss.) Punkt, seine Emeritierung hat lediglich mit dem Verletzenden seiner Aussage zu tun. Ich meine das nicht verletzend, es ist auch ein gewisser Husarenritt von mir geworden, aber das Ziel ist: Dass der personale Schreibstil (Personalisierung ist ja eigentlich ein Nachrichtenfaktor, news value, der heute auch übertrieben wird), dass ein solcher Schreibstil seine Probleme hat, zumal, wenn man die andere Person auch mit weniger wichtigen Aspekten „aufs Korn nimmt“, und nicht ganz selektiv, von Anfang an klar, und mit Erkenntnisgewinn. Und weil das Gefühlsmäßige ja auch bei einem Bier oder Billard geklärt werden könnte 🙂

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    vll kkönnte man auch die These wagen, dass die hier richtig angesprochene Prekarität sehr viel mehr mit dem Debattenklima und der Art der Veröffentlichung zu tun hat als irgendwelche zentralen politischen Ausrichtung? Weil: Was an Fehlern und Verkürzungen passiert, passiert eben nicht nur bei politischen Themen, da fällt es nur mehr auf:

    http://diekolumnisten.de/2015/.....sicherung/

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    Die Presse ist viel besser als der Ruf, der ihr angedichtet wird. Ehe beschleicht mich das Gefühl, dass es zu viele Leute gibt, die nicht mehr differenziert oder zwischen den Zeilen lesen können oder nur lesen möchten, was sie schon vorher dachten. Das ÖR Fernsehen allerdings ist ein ganz anderes Kapitel.
    Dass aber Leute an den Grenzen Flüchtlinge mit Bolzenschneidern versorgen sollen, haben Sie auch gehört oder? Sind das Deutsche?
    Dass es keine Grundlage für sog. Flüchtlinge, fast alle schwarz, also keine Syrer und Iraker, gibt, in der Nähe des Hafens in Calais campieren zu müssen oder einen unsicheren Status in Calais zu reklamieren, ist schon klar, oder? Da gibt es aber Leute die ihnen helfen. Wer ist das? Deutsche eher nicht.
    Wenn man solche Chaosbilder sieht, wünscht man sich, dass Frau Dr. Merkel sich endlich mit ganz klaren Ansagen auf die Seite der Grenzschützer und Kontingentbefürworter schlägt, höchste Zeit. Kein Abkömmling von Holocaustüberlebenden wird ihr den Stinkefinger zeigen. Der erste Staat, der Verständnis haben würde, wäre Israel, bis zum Bau seines Zaunes regelmäßig gebeutelt von Terrorattentaten.
    Die Medien sind nicht daran schuld, wenn Griechen Deutsche erpressen und kürzlich Franzosen Briten. Das ist einfach nur unterirdische politische Kultur, abgesackt in Primitivität. Alles Spätfolge von toxischen Anlagen, griechische Staatspapiere etc., wovon F angeblich reichlich besaß.
    Gestern gelesen über Ihren Vornamensvetter Greenspan, der mit dem Niedrigzins anfing und das heute als Fehler betrachtet. Er soll man mit Draghi reden.
    Sloterdijk, Safranski: Permormativer Realismus. Aus der „Welt“. Bei Bedarf suche ich es ‚raus.
    Tatsache: Der Ort in Hessen mit dem größten Asylbewerberheim zeigt 14% für die NPD, denn dort trat die AfD nicht an. Tatsache 2: Die AfD will überall in der Opposition bleiben.

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    „Lechts und rinks wieder einmal zum Velwechsern ähnrich“, wenn das bürgerliche Realitätsverständnis verloren geht. Tja, Literaten wie Sloterdjk und Safranski sollten sich nicht einbilden, dass sie komplexe Politikfelder besser beurteilen können als Leute, die mehr Hintergrund-Kenntnis haben. Dass das „Volk“ nun entdeckt wird als Erkenntnisquelle, wo Autoren offenkundig nicht recherchieren, spricht leider gegen sie, das ist nicht „konservativ“, sondern fahrlässig.

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