Zugegeben, ich bin Atheist. Anglikanischer Atheist jüdischer Herkunft, sollte ich hinzufügen, denn es gibt so viele Sorten Atheisten, wie es verschiedene Arten gibt, Christ, Jude oder Moslem zu sein, was allzu oft vergessen wird. Hier möchte ich – sozusagen als Advocatus Dei – zwei Einwände gegen den Atheismus vorbringen. Und zwar auch deshalb, weil mir eine bestimmte Sorte Atheismus gehörig auf den Wecker geht: Der Atheismus aus Ignoranz. Der Atheismus, der nicht begreifen kann oder will, dass der Glaube an Gott – oder an Götter – nicht bloß Ausdruck unaufgeklärter Dummheit ist.
Der erste Einwand ist der Einwand aus dem Totalitarismus.
Hat nicht das 20. Jahrhundert gezeigt, dass explizit atheistische Regimes wie Nationalsozialismus und Kommunismus viel schlimmere Verbrechen begehen, als wir es selbst von den Inquisitoren, Kreuzzüglern und Dschihadisten kennen? Besteht zwischen ihrem Atheismus und ihren Verbrechen eine Verbindung? Ist der Mensch, der keine höhere Autorität kennt als den Menschen, nicht zu jeder Untat bereit, während der religiöse Mensch selbst bei seinem schlimmsten Wüten immerhin begreift, dass er sich dafür vor einer höheren moralischen Autorität zu verantworten haben wird? Ist die Religion nicht also zur moralischen Mäßigung des Menschen nötig?
Der zweite Einwand ist der aus der Schönheit.
Wie viele wunderbare Werke hat der Glaube hervorgebracht! Literarische Meisterwerke wie die Ilias und die Odyssee, die Geschichten um König David, Hiob, Jesus aus Nazareth, Mohammed; gotische Altarbilder und hinduistische Götterstatuen; Bauwerke wie Notre Dame in Paris, die Blaue Moschee in Istanbul, die Tempelanlage von Angkor Wat; Musik wie Bachs Weihnachtsoratorium, die Gospelmusik von Elvis Presley, die Gesänge der Muezzin, die Reggae-Musik des Rasta-Kults – die Liste ist schier endlos. Denkt man den Beitrag der Religionen zur Verschönerung des Lebens weg, müsste man sich unser Dasein nicht so vorstellen wie in einer riesigen Plattenbausiedlung, bei der aus jeder Wohnung das Geräusch von Dudelradio und Killerspielen drängt? Wer will in einer solchen hässlichen neuen Welt leben?
Beide Argumente berühren freilich nicht die wissenschaftliche Frage, ob es Götter oder Göttinnen gibt; also nicht die Wahrheitsfrage. Es könnte ja sein, selbst wenn man anerkannt, dass die Religionen unser Leben vor der Hässlichkeit und dem Totalitarismus retten, dass sie lediglich eine kulturell nützliche, vielleicht sogar notwendige Fiktion sind.
Aber sind sie das?
Nehmen wir den Einwand aus dem Totalitarismus – ein Einwand, der interessanterweise seit 9/11 häufiger zu hören ist als früher, als wollten die Religionen lautstark die Erkenntnis übertönen, dass die monotheistische Religion selbst das Urbild des Totalitarismus ist.
Die erste Antwort auf diesen Einwand ist, dass in der Tat nicht nur die Religion gefährlich ist, sondern auch der Religionsersatz. Kommunismus und Nationalsozialismus sind nämlich atheistisch zwar, aber nicht areligiös. Im Gegenteil. Niemand kann leugnen, dass der Kommunismus des aus einer Rabbinerfamilie stammenden Christen Karl Marx seine ganze Struktur dem Christentum verdankt – paradiesische Zustände im Urkommunismus, der Fall des Menschen durch die Erfindung des Privateigentums, die Ankunft des Messias mit einer Heiligen Schrift, der Endkampf zwischen Gut und Böse in der Weltrevolution und die Wiedergewinnung des Paradieses im Kommunismus. Auch der Nationalsozialismus ist in seinem Kern eine Religion, und zwar eine gnostische, bei der die arischen Lichtmenschen gegen die Kräfte der Finsternis, angeführt durch die ganz und gar materialistischen Juden, um die Rettung der Erde ringen.
Mit anderen Religionen teilen diese Ersatzreligionen den Zug der Nichtwiderlegbarkeit. Wenn es kein Leben nach dem Tod gibt, werden wir es erst nach dem Tod erfahren – oder vielmehr: eben nicht erfahren. Wenn die Massen nicht für den Kommunismus kämpfen, dann leiden sie eben unter falschem Bewusstsein. Wenn die Arier unterliegen, dann beweist das ja nur, wie gefährlich das Weltjudentum ist. So sehr sich der marxistische Sozialdarwinismus und der moderne Antisemitismus einen wissenschaftlichen Anstrich geben: ihnen fehlt das entscheidende Kriterium der Wissenschaftlichkeit – die Überprüfbarkeit im Experiment, die Widerlegbarkeit durch die Praxis.
Gegen wissenschaftliche – also praktische – Einwände haben sich die Ersatzreligionen haben sie sich – von den Religionen lernend – immunisiert. Als Hiob von Gott mit allerlei Plagen heimgesucht wird, meinen die Freunde, er müsse etwas getan haben, um diese Strafen zu verdienen. Aber Hiob besteht darauf, dass es keine Kausalität zwischen seinem Verhalten und seinem Leiden gibt. Das Leid der Unschuldigen ist also kein Einwand gegen die Existenz Gottes, dessen Ratschluss „unerforschlich“ ist. Als Jesus in der Wüste weilt, schlägt ihm Satan ein wissenschaftliches Experiment vor: er soll sich von einem hohen Turm werfen. Wenn er Gottes Sohn ist, werden ihn die Engel schon auffangen. Jesus antwortet: Du sollst Gott nicht versuchen. Sprich: allein schon der Gedanke daran, die Aussagen der Religion einer Überprüfung zu unterziehen, ist Sünde. Bei den Nazis hieß der entsprechende immunisierende Gedanke: Unsere Ehre heißt Treue. Gehorsam also statt Denken. Ähnlich geht es bei den Kommunisten zu, etwa in Bertolt Brechts „Lob der Partei“: Der Einzelne hat zwei Augen, / Die Partei hat tausend Augen. / Die Partei sieht sieben Staaten, / Der Einzelne sieht eine Stadt. / Der Einzelne hat seine Stunde, / Aber die Partei hat viele Stunden. Der Einzelne kann vernichtet werden, / Aber die Partei kann nicht vernichtet werden. / Denn sie ist der Vortrupp der Massen / Und führt ihren Kampf / Mit den Methoden der Klassiker, welche geschöpft sind / Aus der Kenntnis der Wirklichkeit. Amen, möchte man sagen, und wenn man das Wort „Partei“ durch „Kirche“, „Klassiker“ durch „Kirchenväter“ und „Wirklichkeit“ durch „Wahrheit“ ersetzt, hätte Papst Benedikt XVI. vermutlich wenig an dem Gedicht auszusetzen haben.
Apropos Joseph Ratzinger: Er hat sein Pontifikat unter das Zeichen des Kampfs gegen die „Diktatur des Relativismus“ gestellt. Also für die Herrschaft der Wahrheit. Aber nur der Relativismus – die Bereitschaft, die Möglichkeit ins Auge zu fassen, dass man selbst mit dem, was man am tiefsten glaubt, Unrecht haben kann – bewahrt uns vor den Gefahren, die im angeblichen Wissen um die Wahrheit liegen. Dies ist nämlich das schlimmste Erbe der monotheistischen Religion: die Offenbarung der Wahrheit. Übrigens immer so, dass andere Menschen an der Offenbarung nicht teilnehmen können: Auf dem Berg Sinai, in der Wüste Judäas, in der Höhle bei Mekka. Selbst auf dem Weg nach Damaskus sah nur Paulus das Licht, hörte nur Paulus die Stimme. Seine Begleiter sahen einen Mann, der einen epileptischen Anfall hatte.
Und dies ist die zweite Antwort gegen den Einwand aus dem Totalitarismus: Gegen die letzten Wahrheiten der Diktatoren brauchen wir nicht die letzten Wahrheiten der Päpste. Wir brauchen den Dialog über vorübergehende Regelungen. Wir brauchen die Anerkennung, dass die Gegenseite Recht haben könnte. Das ist die Essenz der Demokratie.
Man komme mir nicht mit dem Einwand, dann sei alles möglich, das sei eine Philosophie des „Anything Goes“. Man komme mir nicht mit jener dummen Parole, mit der die Kirchen vor zwei Jahren versuchten, die Freiwilligkeit des Religionsunterrichts in Berlin aufzuheben: „Werte brauchen Gott“. Quatsch. Und das ist die dritte Antwort auf den Einwand aus dem Totalitarismus: Fast all die Werte, die uns heute wichtig sind – individuelle Freiheit, Demokratie, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Gleichberechtigung der Rassen (und auch der Religionen), Anerkennung des Werts der Sexualität einschließlich aller möglichen so genannten Perversionen – : Das alles ist gegen die Religionen erkämpft worden und wird noch gegen die Religionen erkämpft. Die öffentliche Moral, die von den Religionen gepredigt wurde und wird, entspricht eher den Moralvorstellungen der Diktatoren als der heutigen Demokratie. Und was die private Moral angeht: Eheliche Treue? Man betrachte den christlichen Politiker Seehofer. Aufrichtigkeit? Guttenberg. Schutz der Kinder? Man nehme katholische Priesterseminare, Sakristeien, Kinderheime, Internate. Von Madrassen und Kinderehen in der islamischen Welt ganz zu schweigen.
Ansonsten, und dies ist die vierte Antwort: Dass man Leute nicht totschlagen, berauben, belügen und betrügen soll, das sagt einem der gesunde Menschenverstand. Die goldene Regel, der zufolge man lieber anderen nicht antun soll, was man selbst nicht von anderen erleiden möchte, leuchtet jedem ein, der sich darüber klar wird, dass er einmal der Schwache, der Unterlegene sein könnte. Um diese Alltagsweisheit aufzuheben, braucht es eine religiöse Einstellung, die einem für den Massenmord 72 Jungfrauen oder die Seligkeit des Kommunismus verspricht.
Auf den zweiten Einwand gegen den Atheismus, den aus der Schönheit, möchte ich antworten: dass die Kunst in der Vergangenheit an den Kultus gebunden war, ist unstreitig. Dass sie es nicht sein muss, haben die letzten 400 Jahre bewiesen. Im Amsterdamer Rijksmuseum bewunderte ich neulich die Malerei des holländischen Goldenen Zeitalters. Als mit der Lossagung von Spanien und dem Katholizismus die Kirche als Patronin wegfiel, widmeten sich die Maler bürgerlichen Sujets – dem Porträt, dem Stillleben, Stadtansichten, Landschaften usw. Und was sind das für herrliche Bilder! Die fast völlig areligiöse Kunst, Musik und Literatur des 20. Jahrhunderts braucht den Vergleich mit keinem anderen Jahrhundert zu scheuen. In der Musik hat das säkulare Europa die Oper und die Symphonie, das säkulare Amerika den Jazz, den Blues und den Rock’n’Roll hervorgebracht. Die viel geschmähte moderne Architektur hat Häuser und Räume geschaffen, vom Chrysler Building in New York über die Weißenhof-Siedlung in Stuttgart bis Zaha Hadids Museum für zeitgenössische Kunst in Rom, die einem den Atem so gut rauben wie irgendeine gotische Kathedrale.
Übrigens vergesse ich bei der Kathedrale nicht, dass dieses Bauwerk auch der Einschüchterung und der Demonstration von Macht diente: Shock and awe. Aber ihre Wirkung ist Menschenwerk, das Produkt menschlicher Berechnung und menschlicher Inspiration. Das Chrysler Building beweist nicht die Notwendigkeit von Chrysler, ja wird den Untergang der Autofirma überleben. Es beweist nur, dass Menschen fähig sind, auch für die banalsten Zwecke – in diesem Fall ein Bürogebäude – die erhabensten Formen zu finden. Übrigens gibt es auch hässliche Kirchen, Synagogen und Moscheen. Deren Hässlichkeit sagt ja auch nichts aus über die Wahrheit der in ihnen praktizierten Religion.
Wir können die Schönheit der religiösen Kunst bewundern – müssen das aber nicht: so mancher Barockaltar ist einfach hässlich. Wir können die Gefühle respektieren, die Gläubige für ihre Götter hegen – müssen das aber nicht: wir können es auch reichlich albern oder zutiefst vermessen finden, dass der Schöpfer des Universums sich ärgert, wenn ich Schweinefleisch esse oder mit einem gleichgeschlechtlichen Partner Sex habe. Wir können anerkennen, dass im Kampf gegen die moderne Barbarei zwar nicht viele, aber doch eine Reihe religiös motivierter Menschen sich bewährt haben, während viele Barbaren sich als Atheisten verstanden – sollten darüber aber nicht vergessen, dass die meisten religiösen Menschen sich, als es darauf ankam, nicht tapferer oder moralischer verhalten haben als nichtreligiöse.
Aber wir müssen entschieden den Anspruch jeder Religion – und erst recht jeder Ersatzreligion – zurückweisen, im Namen der Wahrheit zu sagen, was richtig und was falsch ist, was schön und nicht schön ist. Wir sind alt genug, das selber zu wissen und aus unseren Fehlern selbst zu lernen. Jeder von uns wäre ein besserer Mensch, wenn er sich vornehmen würde, so zu leben, als ob es auf ihn selbst ankäme, also ohne die Krücke, die einem die Religion bietet.
@GM
Also wenn ich Mitglied einer irgendiwe ausgerichteten ‚Keimzelle‘ würde, dann müsste die sich in erster Linie gegen die Schwerverbrecher wenden, die Brandsätze werfen, z.B. in Wohnungen, wo Mütter mit Kindern schlafen. Dann müsste sie sich auch gegen das Pack (!) wenden, das dem auch noch applaudiert. Und dann kommt erstmal lange gar nichts. Der „Meinungsterror des moralisierenden angeblichen Mainstreams“ interessiert mich nur insofern, daß ich darunter Vertreter vermute, deren Menschenfreundlichkeit allzu weltfremd und damit nicht besonders stabil scheint. Ich z.B. finde es eine schöne Geste, wenn, wie in München geschehen, Flüchtlinge mit Applaus und Geschenken empfangen werden, das wird denen gut tun, aber ich befürchte, diese Form der Solidarität bricht bei den ersten Schwierigkeiten zusammen. Das sollte eine realistische Politik berücksichtigen. Vielleicht auch, daß nicht alle Zeitgenossen sich die Zeit nehmen können, alles so zu hinterfragen, wie wir das hier tun.
Was die „politische und mentale Hygiene“ betrifft, mir reicht es, wenn die bei der Argumentation verwendeten Begriffe stimmig sind und die Argumentation folgerichtig. Mit ‚Hygiene‘ (zugegeben, ich habe den Begriff auch schon gebraucht) wird aber ausgedrückt, die ‚unsauber Argumentierenden‘ würden irgendwas ‚beschmutzen‘. Wer soll aber der ‚Saubermann‘ sein..
Nun denke ich, die Diskussion ist schon ganz woanders.
@Gesunder Menschenverstand
… 3 (drei) reichen nicht. 300 genügen!
@ Klaus J. Nick
Nun, dann könnten doch wir drei, Sie, der blonde Hans und ich mit meinem gesunden Menschenverstand uns zu einer Starke-Meinung-Keimzelle im Kampf gegen den Konformismus und den Meinungsterror des moralisiernden angeblichen Mainstreams zusammentun; mir ist es egal, ob sich der Kampf gegen das System richtet oder für eine politische und mentale Hygiene streitet.
Nach Alan Posener sollen 90% der „Deutschen“ dem Mainstream angehören: „Aber in Deutschland ist es die Neue Rechte, die den „Mainstream“ hasst, also die Medien und Parteien, die von 90 Prozent der Deutschen konsumiert und gewählt werden….“ Die Konjunktion „konsumiert und gewählt“ ist doch bezeichnend? Der gute Deutsche konsumiert die richtige Presse und wählt die richtigen Parteien. Ich kann mich erinnern, dass man zu so etwas früher Stimmvieh gesagt hat. Posener meint auch, dass eine Opposition in der Demokratrie nicht die Würde und Berechtigung hat wie in einer Diktatur (http://starke-meinungen.de/blo.....ment-42259).
Posener täuscht sich. Die Tatsache, dass 90% die Mainstreampresse „konsumieren“, heißt nicht, dass 90% an die frohen Botschaften der Mainstreampresse glauben; es gibt noch Zeitgenossen, die kritisch lesen.
@GM
„Es gibt nur wenige, die sich hier noch eine Position des gesunden Menschenverstands erlauben können, Broder ist einer (http://www.welt.de/debatte/hen…..stand.html). Aber der hat Narrenfreiheit, andere würden von der Meute gemobbt.“
Die, die mich da versuchen zu mobben, wenn ich meine Meinung sage, bzw. kontrovers diskutiere, bekommen das passende gesagt, oder haben sich bereits selber erkennbar diskreditiert. So habe ich es vergangenen Sonntag erlebt, als sich ein mir Unbekannter in eine private kontroverse) Diskussion belehrend und abwertend („unter aller Kanone, bereden Sie das woanders“) einmischte, bzw. diese uns verbieten wollte. So muss ich immer mal wieder feststellen, es gibt leider diese Haltung, sich mit Bessermenschentum und political correctness selber zu erhöhen. Das ist aber kein politisches Programm (‚für Asylbewerber, Einwanderung‘, was auch immer) sondern ein individueller Charakterfehler. Das kritisiere ich auch, das ändert aber nichts an meiner Einstellung zum Thema oder meiner Erkenntnisfindung. Das genau diese Leute letzteres mit ihrer billigen Moralapostelei erschweren – nun einen gewisse Wut darüber kann ich nicht verhehlen. Aber das ist kein..
@hans
..realexistierender Sozialismus, gegen den zur Revolution aufgerufen werden müsste.
KJN: ‚Wenn ich mir dann den Humor eines John Cleese ansehe, der in seinem ‘Fawlty Towers Hotel’ immer irgendwie ausrastet und dann z.B. deutsche Gäste als Nazis karikiert, dann richtet sich das gegen britische Vorurteile, es wird ein britische Taktlosigkeit auf’s Korn genommen. Genauso, wie Loriot deutsche Zwanghaftigkeit auf’s Korn nimmt. Das ist bissig und sympathisch. Klonovskys Grenzüberschreitungen nicht.)‘
… vorweg, ich mag den britischen Humor. Ein Vergleich mit Klonowsky passt nicht, meine ich. Klonowsky beschreibt sarkastisch die vorrevolutionäre Phase wider die sozialistischen ‚Weltverbesserer‘. Das soll nicht gefallen, das soll aufrütteln und zum nachdenken anregen. Und das ist auch gut so: If I Had A Hammer
@ Klaus J. Nick
Es ist leichter, phobische Voruteile bissig aufs Korn zu nehmen als kontrapobische Vorurteile. Ich denke, bei Klonovsky ist die Stoßrichtung nicht der Migrant per se, sondern die Idealisierung, die von – ich würde nicht sagen – gleichgeschalteten, sondern sich gleichschaltenden Journalisten gemacht wird. Es gibt nur wenige, die sich hier noch eine Position des gesunden Menschenverstands erlauben können, Broder ist einer (http://www.welt.de/debatte/hen.....stand.html). Aber der hat Narrenfreiheit, andere würden von der Meute gemobbt.
@GM
„Spricht hier völkischer, menschenfeindlicher Hass?“
Nein, zu 80 % Spott auf auf bequemen, wohlfeilen Meinungsjournalismus auf der sicheren Seite (den Ausdruck ‚Journaille‘ mag ich nicht). Aber zu 20 % – und die stören mich persönlich mehr – das Voraussetzen eines bestimmten Bildes ‚der Rumänen‘, ‚der Afrikaner‘. Klonovsky schreibt für den Focus, der in einer der letzten Ausgaben eine Karikatur (Greser & Lenz) zeigte, in der Löwen, Elefanten, Zebras usw. in einer Schlange vor einem deutschen Schalter Asyl beantragen, wg. der Großwildjäger. Das erhellt nicht, sondern entlastet Spießer bei der Abfuhr ihrer Ressentiments. Nichts dagegen einzuwenden, aber es sollte wenigstens, wie bei ‚Charlie Hebdo‘ damit gespielt werden und nicht nur in eine Richtung gehen.
(Wenn ich mir dann den Humor eines John Cleese ansehe, der in seinem ‚Fawlty Towers Hotel‘ immer irgendwie ausrastet und dann z.B. deutsche Gäste als Nazis karikiert, dann richtet sich das gegen britische Vorurteile, es wird ein britische Taktlosigkeit auf’s Korn genommen. Genauso, wie Loriot deutsche Zwanghaftigkeit auf’s Korn nimmt. Das ist bissig und sympathisch. Klonovskys Grenzüberschreitungen nicht.)
@ Klaus J. Nick
Können wir uns darauf einigen: Die meiste Zeit unseres Lebens spulen wir konditioniert und routiniert ab, da würden wir über unseren freien Willen stolpern. Um die Macht der Gewohnheit zu brechen, bedarf es entweder der Liebe, der Gnade oder einer ganz gewaltigen Willensanstrengung.
Sie schreiben „Denn daß ‘die Wirtschaft’ Flüchtlinge ins Land holen soll oder will, um unseren “Fachkräftemangel” zu “beseitigen”, halte ich für eine Aussage auf dem intellektuellen Niveau einer Verschwörungstheorie à la ‘chemtrails’ – von wem auch immer sowas geäußert werden mag (und da wundere ich mich schon).“
Das wundert mich auch, dass die helldeutsche Presse immer wieder dieses Argument bzw. Märchen auftischt. Michael Klonovsky hat das so auf die Schippe genommen:
„Man kann keine Zeitung aufschlagen, keinen TV-Sender öffnen, ja nicht mal einen Maildienstleister anklicken, ohne dass einem in realsozialistischer Uniformität mit Ammen- und Statistikmärchen versetzte Einwanderungspropaganda entgegenjauchzt. …
Als ich heute begeistert den täglichen Bahnwaggon voller afrikanischer Akademiker willkommen hieß – diesmal waren es vorwiegend Atomphysiker aus dem Tschad, die es über das Mittelmeer geschafft hatten –, verlor ich irgendwann zwischen Luftsprung neun und siebzehn meine Brieftasche sowie zwei Goldbarren, aber eine Großfamilie aus Rumänien brachte mir, im Chor die Melodie von „Üb’ immer Treu und Redlichkeit“ summend, alles vollständig und wohlbehalten zurück.“
Spricht hier völkischer, menschenfeindlicher Hass? M.E. nicht, wenn überhaupt ist das eine Schmähung einer gewissen Journaille.
Lieber Alan Posener,
was die gated areas, besser die gated communities betrifft: Ich komme gerade aus den US (FL) zurück.
Und was dort seit langem existiert, schwabbt auch nach Europa hinüber.
Was Ihr Berlin-Dahlem betrifft, außer der Polizei, gibt es mittlerweile ein Netz von security Unternehmen…
Warten Sie einmal ab…
.. und wir wissen nie, ob das richtig ist, was wir wollen, weil die Zukunft offen ist – auch deswegen ist unser Wille ‚frei‘. Deswegen diskutieren wir und bin ich libertär, liberal, was auch immer (glaube ich jedenfalls..)
Nachtrag.. @ich sagmal GM:
ich habe übrigens nie – wie Sie – versucht „das Bruttosozialprodukt“ zu steigern. Dafür war ich wohl zu egoistisch. Klar, ich habe natürlich den Einfluss der fremden Mächte, die mich, ohne, daß ich es gemerkt habe, schon ‚auf Spur‘ gebracht haben, dabei dennoch völlig unterschätzt, nicht wahr? Und das geht uns ja allen so. Und deswegen müssen wir.. ja was denn eigentlich?
Deswegen fragte ich nach dem ‚freien Willen‘ dem, wie Sie schreiben „schwierigsten der Philosophie und der empirischen Humanwissenschaften“.
Ich glaube aber in meiner grenzenlosen Einfalt (philosophischen Einfalt, Koketterie hat schließlich schon Grenzen), daß das überhaupt keine schwierige Frage ist: Wenn ich frage ‚Was denn eigentlich?‘, dann scheint es ja wohl mehrere Möglichkeiten zu geben (= ‚frei‘ im Sinne von ‚offen‘) und wenn Sie auf etwas hinauswollen, z.B. keine Flüchtlinge aufnehmen(?), dann ist das Ausdruck Ihres Willens. Ergo: ‚Freier Wille‘. Analog zu cogito ergo sum: Ich argumentiere, also will ich. Sie müssen so argumentieren, sind also nicht frei dabei? Wg. eines größeren Zusammenhangs, den ich oder Sie nicht überschauen? Geht’s nur darum: Wer hat die beste ‚Ahnung‘? Wozu ist diese Metaphysik, oder wie man das nennt, denn erforderlich? Warum nicht davon trennen im Sinne von ‚Verantwortung übernehmen‘? Wir haben doch Zugriff auf alle Argumente, wenn wir wollen.
Lieber ‚Gesunder Menschenverstand‘.. (jetzt schreibe ich schon an den Gesunden Menschenverstand – soll Ihr Aliasname eigentlich insinuieren, daß andere den nicht haben, wie Stefan Trute bereits bemerkte?).. ich kann mir bei Gewerbe und Kleingewerbe auch was anderes vorstellen, als Prostitution, Drogenhandel und Hehlerei aber ich weiß auch daß der Horizont unserer akademischen Nomenklatura, was wirtschaftliche Dinge angeht auf die Ausdehnung der üblichen Großraumbüros beschränkt ist. Weswegen sich so ein ganz eigener Mief breitmacht. Jedenfalls scheinen in dieser Vorstellungswelt Obst- und Gemüsehändler, Gastronomen, Kioske, Tabakläden, Lebensmittel-Bringdienste, selbständige Software-Entwickler oder EDV-Dienste nicht oder nur als bemitleidenswerte Prekärexistenzen, wie Schuhputzer zu existieren. Nun scheint mir die Verachtung aber da auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Nicht jeder möchte in ein muffiges Büro, auch ‚Biodeutsche‘ nicht (ab wann ist man?).
Und ob ich mich informiere? Nun, ich habe alles, was ich bisher erreichen wollte ohne Kredit versucht und zumindest soweit erreicht, daß es ‚reicht‘ und, was ich genauso wichtig finde, es bei mir auch nach 65 keine Allergien hervorrufen wird.
Das was Piketty sagt, halte ich für sehr plausibel und es für verantwortungslos, da nicht gegenzusteuern. Z.B. mit einheitlichen Kapitalertragssteuern.
Und daß nicht alle Bevölkerungsguppen miteinander kompatibel sind, weiß ich auch. Aber war das je so? Flogen da auch Brandsätze? Ich habe auch nicht begriffen, was das eine mit dem anderen zu tun haben soll, also verstärkte Unterschiede zwischen Arm und (Super)reich. Denn daß ‚die Wirtschaft‘ Flüchtlinge ins Land holen soll oder will, um unseren „Fachkräftemangel“ zu „beseitigen“, halte ich für eine Aussage auf dem intellektuellen Niveau einer Verschwörungstheorie à la ‚chemtrails‘ – von wem auch immer sowas geäußert werden mag (und da wundere ich mich schon).
„Und doch, es gibt Sklaverei mit Einverständnis (must-have). Was wäre der real existierende Kapitalismus (must-have) ohne sie?“
Ich habe weder hier noch anderswo jemals behauptet, daß Wirtschaft nur so existieren kann, wie sie derzeit existiert. Ich habe einiges mit der Öko-Ideologie abzurechnen, aber dazu gehört nicht deren Kritik an einer anderen Ideologie: Der Wachstumsideologie. Ich bitte, mich da nicht misszuverstehen.
Entschuldigung.
@ Alan Posener
Gut, Privatmoral mag hier irrelevant sein. Aber man macht mit der manichäische-närrischen-pfäffischen Formel von Helldeutschland versus Dunkeldeutschland eine politische Frage zu einer Frage der öffentlichen Moral.
Ich halte die politische Klasse der Helldeutschen Einheitsfront (abgesehen von einem Cem Özdemir, der weiß was er will und die Weichen zur Machtfrage stellen will) für Tagträumer, die nur soweit rechnen können, dass wir ja jetzt einen Haushaltsüberschuß von 21 Millionen verbraten können.
Nun, ich verstehe auch, dass Sie Ihr Haus, das Sie mit viel Liebe und Arbeit gestaltet haben nicht mit Fremden teilen wollen und Ihre Identität nicht, wie Kollege Dettling vorgeschlagen hat, neu definieren wollen. Möglicherweise verzichten Sie auf eine Bereicherung des Lebens. Ich glaube auch nicht, dass die Armen in diesem Lande freigiebiger und großzügiger („wir teilen und geben vom Überfluß, es geht uns viel zu gut“) wären wie Konstantin Wecker, wie Walser ein Helldeutscher, suggeriert (https://www.youtube.com/watch?v=DF869SdU4s4).
Aber ich denke schon, dass die Glückseligen in Lichterfeld-West nach besten Kräften an dieser Herkulesarbeit mitstemmen sollten. Es gibt doch dort Kirchen (Heilige Familie Kirche, Johanneskirche, Martin-Luther-Kirche, Pauluskirche, Petruskirche, St. Annen-Kirche), die zumeist leer stehen, Gymnasien, die ihre Turnhallen zur Verfügung stellen könnten, und ausgedehnte Liegenschaften z.B. des Malteserordens, auf denen schmucke Siedlungen für Refugees bauen könnten.
„Helldeutsch“ und „dunkeldeutsch“ sind nicht meine Vokabeln, „Gesunder Menschenverstand“, sonden jene des von mir oft kritisierten Bundespräsidenten. Was die Willkommenskultur in Lichterfelde angeht, so bin ich für die Kirchen nicht zuständig, die übrigens keineswegs oft leer stehen und sich lange schon um Flüchtlinge kümmern, wie ich es jedenfalls von St. Annen in Dahlem weiß; aber meine Nachbarn und ich kümmern uns schon um das Asylbewerberheim, das um die Ecke von unserer Siedlung an der Goerzallee eingerichtet worden ist. Sie zwingen mich, etwas zu tun, was ich sonst ungern tue, sagte doch Rabbi Jesus, man solle beim Almosengeben nicht einmal die linke Hand wissen lassen, was die rechte tut, geschweige denn die Öffentlichkeit. Ob ich also und die Leute hier in Lichterfelde genug tun, das lassen Sie bitte unsere Sorge sein.
Lieber Alan Posener,
Martin Walser hat in der BILD Kampagne „Helldeutschland hat Herz“ folgenden Vorschlag gemacht:
„„Es geht um die Menschen, die täglich an der Festung Europa zu Grunde gehen. Es wäre möglich, diese Tragödien zu beenden, wenn jeder, der in Deutschland ein Haus sein eigen nennt, einen Flüchtling aufnehmen würde. In jedem Haus hat noch ein Flüchtling Platz. Jeder, der ein Haus besitzt, kann dann ein Jahr lang für diesen Flüchtling sorgen. Nach die- sem Aufnahme-Jahr übernimmt der Staat die Sorge. In diesem Jahr hat der Hausbesitzer alles getan, den Flüchtling in unserem Gemeinwesen aufzunehmen: Sprache, Ausbildung und was sonst noch nötig sein kann. Hilfswerk der Hausbesitzer soll es heißen. Die Hausbesitzer machen endlich Gebrauch von ihrem Privileg, Hausbesitzer zu sein. So könnte sofort eine Million Flüchtlinge untergebracht wirken. Und das Beispiel kann wirken. Hausbesitzer aller Länder vereinigt euch endlich!“
Möchten Sie hier nicht mitmachen?
Lieber Gesunder Menschenverstand: Nein, ich möchte da nicht mitmachen. Aber Martin Walser kann gern mit gutem Beispiel voran gehen und uns dann in einem Roman mitteilen, wie es geklappt hat.
Die Verlegung einer politischen Frage auf die Ebene der Privatmoral ist ein Trick, mit dem jedes politische Argument totgeschlagen werden kann. Man ist für einen Militäreinsatz: „Aber wären Sie bereit, das Leben Ihres Sohns zu opfern?“ Man befürwortet Multikulti: „Aber wären Sie glücklich, wenn Ihre Tochter einen Moslem heiraten würde?“ Man ist für das Recht der Juden und Muslime, ihre Söhne beschneiden zu lassen: „Aber wenn es Ihr Enkelkind wäre?“ Man befürwortet die Energiewende: „Und wenn eine Stromtrasse durch Ihren Garten verlegt werden sollte, oder ein Windrad nebenan gebaut werden würde?“ Man ist für den Bau eines Flughafens: „Aber wenn Sie in der Einflugschneise wohnen würden?“ Und so weiter. Politische und private Entscheidungen sind nun einmal nicht kongruent. Und warum sich Walser nur an Hausbesitzer, nicht aber an die Mieter großer Wohnungen wendet, ist mir ein Rätsel.
@Alan Posener
nur eine Frage am Rande:
Ist Berlin-Dahlem nicht bereits eine “ gated area °??
Und wie sieht es mit Berlin-Lichterfelde aus??
Lieber Moritz Berger, Berlin-Dahlem ist nicht eine „gated area“. Es wohnen dort freilich viele reiche Leute. Was an sich nichts Schlechtes ist. Lichterfelde wird unterteilt in Lichterfelde-West, -Ost und -Süd. Die letztgenannten Ortsteile sind seit West-Berliner Zeiten eher proletarisch geprägt: dort wurden viele Sozialwohnungen gebaut. Lichterfelde-West ist eine Gründung von J.A.W. von Carstenn-Lichterfelde: ein geplanter Villenvorort, der weniger exklusiv – und weniger jüdisch geprägt – war als etwa Dahlem oder gar Zehlendorf. Trotzdem -oder vielmehr deshalb – zogen meine Großeltern zusammen mit dem Rest des Oppenheim-Clans hierher. Ich wohne in einer Neubausiedlung zwischen Lichterfelde-West und Lichterfelde-Süd. Von einer „gated area“ kann auch hier keine Rede sein, auch wenn mittlerweile das Reihenhaus, in dem ich lebe, für mich unerschwinglich wäre: die Immobilienprese sind gestiegen, wie überall in Berlin. Dennoch kann sich unsereiner eher ein Häuschen hier als eine Wohnung in Kreuzberg leisten.
@ Klaus J. Nick
noch eine Ergänzung: Dagegen haben die Kapitalgeber, die Banken, die Prosumenten und Konsumenten mit Konsumentenkrediten zugeworfen, wenn man ein Auto, eine neue Küche oder eine Reise etc. finanzieren wollte. Ist das jetzt eine Sklaverei wider Willen oder mit Einverständnis?
@ Klaus J. Nick
„‘Kapital’ und ‘Eigentum’ können z.B. auch Intelligenz oder Arbeitskraft sein. Mehr denn je.“
So, in meinem früheren Leben, als ich noch die Ärmel hochkrempeln und das Bruttosozialprodukt steigern wollte, bekam ich das nötige Kapital nur dadurch, dass alle Kredite (bis auf ein Eigenkapitalhilfe) komplett durch Hypotheken etc. abgesichert wurden Ist das inzwischen anders. Welche Unternehmer kennen Sie, die nur mit Intelligenz und Arbeitskraft sich auf dem Markt behaupten? Rosenverkäufer? Hütchenspieler? Unternehmer mit Bauchladen und ohne Sprachkenntnisse? Gerade auch in solchen Randsportarten wie Menschenhandel, Prostitution, Schmuggel, Drogen kommen Sie doch nicht ohne Kapital aus? Kapitalismus für alle, meinen Sie damit die Kleindealer vom Görli, die Diebesbanden von wir-wissen-nicht-woher oder die Clans aus Marxloh?
„Die Zeiten der Macht allein durch ‘Besitz’ von Produktionsmitteln sind in Zeiten der Globalisierung (mehr und mehr) vorbei.“
Informieren Sie sich eigentlich? Ersetzen Sie doch „Besitz von Produktionsmitteln“ durch „Finanzkapital“.
http://www.welt.de/politik/wah.....euern.html
https://de.wikiquote.org/wiki/Warren_Buffett
Was den KZ Vergleich angeht müssen wir Differenzen nicht übertreiben. Ich stimme ihnen zu, dass Opfer, seien es Vergewaltigte, Gemobbte, Gedemütigte, Ausgebeutete etc. ein Gefühl der „Schande“ empfinden und darunter leiden. Ihnen muss man damit helfen, dass sie Schande nicht sich selbst attributieren, dass es nicht ihre Schande ist. Dagegen müßte man den Tätern, die oft das Gefühl der Schande nicht empfinden, einimpfen (eintätowieren), dass sie eine Schandtat begangen haben. Das ist die eigentliche Schande. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass ich eher eine selbstverschuldete Sklaverei für das Subjekt (sic!) für eine „Schande“ halte als wenn es wider Willen versklavt würde. Und auch darauf, dass diese Subjekte und nicht Ihre „Charakterstarken“ (Sie träumen von einem heroischen Individualismus) die Stützen des real existierenden Kapitalismus sind.
„Gibt’s einen freien Willen und somit individuelle Schuld oder nicht? Wenn Sie beides verneinen werde ich weder intellektuell, noch emotional in der Lage sein, mit Ihnen über heutige “Sklaverei wider Willen” (ist die nicht immer ‘wider Willen’??) zu diskutieren.“
Das ist eine der schwierigsten der Philosophie und der empirischen Humanwissenschaften. Ich möchte an den freien Willen und individuelle Schuld glauben, kann Ihnen jedoch kein Glaubenbekenntnis geben. – Und doch, es gibt Sklaverei mit Einverständnis (must-have). Was wäre der real existierende Kapitalismus (must-have) ohne sie?
Nachtrag @ KJN
Vielleicht habe ich Sie missverstanden. Ein gesunder Menschenverstand, wie Sie ihn definieren, existiert wohl. Wenn ich jedoch mein Argument damit stütze, dieses oder jenes sage mir der gesunde Menschenverstand, ist das doch ein Totschlagargument, denn ich spreche Ihnen ja implizit die Fähigkeit ab, sich dessen zu bedienen. Das wäre nicht redlich und führte zu nichts.
@ Gesunder Menschenverstand
Sie können mich gerne einen hoffnungslosen Optimisten nennen. Habe die Wahrheit genauso wenig gepachtet wie Sie.
Was haben Sie zu bieten?
@KJN
Nichts, was Sie schreiben widerspricht meinem Plädoyer für einen „gezähmten Kapitalismus“. Die Tendenz zu einer überberbordenden Bürokratie gründet in einer Regelungswut von Institutionen, aber auch in einem ausgeprägten Sicherheits- und Anspruchsdenken vieler „normaler“ Bürger. Die Bürokratie sowie „omnipotente Verwaltungen sind ein Hemmnis und Ärgernis – den Kapitalismus „zähmen“ können nur wir selber, i.e. „die Politik“. Eine Maßnahme wie der Mindestlohn oder das Arbeitnehmerentsendegesetz – horribile dictu! – zielt da schon in die richtige Richtung. Die Ungleichverteilung der Vermögen, die sich auch in den letzten Jahren verstärkt hat bei einer gleichzeitigen horrenden Staatsschuld führt über kurz oder lang in den Kollaps.Hier stellt sich doch die Frage nach dem Primat: Politik oder Ökonomie. Und das auf supranationaler Ebene! Genau das macht die Sache so schwierig, weshalb ich auch vorsichtig von einer „Utopie“ sprach, die gleichwohl anstrebenswert ist.
Der „Gesunde Menschenverstand“ ist in einer Diskussion kein Argument, weil eine Hinzuziehung desselben beim Denken und Überlegen bei verschiedenen Menschen zu verschiedenen Resultaten führen kann. Dem Blonden Hans sagt der „gesunde Menschenverstand“ wahrscheinlich, dass wir kurz vor einer Islamisierung Deutschlands stehen. Mir nicht. Deswegen ist der “ gesunde Menschenverstand“ in einer Diskussion kein wirkliches Argument.
Beste Grüße
@KJN
Nichts, was Sie schreiben widerspricht meinem Plädoyer für einen „gezähmten Kapitalismus“. Die Tendenz zu einer
Err: Mit ’schlimmer‘ meine ich ’schmerzhafter‘.
Nachtrag @Gesunder Menschenverstand:
„M.E. ist es unter moralischen Gesichtspunkten entschieden schlimmer (eine Schande) selbstverschulet und mit Einverständnis Sklave zu sein als zur Skaverei wider Willen gezwungen zu sein.“
Ich habe in Erinnerung, daß Sie Psychologie studiert haben: Eine ‚Schande‘ wird auch empfunden, wenn man gar nichts dafür kann und nur Gewalt erlitten hat.
In dem Sinne wäre (vielleicht, ich möchte keine aufdringlichen Tips geben) bei „M.E.“ für Sie interessant weiter zu denken. Und was ist schlimmer, die Schande des Täters oder die des Opfers?
@Gesunder Menschenverstand
‚Kapital‘ und ‚Eigentum‘ können z.B. auch Intelligenz oder Arbeitskraft sein. Mehr denn je. Die Zeiten der Macht allein durch ‚Besitz‘ von Produktionsmitteln sind in Zeiten der Globalisierung (mehr und mehr) vorbei.
Und jeder kann Deutscher, Jude, Christ, Kosovare (oder von mir aus auch alles gleichzeitig) sein, wenn er will. Dadurch wird überhaupt nicht das entwertet, was es aussagt oder bedeutet, sei es jetzt Glauben oder ‚Identität‘. Siehe USA.
‚Ersatzbefriedigung‘ wie ich sagte, wird das, wenn es anstelle von etwas anderem, was fehlt, z.B. persönliche (Charakter)Stärke eingesetzt (oder benutzt) wird. Als beruhigende Krücke in einem Kollektiv. Ist es das, was Sie verteidigen wollen?
Die Ethnien der USA stellen sich der Gesamtgesellschaft. Das werden wir von unseren Zuwanderern auch verlangen müssen. Im Gegenzug dazu werden wir ihre Ethnie und Kultur respektieren und nicht zwangsweise die Lederhosen anziehen, die wir selbst nicht mehr anhaben (wollen). Oder wir tragen sie wieder zur Selbstvergewisserung, wenn wir es brauchen. Alles kein Problem. Ein Problem ist, Angst zu haben, wir könnten uns verlieren. Das sagt mehr über unsere Gesellschaft aus, als über die Zuwanderer. Siehe auch der Artikel von Rainer Werner. Im Osten (und nicht nur da, muss ich hinzufügen) haben sich schon einige verloren. Und damit offensichtlich jegliche Fähigkeit zum Mitleid.
Ihr KZ-Vergleich ist grob, unerträglich relativierend und soll provozieren. Ich finde das geschmacklos. Es gibt vieles andere, mit dem man (z.B. mich) provozieren kann, es ist Ihr Problem, daß sie das dafür benutzen.
Bevor wir aber weiter reden nur eine kurze Frage: Gibt’s einen freien Willen und somit individuelle Schuld oder nicht? Wenn Sie beides verneinen werde ich weder intellektuell, noch emotional in der Lage sein, mit Ihnen über heutige „Sklaverei wider Willen“ (ist die nicht immer ‚wider Willen‘??) zu diskutieren. Allein schon, weil dann – logischerweise – jegliche Diskussion sinnlos wäre, denn ohne freien Willen ist doch sowieso alles egal.
@ KJN
“..weswegen wir ja an einem Kapitalismus für alle arbeiten sollten, statt ständig ‘ethnische’ oder religiöse Ersatzbefriedigung zu postulieren.”
Na, Sie haben doch den Antagonismus zwischen den „ethnischen und religiösen Ersatzbefriedigungen“ (ist das nicht Vulgärmarxismus und Vulgärfreudianismus“?) und der Utopie (so Stefan Trute) der Realbefriedigung im Kapitalismus für alle aufgemacht. Ich wollte von Ihnen hauptsächlich wissen, was Sie sich darunter vorstellen und was die refugees hier an „Kapitalismus für alle“ erwartet. Dürfen Sie Kapitalisten sein (kann man das ohne Kapital und Eigentum? Möglicherweise mit der kriminellen Energie, so what? fragt Hannes Stein, über dessen Riverdale-Nonchalance sich hier Parisien echauffierte) oder Prosumenten (Angestellte konsumieren. Das ist ihre einzige Funktion. Die Beamten erklimmen ihren Kalvarienberg in chromglänzenden Aufzügen. Er wohnt in einem Einfamilienhaus in der Eifel, mitten in einem Gelände, das sich gerade in einer Phase eines „schöpferischen Zerstörungsprozesses“ befindet, wie Schumpeter gesagt hätte.) oder subventionierte Konsumenten in einem Land, in dem es keine ethnischen Ersatzbefriedigungen mehr gibt, weder Bio-Deutsche, Türken, Juden, Kosovaren, Serbo-Kroaten etc.?
Nun tun Sie nicht so altjüngferlich mit dem KZ-Vergleich. M.E. ist es unter moralischen Gesichtspunkten entschieden schlimmer (eine Schande) selbstverschulet und mit Einverständnis Sklave zu sein als zur Skaverei wider Willen gezwungen zu sein. Über das „selbstverschuldet“ bin ich mir nicht so sicher. Passt denn dieser Typus des Prosumenten nicht wie die Faust aufs Auge zum real existierenden Kapitalismus?
@ Stefan Trute
Kleiner Nachtrag: Sie sind wie die Linken von anno dazumal, die den real existierenden Kommunismus nicht wahrhaben wollten, sondern von einem „Kommunismus mit menschlichem Antlitz“ oder der „Idee des Kommunismus“ fabulierten.
Nun
@ Stefan Trute
„gezähmter demokratischer Kapitalismus“ – sagen Sie mal, wo sind die Kräfte, die heutzutage per Zwang oder Überzeugung die Umverteilung von oben nach unten stimulieren? Syriza, die Griechen? Buffett sagt, klar gibt es einen Klassenkampf, den gewinnen die Reichen, da wird von unten nach oben umverteilt. Da machen die Griechen doch mit.
„Wie gesagt, das klingt utopisch – aber eine bessere Alternative fällt mir nicht ein.“ na, da pfeift doch einer im stockfinsteren Wald oder Keller. I-i-ich h-a-a-b kein F-f-f-fracksausen.
Err.: Wer soll den zähmen
@Stefan Trute
„gezähmter demokratischer Kapitalismus“
Sicher – aber wer den zähmen? Üblicherweise der Amtsschimmel bzw. dessen Derivate (Krankenversicherungen, Arbeitsagenturen, Berufsgenossenschaften, Unfallversicherungen, Stadtverwaltungen, Verbände, Umweltbehörden, GEZ usw. usf.). Ich hatte gestern abend noch eine Unterhaltung mit einem deutsch-britischen Ehepaar, die beide lange in GB in der Psychiatrie-Betreuung in GB gearbeitet haben und ’sie‘ berichtete mir von den Schwierigkeiten, in eine (bezahlbare) deutsche Krankenversicherung zu kommen, trotz Versicherungspflicht. Ich erspare Ihnen die Einzelheiten, aber ich behaupte mal, daß es an allen Ecken und Enden in unserer in die Jahre gekommenen repräsentativen Demokratie existentiell knirscht, weil unsere omnipotenten Verwaltungen und Körperschaften zuviel Eigenleben entfalten (Definition von Zwangskundschaften). Die Arbeitnehmer und kleinen Selbständigen sind nun durch die Harz-Reformen – wahrscheinlich war das unumgänglich – einseitig stark belastet worden, was die deutsche Exportwirtschaft in Europa erheblich gestärkt hat. Nun wäre aber im Gegenzug mal eine Verwaltungsreform nötig, die Abgaben aller Art senkt und die Leute mal wieder leben lässt. Ich denke, es reicht auch da mal. Da das für viele ein offensichtlich (zu) dickes Brett ist, sucht sich die Unzufriedenheit ihre Kanäle. Und die machen mir ehrlich gesagt mittlerweile schon Angst und Bange, wenn ich an die Akklamateure vor brennenden Asylunterkünften denke. Die Leute neigen nun mal zur Projektion ihrer Unzufriedenheit – unappetitlicherweise auf die Schwächsten der Schwachen – aber ein Vizekanzler Gabriel sollte sich mal wieder wirklich um seine Wählerklientel kümmern, statt den Pegidaanhängern und Brandstiftern noch mit ‚Pack‘ u.Ä. Munition für ein eingebildetes Martyrertum ‚wir-sind-das-Pack‘ zu liefern. Merkel ist das schlauer.
Und ja, mir fällt auch nichts besseres ein, als das derzeitige ‚System‘, aber das heißt ja nicht, daß wir keine Probleme mit der Gerechtigkeit, womit ich nicht ein paar Euro pro Monat meine, hätten.
Aber jetzt müssen Sie mir mal mit den Begriffen helfen: ‚gesunder Menschenverstand‘ ist nicht ‚gesundes Volksempfinden‘: Ich verstehe unter ersterem sowas wie Verhältnismäßigkeit in Urteil und Handeln, in vielen Bereichen vielleicht auch ‚Risikoabschätzung‘ – und das ist für mich das Gegenteil von Diktatur (oder Idealismus/Ideologie).
@Roland Ziegler
Mosel. Anhöhe Hunsrückseite mit Blick auf das Maifeld/Südeifel.
http://www.radioklaus.bplaced......00x600.jpg
Ansonsten zum noch zum Thema:
Navid Kermani im DLF: „Egal wo die Fundamentalisten oder Dschihadisten hinkommen, die ersten, die geköpft werden, deren Gräber zerstört werden und deren Tempel, Moscheen zerstört werden, sind die Mystiker.“
http://www.deutschlandfunk.de/....._id=329335
@KJN
Die Warnung war schon ironisch gemeint!
Ansonsten stehen wir beide doch auf der selben Seite: Ihre Utopie von einem „Kapitalismus für alle“ ist immer noch realistischer und anstrebenswerter als jede „Menschheitsbeglückungsideologie“, wie etwa Sozialismus, Kommunismus, die nun gar nicht dem menschlichen Wesen entsprechen. Vom Faschismus gar nicht zu reden. Oder der „Diktatur des Gesunden Menschenverstandes“!
Ein gezähmter demokratischer Kapitalismus, in dem die Politik die destruktiven Kräfte des Systems immer wieder aufs Neue bändigt, durch Zwang oder Überzeugung die Umverteilung von oben nach unten stimuliert (viele „rheinische Kapitalisten“ haben das begriffen), bietet die einzige Chance dafür, dass wir auf diesem Planeten vernünftig weiter existieren. Wie gesagt, das klingt utopisch – aber eine bessere Alternative fällt mir nicht ein.
@KJN
Die Warnung war schon ironisch gemeint!
Ansonsten stehen wir beide doch auf der selben Seite: Ihre Utopie von einem „Kapitalismus für alle“ ist immer noch realistischer und anstrebenswerter als jede „Menschheitsbeglückungsideologie“, wie etwa Sozialismus, Kommunismus, die nun gar nicht dem menschlichen Wesen entsprechen. Vom Faschismus gar nicht zu reden. Oder der „Diktatur des Gesunden Menschenverstandes“!
Ein gezähmt er Kapitalismus, in dem die Politik die destruktiven
@KJN: Verstehe ich gut. Gerade Brombeeren können einem Naturschönheit und sogar Brombeermarmelade vermiesen. Wir hatten damit auch zu kämpfen (und kämpfen immer noch; die Biester sind hartnäckig unterirdisch). Eine Obstwiese mit Apfelbäumen, wohl auch noch in der Eifel, klingt allerdings sehr schön. Traumhaft geradezu.
Nochmal hier:
@Stefan Trute
„“Haltung” zeigte er [Einstein] in seinem Eintreten gegen den Bau der Atombombe“
Sehe ich auch so – genauso, wie er Haltung gezeigt hat, indem er mit Leo Szillard einen Brief an Roosevelt geschickt hat in dem er, etwas verkürzt gesagt, den Bau der Bombe gegen die Nazis initiierte. ‚Haltung‘ hängt nicht davon ab, was nachträglich als richtig oder falsch beurteilt wird.
Ansonsten danke für die Warnung, aber manchmal merke sogar ich Dinge von alleine.
@Alan Posener
Genau auf das, was mit dem Rühmann-Schulfilm ausgesagt wird, wollte ich hinaus. Was unser Missverständnis betrifft, sicher (ich fand den Artikel übrigens überhaupt nicht schlecht, ich bin lediglich dran hängengeblieben), war ich schon etwas bedröppelt. Daher besonderen Dank für Ihre Antwort.
@Gesunder Menschenverstand
Daß Ihrer Meinung nach die „Grundlage des unternehmerischen Handelns.. die ewige Abwandlung des Immergleichen..“ sein soll, zeigt eigentlich doch Ihre Abneigung gegen Fortschritt, Tatkraft, Selbständigkeit usw. (Ich -Stärke).
Sparsamkeit, Triebaufschub und überlegtes Handeln sind hilfreiche Tugenden auch und gerade im Kapitalismus. Niemand zwingt Sie, Ihren Röhrenfernseher durch einen Flachbildschirm zu ersetzen.
Und übrigens sehe ich mich selber als Kritiker im Kapitalismus, weswegen ich hier oft genug gegen die deutsche (und japanische) Industriepolitik geschrieben habe, die m.E. eine bestimmte Klientel in der Wirtschaft sehr einseitig unterstützt.
Und hierzu..
„Die den Konzentrationslagern eigene Herrschaftstechnik ist hier im Gewand der Tantalusqualen zurückgekehrt: Was du hast, hast du nicht mehr, und was du haben wirst, wirst du verlieren. Du musst die Arme nach etwas anderem ausstrecken, das sich in dem Maße entfernt, in dem deine Arme sich ihm annähern.“
..ja da weiß ich gar nicht mehr, was ich dazu sagen soll – zu einem Vergleich von (selbst zu verantwortender) Kaufsucht mit dem Leid in KZs? Also man muss schon eine Menge Hass, oder ich weiß es nicht, was, in sich tragen um in der Lage zu sein, solche Vergleiche zu konstruieren..
@Roland Ziegler
Ja, die Bratkartoffeln: Siehe das, was ich Alan Posener zu dem Film geschrieben habe. Oder anders: Das was man schätzt, weiterentwickeln!
Mit der „Naturliebe“ habe ich es allerdings wahrscheinlich nicht so: Ich habe eine Obstwiese mit Apfelbäumen geerbt und da die seit ca. 20 Jahren nicht mehr bewirtschaftet wurde, kämpfe ich derweil mit Motorsense und Kettensäge gegen gegen Brombeer- und Hagebuttenbüsche, Birken, was auch immer, wobei man Gefahr läuft, von Mücken, Bremsen, Zecken bei lebendigem Leibe aufgefressen zu werden. Das was ich da lieben werde, ist das Ergebnis meiner schweißtreibenden Arbeit, nämlich eine angenehme Kulturlandschaft und den Apfelsaft.
Parisien,
schön, dass sie das mit China und dem DAX ansprechen.
Der Einbruch fing zuerst beim DAX am 12.04.2015 an.
@KJN
… Und Vorsicht vor Leuten, die „Gesunder Menschenverstand“ als Pseudonym führen. 🙂
zu den Kartoffeln: sprechen Sie von Bratkartoffeln? Ja, es ist ein schönes Gefühl, wenn diese Dinge gelingen.
…etwa so wie „Metaphsyik“ auch „physik“ umfasst. Aber besonders sichtbar wird sie dort, wo die Physik endet. Bei Fragen wie: Was ist nach dem Tod? Was war vor dem Urknall? Was ist der Sinn des Lebens? – Zu solchen Fragen sagt die Naturwissenschaft gar nichts (außer dass sie erklärt, warum sie dazu nichts sagen kann). Die Religion aber schon, und gerade für diese Fragen interessieren sich die Menschen. Zurecht.
@KJN: Das wäre armselig, ja, wenn dem so wäre. Aber Gott bzw. seine Größe hängt für die Gläubigen nicht von der Leistungsfähigkeit der Naturwissenschaft ab. Sondern er zeigt sich selbstverständlich in seinem Werk – der Welt. (Deshlab wundeert es mich auch, dass Herr Posener in seinem Artikel gar nicht auf die Naturschönheit zu sprechen kommt.)
Das bedeutet, dass er sich auch in den Naturwissenschaften zeigt, die sich ja besonders intensiv mit dieser Welt beschäftigen. Aber er zeigt sich eben nicht nur dort in seinem Werk. Er zeigt sich besonder sichtbar auch dort, wo die Naturwissenschaften nichts sehen können, denn dort gibt es keine naturwissenschaftrlichen Antworten, sondern ausschließlich religiöse (oder gar keine, nach dem Motto: Worüber man nicht reden kann, darüber muss man schweigen). So ähnlich wäre wohl die Auffassung eines Gläubigen.
@ Parisien
Ich denke Sie haben recht mit Ihrem Hinweis auf die Doppelstandards der quasireligiösen herrschenden Meinung.
@ Klaus J. Nick
„..weswegen wir ja an einem Kapitalismus für alle arbeiten sollten, statt ständig ‘ethnische’ oder religiöse Ersatzbefriedigung zu postulieren.“
Klingt gut, wie alle Menschen werden Brüder. Kein Bosnier, Roma, Franzos oder Schwede („ethnische Ersatzbefriedigungen“ mehr, sondern was denn? Was meinen Sie, wenn Sie „Kapitalismus für alle“ (wohl Realbefriedigung?) postulieren? Alle werden Prosumenten oder reicht Konsument?
In meinem vorigen Leben hatte ich die Freuden des Konsums genossen, durch die sich unser Zeitalter den vorangegangenen so überlegen zeigt.
Die Grundlage des unternehmerischen Handelns ist die ewige Abwandlung des Immergleichen: Veränderung der Serie, des Modells, des Erscheinungsbildes. Solcherlei unwesentliche Modifikationen dienen dazu, den Verbraucher mit vorgegaukelten Veränderungen zu verwirren und ihm gleichzeitig stets mehr oder weniger dieselbe Sache anzubieten. Es soll ein lebenslanges Begehren bei den Verbrauchern erzeugt werden. Was können sie anderes tun, als zu begehren und sich wie Kinder vollzustopfen? Eine „Generation von endgültigen kids.“
Die den Konzentrationslagern eigene Herrschaftstechnik ist hier im Gewand der Tantalusqualen zurückgekehrt: Was du hast, hast du nicht mehr, und was du haben wirst, wirst du verlieren. Du musst die Arme nach etwas anderem ausstrecken, das sich in dem Maße entfernt, in dem deine Arme sich ihm annähern.
Appropos, was meinen Sie zu Großbrittanien, dem Mutterland des Kapitalismus?
http://www.spiegel.de/politik/.....49646.html
Die behaupten doch tatsächlich, dass GB kein Land sei, „in dem Milch und Honig fließen“ und behaupten, dass die Einwanderer, die kommen wollen, wegen dieser Erwartung kommen.
Was meinen Sie zur Initative „Gut leben in Deutschland“ und zu „pulsierenden Stadtteilen“ (http://www.spiegel.de/politik/.....49646.html)? Floriert dort der „Kapitalismus für alle“?
Was meinen Sie dazu? Jobwunder in Meck-Pomm (http://www.focus.de/politik/de.....99705.html). Wird das der „Kapitalismus für alle“, nachdem sich die Autochthonen verdünnisiert haben? Wollen die Neusiedler Pioniere werden, mit der Schaufel in der Hand?
… o.t., … Что делать? werter APo. Man muss nicht immer seiner Meinung sein, aber Henry Kissinger ist zumindest ehrlich und Realpolitiker. Das fehlt (Mu)Barak Hussein Obama und seinen ‚Förderern‘. Oder?
@KJN
Einsteins Skepsis hatte nichts mit „Haltung“ oder „gesundem Menschenverstand“ zu tun. Er irrte einfach. „Haltung“ zeigte er in seinem Eintreten gegen den Bau der Atombombe, obwohl es damals gute und „karriereversprechende“ Argumente dafür gab.
Überhaupt ist das mit dem „gesunden Menschenverstand“ so eine Sache: Der flüstert mir vielleicht etwas anderes ein als Ihnen.
Beste Grüße
@Roland Ziegler
Wenn Gott oder seine Größe davon abhinge, wieviel die Naturwissenschaft erklären kann, wäre das ein ziemlich armseliger Gott. Nochmal: Wirklich lesenswert
http://www.welt.de/kultur/arti.....nomie.html
Was die Kartoffeln betrifft: Ich weiß nicht, was mich manchmal dazu treibt, Sachen zu verteidigen, die mich doch nicht so interessieren. Speiseeis oder Erdbeeren wären mir näher – aber die schmäht ja niemand.
@Parisien
Was meinen Sie mit „größere Gefahr für dieses Land“?
Was befürchten Sie denn nun mehr: Muslime, Zuwanderer, oder doch Kriminelle – oder Leute mit anderer Auffassung von der Sache? Merken Sie die geistige Enge, in der Sie argumentieren? Bei dem Trip, auf dem Sie sind, wird mir Angst und Bange…