Zweifellos sind Zeitungen in einer schwierigen Lage. Und das nicht erst seit es das Internet gibt. Zweifellos müssen sie neue Wege gehen, wenn ihr Geschäftsmodell erhalten bleiben soll – oder ihr Geschäftsmodell ändern, wenn das Produkt „Zeitung“ (ob gedruckt oder online) erhalten werden soll. Der Druck kommt von zwei Seiten: da sind die privaten Quasi-Monopolisten des Netzes, allen voran Google; und da sind die „öffentlich-rechtlichen“, das heißt staatlichen, mit einer Zwangsabgabe finanzierten Sender, die nicht nur Rundfunk- und Fernsehprogramme produzieren, sondern auch mit Angeboten im Netz den Verlagen Konkurrenz machen.
Nun sagt eine altes englisches Sprichwort: „If you can’t beat them, join them“. Einige Zeitungen scheinen diesen opportunistischen Rat zu befolgen. Letzte Woche habe ich hier geschildert, wie Google mit der FAZ und der Zeit kooperiert, und warum ich das bedenklich finde. Noch bedenklicher allerdings finde ich die seit einiger Zeit praktizierte Kooperation der öffentlich-rechtlichen Sender NDR und WDR mit der Süddeutschen Zeitung im Bereich „Investigativjournalismus“. Art, Umfang und Problematik dieser Kooperation werden in diesem Artikel von Petra Sorge auf Cicero online gut geschildert.
Die Materie ist rechtlich kompliziert, die Sachlage politisch aber eindeutig: Mit „Staatsknete“ wird der Süddeutschen Zeitung ein Vorteil vor ihren privatwirtschaftlichen Konkurrenten verschafft. Dieser Vorteil ist einmal das gemeinsam recherchierte Material selbst: kaum ein privater Verleger kann mit dem Korrespondentennetz der ARD konkurrieren, mit der materiellen Ausstattung sowieso nicht, und kaum eine Zeitung bekommt den Zugang zu den Mächtigen, den das Zauberwort „TV“ nach wie vor verschafft. Kurzum, die „SZ“ bekommt exklusives Material, für das sie nicht bezahlt hat. Zweitens macht es sich natürlich sehr gut, wenn NDR und WDR bei den gemeinsam mit der „SZ“ recherchierten Inhalten auf die Gemeinsamkeit auch hinweisen.
Das läuft auf eine vom Gebührenzahler finanzierte Werbung für die „SZ“ hinaus. Product Placement, sozusagen.
Die Vorteile für die „SZ“ liegen also auf der Hand. Die Frage stellt sich allerdings, weshalb sich die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf eine solche Kooperation einlassen. Bei allem Respekt vor den Kollegen in München: sie können nichts (außer brillant schreiben), was NDR und WDR nicht auch können. Folgende Überlegung dürfte ausschlaggeben gewesen sein:
Die öffentlich-rechtlichen Sender geraten – nicht erst seit heute – wegen der schlechten Qualität ihrer Programme, wegen mangelnder Kontrolle und daraus folgender Korruption immer wieder unter Beschuss. Nun suchen Sie mal online nach entsprechender Kritik an Produktionen von WDR und NDR seitens der „SZ“. Eben. Man wird doch nicht die Gans kritisieren, die goldene Eier legt. Und wenn doch, gibt es auch Methoden, Kritiker abzustrafen. Sie glauben, so etwas komme nicht vor? Lesen Sie Nicole Joens‘ Buch „Korrupte Medienmacht“. Ich selbst kann ein kleines Liedchen davon singen. Jahrelang war ich ein mehr oder weniger regelmäßiger Gastkommentator mit politischen Feuilletons bei Deutschlandradio Kultur. bis ich mir erlaubte, in der „Welt“ das Morgenprogramm des Senders zu kritisieren. Aus war’s mit den Einladungen, mal „gegen den Mainstream“ ein politisches Feuilleton zu schreiben. Denn die öffentlich-rechtlichen Anstalten verstehen keinen Spaß.
Macht das Modell SZ-WDR-NDR Schule, etwa indem weitere ARD-Sender oder das ZDF mit anderen Zeitungen kooperieren (Spiegel? Stern? Zeit? FAZ?) dürfte die – ohnehin nicht sehr ausgeprägte – Neigung der privatwirtschaftlich betriebenen Presse, Kritik an den Staatsmedien zu üben, gegen Null gehen. Wir hätten den Fall eines staatsmonopolistisch organsierten Kapitalismus im Medienbereich.
Die Pegida-Rufe von der „Lügenpresse“ würden dann in weiteren Kreisen Gehör finden, und nicht ganz zu Unrecht. Nicht, weil alles Lüge wäre; sondern weil es niemanden gäbe, der in der Lage wäre, das herauszubekommen.
Ja Parisien, mit dem Gendern hätte ich auch meine Probleme. Denke da nur an das bekloppte Wort „Studierende“ für Studentinnen und Studenten oder – schlimmer noch – das Suffix „-Innen“. Komme damit aber wenig in Berührung, weil ich mich in Kreisen bewege, wo Gendern keine Rolle spielt. Einerseits denke ich, die Einstellung zum Thema „Gleichstellung“ ist entscheidend – ich denke, da unterscheiden sich unsere Ansichten. Andererseits muss man auch die Meinung akzeptieren, dass sich eine positive Haltung zur Gleichstellung eben auch in der Sprache niederschlagen sollte. Auch wenn man, wie Ich, das eher als Sprachverhunzung ansieht. Aber das ist Geschmackssache. Gregor Gysi ist mir da lieber, der konsequent von Rentnerinnen und Rentnern, Sozialistinnen und Sozialisten usw. spricht. Letztlich wird sich in der Sprache nur das flächendeckend durchsetzen, was mehrheitlich akzeptiert wird.