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Der schlechte Witz von Oslo

Diese Verleihung des Friedensnobelpreises ist ein schlechter Witz. Und die Begründung erst recht. So, so – die EU hat also 60 Jahre lang zum Frieden in Europa „beigetragen“.  Klar, Oslo liegt in einem Land, das nicht einmal EU-Mitglied ist. Aber muss das dort ansässige Preiskomitee eine solch Welt- und Europafremde „Seligsprechung“ zelebrieren?

Entweder ist dort eine schräge Formation von Polit-Humoristen oder naiven Gutmenschen eingezogen oder aber man wollte endlich einmal aller Welt mit einem ironischen Schachzug vorführen, was diese aktuelle EU wirklich ist. Denn immerhin wurde ja entschuldigend argumentiert, natürlich sei dieser Preis für die vergangenen Verdienste vor allem verliehen.

Und so wird denn selbst diese Relativierung der vor Freude sich kaum haltenden Supereuropäer vom Schlage Barroso, Merkel oder Schäuble als ermutigendes Signal, als eine  großartige Belohnung und was weiß ich noch hochgejubelt. Nur diese Leute waren ja eigentlich gar nicht gemeint, das nur nebenbei.

Das Wichtigste: 60 Jahre kein Krieg in Europa. Eine solch abgedroschene Formel hat man jahrzehntelang in Sonntagsreden über sich ergehen lassen müssen. Soll das etwa insinuieren, dass ohne die EU Franzosen und Deutsche wie zu Olims Zeiten aufeinanander ballern würden? Oder,  dass wir längst einen Atomkrieg in Europa gehabt hätten? Ganz nebenbei, wie friedlich war denn eigentlich der jahrelange Krieg auf dem Balkan, bei dem die EU grandios versagt hat. Und wie friedlich ist eigentlich der unerklärte Währungskrieg der Reichen in der EU gegen den weniger begüterten oder mehr verschuldeten Länder.

Hat man in Oslo nicht die täglichen Protestaktionen vor allem der Jugend, also der „Zukunft Europas“, auf den Straßen von Lissabon, Athen und Madrid gesehen? In Italien wird es voraussichtlich auch nicht mehr allzu lange „friedlich“ zugehen.

Und ist den Gutmenschen des Nobelkomitees eigentlich entgangen, dass mindestens sieben der EU Mitgliedstaaten zu den führenden Waffenexporteuren der Welt gehören. Deutschland übrigens an der Spitze.

Dann diese unglaubliche Verhöhnung der 500 Millionen Bürgers Europas von den „ausgezeichneten“ Politkern, jeder Einzelne dürfe den Preis auch für sich in Anspruch nehmen. Dreister geht es nimmer. Diese EU ist inzwischen pervertiert zu einem kaum durchschaubaren und von den meisten Bürgern zu allerletzt akzeptierten Konstrukt der Bürokratie und Technokratie geworden.

Und schließlich der EURO, der gerade dabei ist, wenn er nicht gar kollabiert, so zumindest diese EU auf Dauer zu spalten denn zu einigen. Und was die osteuropäischen Länder angeht, so sind sie-wenn überhaupt-  schon längst Mitglieder zweiter Klasse.

Selbst in der EU-Spitze herrscht jetzt „Ratlosigkeit“ über die Frage, wer denn nun den Preis in Empfang nehmen soll. Solch fähige Politiker Europäer wie Barroso  (Kommissionspräsident), van Rompoy (Ratspräsident), Schulz (Parlamentspräsident) oder wer eigentlich…

Tja, da hat wohl doch die Spaßfraktion in Oslo gesiegt – aber irgendwie dann doch ein schlechter Witz, diese „Ehrung“.

 

 

 

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15 Gedanken zu “Der schlechte Witz von Oslo;”

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    @ Alan Posener
    Nur Greise lieben Preise
    Aus Ihrem Stück in der Welt:
    „Der „arabische Frühling“ erinnerte daran, dass die Ursprünge Europas in einer Zeit und einer Welt liegen, da das Mittelmeer, nicht die Südgrenze, sondern als „mare nostrum“ das Zentrum des Kulturraums bildeten.“

    Nee, oder? Sie wollen zurück ins erste Jahrtausend? Oh, weh. Kulturell dürfte das Zentrum weiter nördlich liegen, in Paris oder London, finanziell so irgendwo zwischen Helsinki, Oslo, Berlin, Amsterdam und London.

    „Und wenn im fernen Georgien eine Partei die Wahl gewinnt, die das Land in die Europäische Union führen will, so sollte dieses Ereignis, das den meisten Medien kaum mehr wert war als eine Meldung, der europäischen Öffentlichkeit deutlich machen, dass diese EU nach wie vor, trotz Euro-Krise und Wachstumsschwäche, die „letzte, beste Hoffnung“ der Menschen im erweiterten Europa ist.“

    Und Sie glauben ernsthaft, die Russen ließen dieses zu? Und es hätte nicht in erster Linie mit Geldtransfers zu tun? Und von europäischer Seite mit der Pipeline bei Tiflis? Sie glauben, die Leute durchschauten diesen faulen Zauber nicht allmählich?
    Und Sie gehören zu den Unermüdlichen, die immer noch meinen, der arabische „Frühling“s-Herbstorkan hätte mehr mit Freiheit denn mit Armut und steigenden Brotpreisen zu tun gehabt? Zwingt Sie jemand zum Tragen einer Brille oder haben Sie die Augen freiwillig so weit zu?

    Nein. Burchardt hat Recht mit jedem Wort. Wir werden verhöhnt. Man glaubt, der Preis kriege uns ‚rum.Nur noch Greise lieben Preise. Für alle Jüngeren sind Preise zu Ramsch verkommen, besonders dieser. Und sorry, aber der war schon vermurkst, als Begin und Arafat den erhielten.

    Die Schweiz, in der Tat (DonGeraldo und Lyoner) wäre der Kandidat.

    Und ja, wen würden Sie vorschlagen?:
    „Selbst in der EU-Spitze herrscht jetzt „Ratlosigkeit“ über die Frage, wer denn nun den Preis in Empfang nehmen soll. Solch fähige Politiker Europäer wie Barroso (Kommissionspräsident), van Rompoy (Ratspräsident), Schulz (Parlamentspräsident) oder wer eigentlich…“

    Ich tippe, dass Sie Barroso vorschlagen würden. Den nächsten kriegt dan wohl Mao posthum.

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    Nach dem Friedensnobelpreis an den kriegsführenden Obama fiel es dem Nobelpreiskommitee schwer, sich noch mehr zu blamieren.

    Aber sie haben es geschafft.

    Ich hoffe, die seit über 200 Jahren keinen Krieg führende Schweiz bekommt endlich den Preis für ihr Friedfertigkeit.

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    @Roland Ziegler
    „Vielleicht hilft der Preis, das keinesfalls Selbstverständliche, das Gute an den heutigen Verhältnissen in den Blick zu bekommen.“
    Diese Sichtweise ist sympathisch, aber naiv. Wir haben es in der EU in erster Linie mit einem krassen Demokratiedefizit zu tun und ich halte solcherart Preisvergaben für schlichtweg einen Missbrauch der Nobel-Stiftung. Im Übrigen wurden früher einmal Personen geehrt – sind wir inzwischen bereits so weit entindividualisiert, daß inzwischen Organisationen und Systeme Preise bekommen?
    Ein bemerkenswertes Beispiel für ein gleichermaßen abgehobenes, abstraktes und blutleeres Menschen- und Weltbild. (Nein, ich habe es heute nicht kleiner..)

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    Alles was da und erfreulich ist, wird normalerweise mit einem Achselzucken quittiert. Vielleicht hilft der Preis, das keinesfalls Selbstverständliche, das Gute an den heutigen Verhältnissen in den Blick zu bekommen. (Das Schlechte wird uns mehrmals täglich unter die Nase gehalten.)

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    Apo: Böse Menschen haben keine schrillen Outfits und grenzdebilen Lieder.

    … nun ja … es die war schwule SA-Truppe, die Adolf Hitler DIE STRASSE FREI geprügelt hatte. Schrill und grenzdebil.

    Das ist schlichtweg eine Tatsache.

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    Nachvollziehbar, was Rainer Burchardt schreibt: Dieser Nobelpreis erinnert an den Motivationsschwachsinn aus der Großwirtschaft, mit dem Mitarbeiter und Aktionäre bei Laune gehalten werden. Hier wie dort jeweils reine Eliten-Projekte ohne faktische Mitsprache.
    Natürlich freue ich mich, wenn ich persönlich mit einem 500-millionstel Nobelpreis von der Politik dafür gelobt werde, weder Polen überfallen, noch einen Krieg mit dem Erbfeind angezettelt zu haben, aber leider bin ich mittlerweile so materialistisch-verdorben, daß ich mich noch mehr über ein gutes Gehalt, bezahlte Rechnungen, stabile Währung etc. freue, also solche Dinge, die die Möglichkeit und Chance zu einem selbstverantworteten Leben überhaupt erst ermöglichen. Solches wird bekanntermaßen seit mindestens 20 Jahren durch die Politik verspielt. Der Hinweis auf 60 Jahre Frieden erscheint mir wie eine Bankrotterklärung jeglicher Wirtschaftspolitik.
    Dieser ganze Nobelpreis verkommt durch solche Preisvergaben zu einer Farce und ist sicher nicht im Sinne des Erfinders.

    Davon mal abgesehen: Die EU ist Realität, sie wäre so oder so gekommen, bereits aus wirtschaftlichen Gründen und Industrie-Interesse. Da eine besondere Leistung der Politik zu sehen, die diesen Interessen nur folgt, ist Erfolg von Politik-Marketing. Im Welt-Zusammenhang, auch kulturell, erscheint mir die EU als kleineres Übel.

  7. avatar

    Hätte „Mein Buch“ den Titel ”Imperium der Zukunft. Warum Europa Weltmacht werden muss”, Herr Posener, ich würde kämpfen bis zur letzten Patrone! …Wirklich!

    PS: Spendenbeiträge für Literatur-Schleich-Werbung, werfen Sie bitte in die Sammelbüchse für „Autoren in Erklärungs-Not“

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    Europa haette funktioniert mit der Vision von DeGaulle: Unabhaengig von USA und „Great Britain“ und ohne NATO (mit den Interventionen fuer die geopolitischen Interessen von AIPAC!). Frankreich als „Directeur“ und mit einem verkleinerten „Bonn“ Deutschland und einem Koenigreich Bayern – und Benelux als „Kern-Partner“ . 2003, Chirac mit Dominque de Villepine und Schroeder haben nochmals auf eine „unabhaengiges“ Europa gestrebt – gegen „shock&awe“ ueber Irak. (Obwohl gerade die BND die Bombenziele waehlte fuer die U.S. Air Force. Der selbe Botschafter C.R.Ellner ist heute BRD Botschafter der USA in Paraguay…) Schroeder zeigte auch mit „Nordstream“ das die „Resistance“ noch im wirklichen Europa besteht. Merkel im Fall Lybien und der Finanztransaktions-Steuer – ist auch in der „Resistance“… Vielleicht hilft der Preis dazu die „Resistance“ zu ermutigen – unbeirrt fuer die „Unabhaengigkeit“ eines vereinten Europas der Heimaten. Die Bayern sollten sich das nochmal ueberlegen – ob sie nicht wieder „selbstaendig“ und ohne Berlin leben moechten. Warum nicht ein Referendum ? Scotland, Cataluna und Flamen wollen auch ihre eigenen Staaten – ohne die heutigen Zentralregierungen ihrer monarchischen Exkolonialmaechte.

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    Wenn ein kritischer Journalist wie Rainer Burchardt, der das ein ganzes Berufsleben war, ein paar nicht systemrelevante Lobhuddeleien auf dass EU-Monstrum loslässt, dann wird die Gutmenschbranche nicht nur bei den Bilderbergern Journalisten unruhig, auch der David Precht der WELT, Alan Posener eilt dem Selbsbedienungsladen von Thorbjörn Jagland, Europarat und Verteiler des unnoblen Nobelpreises zuverlässig zur Hilfe. Allein das erhöht schon die Glaubwürdigkeit von Rainer Burchardt.

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    Ich hielt, als ich davon hörte (uninformiert wie ich bin), die Geschichte tatsächlich erst für einen schlechten Witz. Als ich begriff, dass es wirklich so ist, habe ich mich gefreut. Obwohl der Nobelpreis schon etwas kitschig wirkt, angesichts des Schlamassels und der gigantischen Summen. Herrn Posener ist ein guter Kommentar zu der Preisverleihung gelungen; auch die Erwähnung des noch kitschigeren Eurovision Song Contest ist passend. „Böse Menschen haben keine schrillen Outfits und grenzdebilen Lieder“, sondern schicken andere dafür 2 Jahre ins Arbeitslager.

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    … dieser Preis war auch schon früher ein Witz (bspw. der amerikanische Präsident, der nach wie vor Krieg betreibt, hat den ja auch mal bekommen).

    Wichtig wäre, dass die Presse einfach nicht mehr darüber berichtet (oder nicht mehr so groß, an sich darf man ja berichten). Da liegt das eigentliche Problem: Es wird über alles „große“ berichtet, egal wie notwendig oder sinnvoll das ist oder nicht. Und Kritik liest man leider auch nur selten …

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    Ich habe den Brasilianern geschrieben: „Der Preis ist ein Glueck fuer Brasilien, denn es zeigt das die Europaer jetzt mit sich selbst befasst sind, und sich nicht durch einen Preis an Marina Da Silva oder den oestreichischen Bischof Erwin Kraeutler in Brasilien einmischen koennen. Zumindest 2012!“ Marina da Silva (eine verwirrte „Gruene“) und Bischof Kraeutler (von Vorarlberg aber seit 1965 als „Fuerstbischof vom Amazonas“) sind die zwei Bugfiguren fuer den Vorwand der NATO-NROS gegen die „unabhaengige“ Entwicklung Brasiliens. Die USA will keine „unabhaengiges“ Brasilien – wie in BRICS – sondern einen demuetigen „Security Partner“… Heute sind Krisen in Europa gut fuer die „Anderen“!

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