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Was ist die Moderne? Erster Versuch: Die Moderne bedeutet die Heiligkeit der Fakten

Als Deborah Lippstadt im Verleumdungsverfahren freigesprochen wurde, das David Irving gegen sie angestrengt hatte, weil sie ihn einen Holocaustleugner genannt hatte, sagte sie, das Urteil sei „a victory for the sanctity of facts“. Denn Irving hat in der Tat, wie das Gericht feststellte, den Holocaust verschiedentlich geleugnet.
Mir scheint, das wichtigste Kennzeichen der Moderne ist diese „Heiligkeit der Fakten“. Sie widerspricht keineswegs jenem anderen Kennzeichen der Moderne, der durch Karl Popper formulierten Relativität aller Theorien. Denn das eine bedingt das andere. Da Fakten absolut sind, kann jede Theorie widerlegt werden, wenn die Fakten nicht zur Theorie passen. Das ist weder trivial noch selbstverständlich.
Galileo Galilei ist ja gerade deshalb eine ikonografische Gestalt der Modernen, weil die Inquisition von ihm den Widerruf von Fakten verlangte, weil sie nicht zur Theorie – zur Theologie – passten. Dabei war die Kirche bereit, die Berechnungen des Kopernikus zu akzeptieren, ja benutzte sie selbst; was sie nicht akzeptieren konnte war der Versuch Galileis, das Modell des Kopernikus durch Beobachtung zu verifizieren und als Faktum hinzustellen.
Natürlich ist die Sache nicht so einfach, wie es den Anschein hat. Oft ist es nicht leicht, zwischen einem Faktum und einer Theorie oder einem Vorurteil zu unterscheiden. Die Existenz von Rassen zum Beispiel (und nicht nur in dem banalen Sinn, dass manche Menschen schwarz sind, andere braun, rot, pink usw., sondern als Trägerinnen und Vermittlerinnen psychologischer Eigenschaften und kultureller Fähigkeiten) galt nicht nur den Nazis als Tatsache.
Fakten selbst können umstritten sein, zum Beispiel der Klimawandel oder die Existenz einer Krankheit namens ADS. Manche Fakten können nicht gewusst werden, weil es keine Mittel gibt, sie zu eruieren, das gilt etwa für historische Fragen wie „ist Jesus von den Toten auferstanden?“ oder „Wer schrieb Shakespeares Dramen?“ oder „Wollte Hitler von Anfang an die Juden physisch ausrotten?“ In dem Fall müssen Theorien aus Indizien die Fakten ersetzen.
Theorien wiederum werden selten durch den Popper’schen Idealfall einer Falsifizierung durch Fakten erledigt, sondern biologisch, indem deren Vertreter sterben oder in Rente gehen, oder durch einen Wandel der gesellschaftlichen  Empfindungen oder der wissenschaftlichen Moden.
Trotzdem meine ich, dass die Heiligkeit der Fakten, der Gedanke, dass bestimmte Behauptungen nachprüfbar richtig, andere nachprüfbar falsch sind, und zwar unabhängig davon, ob sie den Priestern, Königen, Magiern oder Wissenschaftlern passen, das Grundkennzeichen der Epoche ist, die Galileo Galilei einleitet.
Und es ist ja auch kein Zufall, dass sich alle Antimodernen gerade dagegen richten.
In einem wunderbaren Gedicht schreibt der preußische Katholik Novalis:
Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
sind Schlüssel aller Kreaturen,
wenn die, so singen oder küssen,
mehr als die Tiefgelehrten wissen,
wenn sich die Welt ins freie Leben
und in die Welt wird zurückbegeben,
wenn dann sich wieder Licht und Schatten
zu echter Klarheit werden gatten
und man in Märchen und Gedichten
erkennt die wahren Weltgeschichten,
dann fliegt vor einem geheimen Wort
das ganze verkehrte Wesen fort.
Ich bin mir sicher, dass Nicolas Gomez Davila und Matthias Matussek das unterschreiben würden.
Und es ist, ich wiederhole es, ein wunderbares Gedicht – und ein gefährliches. Das Gefährliche liegt in der Entgegensetzung von „Zahlen und Kolumnen“ einerseits und wahrem Leben andererseits, und im Wunsch, „das ganze verkehrte Wesen“ – die Wissenschaft nämlich – werde „fortfliegen“.
Natürlich gab und gibt es Naturwissenschaftler, die nicht nur methodisch, sondern auch emotional und philosophisch Reduktionisten waren und sind. In der früheren DDR etwa wurde die Naturwissenschaft oft genug so gelehrt. Aber eben so klar ist es, „dass die, so singen oder küssen, mehr als die Tiefgelehrten wissen“ – nur eben nicht unbedingt etwas über Hormonen und Harmonielehre.
Es ist eben eine andere Art von Wissen, und wir haben inzwischen erfahren, dass wir einerseits wissen können, was chemisch in uns vorgeht, wenn wir uns verlieben, oder warum ein bestimmter Rhythmus uns mitnimmt, dass dieses Wissen aber keineswegs bedeutet, dass die Liebe weniger zauberhaft oder ein Lied der Rolling Stones uns weniger in die Beine und die Seele geht. Das heißt, wir wissen, dass „Zahlen und Figuren“ nicht „Schlüssel aller Kreaturen“ sind; aber wir können nicht gegen das Faktum des Genoms – oder besser: gegen die Fakten der Genetik und Epigenetik – einfach Dinge behaupten wie dass die Intelligenz erblich ist oder dass wir deshalb krank werden, weil uns Gott für unsere Sünden bestrafen will.
Das Interessante ist, dass sowohl Nationalsozialismus als auch Sozialismus – jedenfalls in seiner Marx’schen Variante – sich zwar als Kinder der Moderne präsentieren, in Wirklichkeit aber Ausdruck jener Abkehr von der Moderne sind, die Novalis als Utopie beschreibt.
Bei den Nazis mit ihrer Betonung des Mythos, der „Stimme des Blutes“, der Esoterik und der Rasse, mit ihrer Ablehnung „jüdischer“ Wissenschaft  wie der Relativitätstheorie usw. ist das relativ klar, auch wenn heutige Reaktionäre genau das leugnen, wie schon Theodor Adorno mit seiner „Dialektik der Aufklärung“, die instrumentelle und existenzielle Vernunft verwechselt. Bei den Kommunisten ist das weniger klar, weil sie ja auf den Erkenntnissen der klassischen politischen Ökonomie und den Naturwissenschaften aufbauen, wenn Marx auch sowohl Adam Smith als auch Charles Darwin missverstanden hat. Man betrachte aber folgende oft zitierte Passage aus dem „Kommunistischen Manifest“:
„Die Bourgeoisie, wo sie zur Herrschaft gekommen, hat alle feudalen, patriarchalischen, idyllischen Verhältnisse zerstört. Sie hat die buntscheckigen Feudalbande, die den Menschen an seinen natürlichen Vorgesetzten knüpften, unbarmherzig zerrissen und kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übriggelasssen als das nackte Interesse, als die gefühllose „bare Zahlung“. Sie hat die heiligen Schauer der frommen Schwärmerei, der ritterlichen Begeisterung, der spießbürgerlichen Wehmut in dem eiskalten Wasser egoistischer Berechnung ertränkt. Sie hat die persönliche Wurde in den Tauschwert aufgelöst und an die Stelle der zahllosen verbrieften und wohlerworbenen Freiheiten die eine gewissenlose Handelsfreiheit gesetzt. Sie hat, mit einem Wort, an die Stelle der mit religiösen und politischen Illusionen verhüllten Ausbeutung die offene, unverschämte, direkte, dürre Ausbeutung gesetzt. Die Bourgeoisie hat alle bisher ehrwürdigen und mit frommer Scheu betrachteten Tätigkeiten ihres Heiligenscheins entkleidet. Sie hat den Arzt, den Juristen, den Pfaffen, den Poeten, den Mann der Wissenschaft in ihre bezahlten Lohnarbeiter verwandelt. Die Bourgeoisie hat dem Familienverhältnis seinen rührend-sentimentalen Schleier abgerissen und es auf ein reines Geldverhältnis zurückgeführt.“
Das ist, im Grunde genommen, die Klage des Novalis: die Menschen sind zu „Zahlen und Figuren“ verkommen – Marx ergänzt nur: im Kassenbuch der Bourgeoisie. Und im Kern läuft der Kommunismus auf das Versprechen hinaus, diese Reduktion des Menschen auf den homo oeconomicus, aller „frommen Schauer“ durch „egoistische Berechung“, aller sozialen Beziehungen auf „bare Zahlung“ in der kommenden kommunistischen Utopie „aufzuheben“, wie es Marx in Anlehnung an Hegel gern formulierte.
Deshalb beruht der Marxismus, man muss es eigentlich nicht betonen, nicht auf Fakten, sondern auf einem utopischen Erlösungsversprechen; und wie jede Erlösungsreligion tut sie alles Erdenkliche, um sich gegen die Fakten zu immunisieren. Kein Wunder, dass Stalin am Ende seines Lebens beim Kampf gegen die „bürgerliche Wissenschaft“ der Genetik landet. Und beim Antisemitismus, aber das nur nebenbei.
Dabei vollzieht der Marxismus nur nach, was ihm das Christentum vormacht, das ja, wie Joseph Ratzinger es einmal zutreffend formuliert hat, ursprünglich eine „physikalische Religion“ ist und sich gerade dadurch von den Sagen und Mythen der Griechen, Römer, Perser, Ägypter und Juden unterscheidet. Mehr darüber vielleicht nächste Woche.
Um aber zum Ausgangspunkt zurückzukommen: modern sein heißt vor allem die Heiligkeit der Fakten respektieren. Und jede reaktionäre Wende beginnt damit (oder endet darin), die Fakten zu leugnen – oder, was nur eine Variante davonist, die Existenz von Fakten zu bestreiten. Und zwar oft genug im Namen der Freiheit („wenn sich die Welt ins freie Leben… wird zurückbegeben“). Denn anders als es die Reaktionäre behaupten, besteht die Moderne keineswegs im Verkünden einer absoluten Freiheit. Sondern vielmehr darin, die Begrenzung des Denkens durch die Fakten anzuerkennen. Für viele ist diese Begrenzung ärger als jene durch eine noch so irrwitzige Dogmatik. Nicht die Überheblichkeit ist das Kennzeichen des modernen Menschen. Sondern die Bescheidenheit.
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113 Gedanken zu “Was ist die Moderne? Erster Versuch: Die Moderne bedeutet die Heiligkeit der Fakten;”

  1. avatar

    @ Parisien

    In meinem Kampf gegen den Antisemitismus und Holocaustleugnung würde ich Sie ja gerne als bewährte Kraft rekrutieren, allein: dass Sie den besten Willen haben, wird Ihnen kein Mensch abstreiten, aber Ihre Einstellung zu dem, was Posener unnötiger-, aber bezeichnenderweise „Heiligkeit der Fakten“ genannt hat, scheint mir verworren und ungeklärt, so dass ich Sie ungern zu jungen neugierigen Forscherseelen oder ungläubigen Thomassen schicken würde, um diese aufzuklären. Ich hätte die Befürchtung, dass dies ein Schuß in das eigene Bein wird, wenn Sie mit ihrem Ansatz der Identifikation mit Protagonisten aus Film, Fernsehen und Literatur kommen würden.

    Ich bitte Sie mir kurz zu folgen: Wesentlich ist, die beiden Bereiche der „äußeren objektiven Wahrheit“, der hauptsächlich durch die Methoden der Geschichtsforschung erschlossen wird, und der „inneren subjektiven Wahrheit“, die durch künstlerische Produktionen erschlossen werden, sauber auseinanderzuhalten; insbesondere darf man die die objektiven Wahrheiten nicht durch subjektive Wahrheiten kontaminieren. Ich streite nicht ab, dass subjektive Wahrheiten einen Erkenntniswert haben können, aber es ist kontraproduktiv, „Lücken“ der Forschung durch empathische Phantastereien zu füllen. Dann wird „Holocaustforschung“ unglaubwürdig. Wenn Sie ein Wahrheitskriterium wie das von Israel Gutman (“Wilkomirski hat eine Geschichte geschrieben, die er ganz tief in seinem Inneren erlebt hat, […]. Selbst wenn er nicht Jude ist, ist die Tatsache, dass ihn der Holocaust so tief berührt hat, von größter Bedeutung. […]. Er ist kein Betrüger. […]. Sein Schmerz ist echt.”) – „tief in seinem Inneren erlebt“, „tief berührt“, „Schmerz ist echt“ anlegen, können Sie nicht zwischem einem echten Zeugen und einem Lügner, Pseudologen, Simulanten unterscheiden. Und die Glaubwürdigkeit der Zeugen und Quellen ist doch wesentlich, denn sie sollen helfen die Sachlage zu klären, zwischen richtigen und falschen Aussagen zu unterscheiden.

    Wie ich schon sagte, dies ist nicht nur ein Problem von Außenseitern. Noch problematischer ist die Kontamination von äußerer und innerer Wahrheit bei Elie Wiesel, dem Sie mehr glauben als mir – ich habe Sie ja nicht eingeladen, mir zu glauben (ich will kein Guru sein), sondern Annahmen zu überprüfen.

    Elie Wiesel ist die Ikone eines Zeugen. Ich habe in meinem Bücherschrank eine Lizenzausgabe von „Nacht“ für den Bertelsmannverlag, die nach der Nobelpreisverleihung 1986 erschienen ist. Ich habe sie wahrscheinlich Anfang 1987 gekauft. Auf dem Umschlag lesen wir:

    „Elie Wiesel, Friedensnobelpreisträger 1986, hat den Holocaust in Birkenau, Buchenwald und Auschwitz überlebt. Ein zutiefst erschütterndes Zeugnis [sic!] jüdischen Schicksals liegt in seinen weitgehend [sic!] autobiographischen Werken NACHT, MORGENGRAUEN, TAG vor […]
    Über NACHT sagte Francois Mauriac. „Dieses Zeugnis, das auf so viele bekannte folgt und ein Entsetzen beschreibt, das wir bis ins kleinste zu kennen glauben [sic!], ist meiner Auffassung nach jedoch anders geartet, einzigartig, einmalig … Ein Werk, dem meines Erachtens kein anderes an die Seite gestellt zu werden verdient [sic!]“

    Was heißt nun „weitgehend“ autobiographisch? Was ist Dichtung, was ist Wahrheit? Lesen Sie das Buch, ziemlich am Anfang finden Sie die Ankommensszenen in Auschwitz. „Wir marschierten weiter. Allmählich näherten wir uns dem Graben, dem eine Gluthitze entstieg […] Nun gut, ich stand vor dem Todesengel. Nein. Zwei Schritte vor dem Graben befahl man uns, links abzuschwenken und in eine Baracke zu treten.“ – Ich hätte keine Bedenken, wenn Wiesels Buch klar als ein dichterisches Werk wie z.B. Dantes Inferno deklariert wird. Dieses Werk wird jedoch als eine große, unvergleichliche Mischung von Zeugenschaft, objektiver und subjektiver Wahrheit immer noch vorgestellt. Darüber sind, und meines Erachtens zu Recht, die Revisionisten haufenweise gestolpert und haben diesen Zeugen als falschen Zeugen vorgeführt.

    Mein These ist, dass man hier klare Unterscheidungen treffen muß. Der Teufel wird ja, wie bekannt, von Kennern als „Diabolos“ bezeichnet, das ist der, der die Dinge durcheinanderwirft, vermischt, trübe Tassen liebt. Auf ihn fallen besonders die Gläubigen herein, aber auch die, die an eine „Heiligkeit der Tatsachen“ glauben.

    Nun, Sie sind der bei weitem rundeste und quecksilbrigste Kopf auf diesem Blog; im Gegensatz zu Ihnen bin ich eine Schnecke. Vielleicht können Sie meinen Ausführungen ein Quäntchen abgewinnen.

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    @Lyoner: Jetzt waren Sie etwas schneller als ich. Auch ich hatte mir noch einmal in Ihrem Text zum Link gelesen, dass Sie „Wahrheitsfindung“ nicht hauptsächlich über Emotionen wünschen. Gerade weil unser Denken stark von Emotionen bestimmt wird, finde ich diesen Film problematisch. Nun kenne ich nur den vierten Teil. Emotionen muss man allerdings auch erst entwickeln, sich einlassen auf den anderen, ich denke, es ist auch die einigste Chance seinen Hirnwürmern (nach Michael Schmidt-Salomon) etwas entgegenzusetzen. Auch meine Erinnerungen werden von Emotionen, Angst und Zweifeln blockiert, aber das ist ein anderes Thema.

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    @ Parisien

    Also lassen wir es vorläufig. Wenn Sie in Ihrer prästabilisierten Rechtschaffenheit keine Prüfmethoden für Ihre Annahmen brauchen, dann zählen Sie offenbar zu den glücklichen Wesen der Schönen Neuen Welt. Ich kann Ihnen versichern, dass ich um einiges weniger zum florierenden Antisemitismus beigetragen habe, als viele, die vorgeben, ihn zu bekämpfen.

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    @ EJ

    Tja, gähn. Sie brauchen mir nicht zu demonstrieren, dass Sie in aller Herrgottsfrüh (5 Uhr 16) noch nicht ausgeschlafen sind. Sie wirken auf mich auch sonst nicht ausgeschlafen. Das Beste, was Sie auf Lager haben, sind ein paar steifgedachte Elaborate.

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    @ Lyoner
    Ich habe Ihnen nicht Rechtschaffenheit und Anständigkeit abgesprochen, denn auf anderen Gebieten mögen Sie diese Eigenschaften durchaus besitzen.
    Der Holocaust entzieht sich einer vollständigen wissenschaftlichen Analyse, weil von den Zeugen, die man dafür braucht, die meisten tot sind. Das fällt besonders dort ins Gewicht, wo ganze Familien von Ostjuden ausgelöscht worden sind. Für eine Statistik brauchen Sie ja wohl lebendige Teilnehmer. Durch das Fehlen dieser Zeugen haben es Holocaustrelativierer und -leugner leicht gehabt. Geschichtsklitterung geht am besten, wo keiner mehr da ist. Und damit Sie das jetzt nicht umdrehen, halten Sie das fest: Ich glaube Elie Wiesel mehr als Ihnen. Deswegen muss Elie Wiesel noch längst nicht in jedem Punkt anständig sein und Sie auch nicht.
    Und meine Kenntnisse rühren natürlich nicht nur aus Filmen. Ich finde aber wichtiger, was Filme vermitteln, die auf real existierenden Personen fußen als Feierstunden im Bundestag oder Betonstelen. Selbst eine erfundene Geschichte wie Spielbergs „Sophie’s Choice“ ist noch besser als das.

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    @ Lyoner
    Ich will Ihnen mal genauer erklären, warum ich mich hier an die Seite von EJ stelle, obwohl ich eine so harte Attacke gegen Sie nicht reiten würde, zumal ich Sie nicht kenne. (Es wird immer für mich ein Graben klaffen zwischen online-Kenntnis und echter Kenntnis von Personen, wie auch Personen literarisch und im Leben schon immer zwei Dinge waren.)
    Sie sind, was das Thema Israel und Holocaust betrifft, in einer Richtung, die Sie offenbar seit Jahren pflegen, verloren. Man kann Sie vermutlich nicht ändern. Aber es wäre traurig, wenn Ihr Beispiel Schule machte. Es gibt massenhaft Leute, die nur, um sich bekannt zu machen, mit Israelkritik, Israeldämonisierung und Holocaustdiskussionen letztlich zunächst wichtigtuerisch einsteigen, ohne jemals einen Funken Verantwortung zu empfinden, denn andererseits gibt es massenhaft Antisemiten, auch unter Einwanderern, die unsere Erziehung nicht hatten. Zu diesen Personen, die über Israeldämonisierung bekannt wurden, gehört übrigens leider auch die Tochter eines ehemaligen ZRdJ-Vorsitzenden, über die sonst niemand reden würde, allenfalls als Tochter von.
    Also für andere, die hier evtl. zum Lesen hingeraten, brauchen Sie massiven Widerspruch, den Sie am besten nicht persönlich nehmen, denn Ihre guten Seiten wie Intellekt und auch Witz sieht hier jeder.
    Aber während Sie jederzeit durch Ihre Einstellung für eine Zunahme von Antisemitismus in Deutschland mit verantwortlich zeichnen, möchte ich mit meinen beschränkten Mitteln dagegen arbeiten.
    In Maßen patriotisch zu sein, Werte zu pflegen, in kulturell-menschlicher Hinsicht europäisch zu sein, inzwischen auch das Bankenwesen latent zu kritisieren und dabei in der Nähe von Israel und den Juden zu bleiben, ist für mich absolut kein Widerspruch.
    Da Antisemitismus, neuer und alter, heute regelrecht importiert werden (Deutschland: Gebe Sozialhilfe gegen Antisemitismus, was für ein Tauschgeschäft), da es Schüler und Eltern gibt, die im Geschichtsunterricht am liebsten die Zeit von `33 bis ’45 auslassen würden, ist es nötig, für die jüdische Gemeinschaft inclusive Israel zu streiten und nicht dagegen. Die Wurzeln für den Holocaust sind im 19. Jh gepflanzt worden. Ohne einen ca. 60-70 Jahre alten massiven Antisemitismus hätte keiner mitgemacht.

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    Das was Sie „sezieren“ zu nennen belieben, haben Wissenschaftler schon immer gemacht, machen es, werden es machen, um belastbare von falschen Hypothesen zu trennen. Sie sprechen Leuten, die sich an einem solchen Modell orientieren, die Rechtschaffenheit und Anständigkeit ab?

    Und Ihr Bild, das Sie sich über schöne Filme zusammengebastelt haben, steht festgemauert in der Erde? Auf welche Autorität stützen Sie sich?

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    @ Lyoner
    „Wenn Sie in der Lage sind, EJ zu erklären, was mich bewegt, wären Sie auch in der Lage, mir zu erklären, was diesen Sniper, das deutsche Wort, Heckenschütze, ist noch stichhaltiger, bewegt: Rechtschaffenheit, Liebe zur Wahrheit, Kampf gegen das ultimative Böse, Rettung des Abendlandes?“

    Nur aus meiner Sicht, die nicht stimmen muss, kann ich es tatsächlich erklären: Am ehesten Rechtschaffenheit. Anständigkeit. Man seziert den Holocaust nicht.

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    @ Parisien

    Nun, Poseners Postulat von der „Heiligkeit der Tatsachen“ und Ihre Auffasssung der Wahrheitsfindung, dass schon „ein Korn Wahrheit“ in Ejotts Diffamierung dabei sein müsse, wenn ich mich dagegen verwahre (nebenbei: ich habe dabei nicht die Fassung verloren, sondern eiskalt formuliert), passen zusammen wie die Faust aufs Auge. Die Römer sagten zu dieser Wahrheitsfindung „Semper aliquid haeret“, für Sie „Es bleibt immer etwas hängen“. Das ging Ihnen so flüssig raus, darüber brauchten Sie noch nicht mal nachzudenken, nicht wahr? Ich finde das sollte Schule machen, dann sind wir in the brave new world.

    Wenn Sie in der Lage sind, EJ zu erklären, was mich bewegt, wären Sie auch in der Lage, mir zu erklären, was diesen Sniper, das deutsche Wort, Heckenschütze, ist noch stichhaltiger, bewegt: Rechtschaffenheit, Liebe zur Wahrheit, Kampf gegen das ultimative Böse, Rettung des Abendlandes?

    Sie versuchen mir immer wieder beizubringen, dass man nur mit dem Herzen gut sieht – ob es mir gelingt, Sie davon zu überzeugen, dass sowohl Herz als auch Verstand gefordert sind, das muss einstweilen offen bleiben.

    Sie haben weiter oben geschrieben „5-6 Mio sind demnach gestorben, ob vergast oder an Unterernährung und Erkrankungen oder erschossen, ist letztlich irrelevant.“ Nein, das ist nicht irrelevant, weder historisch noch strafrechtlich, weder für fortschreitende Erforschung eines geschichtlichen Sachverhalts, noch für die Definition der Holocaustleugnung. Umschreibungen sind nicht irrelevant. Ihre Darlegung zeigt beispielhaft, wie vage und faktenarm die Kenntnisse der meisten Zeitgenossen sind, auch wenn sie noch soviel an schöner Literatur gelesen und guten Filmen gesehen haben (Sie schreiben: „Ich dagegen vertrete die Ansicht, dass der Holocaust nur über das Gefühl und nachfolgend das Mitleid begriffen werden kann und nur über Filme, die Menschen dazu bringen, sich mit den Protagonisten zu identifizieren.“).

    Jetzt bitte ich Sie noch um eines: nicht darüber zu spekulieren, wieviel Mitgefühl ich habe. Oder meinen Sie, Sie können dies mit einer Ferndiagnose?

    @ Kerstin

    Sie fragen „@Lyoner: Warum haben Sie diesen Film verlinkt? Jetzt weiß ich, welches Gefühl der Film bei mir hinterlassen hat: Dämonisierung Israels.“

    Ich hatte ja bereits geschrieben, dass ich es nicht mag, emotional massiert zu werden. Ich habe das auch in Bezug auf eine Haltung, wie Sie von Parisien hier vertreten wird, dass ein Begreifen, sei es des Holocaust oder anderer Ereingnisse, über die Identifizierung mit den Protagonisten zu erfolgen habe. Nun, dieser Film hat zur Identifikation mit den Protagonisten aufgefordert. Nach Parisiens Theorie wäre damit dem Begreifen genüge getan. Ich meine, dass überprüft werden muss, ob die gezeigten Szenen, Akte und der geschichtliche Kontext, die Chronologie der Ereignisse etc. falsch oder richtig, Lügen oder Lügen in Zeiten des Krieges sind. Erst wenn Sie wissen (herausgefunden haben), dass es sich um eine Verfälschung, Propaganda handelt, können Sie auch sagen, dass es sich um eine „Dämonisierung“ Israels handelt. Im anderen Falle wäre es eher eine „Entdämonisierung“ der Palästinenser, die von Seiten israelischer Propaganda permanent als „Terroristen“ definiert werden. Um nicht mißverstanden zu werden, ich bin kein Faktenhuber, ich lese auch gerne Literatur; ich möchte Ihnen nochmals die Reportagen David Grossmans „Der gelbe Wind“ aus der Zeit der ersten Intifada nahelegen. Mitgefühl sollte nicht parteiisch sein.

    @EJ

    Kommen Sie raus aus Ihrer Hecke, aus Ihrem Busch. Die Wahrheit ist auf dem Platz.

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    @ Lyoner
    Möglicherweise gute Lektüre für Sie:
    „Mein Opa war ein Nazi“
    Auszug aus einem Interview in der „Zeit“:

    Haben Sie sich, die Akten studierend, manchmal belogen gefühlt von Ihrem Großvater?

    »Nein. Und ich glaube auch nicht, dass er mich und andere bewusst täuschen wollte. Zwar ist seine Erzählung in manchen Punkten unwahr. Aber sie schien mir immer wahrhaftig. Ich glaube, dass er wirklich der Meinung war, die Dinge so erlebt zu haben, wie er sie mir geschildert hat.«

    Und Sie haben nie Ärger empfunden oder Wut?

    »Auch das nicht. Aber etwas hat mich sehr bestürzt: der absolute Mangel an Mitgefühl den NS-Opfern gegenüber. Wenn ich meinen Großvater mit den Fakten konfrontierte, stritt er sie nie ab. Er sagte dann: Ja, kann ich mir vorstellen, so wird es wohl gewesen sein. Aber nie zeigte er eine Emotion, ein Bedauern, ein Erschrecken.«
    http://www.zeit.de/2012/19/Zwe.....ettansicht

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    @ EJ
    Ich würde es nicht Hass nennen, sondern Obsession. Eine Obsession verschleiert zweifellos den Blick. Dass Lyoner Juden hasst, glaube ich gar nicht. Sie faszinieren ihn nur zu sehr, was allerdings eine Art Antisemitismus ist. Am besten, sie sind einem so egal wie alle anderen Leute auch, dann kommt man gar nicht in Versuchung, sie zu überhöhen (was schon selektiv ist) und sie dann bei Enttäuschungen bei jeder Gelegenheit isoliert vorzuführen. Und Lyoner hat auf einem anderen Posten zugegeben, dass er einst genau die gegenteilige Einstellung zu Israel hatte. Damit ist er für mich ein lebendes Exempel für Josef Joffes Bemerkung (In „Schöner Denken), dass ein Philosemit die Vorstufe zu einem Antisemiten sein kann.

    @ KJN
    Wenn ich Broder richtig verstehe (was nicht garantiert ist, weil Broder schwer zu verstehen ist, da nicht eindeutig und Chamäleon), ist er nur dagegen, alle Energie auf tote Juden zu lenken und die lebendigen zu vergessen. Der Satz „Nur ein toter Jude ist ein guter Jude“ ist m.E. von ihm oder zumindest von ihm zitiert worden. Außerdem dürfte es ihn a) nerven, wenn mit KZ’z KZ-Tourismus und Kohle gemacht wird oder b) Politiker sich über ihre zur Show gestellten Krokodilstränen oder Holocaustmerkmale einen r……….
    Sie wissen schon, was ich meine. Der Titel des Buches darf als Satire verstanden werden.

    @ Lyoner
    Wenn Sie derartig aus der Fassung geraten, wenn EJ Sie „denunziert“, ist es wohl richtig, dass er es tut.Sie werden wissen, dass man am ehesten aus dem Gleichgewicht gerät, wenn ein Korn Wahrheit dabei ist.
    Paul Spiegel hatte sich folgende Vision als erstrebenswert ausgedacht: A sagt zu B: „Ich bin übrigens Jude.“ B sagt: „Na und?“

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    @Lyoner: Warum haben Sie diesen Film verlinkt? Jetzt weiß ich, welches Gefühl der Film bei mir hinterlassen hat: Dämonisierung Israels.

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