Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, Frank Bsirske, hat sich dafür ausgesprochen, den Generalstreik als Mittel der politischen Auseinandersetzung zuzulassen. Auch in Deutschland werde ein politisches Streikrecht gebraucht, sagte Bsirske dem „Hamburger Abendblatt“. Das geltende Verbot stamme aus dem Jahr 1955. Heute habe man aber eine vollkommen andere Situation. Bsirske verwies auf den Widerstand der Franzosen gegen die Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Von der Protestkultur in Frankreich könnten sich die Deutschen eine Scheibe abschneiden, meinte er.
Es liegt nahe, sich an den Kopf zu fassen. Wer den Widerstand der Franzosen gegen eine maßvolle Anhebung des Renteneintrittsalters von 60 auf 62 Jahre als Vorbild hinstellt, scheint nicht ganz bei Trost zu sein. Über die Jahre haben die Franzosen durch ihre Abneigung gegen die Liberalisierung des Arbeitsmarkts und ihre Anhänglichkeit an den Mythos der Rebellion immer wieder Reformen verhindert, die für die beiden drängendsten – und miteinander verbundenen – sozialen Problemen des Landes, die skandalös hohe Jugendarbeitslosigkeit und die Unterbeschäftigung von Migranten, Abhilfe schaffen könnten.
Die Wirtschaft des Landes ist überzentralisiert und – auch deshalb – kaum innovativ; der Staat finanziert die Binnennachfrage durch Schulden. Wenn irgendwer von irgendwem eine Scheibe abschneiden könnte, dann wohl Frankreich von Deutschland in Sachen Export- und Konkurrenzfähigkeit.
Und doch weist Bsirske auf einen tatsächlichen deutschen Missstand hin – nämlich auf den fast völligen Ausschluss der Arbeiter aus der politischen Sphäre seit dem Scheitern ihres Widerstands gegen Gerhard Schröders Hartz-Reformen; anders ausgedrückt: auf die Dominanz der Bürger auf den Barrikaden. Der Traum Arnulf Barings, der vor einigen Jahren das Bürgertum zum Kampf aufrief, ist wahr geworden. Gegen die Arbeiter – und die Arbeitslosen – kann der Staat fast alles durchsetzen; gegen die Bürger fast nichts.
Man führe sich einmal vor Augen, was in den letzten Jahren passiert ist: in Bayern, Hessen und NRW scheiterten Unionsregierungen vor allem an Schulreformen, die bei ihrer Wählerschaft unpopulär waren (Stichwort „G12“, was darauf hinausläuft, das Leistungsprinzip ins Gymnasium einzuführen, jenen privilegierten Ort der gemächlichen und staatlich alimentierten Vorbereitung auf das privilegierte und staatlich alimentierte Dasein als Student); In Hamburg wurde die eben erst gewählte Schwarz-Grüne Regierung durch eine Protestbewegung des Elbvorort-Bürgertums gezwungen, eine egalitäre Schulreform zurückzunehmen und den Bürgern ihr geliebtes Gymnasium zu lassen; in Stuttgart schließlich lehrten die Bürger vom mittleren Hanglager die Politik das Fürchten, weil sie keine Lust hatten, schon wieder mit einer Baustelle in der Innenstadt zu leben. Seit Stuttgart 21 geht nichts mehr: als etwa ruchbar wurde, dass die Einflugschneisen des sich endlich seiner Fertigstellung nahenden Großflughafens Berlin einige bürgerliche Bezirke im Südwesten der Stadt berühren könnten, genügten schon die ersten Proteststimmen, um von allen Seiten die Zusicherung zu erhalten, die Flugrouten würden geändert. Jahrzehntelang donnerten die Flugzeuge beim Anflug auf Tempelhof über die Köpfe der Neuköllner hinweg; immer noch sind große Teile des Weddings – darunter wichtige Erholungsgebiete – dem Lärm der in Tegel startenden und landenden Jets ausgesetzt. Aber da wohnen eben nur Arbeiter, Ausländer und „white trash“.
Wenn es um solche Bewegungen geht, die unter dem Motto „Nicht in meinem Garten“ stehen, können die Bürger alle ihre Vorteile ausspielen: Eloquenz, Organisationsfähigkeit, Medienaffinität, Flexibilität und schlicht und einfach Macht dank Vernetzung. Die Arbeiter nerven hingegen durch Großaufmärsche mit Trillerpfeifen, die Fantasielosigkeit ihrer Funktionäre und die Tatsache, dass es sich immer um Demonstrationen der ausgestreckten Hand unter dem Motto „Hey Boss, ich brauch’ mehr Geld!“ handelt, während die Bürger ihre durchaus eigennützigen Demonstrationen hinter politischen Parolen verstecken, die einen Einsatz fürs Gemeinwohl suggerieren: „Wir wollen lernen!“ „Keine Bäume fällen!“ und so weiter. Der Bürger ist überdies durchaus imstande, sich abstrakt für eine Ausweitung des Bahnverkehrs zu engagieren und gegen eine neue Bahnstrecke, für die Integration von Ausländern und gegen gemeinsame Schulen, für den Klimaschutz und gegen Atomkraftwerke, Windräder und so weiter. Arbeiter, die das Gymnasium nicht besucht haben, tun sich mit Doppeldenk und Doppelsprech schwieriger.
Man kann also verstehen, dass Bsirske – der als Grüner jener Partei angehört, die am stärksten von der neuen bürgerlichen Protestbewegung profitiert – frustriert ist und sehnsüchtig nach Frankreich schaut. Aber abgesehen davon, dass Sarkozy seine Rentenreform (ja, es handelt sich faktisch um eine Rentenkürzung, und ja, das trifft die Arbeiter am härtesten) durchs Parlament bekommen hat, und abgesehen davon, dass die meisten Gewerkschaftsaktionen – wie die Blockaden von Ölraffinerien oder Straßen – von örtlichen Gewerkschaftsführern gegen den Willen der Führung durchgeführt wurden: die Antwort auf die Bedeutungslosigkeit der Gewerkschaften ist nicht die Wiedereinführung des politischen Streiks. Vielmehr muss man sich fragen, was die Gewerkschaften getan haben, um die Stimme ihrer Mitglieder und derjenigen, die sie repräsentieren sollen, in den erwähnten Kämpfen zu Gehör zu bringen. Stuttgart 21 bringt Arbeitsplätze: wo waren die Gewerkschaften, um für Arbeitsplätze zu kämpfen? Die Hamburger Schulreform sollte „denen da unten“ nutzen: Wo standen die Gewerkschaften?
Die Gewerkschaften sind langweilig geworden. Warum? Weil sie das Geld ihrer Mitglieder für unsinnige Kampagnen wie den für den Mindestlohn verbraten. Weil sie selbst keine Vorstellung davon haben, wie sie zu einem Werkzeug ihrer Mitglieder werden könnten. Weil sie sich selbst als Funktionärsverein genügen.
Als Ver-di Mitglied bekomme ich regelmäßig Post: die stinklangweilige Mitgliederzeitung, der immer ein Angebot beigelegt ist: „Günstige Sterbegeldversicherung für Gewerkschaftsmitglieder“. Passt irgendwie.
KJN: Die Konkurrenzsituation hat sich ja grundsätzlich auch nicht verändert, sondern nur das technologische Niveau
Exakt das ist der Punkt. Und seit dreißig Jahren läuft die lohnkostenfixierte Standortdebatte daran vorbei.
PS: Die „Tea Party“: eine Abbreviatur. Sollte andeuten, dass die (mit Bewunderung gesagt:) unvergleichliche, die spezifisch amerikanische Freiheitsidee – zu der wesentlich eben auch eine, sagen wir: „befremdliche“ Erscheinung wie die „Tea Party“ gehört – nicht auf Europa und die übrige Welt übertragbar ist. Anders als manche „Amerikaner“ glauben oder uns weißmachen wollen.
Vom Geschäft mit der Angst, sowie dem Politischen Streikrecht:
Ich kann mich des persönlichen Eindrucks nicht einmal gewaltsam entwehren, daß die Machthaber in unserer Republik tatsächlich immer verkommener agieren.
Kaum haben die Bürger, zumindest die gebildeten, laut Herrn Posener, endlich wieder, nach 20 Jahren, ihr Selbstbestimmungsrecht neuentdeckt, werden sie mit gut aussortierten Horrormeldungen überschüttet.
Und die Erfüllungsgehilfen dieser Politschergen, die gesamten Medien, besonders die öffentlich rechtlichen, blasen kommod und devot die Posaunen von Jericho, es ist einfach unglaublich.
Der Euro wackelt, Irland benötigt demnächst Hilfe, die Rente mit 67, und dann auch noch diese mehr als dubiose Terrorankündigung, unter dem Motto „wir wissen etwas, aber wir können es euch nicht sagen(bzw. wollen nicht).
Ja, die Intentionen unserer Volksvertreter springen nicht nur einem Zyniker, wie mir, ganz schnell ins Auge, so viel Gemeinheit ist kaum zu überbieten. Wir machen dem Volk jetzt mal wieder ganz schnell und schön viel Angst, daß es seine Freiheitsbestrebungen schnell wieder vergißt und sich unter den Schutzschirm des guten Vater Staat kriecht, damit ihm vorgeblich ja nichts passiert.
Diese Rechnung wird hoffentlich nicht aufgehen, nötigenfalls könnte man den derartigen „Versuchungen“ durch einige Wochen Medienabstinenz gut entkommen.
Was den Terrorismus angeht. Die entspannte Lage in Deutschland, was das Zusammenleben von Ureinwohnern und muslimischen Neubürgern betrifft, scheint sowohl unserer Regierung, als auch den muslimischen Radikalisten ein besonderer Dorn im Auge zu sein. Garantiert ist der angekündigte Zeitpunkt der Anschläge kein Zufall sondern sorgfältig kalkuliertes Kalkül. Selbst die besten Sicherheitsvorkehrungen werden Womöglich Attentate nicht verhindern können, nur – wir sollten uns tatsächlich nicht von islamischen Terroristen unser Leben diktieren lassen und dazu gehört auch, daß wir im Falle eines Attentats in Deutschland nicht in die alten Feindbilder des Fremdenhasses verfallen, Rassismus gegen Muslime.
Die mörderischen Ideologen werden ihr Ziel in Deutschland dann nicht erreichen, wenn die eigenen Glaubensgenossen solche Taten ablehnen und verurteilen, besonders in einem Land, in dem sie selber und gerne leben.
Ich möchte für den Fall, daß es – möge der Allmächtige es verhüten – tatsächlich zu einem Vorfall kommt, an die Presse ernsthaft appellieren, sich nicht zum „Spielball der Götter“ zu machen und alle ernsthaften Integrationserfolge mit einem Schlag zunichte zu machen.
In mehr als 5 Jahrzehnten Leben hatte ich kaum Grund auf dieses Land stolz zu sein. Daß es in diesem Land, trotz Sarrazin und all unserer verfehlten Integrationspolitik, keinen“Wilders“ gibt,daß trotz Weltwirtschaftskrise und steigender Armut sich der politische Unmut nicht an radikalen rechten und linken Rändern festmacht, daß ist endlich einmal ein Grund auf dieses Land stolz zu sein!!
Wir schwimmen immer noch gegen den europäischen Strom, dem dort immer mehr zunehmenden Nationalismus. Das unsägliche Grauen des Holocaust und das jahrzehntelange Leid der von Deutschland überfallenen Völker ist für unser Land, zynischerweise, zum Segen geworden, auch politisch. Wir sind immer noch zurückhaltender, was z.B. Rassismus betrifft, als andere. Und wenn das so bleibt, trotz angedrohter Attentate, dann wäre das ein weiterer Grund, diesem Land auch einmal Respekt entgegen zu bringen.
@Rita E. Groda
„Andererseits gehen Sie, mit den Betriebsbedingungen der “Unternehmer” doch ein wenig oberflächlich um, verzeihen Sie.“
Ich verzeihe immer, soweit die Kritikpunkte nicht in unabänderlichen Eigenschaften meiner Person begründet liegen;-)
Die ökonomischen Betriebsbedingungen von uns Freiberuflern sind tatsächlich nicht mit denen von institutionalisierten Unternehmen (oder angestellten Managern) vergleichbar.
Wo bin ich jetzt aber oberflächlich?
„..der seinen Lebensstandard im Winter auf das Minimum herunterschraut..“
..das ist doch das,was ich gesagt habe..aber:
„..ist altes unternehmerisches Denken mit gewerkschaftlichem Touch..“
Altes unternehmerisches Denken hat sich am Machbaren orientiert, es konnte Verantwortung nicht weg deligieren. Was heutzutage so als „Unternehmertum“ durchgeht ist vor allen Dingen Wegdeligieren von Risiko. Die Spitze dieser Entwicklung sind angestellte Manager.
Mit „altem gewerkschaftlichem Denken“ hat die Motivation des von Ihnen zitierten Handswerksmeisters allerdings auch nichts zu tun – die Gewerkschaften sind eine Reaktion auf die (von Marx beschriebene) Entfremdung von Arbeit bzw. Aufgliederung der Motivation für Arbeit hinsichtlich Lohn und/oder Gewinnerwartung (letzteres mit Risiko belegt).
Ich bin allerdings politik-taktisch völlig unbegabt. Daher hat wohl EJ recht: Die Gewerkschaften müssen sich um die Kernklientel kümmern. So wie derweil die CDU..
Während meines Studiums Anfang der 90er Jahre in GB wurde ich öfters von MBA Studenten – vor allem aus GB und Griechenland – darauf angesprochen, was für ein toll austariertes System der Tarifpartnerschaft wir in Deutschland doch hätten. Offenbar wurde an der dortigen Universität unser System als Lehrbeispiel einer effizienten Wirtschaftsverfassung genutzt. Die Studenten konnten es gar nicht glauben, dass bei uns so wenig gestreikt würde und dennoch das Lohnniveau so hoch sei.
Was seitdem geschehen ist, wurde wir ausgiebig dargestellt. Nicht nur die Reallöhne sind in den Keller gegangen, die Organisationsdichte in den Betrieben sank weiter, vor allem auch die Akzeptanz in der Gesellschaft z.B. dank bordellierenden Betriebsräten etc. pp.
Dazu kommt noch die Entsolidarisierungstendenzen in den Belegschaften, die in der Luftfahrt begann, sich in den Krankenhäusern fortsetzte und nun sogar vom Bundesarbeitsgericht für Rechtens erklärt wurde. Galt früher das Prinzip: Ein Betrieb – eine Gewerkschaft, streiken heute die Stewardessen, morgen die Piloten und übermorgen das Bodenpersonal. Wenn ich mir einmal die chauvinistische Bemerkung erlauben darf: Griechische Verhältnisse!.
Schauten anfangs viele Arbeitgeber dabei zu, wie sich die Gewerkschaften selbst demontierten, weicht die klammheimliche Freude bei den intelligenteren langsam wachsender Sorge um die eigene Planungssicherheit.
Während man den ähnlich unfähigen Banken und vor allem ihren Managern einen großzügigen Rettungsschirm mit hunderten von Milliarden Steuergeldern spannte, ernten unsere Gewerkschaften, die aus meiner Sicht eine ebenso „systemrelevante“ Rolle in unserer Wirtschaft spielen, lediglich Hohn und Spott.
Mein Vorschlag daher an Herrn Schäuble:
Die Mitgliedsbeiträge zu Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden sollten in voller Höhe von der zu zahlenden Steuer abziehbar sein und nicht nur als Werbungskosten bei der Bemessungsgrundlage Berücksichtigung finden. Das kostet den Staat vielleicht einige Millionen, aber im Vergleich zum Bankenrettungsschirm wären das Peanuts-Staubkörnchen.
Dann vielleicht noch eine Werbekampagne der Bundesregierung mit dem Aufruf die Tarifpartnerschaften zu stärken und Mitglied in Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden zu werden.
Was würde dagegen sprechen?
@KJN: Ich gbe Ihnen Recht, was die sich verändernden Bedingungen in der globalen Wirtschaft betrifft.
Andererseits gehen Sie, mit den Betriebsbedingungen der „Unternehmer“ doch ein wenig oberflächlich um, verzeihen Sie.
Sie und ich sind Freiberufler und wir müssen die Gesetze der Ökonomie genau kennen, um wirtschaftlich zu überleben.
Das Beispiel des mir bekannten Handwerksmeisters, des Kleinbetriebs mit nur einigen Mitarbeitern, der seinen Lebensstandard im Winter auf das Minimum herunterschraubt, sein Auto abmeldet usw., um seine „Fachkräfte“ durch den Winter zu bringen, da er nicht nur unternehmerisches Verantwortungsgefühl besitzt, sondern die Erkenntnis, daß er im Frühjahr keine adäquaten Fachkräfte mehr finden wird – das ist altes unternehmerisches Denken mit gewerkschaftlichem Touch.
Dieses Modell läßt sich nicht unbedingt applizieren, auf jeden Bereich. Wo aber heute dermaßen große Subventionen von der Politik erpresst werden können, wäre dies zumindest überlegenswert!!!!
Ihren Hinweis auf nostalgische und sozialromantische Anwandlungen bei mir habe ich nicht ganz wohlwollend zur Kenntnis genommen. Es gibt genug ganz junge Poster hier, die die Gewerkschaften nur in der heutigen, vollgefressenen Form kennen. Für diese genau habe ich meine Gesamtbetrachtung, mit retroperspektiven Ausflügen unternommen. Man muß ein Problem komplex sehen. So, wie man Deutschland nicht ohne den Holocaust betrachten kann, gehört zu einer realen Beurteilung der Gewerkschaften auch eine Leistungsbetrachtung.
Daß die Gewerkschaften nur dann wieder stark und funktionsfähig werden, da gebe ich EJ absolut Recht, wenn sie wieder eine Akzeptanz der eigenen Mitglieder, aber auch gesamtgesellschtlich erreichen, darauf hatte ich schon in einem vorigen Beitrag geantwortet.
Politik und Wirtschaft unternehmen aber auch wirklich alles, um dies erfolgreich zu verhindern.
@EJ
„..30 Jahren..“
Die Konkurrenzsituation hat sich ja grundsätzlich auch nicht verändert, sondern nur das technologische Niveau (immer höher) und die Fertigungstiefe (immer weniger). Beides macht die Lage des Mittelstandes (gemeint sind Unternehmer-Mittelstand und die Arbeitseinkommen) prekärer.
Das was Sie auf meine Ausführungen antworten, ist völlig richtig: Da alle alles produzieren können, kann nur durch geringere Arbeitskosten konkurriert werden. Richtig Asche wird aber nicht mit Produktion gemacht, sondern mit Firmen-An- und Verkäufen, also mit Spekulation. Das genau ist (gesellschftlich) der wunde Punkt der entwickelten Ökonomie – eine Lösung im Sinne aller sehe ich derweil nicht. Und – völlig richtig – die Gewerkschaften müssen eine starke Rolle spielen, im Sinne derer, die nicht spekulieren können. Dieses neue Proletariat ist wesentlich heterogener als bisher, dazu gehören auch die meisten Akademiker. Das zu erkennen, liegt allerdings bei den Gewerkschaften.
PS: Ich habe nicht die USA als Muster für Europa im Kopf – ich vergleiche nur. „Tea party“ spielt bei dem Vergleich allerdings keine Rolle.
@ KJN
Was Sie sagen, hören wir seit inzwischen 30 Jahren. Dadurch wird es aber nicht wahrer.
Schauen Sie sich die Liste der Liste der Länder nach Bruttoinlandsprodukt pro Kopf an und nehmen Sie die Rentenökonomien (Ol!) heraus. Bis auf das eine Land, das Sie (wie so viele) anscheinend als Muster im Kopf haben – die USA, die allerdings auch auf einer im Weltmaßstab unvergleichlichen Idee von Freiheit basieren (vgl. Tea Party!) – liegen an der Spitze des Vergleichs genau die Länder, die über, wie Sie sagen: Arbeitsschutz und Kündigungsschutz verfügen.
Wollte ich so replizieren, wie Sie argumentieren, müsste ich sagen: Unsere Unternehmer (und die unseligen Manager) wollen – und können anscheinend vielfach nur noch – statt an Produkten an (sinkenden) Arbeitskosten verdienen. Tatsächlich sinken unsere Arbeitskosten seit Jahren. Aber seit Jahren wachsen die Unternehmensgewinne (und die Vermögenseinkommen) um das Mehrfache stärker als die direkten und indirekten Arbeitseinkommen. – Es geht darum, auch noch den aller-allerletzten Tropfen aus der Zitrone zu quetschen.
Wir brauchen keine anderen Gewekschaften! Wir brauchen stärkere Gewerkschaften! Und Arbeitnehmersolidarität!
Was nun die Gewerkschaften betrifft, so scheinen sie durchaus eine neue Rolle finden zu müssen. Weder ist ein Arbeitgeber oder Unternehmer automatisch ein reicher Mann ist (sie „verdienen“ oft weniger, als ihre Angestellten), noch ist ein Arbeitnehmer ein lebenslanger Arbeitsplatzbesitzer.
Ärgerlich an der öffentlich wahrnehmbaren Diskussion zum Thema ist die Unehrlichkeit, Taktiererei und das gegeneinander Ausspielen ganzer gesellschaftlicher Gruppen durch die meinungstragenden Organisationen:
So ist es unerträglich, wenn gegen z.B. den Mindestlohn mit dem Argument geredet wird, das wäre Politik gegen die Arbeitslosen – genauso widerlich ist es, wenn Zeitarbeit als Sklaverei bezeichnet wird.
Es ist für ein Unternehmen kein Problem, den Mindestlohn zu zahlen, wenn Aufträge da sind – wenn ich allerdings Arbeitsschutz und Kündigungsschutz habe, der mich als Unternehmer in die Insolvenz treibt, ist niemandem geholfen. Leider befasst sich die öffentliche Diskussion nur mit dem überkommenden Rollenverständnis in einer Nachkriegs-Wiederaufbauwirtschaft mit national ansässigen Großunternehmen, sowie Mittelstand und Handwerk mit stabilem Umsatz.
Da nun aber die Industrialisierung der Schwellenländer (was auch gut ist) mit einem entwickelten, nicht weiter expandierbaren Binnenmarkt und dem sog. „demographischen Wandel“ (= konstante Einwohnerzahl) zusammentrifft, kann sich die Nationalökonomie nicht mehr auf steigendes Wachstum stützen.
So suchen alle, ihre Besitzstände zusammen zu raffen und die derzeit schwächsten der Gesellschaft (Arbeitslose) gehen leer aus, während die ehemalig nationalen Syndikate und Konzerne in die Internationalität fliehen. Daß in dieser Gemengelage Gewerkschaften nicht nostalgisch gestimmte, sondern realistisch denkende Mitglieder abhanden kommen, ist klar.
Bereits in den 80er Jahren wurde vorhergesehen, daß die Arbeitsmedizin sich in Zukunft weit weniger mit Staublunge, Allergien und Rückenproblemen zu beschäftigen haben wird, als mit psychischen Problemen am Arbeitsplatz, aus bekannten Gründen. So werden die Arbeitsbedingungen sicher ein Hauptthema überlebender Gewerkschaften sein. Die finanzielle Situation wird in Zukunft entscheidend von Fixkosten (Krankenkasse, Altersvorsorge, Wohn- und Energiekosten) bestimmt – hier sollten sich die Gewerkschaften auch einmischen, denn es sollte doch bitte nicht sein, daß die den Sozialstaat tragenden Organisationen die Niedrigverdiener in den staatlichen Transfer treiben.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich bin für starke Gewerkschaften, aber sie sind wohl gezwungen, sich eine neue Klientel zu suchen. Ich habe manchmal den Eindruck, sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht..
Heute habe ich mich, ausnahmsweise, mal wieder gut amüsiert, vor dem Fernseher.
In der Sendung „unter den Linden“ waren Henryk M. Broder und Dr. Abdel-Samad zu Gast, unter dem Motto Deutschland 21.
Obwohl wir uns – ich schwöre – ganz bestimmt nicht abgesprochen haben, was sowieso unter der Würde von Herrn Broder wäre, hat mich doch der verehrte und modeste Herr Broder in meiner These des letztem Beitrages von 15.13 Uhr, der leider noch nicht freigeschaltet ist, voll bestätigt. Allerdings hat er es besser formuliert, als ich, freundliche Ignoranz bezeichnete er das, was ich meinte. Zuhause kann jeder machen, was er will, ansonsten gelten die Verhaltensregeln unserer Gesellschaft, z.B. unser Strafgesetzbuch, sowie der menschliche Anstand, Punkt.
Von Dr. Samad könnte so macher Deutsche Demokrat viel lernen, und Herr Broder macht derzeit wirklich mal etwas außerordentlich Nützliches.
So eine Deutschland Safari kann tatsächlich nur er machen, er kann sich das erlauben.
Er mag geschmacklos sein, weit über das Ziel hinausschießen – das sind die ureigenen Stilmittel des Enfant terrible und er benutzt sie hier meisterhaft um Aufmerksamkeit für bestimmte Dinge zu erregen.
Bsirske liest hier mit! Eindeutig.
😉
EJ: Samstag haben die Gewerkschaften – zumindest in BW – die Forderungen von Herrn Posener wunderbar umgesetzt!!!
Eine Verantwortung für Gesamtgesellschaftliche Zustände gezeigt – Sparpakete nach Berlin zu schicken – schade, daß ich nicht schon auf diese Idee kam.
Mit zunehmendem Alter bekomme ich immer mehr das Gefühl, daß wir hier im „wilden Westen“ der Republik einfach etwas „mediterraner“ mit allen Problemen umgehen. Und das scheint auch gar nicht am sog. Wohlstand hier zu liegen.
Württemberger, Badener und Bayern hatten schon immer ein besonders ausgeprägtes Verhältnis zur Freiheit, daher gehen sie mit der Freiheit der anderen womöglich liberaler um. Uns stört nicht die Moschee neben dem Fabriktor von Daimler und die „Parallelwelt“ gleich daneben, denn Ali und Görkhan sprechen gut schwäbisch, ebenso der Taxifahrer aus Kasakstan, der Albaner, der die Reinigung betreibt, der Jungunternehmer, der mehr schafft, als die heutigen Schwaben, die Sekretärin im Bürgermeisteramt, von der man nur per Zufall die Herkunft erfährt.
In Stuttgart, Sindelfingen usw. ist der Ausländeranteil nicht kleiner, als in Hamburg und Berlin.Die Probleme mit Kriminalität und Drogen sind höchst akut sogar in diesem Raum. Trotzdem gehen wir doch langsam sehr amerikanisch mit diesen Problemen um. Weil jeder am liebsten selber machen möchte, was er will, läßt man auch die anderen relativ unbehelligt.
Um wieder zum Thema Gewerkschaften zurückzukommen. Wir haben auch ein relativ entspanntes Verhältnis zu unseren Gerwerkschaften, denn sie haben hier immer erfolgreich die Interessen der Arbeitnehmer vertreten. Sie haben „auf Augenhöhe“ mit den sog. Größen der Wirtschaft verhandelt und sich selten einschüchtern lassen.
Ich erinnere mich noch, als bei einem Streik in Sindelfingen die Unternehmensleitung von Daimler vor den Fabriktoren, ausgesperrt stand. Der Einzige der den Schneid hatte vor die streikenden Arbeiter zu treten, war Herr Schleyer. Das war auch der Einzige, den die Gewerkschaftler akzeptiert haben!!!!
Ich möchte die Gelegenheit nützen, daran zu erinnern – egal, wie man über Herrn Schleyer denkt, oder was je über ihn geschrieben wurde – er hatte zumindest den Mut sich vor die sehr erbosten Arbeiter hinzustellen und mit ihnen zu diskutieren, obwohl man sogar Prügel angedroht hatte damals, so aufgeheizt waren die Gemüter.
Ganz im Gegensatz zu den „vorstandlichen Hasenfüßen“, die im Frühjahr, nach Bastamanier, bei Daimler Tausende von Arbeitsplätzen zur Disposition stellten und dann, vor lauter Angst vor den Protesten, einfach erst mal abgetaucht sind.
Wir sollten mehr als froh sein, daß in Deutschland endlich wieder geredet und gestritten wird. Auch in Stuttgart wird tatsächlich eine gesellschaftliche Debatte geführt.
Das läßt nicht nur den Druck aus Sozialdebatte entweichen und verhindert somit auch emotionale soziale Straßenschlachten.
Es gibt den Jungen, den in den letzten 20 Jahren nachgewachsenen, erstmalig ein“demokratisches Erfolgserlebnis“. Diese sind in einer Zeit aufgewachsen, in der die Elite den Eindruck vermittelte, man könne ja doch nichts machen, man müße sich immer schön anpassen, an die finanziellen Gegebenheiten und die Wünsche und Erwartungen der Regierung und der Arbeitgeber.
Diese jungen Menschen erfahren jetzt erstmalig, daß in einer Demokratie „immer a bissel was geht“. Das ist tatsächlich eine Investition in unsere gemeinsame und demokratische Zukunft, und es bringt für die jungen Menschen auch so etwas, wie „Systembindung“.
Interessanterweise lernen diese jungen Menschen dies alles von ihren Großeltern, nicht von den angepassten Eltern. Herr Dr. Geißler ist in Stuttgart, bei den Jungen, so etwas wie ein Popstar. Noch nie haben sie erlebt, wie ein Politiker auch sein kann. Das er das Volk ernst nimmt, daß er auf Augenhöhe mit den Menschen spricht, daß er ausgewogen agiert. Und ebenso lernen sie, daß Menschen über 60 nicht automatisch klapprig und dement sind. Auch eine Investition in unsere Zukunft, mit einer immer älter werdenden Gesellschaft.
Ältere Politiker, die nicht mehr dem Erfolgsdruck unterliegen, als Schlichter, oder Diskussionsleiter bei gesellschaftlichen Problemen zu benennen – ein interesantes alternatives Erfolgsmodell.
Womöglich sogar für die Gewerkschaften!!!!!!
EJ: Ich würde es noch simpler formulieren, denn ich bin ja, nachgewiesenermaßen, naturblond.
Posener gehört unter den Journalisten tatsächlich zu den Besten. Er ist nicht nur erfrischend normal und unabgehoben, nein, er ist sich nicht nicht zu vornehm auch ab und an so etwas wie Herz zu zeigen, was sicherlich auch auf den Einfluß seiner wunderbaren Frau zurückzuführen ist.
Manchmal hört er sich aber an, wie ein Snob – was er ganz sicherlich nicht ist! Darauf wollte mein alter Herr hinweisen. Vielleicht ist das aber nur eine deformation professionell, schließlich ist er ja auch noch Pädagoge.
Rita E. Groda: Sich nicht zum Fürsprecher der Unterprivilegierten hochzustilisieren, ihnen relativ unbemerkt Mittel der Selbsthilfe zu verschaffen, das wäre das Kunststück bei dieser Unternehmung.
Wie Ihr Vater und Sie erkenne auch ich in APOs Ausführungen noch den „linken“ APO. Es geht mir aber nicht darum, ob der „linke“ APO Freiheit einschränkend und bevormundend auftritt – ein klassischer Selbstwiderspruch linker Intellektueller. Und unterhalb dessen geht es mir auch nicht darum, ob der Nicht-Arbeiter APO gegenüber den Arbeitern den „richtigen Ton“ trifft.
Es geht mir darum, dass der „rechte“ – (extrem-)wirtschaftliberale – Posener das Aufgabenfeld der Gewerkschaften gleichsam unter der Hand umzudefinieren versucht.
Die Arbeiter nerven [mit ihren] Demonstrationen der ausgestreckten Hand unter dem Motto „Hey Boss, ich brauch’ mehr Geld!“. Und Kampagnen wie [die] für den Mindestlohn sind unsinnig. Wenn nicht parallelisierbar mit Arbeitgeberinteressen – Stuttgart 21 bringt Arbeitsplätze – soll nicht mehr die Sorge um und für die materiellen (und rechtlichen) Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern die genuine und primäre Aufgabe der Gewerkschaften sein. Die Gewerkschaften sollen sich stattdessen lediglich allgemein-politisch im Sinne der Arbeiter betätigen.
Der „linke“ apo – *wuff*, *jaul*, *schwanzwedel* – apportiert dem „rechten“ POSENER – *hierher*, *bring* – seine „arbeiterfreundliche“ Gewerkschaftskonzeption. Man könnte aber auch einfacher sagen: Posener schlägt die Selbstentmannung der Gewerkschaften vor.
Klappt!
@EJ
„Sie und ich werden uns immer ähnlicher, scheit’s. Macht Ihnen hoffentlich nichts“
Nö, im Gegenteil! wenn mich Frau Heckel wegen was rügt, schreibe ich Sie wären’s gewesen.
Danke für’s Plug-In. Ich nehme an, damit wird der HTML-Code übermittelt oder sowas..
@Rita E. Groda
„Sich nicht zum Fürsprecher der Unterprivilegierten hochzustilisieren, ihnen relativ unbemerkt Mittel der Selbsthilfe zu verschaffen, das wäre das Kunststück bei dieser Unternehmung.“
Na, das wäre ja quasi Bestmenschentum – und das wollen ja auch HMB und Hamed AES erklärtermaßen in ihrer neuen Fernsehsendung mit dem kleinen Hund beim Thema „Integration“ erreichen..
@EJ: Ebenfalls Danke, für den Tip und die Ähnlichkeit.
Also, mir macht die Ähnlichkeit nichts aus, es ist mir im Gegenteil eher ein Vergnügen!
Schließlich muß es ja noch einige geben, die nicht mainstream-gebürstet sind, oder?
Gerade stand ich mal wieder am Grab meines Vaters,dem besten Demokraten von allen, wie ich ihn nicht ganz zu Unrecht nenne und „diskutierte“ so leidenschaftlich mit ihm, wie ich es zu seinen Lebzeiten tat. Bei diesen Diskusionen und der dabei auftauchenden Erinnerung an frühere Gespräche, kommen mir immer meine allerbesten Erkenntnisse.
Ich diskutierte den Beitrag von Herrn Posener über das politische Streikrecht mit ihm. Mein alter Herr gab mir einen wichtigen Hinweis, was einen eventuellen Denkfehler von Herrn Posener betrifft.
Er tut einerseits das Richtige, er setzt das Credo meines Vaters um, nämlich, daß die besser Ausgebildeten Verantwortung für die weniger Privilegierten zu übernehmen haben, daß dieses sogar ihre verdammte Plicht und Schuldigkeit ist. Und er tut das mit dem ihm zu Verfügung stehenden Handwerkszeug, der Sprache und dem geschriebenen Wort. Allerdings schafft er – vermutlich total unbewußt und ungewollte – hier immer wieder eine intellektuelle Distanz, den Eindruck von Arroganz.
Er tut das Richtige, bei der sprachlichen Umsetzung fehlt es ihm an Fingerspitzengefühl – meint zumindest mein alter Herr.
Sich nicht zum Fürsprecher der Unterprivilegierten hochzustilisieren, ihnen relativ unbemerkt Mittel der Selbsthilfe zu verschaffen, das wäre das Kunststück bei dieser Unternehmung. Keiner möchte gerne bevormundet werden, auch nicht der Deutsche Arbeiter, Arbeitslose, oder Hartz-Empfänger.
Da Herr Posener einen brillanten Geist besitzt, bin ich ganz sicher daß er, im Gegensatz zu unserer derzeitigen „Elite“, das noch erkennen wird. Im Gegensatz zu dieser Elite ist er nämlich – und das nachweislich – noch lernfähig.
@ EJ und @ KJN
Ich bitte um Entschuldigung.
@ Frau Heckel
Wie an Ihren Blitz-Freigaben zu sehen, sitzen Sie gerade vor Ihrer Tastatur:
Schönen, gemütlichen Herbstnachmittag!
EJ
@ KJN
Erst Frau Groda, jetzt 68er – Sie und ich werden uns immer ähnlicher, scheit’s. Macht Ihnen hoffentlich nichts 😉
Wenn Sie Firefox-Nutzer sind, installieren Sie das Add-on BBCodeXtra. Das beherrscht alle möglichen Formatierungen, Verlinkungen usw. Sehr nützlich! http://bbcodextra.extenzilla.org/
@68er
Danke + Gruß, KJN
@ EJ
Das ist nicht ganz einfach zu erklären, da die Zeichenfolgen ja vom Sytem verarbeitet werden und daher umschrieben werden müssen.
Fettschrift:
Vor dem fett zu schreibenden Text kommt:
das kleiner Zeichen:
dann der fett zu schreinden Text und wenn er beendet werden soll:
kleiner, Slash:/ b für bold und dann wieder größer: >
Ich schreib es jetzt mal mit Klammern, die Sie einfach durch die entsprechenden größer bzw. kleiner Zeichen ersetzten müssen.
Normalschrift (b) Fettschrift (/b)
Anstatt b für bold kann man auch noch cite für Zitat wählen. Was das System sonst noch frisst, weiß ich nicht, da müsste man mal Frau Heckel fragen.
In meinem Text hatte ich irgendwas falsch getippt, so dass nicht nur ein paar Worte sondern eben der ganze restliche Text gefettet wurde.
Lieber Herr Posener, ich wollte Sie ganz sicher nicht beleidigen, aber Ihre Differenzierung nach Bürgertum und Arbeiter ohne Abi und Gymnasium gefällt mir nicht besonders, und ist auch eher untypisch für Sie.
Da Sie nur ganz selten an temporärer Amnesie leiden, können Sie sich ganz sicher noch erinnern, was die Arbeitgeberrige sehr lautstark proklamiert haben, als die Gewerkschaften noch etwas zu sagen hatten „es kommen auch einmal andere Zeiten und dann werden wir mit den Gewerkschaften und Arbeitnehmern entsprechend umspringen „. Die Zeiten kamen und die Arbeitnehmer waren schön brav und vernünftig, ebenso die Gewerkschaften, denn vor 25 Jahren begann der Untergang der Eigenverantwortung, Einzug hielt zu Zeiten Schröders die Selbstverleugnung und das Jasagertum bis zum Exzess. Eine Entwicklung die vielen von uns nicht konvenierte, Politikern und Arbeitgebern schon – sie machten ihre vorgenannte Prophezeiung in erschreckender Weise wahr. Obwohl viele Unternehmen, trotz Krise, seit Jahren große Gewinne machen sind die Reallöhne in den letzten 10 Jahren um bis zu 20% gesunken.
Woran das liegt? Nicht nur an den devoten Gewerkschaften und wirklichkeitsfremden Politikern! Es liegt ebenso an der Nichtakzeptanz der Arbeitnehmer, was die Gewerkschaften betrifft. Ein merkwürdiges Phänomen hat in unserem Lande um sich gegriffen. Je „schicker“ und ungewerkschaftlicher die Gewerkschaften wurden, desto weniger „schick“ galt es Mitglied einer Gewerkschaft zu sein. Die Veränderung der SPD und Gerd Schröder haben vermutlich eine große Rolle dabei gespielt.
Vielleicht sind Sie als Journalist doch ein wenig von der Normalität des Normalos entfernt, um hier, gewerkschaftsmäßig die richtigen bürgerlichen Schlüsse zu ziehen.
Die Gewerkschaften waren in Deutschland nie nur eine Sache der Arbeiter, der Angestellte usw. war ebenso gewerkschaftlich organisiert.Um ein persönliches Beispiel zu bringen. Zu Beginn meiner „Karriere“ war ich Geschäftsleitungsassistentin in einer schon damals weltbekannten Firma,mit einem nicht unbeträchtlichen Personalaufkommen. In diesem Betrieb war ich sage und schreibe das einzige Gewerkschaftsmitglied und man legte mir auch massiv nahe, auszutreten. Erst nach meiner ebenso massiven Weigerung, brachten, nach Jahrzehnten, noch ein paar andere den Mut auf, auch in die Gewerkschaft einzutreten.
Ich stamme aus einem gut bürgerlichen und auch noch katholischen Akademikerhaushalt, da war es üblich in der Gewerkschaft zu sein – mein Vater hielt das für charakterbildend. Und in unserem Bekanntenkreis waren alle ganz selbstverständlich in der Gewerkschaft, egal ob Arbeiter oder Akademiker.
Ich muß Ihnen Recht geben, daß die Gewerkschaften nicht die Arbeitslosen und Hartz-Empfänger vertreten. Das ist aber auch tatsächlich gar nicht Ihre klassische Aufgabe. Das ist Sache unserer gesamten Gesellschaft und auch hier gibt es genug Personen, die sich dabei enorm engagieren.
Sich nach Streiks, wie in Frankreich zu sehnen, ist ein ziemlicher Unsinn. Das ist das Letzte, was wir uns wünschen sollten.
Daß Sie den Unmut des Bürgertums, der sich z.B. bei Stuttgart 21 artikuliert, so einfach als Egoismus abtun, das enttäuscht mich schon. Wir kommen langsam an die Grenzen der bisherigen parlamentarischen Ordnung in unserem Land. Sie scheinen Herrn Geißler nicht zugehört zu haben, was die z.B. gerade in Stuttgart machen ist ein hochbrisantes Experiment, dem man sich auf keinen Fall verschließen sollte. Wie unser gemeinsamer Freund kürzlich nicht so schlecht formulierte, Demokratie ist keine Boutique in der die Pullover schon geordnet und nach Farbe und Größen sortiert in den Regalen liegen. Man muß sich täglich neu darum bemühen und darum streiten.
Daran ist nichts schlechtes, im Gegenteil. Was die Gewerkschaften betrifft, so phantasielos, wie von Ihnen beschrieben, sind sie durchaus nicht. Und um Arbeitsplätze bemühen sie sich immer noch redlich. Siehe Daimler im Frühjahr, Sie erinnern sich bestimmt an meine Nerverei.
Nachdem dieses Land beinahe 2 Jahrzehnte in Agonie lag, viele meinten man kann ja doch nichts machen, wird endlich wieder kommuniziert und gestritten. Das ist eine gute Sache, aber Ihnen scheint das suspekt zu sein.
Der Allmächtige gab dem auserwählten Volk, vermutlich wohlweislich, die „10 Gebote“, nicht „Verbote“.Das macht mir diesen jüdisch/katholischen Gott so außerordentlich sympathisch.
Warum sind Sie denn plötzlich so kleingläubig geworden?
Sogar dieses Volk der Deutschen ist manchmal und überraschenderweise besser, als sein Ruf(und seine derzeitigen Politiker).
@68er
Wie macht man hier die Fettschrift..?
@ Alan Posener: Unterstellungen mancher oberflächlicher Leser
Ich denke nicht, dass ich Sie oberflächlich gelesen habe, Apo.
Sie sind Gewerkschaftmitglied, Sie sprechen über Gewerkschaften – und meinen sich selbst nicht mit! Und zwar programmatisch/ systematisch nicht.
Sie unterscheiden einerseits mehr oder weniger hilflose und/ oder blöde Arbeiter von andererseits Bürgern, die ihre Interessen nur allzu gut zu vertreten und durchzusetzen verstehen. Sie delegitimieren damit den Anspruch der Gewerkschaften, eine allgemeine (Klassengrenzen überschreitende) Arbeitnehmervertretung zu sein, erklären den Anspruch für unsinnig. Aber nicht nur das. Mit der Unterscheidung von Arbeitern und Bürgern klinken Sie selbst sich (und Ihresgleichen) auch aus den Gewerkschaften aus. Auch wenn Sie vorläufig noch gern mitnehmen, was Ihnen die Gewerkschaften an materiellen Vorteilen womöglich verschaffen.
Ihre Vorteilsnahme eingestehend („ich bin der letzte, der …“), behaupten Sie gegenüber KJN zwar scheinbar das Gegenteil: Ihr ganzer Schrieb zielt dennoch darauf ab, die Gewerkschaften als Vertreter der konkreten materiellen Interessen tendenziell aller Arbeitnehmer auf etwas wie eine irgendwie allgemein-emanzipatorische Arbeiterorganisation, einen Arbeiterverein oder eine Arbeiterpartei zu reduzieren. Weg von materiellen Forderungen! Beschäftigt euch stattdessen mit euch selbst! (Denn das habt ihr bitter nötig.)
Das ist es, was ich für einen haarsträubend arroganten Mangel an Solidarität halte: Ihren Versuch, die Gewerkschaften ganz auf die Arbeiter und die wieder ganz auf sich selbst zurück zu werfen, und das auch nur einem irgendwie diffus allgemein-politisch-emanzipatorischen Sinne.
Im Prinzip sagen Sie: Hört auf zu fordern! Schaut zu mir hinauf! Macht erstmal was aus euch!
@ Alan Posener
Wenn Sie Vorschläge haben möchten, was die Gewerkschaften tun könnten, um ihre Stellung zu verbessern, hätte ich eine lange Liste an Vorschlägen. Das wichtigste wäre zunächst, dass die Gewerkschaften ihre Basis verbreitern und dabei auch unkonventionelle Wege gehen.
Als erstes würde ich das Beitragssystem flexibilisieren. Eine Kappungsgrenze bei den Beiträgen würde bei vielen Besserverdienern sicherlich die Hemmschwelle reduzieren, in eine Gewerkschaft einzutreten. Wem das zu unsozial ist, dem bliebe noch die Bemessung des Beitrags am Nettolohn und nicht am Brutto, da heutzutage auch junge Akademiker mit Kindern wirklich jeden Euro zweimal umdrehen müssen. Man könnte die Beiträge auch leistungsabhängig berechnen, indem man verschiedene Arten der Mitgliedschaft einführt:
1. Reine Mitgliedschaft
2. Mitgliedschaft mit Anspruch auf Streikgeld
3. Mitgliedschaft mit Streikgeld und Arbeitsrechtsschutz
4. Mitgliedschaft nur mit Arbeitsrechtsschutz
etc. pp
Wenn ich eh eine Rechtsschutzversicherung für mein Auto habe, brauche ich keinen Rechtsschutz von der Gewerkschaft. Vielleicht bestehen auch Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit einer Rechtsschutzvesicherung.
Dann müssten natürlich auch viel mehr Werbemaßnahmen in den Betrieben und Behörden stattfinden, in denen auch Akademikern, die oft „sozial dümmer“ sind als Arbeiter, erklärt wird, warum auch für sie eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft Sinn macht. Als junger Referendar habe ich natürlich auch darüber nachgedacht bei der ÖTV einzutreten, da ich damals noch über keinen Internetzugang verfügte und in meiner Dienststelle keinerlei Aktivitäten des „Vereins“ auch nur ansatzweise zu finden waren, scheiterte der Eintritt letztlich an einem Kontakt und meiner Bequemlichkeit.
Wenn ich aber heute sehe, dass ver.di es seit nunmehr fünf Jahren nicht geschafft hat, mit der öffentlichen Hand Eingruppierungskriterien für den TVÖD zu verhandeln, stelle ich mir die Frage, was die da eigentlich machen in Berlin. Mich wundert wirklich, dass dieses Thema in der Presse völlig untergegangen ist. Dieser Stillstand hat dazu geführt, dass fünf Jahre lang eine Unzahl von neuen Mitarbeitern im öffentlichen Dienst im Zweifel eine bis zwei Gehaltsstufen niedriger eingestuft worden sind. Diese Strukturreform hat in weiten Teilen zu einem regelrechten Lohndumping geführt. Aber wen interessiert das in unserem Land, offenbar niemanden. Denn der öffentliche Dienst ist ja eh der beliebteste Prügelknabe unserer Gesellschaft.
Die Gewerkschaften sollten daher vor allem ihre Arbeit ordentlich machen, sich um Mitglieder kümmern und ihre beschränkten Kräfte nicht auch noch in politischen Streiks vergeuden. Wenn Herr Bsirske eine gute Arbeit macht, sollte sich das auch in einer höhreren gesellschaftlichen Akzeptanz widerspiegeln und dann kann man auch über politische Streiks bei den Gewerkschaften nachdenken.
Wenn Sie die sozial Benachteiligten wirklich an der Willensbildung stärker beteiligen wollen, was auch mein Anliegen ist, gäbe es zwei Möglichkeiten:
1. Man befreit sie von allen Gängelungen unserer Sozialbürokratie und führt einen angemessenen Mindestlohn ein, damit sie überhaupt die Zeit haben, sich um ihre Rechte zu kümmern.
2. Wir kehren zum Manchasterkapitalismus zurück und warten darauf, dass das Elend die Massen auf die Barrikaden treibt.
Ich denke für alle Beteiligten wäre die erste Alternative sicherlich die komfortablere.
@ Jean-Luc: Zu viele Fragen auf einmal. Auf die meisten kennen Sie ohnehin aus Ihrer langjährigen Posener-Beobachtung die Antwort. Ansonsten: Ihr Patriotismus (und meine Frankreich-Liebe) in Ehren, aber bei einer Jugendarbeitslosigkeit von 25% – unter Migranten entsprechend höher – muss man sich schon fragen, was einen Gewerkschaftsführer reitet, ausgerechnet unser Nachbarland als Modell hinzustellen. Gott lebt gut in Frankreich, sagt das Sprichwort. Die Jugend nicht.
@ Rita Groda: „Absoluter Quatsch“, nun ja. Ich sehe es (begreiflicherweise) nicht so. Ich ging von dem Phänomen aus, dass die Bürger außerparlamentarisch (und zum Teil antiparlamentarisch) ihre Ziele durchsetzen, während das den Arbeitern (von den Arbeitslosen ganz zu schweigen) immer weniger gelingt. Und ich habe mich gefragt, da ich das – entgegen den Unterstellungen mancher oberflächlicher Leser – nicht gut finde, warum das so ist. Man landet dann bei der Frage, die Bsirske stellte, also bei der Frage, was die Gewerkschaften in diesem Land tun können und sollen.
Cher 68er, ein interessantes Phänomen in unserer Deutschen Gesellschaft, worüber es sich lohnt nachzudenken.
Die Gewerkschaften haben sich im selben Ausmaß verändert, wie sich die SPD verändert hat!Als die gute alte Partei der Arbeiter und Intellektuellen zur Partei der Mainstream-Flotten und Jungen wurde, wie z.B. G. Schröder, verloren auch die Gewerkschaften ihr ehemaliges Profil. Und heute haben sie eigentlich kein Profil mehr.
Gerade in einer Zeit der Krisen und Umwälzungen hätten die Gewerkschaften die Chance gehabt ihre köassichen Rollen wieder, zeitgerecht, auszufüllen. Leider streben sie nach den amerikanischen Vorbildern, während Amerika sich immer mehr europäisiert.
LG Ihre Landplage
Lieber Posener,
Sorry, aber manchmal schreiben auch Sie absoluten Quatsch!!!!
Seit wann sind denn Sie so borniert geworden, die Gewerkschaften als“ Kartell der Arbeitsplatzbesitzer“ zu titulieren. Leiden sogar Sie jetzt an partieller Amnesie. Von den Errungenschaften der Gewerkschaften haben mal prinzipiell alle profitiert. Als wir beide noch die Schulbank drückten, hat man noch 6 Tage die Woche gearbeitet, das haben die Gewerkschaften verändert. Daß es eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt, was die Sozis wieder abgeschafft haben, haben auch die Gewerkschaften durchgesetzt.
Die Arbeitszeitverkürzungen wurden eingeführt, in der irrigen Annahme, daß damit neue Arbeitsplätze geschaffen werden – leider hat man da die Rechnung ohne die Arbeitnehmer gemacht.
Mein Vater, der in der Grundlagenforschung arbeitete, blieb lebenslang in der Gewerkschaft, was man ihm in seinen Kreisen auch lebenslang undemokratisch verübelt hat. Und selbst Sie fangen jetzt im Tonfall von Heinrich an.
Nein, jeder hat einmal gearbeitet, oder arbeitet mal, und nimmt dann alle die Errungenschaften der Gewerkschaften in Anspruch, und zwar ganz selbstverständlich, ohne darüber nachzudenken.
Hier sind viele junge Leute auf dem Blog, die die Gewerkschaften nur in der jetzigen vollgefressenen Form kennen. Please lieber Alan, ein wenig back to the roots und keinen solchen tendenziösen Mist!!!!
Jean-Luc Levasydas: Menue unter 10 € … Fahren Sie nach Agen und essen sie im Pick and Go … Oder fahren Sie nach Toulouse … oder sogar in Paris
Genau. Leben wie Gott in Frankreich. Wenn APO im nächsten Jahr sein Jubiläum „10 Jahre Atheist“ feiert, sollten wir zusammenlegen und ihm die von Ihnen vorgeschlagene Gourmet-Reise verehren.
Cher Apo,
das sie das Banner des Neoliberalismus immer noch vorantragen, wie ehemals ihre roten Bibeln…..
Wie heisst das deutsche Sprichwort:
Alter schuetzt vor Dummheit nicht 🙂
Dann gehen Sie doch bitte einmal nach Irland……
Sie loben doch immer meine Buddies…
Wussten Sie dass wir einen nach ihrer Auffassung unsinnigen Mindestlohn haben??
Fragen sie doch einmal in einem Berliner Hotel nach wie hoch der Stundenlohn eines Zimmermaedchens ist.
Sie wuerden sich wundern!!!!
Warum sind sie eigentlich noch Gewerkschaftsmitglied??
Aus Tradition ???
Seien sie doch einmal konsequent und treten sie aus.
Wieder einmal Apo Berliner Allerlei…
Es fehlte nur noch der Wiederaufbau des Berliner Schloss und der erfolgreiche Iraq Krieg und dass der Vietnam Krieg haette gewonnen werden koennen.
Dear Apo,
Herzlichen Dank für ihre journalistische deutsche Comedy Show
Noch eine Frage: Wann treten sie der deutsch Tea-Party bei??? 🙂
Warum sind sie eigentlich gegen die Stadtvillen in ihrem Suburb…
Wollen sie da die Gesetze der Oekonomie außer kraft setzen ??
Mon cher Apo,, ein bisschen schwanger ist nicht, wie meine deutsche Grossmutter sagte…
Und was ihren zweifelnden Kommentar betreffend eines Menue unter 10 € betrifft:
Fahren Sie nach Agen und essen sie im Pick and Go:
http://tinyurl.com/2wk5oag
Oder fahren Sie nach Toulouse:
http://hdeypyrenees.over-blog......94119.html
oder sogar in Paris:
http://www.qype.fr/lists/69022.....ins-de-10-
Ein politisches Streikrecht wäre eine schöne Sache. Doch dies setzt zum einen eine intakte politische Kultur und zum anderen eine funktionierende und in der breiten Masse verwurzelte Gewerkschaftsbewegung voraus.
Solche Voraussetzungen waren in den fünfziger Jahren, als es in Deutschland für rechtswidrig erklärt wurde, noch vorhanden. Heute jedoch befürchte ich, dass politische Streiks, wenn sie von den Gewerkschaften organisiert würden, sowohl den Gewerkschaften als auch dem politischen Klima schaden würden.
Oder glauben Sie, die IG-Metall würde besonders überzeugend wirken, wenn sie ihre Mitglieder in den Rüstungsbetrieben zum Streik für den Frieden aufrufen würde?
Politische Streiks können nur dann für unsere Gesellschaft von Nutzen sein, wenn sie aus der Breite der Gesellschaft getragen werden, wie derzeit der Protest in Stuttgart.
Ein Thema für solch einen politischen Streik wäre z.B. der Widerstand gegen den von unserem „Kriegsminister“ geplanten Umbau der Bundeswehr zu einer von Wirtschaftinteressen geleiteten teilprivatisierten mititärischen Einsatzgtruppe. Hiergegen sollten alle Parteien, die noch auf dem Boden unseres Grundgesetztes stehen, alle Gewerkschaften, alle Kirchen und sonstigen gesellschaftlich relevanten Gruppen aufrufen.
Ein Weihnachtsmarsch für den Frieden, ein Neujahrsmarsch gegen Angriffskriege…
Als ich ein Kind war, fuhren fast alle vernünftigen Menschen mit einem Stoppt-Strauß-Aufkleber durch die Gegend.
Wer stoppt Guttenberg?
@ Alan Posener: Gratuliere.
Danke. Aber ich kauf mir mein Gift lieber selber.
Kartell der Arbeitsplatzbesitzer
Sicher. Die Gewerkschaften wollen vermeiden, dass Sie (als Mitglied) sich beim Stichwort „Solidarität“ totlachen. Ihre Hinterbliebenen könnten dann ja tatsächlich die ominöse Sterbekasse in Anspruch nehmen.
@ Alle: Viele interessante Beiträge, vielen Dank.
@ EJ: Tja, Sie als Stichwortgeber für Bsirkske: Gratuliere. Sie haben Recht, dass die Funktionäre auch das Doppelsprech beherrschen. und dabei verschleiern, dass die Gewerkschaften ein Kartell der Arbeitsplatzbesietzer darstellen. Das ist m.E. der Systemfehler der Gewerkschaften.
@ KJN: ich bin der letzte, der die Parole „Hey Boss, ich brauch mehr Geld!“ denunzieren würde. Allerdings (s.o.) bringt der offenkundige Egoismus seinen Vertretern selten Sympathien ein. Das stelle ich einfach fest (neudeutsch: das sag ich jetzt mal).
@ Burkhard Wahle: Ja, ich habe stark vereinfacht. Aber die von Ihnen ins Spiel gebrachten Bildungsziele „Persönlichkeitsbildung und Aufklärung“ können doch nicht von der Schulzeit abhängen und sollten nicht besonderes Merkmal des Gymnasiums sein. sie sind für die anderen Schulformen genauso wichtig, ja vielleicht wichtiger, weil man bei den Kindern, die das Gymnasium besuchen, einen entsprechenden Einfluss der Eltern voraussetzen kann – eher jedenfalls als etwa bei Hauptschülern. Persönlichkeitsbildung und Aufklärung sollten aber vor allem in der Grundschule betrieben werden; wer von der Grundschule gefestigt auf die Oberschule kommt, wird auch den Leistungsdruck von G8 bestehen, ohne „Knetmasse“ zu werden; übrigens wollen nur wenige „Arbeitgeber“ knetbare Mitarbeiter.
Der Gefahr des Missbrauchs und des Prinzips der repräsentativen Demokratie wegen halte von politischen Streiks so gut wie gar nichts. Sogar weniger als das! Denn Bauchweh bekomme ich schon bei den dem Schein nach so harmlos klingenden Volksabstimmungen. Herr Bsirskes dicke Backe, sollte nicht davon ablenken, dass die wenigsten Gewerkschaftssekre(ä)t(r)e in konkreten Einzelfällen tatsächlich engagiert sind. Organisierte sind oft genug damit konfrontiert, dass die Sekretäre oft genug und in überheblicher Weise bloß die Grenzen des Arbeitsrechts aufzeigen. Die Gewerkschaften sind regelrecht überfettet dadurch, dass die auch noch glauben, unersetzlich zu sein. Politische Streiks? Igittigitt.
Alles für die Wirtschaft das ist die Botschaft zwischen den Zeilen kann man lesen daß Demokratie eigentlich abträglich ist für die Wirtschaft. Früher hatten die Adeligen ihre Herolde welche dem Volk die Meinung dieser verkündeten. Heute hat die Wirtschaft ihre Beziehungsgeflechte zu den Medien – INSM u.a. – und Herr Posener gehört sicherlich hierzu.
@Alan Posener
„Die Arbeiter nerven hingegen durch … die Tatsache, dass es sich immer um Demonstrationen der ausgestreckten Hand unter dem Motto „Hey Boss, ich brauch’ mehr Geld!“ handelt..“
Genau dafür sind sie, die Gewerkschaften, ja nu da.
Daß die „Bürgerlichen“ mit ihrer oft grünen Gesinnung ihre eigenen Interessen jenseits des bereits befriedigenden Einkommens verfolgen – das sehe ich auch so.
… und Bürger setzen sich (völlig zu Recht übrigens) dafür ein, dass ein ästhetisch bemerkenswerter 60er Jahre-Bau in Zehlendorf nicht gesichtslosen Stadtvillen weichen muss.
Ihre Bemerkung z.B. zu G8/G12 scheint mir doch zu stark zu vereinfachen. Wir haben jetzt nicht mehr oder weniger Leistungsprinzip im Gymnasium (das ist von der Länge der Schulzeit ganz unabhängig), sondern demnächst Kinder, die, mit 5 Jahren eingeschult, mit 16 1/2 das Gymnasium verlassen werden als Knetmasse in den Händen ihrer künftigen Arbeitgeber. Der durchschnittliche Oberstufenschüler ist heute in einem kaum vorstellbaren Maße darauf aus, Erwartungen zu erfüllen. Vorstellungen von Persönlichkeitsbildung und Aufklärung, die wir, so glaube ich, teilen, werden durch G8 eher nicht begünstigt.
Mit besten Grüßen, B. Wahle
Na, da staunt man doch! Frank Bsirske liest hier mit! Vielleicht ist er ja lernfähig …
Alan Posener: Arbeiter, die das Gymnasium nicht besucht haben, tun sich mit Doppeldenk und Doppelsprech schwieriger.
Keineswegs. Gerade Arbeiter sind auf Doppeldenk und Doppelsprech regelrecht abonniert. Ich jedenfalls halte neben dem Systemfehler „Manager“ (der Unternehmerentscheidungen fällt, ohne das Risiko des Unternehmers zu tragen) die inzwischen bis zur völligen Verblödung eingeübte Selbstverleugnung des Arbeitnehmers, der seine Lohnforderungen betriebs- oder gar „gesamtwirtschaftlich“ rechtfertigen zu müssen meint, für den zweiten großen Systemfehler des Kapitalismus.
Beide Fehler nehmen den Druck vom Markt, der Voraussetzung für überlegene Kreativität und Innovation ist, für westlich überlegene Kreativität und Innovation jedenfalls lange Zeit war. Die Quittung für die neoliberale Manager-Hybris und neoliberale Arbeitnehmer-Demut ist der ökonomische (und in dessen Folge politische) Niedergang des Westens. – Der Generalstreik kommt hoffentlich nicht erst, wenn es zu spät ist, Frank Bsirske!
@ Susannah: Ein Drei-Gänge-Menü für 10 Euro?! Wo?!
Einige Male durften wie nun von hier aus schon beobachten, wie Generalstreiks Frankreich zu weiten Teilen lahmlegten und für Chaos sorgten. Generalstreiks nach Gutdünken, Befindlichkeiten und einer Diskussion um Lohnerhöhungen um 2 Prozent? Um Gottes willen. Aber: Gut organisiert, sinnvoll eingesetzt und wirklich flächendeckend wären sie gelegentlich durchaus sinnvoll. Dieser Gesellschaft, und nicht nur der Politik, ist nämlich jede Form der Wertschätzung verlorengegangen. Alles scheint selbstverständlich, von der medizinischen Grundversorgung bis hin zur Diener machenden Servicekraft, die für 50 Cent Trinkgeld, Gehalt weit unter Mindestlohn und einem Drei-Gänge-Menu für 10 Euro doch bitte den Kunden noch König sein lassen soll. Nicht nur den Politikern gälte es beizubringen, Arbeit und Arbeiter wieder wertschätzen zu lernen. Begonnen mit angemessenem Benehmen und respektvoller Höflichkeit bis hin zu einem angemessenen Gehalt. Nicht selten habe ich erlebt, wie sich die Kassiererin von dem Kerl in der Schlange vor mir bepöbeln lassen musste und sich nicht zur Wehr setzte. Angst um den Arbeitsplatz und vor Ersetzbarkeit. Im Pflege- und Sozialbereich wird von den Kräften vor Ort erwartet im Schichtdienst, unterbezahlt und komplett unterbelegt Höchstleistung zu bringen. Und auch dort sitzt der Patient und erwartet ein Optimum, natürlich nicht höflich bittend und geduldig, sondern fordernd. Dieses Benehmen und mangelnde Wertschätzung zieht sich mittlerweile durch alle Jobs, von der Stewardess bis hin zum Arzt über Polizisten und Lehrer. Alle erleben das Gefühl, ihre Arbeit sei nicht nur selbstverständlich und selbstverständlich niemals ausreichend, sondern sie seien jederzeit austauschbar. Ein Generalstreik käme schon deshalb nicht in Frage, weil jeder Beteiligte um seinen Job fürchten müsste. Es sei denn natürlich, er wäre gut organisiert und ausnahmslos. Vielleicht könnte man es schaffen, etwas an der Situation zu ändern, wenn man das Kollektiv mal eine Weile „auf dem trockenen“ sitzen lassen würde. Zumindest würden Bürger wie Politik daran erinnert, wer das Fundament dieser Gesellschaft bildet, wer tatsächlich für das Überwinden der Krise verantwortlich ist und jeden Tag für Wachstum sorgt. Und vor allem: Wer aus diesem Grund auch ein politisches Mitspracherecht hat und verdient, nicht nur am Wahlsonntag