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Steuert Merz die CDU nach rechts? Ach was!

Merkel-Unterstützer Ruprecht Scholz. Foto:quelle: https://ruprecht-polenz.de/

Eine CDU-Gruppierung von Merkel-Getreuen um ihren Ex-Generalsekretär Ruprecht Polenz lastet dem Kanzler wie viele seiner Gegner an, die Partei Richtung AfD zu bewegen. Eine Schimäre, die vom Versagen der früheren Kanzlerin ablenken soll.

Angela Merkel wurde 2021 abgewählt. Ihre Schatten als Dauer-Regierungschefin und -Parteivorsitzende lasten aber immer noch auf der CDU und dem Land. In ihrer langen Kanzlerschaft wurden viele Weichen falsch gestellt, wie sich schmerzlich herausgestellt hat: bei der Migration, der Energieabhängigkeit von Russland, dem Abrüsten der Bundeswehr, fehlenden Infrastrukturinvestitionen. Der größte ihrer Fehler jedoch war, dass sie durch eine wahltaktische Linksverschiebung der CDU rechts von ihr viel Raum geschaffen hat für die AfD, die zur Gefahr für die Demokratie geworden ist. Von Einsicht bei ihr und ihren Anhängern indes keine Spur.

Die Altkanzlerin zieht auf ihrer Welttournee für ihre Memoiren vielmehr regelmäßig gegen ihren Nach-Nachfolger zu Felde, wie jüngst wieder zur von Merz angestoßenen „Stadtbild“-Debatte – entgegen dem Comment, sich als Ehemalige nicht in die Politik des Amtsinhabers einzumischen, zumal wenn er zur selben Partei gehört. Merkel geht es erkennbar darum, ihr Selbstbild und dass ihrer Anhänger als unfehlbare Staatsfrau zu wahren. Sie scheute nicht, dafür sogar ein rechtes ungarisches Medium zu nutzen. Abgesehen von einigen Schlagzeilen jedoch wenig bedeutsam.

Gefährlicher wird es für den Kanzler, wenn nun eine innerparteiliche Gruppe namens „Compass Mitte“ inmitten der zum Teil von ihm selbst versursachten politischen Turbulenzen Front gegen ihn macht und ihm vorwirft, die CDU nach rechts verschoben bzw. sie zu einer rein konservativen Partei gemacht zu haben. Was für viele der Gegner gleichbedeutend mit rechtsextrem ist. Denn das stärkt die Vorurteile, die nicht zuletzt etliche Medien und Journalisten gegen ihn hegen, weil sie sich jetzt auf innerparteiliche Kontrahenten berufen können.

Merkel hat Platz für die AfD geschaffen

Die Frondeure, allen voran Merkels früherer Kurzzeit-Generalsekretär, heute schwarz-grüner Social-Media-Influencer Polenz, haben allerdings in der Partei kaum Gewicht. Außer dass sie als Sprachrohr für die Merkelianer dienen, die sich sonst kaum noch zu Wort zu melden trauen angesichts der Hinterlassenschaft der Ex-Kanzlerin, zu der der anhaltende Niedergang der CDU gehört. Auch wenn sie das nicht wahrhaben wollen.

Zwar konnte Merkel dank ihrer Strategie der „asymetrischen Demobilisierung“ Wahlerfolge feiern, indem sie Themen von SPD und Grünen besetzte. Das ermöglichte allerdings der AfD, rechts von ihr den Platz zu besetzen, den die CDU und zum Teil auch die SPD vordem mit abgedeckt hatten. Die Zugewinne links konnten diesen Aderlass auf der anderen Seite auf Dauer nicht wettmachen. Mit der Folge, dass die AfD von 4,7 Prozent nach Merkels Migrationswende 2015 bei der Bundestagswahl zwei Jahre später auf 12,6 Prozent kletterte und inzwischen die Union in den Umfragen zum Teil überholt hat. Nicht wegen der Politik von Merz, der erst seit einem halben Jahr regiert und das innenpolitisch auch nur halbherzig, sondern als Spätfolge von Merkels Politik. Und der der Ampel.

Merz versucht sich dem entgegen zu stemmen, stark gebremst allerdings von der SPD, die seine angekündigten Großtaten verhindert, wo sie nur kann. Ob seine „Stadtbild“-Bemerkung hilfreich war und ob er den Mund vor der Wahl zu voll genommen hat, darüber kann man lange streiten. Ihm jedoch anzukreiden, dass er die CDU für eine Zusammenarbeit mit der AfD öffne, ist abwegig. Er ist in der Mitte der Union verortet, entschiedener Europäer und Transatlantiker, migrations- und gesellschaftspolitisch keineswegs so verbohrt, wie er oft hingestellt wird. Alles Positionen, die der AfD nicht gefallen, deren vordringliches Ziel ist, die Union zu zerstören.

Eine Brandmauer bis zum Himmel?

Klarer, als es kaum geht, hat Merz aus daher einen Trennungsstrich zu ihr gezogen, indem er sie zum Hauptgegner erklärt hat und betont, dass es keinerlei Gemeinsamkeiten mit der Rechtspartei gebe, sie vielmehr alles bekämpft, wofür die CDU seit den Zeiten von Konrad Adenauer steht. Womit er auch all denen in der Partei vor allem im Osten entschieden entgegen trat, die mit einer Kooperation mit der AfD liebäugeln angesichts der verheerenden Umfragewerte der CDU dort.

Das hindert die Polenz-Fraktion jedoch nicht, wie andere außerhalb der Partei eine noch klarere Abgrenzung und ein Verbotsverfahren gegen die rechte Konkurrenz zu fordern, wofür sie natürlich Applaus von Linken bekommt. Ohne jedoch zu sagen, was denn diese noch höhere Brandmauer bewirken sollte, die die AfD bisher nicht klein mache konnte. Soll die CDU nächstes Jahr in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern mit der Linken koalieren, womöglich 2029 auch im Bund, in einer Volksfront gegen die AfD, obwohl in der CDU ein Unvereinbarkeitsbeschluss auch für die SED-Nachfolgepartei gilt? Was die Höcke-Truppe zudem nur weiter stärken würde.

Genauso schräg ist es, wenn die Compass-Gruppe behauptet, die CDU dürfe keine bloß konservative Partei sein, das Liberale und Christlich-Soziale müssten wieder gestärkt werden. Die Union war, anders als die SPD, nie eine weltanschaulich eindeutige Partei. Stark war sie immer, wenn sie alle drei Strömungen verkörperte. Unter Merkel ist der konservative Teil verkümmert, viele, die sich ihm zugehörig fühlten, sind geflüchtet, weil sie sich in ihrer Partei nicht mehr beheimatet fühlten. Zur AfD oder in die Wahlenthaltung.

Merz ist zum Vorsitzenden gewählt worden, nachdem Kramp-Karrenbauer und Laschet als Merkels Nachfolger an der Parteispitze die Union noch mehr ins Elend geritten hatten, weil er versprach, das Konservative wieder mehr zur Geltung zu bringen. Anlasten müsste man ihm eher, dass er das noch nicht genügend getan hat, um der veränderten Stimmung im Land Rechnung zu tragen. Aber es kann es eben nicht, wegen der Beharrungskräfte der SPD und in der eigenen Partei. Und weil er nun nicht mehr Oppositionsführer ist, sondern das Land führen und zusammenhalten muss.

Auf das Christliche hat niemand ein Privileg

Geradezu perfide ist, wenn die Polenz-Gruppierung auch noch anführt, man trete für eine CDU ein, die das „C“ (für christlich) wieder ernst nehme. Ein Totschlagargument, das den katholisch geprägten Kanzler ins Abseits stellen soll. Dabei war die Union nie eine „christliche“ Partei, anders als die katholische Zentrumspartei, aus der sie nach 1945 im Wesentlichen hervorging, und sie kann es in der heutigen stark säkularisierten, entchristlichten Gesellschaft schon gar nicht mehr sein. Vielmehr bezieht sie sich in ihrem Selbstverständnis auf das christliche Menschenbild, das jedem Menschen die gleiche Würde als freies Individuum gibt.

Daraus lassen sich ganz unterschiedliche Politikansätze ableiten: die katholische Soziallehre genauso wie eine wirtschaftsfreundliche Politik der sozialen Marktwirschaft; eine humane Flüchtlingspolitik ebenso wie ein starke Kontrolle des Zuzugs, um den inneren Frieden zu wahren; Wertschätzung für die traditionelle Familie wie die Anerkennung unterschiedlicher Lebensformen; die Bewahrung der Umwelt wie eine Klimaschutzpolitik, die die Unternehmen nicht erdrosselt.

Darum muss innerparteilich und in der Gesellschaft gerungen werden, ohne die eine oder andere Seite zu verdammen. Wenn Merz da wieder ein bisschen mehr für Ausgleich sorgt, ohne sein gelegentliches unbedachtes Gepoltere, kann das der Union nur helfen. Vielleicht sogar auch gegen die AfD.

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