„Sie sind ein nützlicher Idiot des US-Imperialismus.“ Sagte Leutnant Zahn vom Ministerium für Staatssicherheit, als ich 19 war und er mich 1980 das erste Mal verhaftet hatte.
„Sie sind ein verbohrter Agent des US-Imperialismus.“ Sagte Zahn, mittlerweile Hauptmann, als ich 23 war und 1984 das zweite Mal in seinem Vernehmerraum saß.
Wir hatten uns alle beide weiterentwickelt.
Mit meinem Haftkameraden Hubert freundete ich mich einige Monate später im Justizvollzug in Cottbus schnell an. Er war auch das zweite Mal drin. Auch weiterentwickelt.
Den Arbeitseinsatz an diesem Samstag, dem 6. Oktober 1984 zu Ehren des 35. Geburtstags der Deutschen Demokratischen Republik, dem Folgetag, machten wir nicht mit. Samstags war auch in einem DDR-Gefängnis arbeitsfrei, bitte.
Also wurden wir auf eine gesonderte Zelle geführt und dort die ganze Schicht lang eingeschlossen. Hubert stellte einen Tisch vor das Waschbecken und zwei Hocker darauf und hieß mich auf einem derselben thronen. Dann ließ er heißes Wasser in das Becken ein und wir nahmen darin ein herrliches Fußbad.
Wir erzählten uns von unserer Weltreise, die wir einmal unternehmen werden. Einmal, wenn dies hier alles vorbei ist.
Vorbei war es für uns schon im Folgejahr, als wir 1985 freigekauft wurden.
Als Amerika den Kalten Krieg gewonnen hatte
Unsere Weltreise allerdings unternahmen wir erst 7 Jahre später, 1992. Wir radelten durch Neuseeland und unseren Zwischenstopp in Kalifornien dehnten wir auf eine Woche aus.
Es kam aus dem Autoradio, auf der Fahrt von Los Angeles nach San Francisco, als der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika an jenem 29. Januar 1992 uns auf der California State Route Number One verkündete:
“By the grace of God, America won the Cold War.”
“Genau das!” rief Hubert und „Klatsch ab, Alter!“. Immerhin waren wir beide doch des Agententums für dieses herrliche Land überführt.
Das Buch
Meine Kritik zu Ilko-Sascha Kowalczuks „Freiheitsschock“ beginnt an seiner Ausgangsthese.
Der These, dass Oppositionsgruppen mutiger DDR-Bürger „im Revolutionsherbst 1989“ die SED-Diktatur gestürzt hätten.
Genauer benennt er diese Gruppen bereits in seiner Widmung, also auf den ersten Seiten des seines Buches. Das sei die „Initiative für Frieden und Menschenrechte, IFM“ und „Demokratie Jetzt, DJ“ und „Neues Forum“ gewesen, alle zusammen vereint zu den Volkskammerwahlen am 18. März 1989 in einem „BÜNDNIS90“. Später vereinigt mit den westdeutschen GRÜNEN.
O-Ton Ilko-Sascha Kowalczuk ( Seite 42):
„Wie aber sah die Rolle der Bürgerbewegungen aus, die aus der Opposition heraus entstanden waren und als wichtigstes Ziel Freiheit vertraten? Sie waren diejenigen, die im Sommer und Frühherbst 1989 überhaupt einige Hunderttausend Menschen mobilisierten und motivierten, sich zu engagieren, auf die Straße zu gehen. Sie boten ein Podium, eine Möglichkeit gemeinsamen Handelns, sie prägten Kultur und Sprache der Revolution und artikulierten ihre Forderungen. Sie sind der Katalysator und bis 9. November 1989 auch der einzige Organisator der Revolution, das einzige Sprachrohr.“
Eine „Selbstvergewisserung für die Guten“ übertitelt Christian Booß, ein anderer Rezensent, seine Kritik des Buches.
Der Autor
Ilko-Sascha Kowalczuk erscheint mir wie DER Legendenerzähler für BÜNDNIS90/GRÜNE, wenn es um die DDR-Vergangenheit geht.
Das kann nicht verwundern, denn „DDR-Experte“ ist Herr Kowalczuk meines bescheidenen Eindrucks nach namens und im Auftrag der BÜNDNIS90/GRÜNEN geworden.
Seine Historikerlaufbahn beginnt 1995 als „Sachverständiger“ in der Enquete-Kommission „Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozess der deutschen Einheit“ des Deutschen Bundestages.
Meine Anführungszeichen bezweifeln dabei nicht Herrn Kowalczuks damaligen Sachverstand, auch wenn er 1995 gerade erst sein Studium der Geschichtswissenschaften abgeschlossen hatte. Mit Stipendium der GRÜNEN Heinrich-Böll-Stiftung übrigens.
Sie sind der Tatsache geschuldet, dass in Enquete-Kommissionen Obmänner der Parteien nach eigenem Willen, meinetwegen nach Gutdünken, einen Sachverständigen „mitbringen“ dürfen. Das ergibt sich aus § 56 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Bundestages.
Einer der Obmänner für die BÜNDNIS90/GRÜNE war der auf der ersten Seite seines Buches genannte Gerd Poppe. Der andere war der Waldorfpädagoge Gerald Häfner, später tätig am Goetheanum in Dornach.
„Sondervotum der Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS90/Die GRÜNEN und des Sachverständigen Kowalczuk“ …
So sind seine Beiträge im Schlußbericht der Enquete-Kommission übertitelt.
Das mindert nicht Herrn Kowalczuks mitunter mit Sachverstand geschriebenen Einwürfe in die Debatten.
Dies sollte man jedoch wissen, wenn man sein Buch zur Hand nimmt.
Die Ausgangsthese
Aber zu seiner Ausgangsthese um die DDR-Oppositionellen und ihren Freiheitskampf, mit der er sein Buch eröffnet. Das übrigens für mich lesbarer wäre, wenn es nicht so viele Gendersternchen enthielte.:
- Abgesehen davon, dass es das Wesen einer Diktatur ist, dass sie Opposition gar nicht duldet und dies auch das Wesen der DDR-Diktatur war und sich das, was man DDR – Opposition nennen könnte, erst im Spätherbst 1989 formieren konnte, …
- Wobei die sich bildenden DDR-Gruppen mit ihren noch sehr innersozialistischen Vorstellungen den Bewegungen in Polen (ich schrieb hier davon) um Monate, wenn nicht Jahre hinterherhinkten,…
- Und abgesehen davon, dass das Neue Forum eine Sammlungsbewegung war, die auch SED-Mitglieder willkommen hieß und keineswegs identisch ist mit der Vereinigung, die am 18. März 1990 auf der BÜNDNIS90-Liste gegen diese SED zu den Volkskammerwahlen kandidierte, …
- Auch abgesehen davon, dass außer Joachim Gauck und Konrad Weiß die gesamte 15-köpfige Fraktion von BÜNDNIS90 in der Volkskammersitzung am 22./23. August 1990 keineswegs für den Beitritt der DDR unter die Geltung des Grundgesetzes gestimmt hatte;…
- …Im Gegenteil mehrheitlich sogar DAGEGEN stimmte …
Abgesehen davon ist die ganze Revolutionsvereinnahmung eine gut erdichtete Legende.
Ja, gewiss gab es (auch) in Ost-Berlin vor dem Herbst 1989 mutige Menschen, die man korrekterweise mit der Wortwahl Vaclav Havels „Dissidenten“ nennen sollte.
Aber der Sozialismus ist nicht an ihnen zerschellt.
Der Sozialismus ist an sich selbst gescheitert. Weil eine zentrale Planwirtschaft nun einmal in den wirtschaftlichen Bankrott führen musste. Nicht nur in der DDR, im ganzen Ostblock. Ich habe hier auf diesem Blog davon erzählt.
Ein morsch gewordenes Gebälk.
Ein Windhauch hatte es 1989 umwerfen können.
Schon 2019 hatte der aus der Weimar stammende Religionssoziologe Detlef Pollack, damals noch Professor an der Universität Münster, der BÜNDNIS90-Legende Kowalczuks von der Urheberschaft der „Friedlichen Revolution“ widersprochen.
Ein Anti-AfD-Buch
Angekündigt und in den Buchhandel geworfen im August 2024, pünktlich vor den Landtagswahlen am 1. September 2024 in Sachsen und Thüringen, ist das Werk vor allem als ein Anti-AfD-Buch geschrieben.
Wie alle diese Schriften dürfte es eher das Gegenteil des Bezweckten erreicht haben.
„Die AfD und die Ostdeutschen“ heißt das 17. Kapitel (ab Seite 184). Es erklärt dem Westdeutschen, was nicht wenige unter diesen eigentlich schon immer wussten, aber noch einmal bestätigt haben wollen:
„Wir haben im Osten eine autoritäre Tradition, die über Kaiserreich, Weimarer Republik, Nationalsozialismus und DDR fortwirkt (Seite 185). … Was wir ab den 1990er Jahren erlebt haben – der Freiheitsschock – führt zurück zu einem Kernpunkt: Es gab keine Demokratie- und Freiheitsschulung im Osten. So etwas wie Re-Education in Westdeutschland durch die Amerikaner fehlte.“
Deshalb wähle der Ostdeutsche eben AfD. Es sei „die Sehnsucht der Israeliten in der Wüste nach den Fleischtöpfen Ägyptens (Seite 137)“.
Der C.H.Beck-Verlag preist sein Buch an mit den Worten:
„Er (Kowalczuk) will aufrütteln: zu mehr aktiver Eigenverantwortung, zu einer Abkehr von der eigenen Opferrolle und zu einem Blick auf die Geschichte, …“
Da reibe ich mir doch verwundert die Augen und gestehe dabei:
Ich war sieben Jahre in der AfD, immer in dieser Zeit auch Parteifunktionär. Ich habe Aufstellungsversammlungen der Partei für Gemeinde- und Kreistagswahlen organisiert und der Fraktion im Kreistag des Landkreises Leipzig vorgestanden.
Man könnte viel über die Partei erzählen. Aber die Behauptung, dass Eigenverantwortung einem AfD-ler zu mühsam sei, ist reichlich realitätsfremd.
Wenn dem so wäre, wenn AfD-ler nicht „mitmischen“ wollten, nicht kandidieren würden bei Wahlen, ..
… Und dies im Osten mit von Jahr zu Jahr wachsenden Fraktionsgrößen, dann hätte Ilko-Sascha Kowalczuk das Buch vermutlich gar nicht geschrieben.
Lieber 68er: „Herr Posener hat das nur so dargestellt, als hätten „die Amerikaner“ und „die Taliban“ und „die Saudis“ zusammen mit „den braven Polen“ für Freiheit und Gerechtigkeit auf der ganzen Welt gekämpft. Das ist, wie Sie richtig sagen, natürlich blanker Unsinn. Daher auch mein virtueller Lachanfall.“
Hat er natürlich nicht. Es gab allerdings im Kalten Krieg eine richtige Seite und eine falsche. Und die richtige Seite hat zum Glück gewonnen.
Hätte die andere Seite gewonnen, hätten Sie nicht die Freiheit, die Sieger zu kritisieren.
Die beiden BÜNDNIS90/GRÜNE Obmänner in der Enquete-Kommission, in welcher Herr K. zum Historiker reüssierte, lieber Alan Posener, sahen das allerdings anders.
Sie sahen Deutschlands Zukunft nicht auf der „richtigen Seite“, sondern in einer Neutralität zwischen dem, was Sie „richtige Seite“ und „falsche Seite“ nennen.
Die erdrückende Mehrheit der 15 BÜNDNIS90-Abgeordneten wollte keineswegs die DDR in den Westen eingegliedert sehen. Gerd Poppe, dem das Buch gewidmet ist, sagte „NEIN“ zum Beitritt der DDR unter das Grundgesetz.
Die erdrückende Mehrheit der GRÜNEN im Westen hatte seit Jahren für eine „Anerkennung“ der DDR-Staatsbürgerschaft gestritten, also für eine Ausbürgerung von 17 Millionen Ostdeutschen aus der Deutschen Staatsbürgerschaft. Eine Idee, zu der ich vermute, dass Sie mit diesem Wunsch durchaus sympathisieren.
BÜNDNIS90 und GRÜNE plädierten vor 1990 für deutsche Neutralität zwischen Ost und West. Irgendwas in der Mitte. Und kamen nach 1990 so schnell da nicht wieder raus.
Nur wenige reflektierten, dass in dieser „Mitte“ deutsch gesprochen wird, worauf Tschechen, Polen und Balten auch zukünftiger Generationen nicht erpicht sind. Deutschland hat, auch infolge seines wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Abstiegs keine Anziehungskraft (mehr) auf junge Menschen dort. Diese Jugend lernt heute Englisch als erste Fremdsprache, nicht Deutsch.
Das ist gut, dass Sie das ansprechen. Ich hätte es damals auch lieber gesehen, wenn es eine Vereinigung (da ich nach dem Krieg geboren wurde wäre es keine „Wieder“-Vereinigung für mich gewesen) gegeben hätte.
Da ich sehr durch das katholische Christentum und den europäischen Gedanken geprägt bin, war es für mich selbstverständlich, dass die 17 Millionen Leute aus dem „Osten“ und auch die Leute von noch weiter östlich und südöstlich in das damals so viel beschworene „Europäische Haus“ integriert werden, bzw. dass man mit denen ein „gemeinsames friedliches Europa“ aufbauen sollte. Sie waren mir da emotional genauso nah wie jeder Grieche oder Türke oder Pole. Die BRD wurde ja 1949 gegründet ohne die Ostgebiete links und rechts der Oder/Neisse-Grenze. Eine Wiedervereinigung war für mich damals und ist es bis heute für mich, denknotwendiger Unsinn. Der Beitritt zur BRD war das was die „Wir sind ein Volk“-Fraktion wollte. So klingen Sie ja auch irgendwie.
Ich stelle mir das so vor, wie wenn man eine Katalogreise kauft. Es gibt Leute, die lassen sich von den bunten Bildern berauschen, malen sich den schönsten Urlaub wie in Schlaraffia aus, lassen sich von der geölten Werbemaschinerie umgarnen und glauben, dsss sie für 800 Euro die tollste Weltreise „all inclusive“ bekommen. Da wird die Sehnsucht und Bequemlichkeit bedient, und nachher jammert man, dass das Zimmer an der Autobahn über einer Disko liegt, das Essen schlecht ist und jedes Bier extra bezahlt werden muss.
Man kann abet auch seinen Urlaub selber planen, weil man sein Leben selbst in der Hand haben will. Das ist deutlich aufwendiger und auch vorher anstrengender, für mich aber deutlich erfüllender.
Die DDR-Bürger haben sich für Demokratie nach Katalog entschieden und haben dann lernen müssen, dass ihnen im Kapitalismus niemand was schenkt. Und dass der Kapitalismus den belohnt, der schon was hat. Und wenn man nix hat, ist es auch schwerer, sich zu verbessern.
Die aktuellen Zahlen zur Vertretung ostdeutscher Bürger in den Führungspositionen in Politik und Verwaltung belegen ja auch, dass es Generationen braucht, um sich als Umderdog in den etablierten Strukturen von Geld, Macht und Beziehungen zurechtzufinden und hochzuarbeiten.
Da hatten die meisten „Ossis“ ähnlich schlechte Startchanchen wie Menschen mit Migrationshintergrund und aus der Arbeiterschicht.
Das wäre eigentlich ein Thema für die SPD gewesen. Der DDR-Bürger als unterprivilegierter Quasi-Kumpel. Den hat man aber nicht abgeholt, weil er am Anfang eher ABM-ler oder Arbeitsloser war, auf dem die SPD unter Schröder und später unter Steinbrück auch noc. rungehackt hat.
Und jetzt wählen die Kumpel im Ruhrgebiet und die „Ossis“ immer mehrr AfD. Ist ziemlich dämlich von denen, aber dass sie keine SPD wählen, kann ich gut nachvollziehen.
Herr Posener erzählt gerne die Geschichte von der vermeintlichen Freiheit. Das ist aber Kokolores. In einer Gesellschaft, in der die gesellschaftlich relevanten Gruppen, wie Religionsgemeinschaften und Gewerkschaften immer weniger Einfluss haben und das Prinzip der Gewinnmaximierung immer dominanter wird, zeigt der Kapitalismus sein wahres Gesicht. Der Einzelme ist nichts das System alles. Das Eigentum ist wichtiger als der Mensch, es zu schützen Zweck aller staatlicher Gewalt.
Und ob Sie jetzt sächsisch reden oder schwäbisch babble, ob Sie blond oder dunkelhaarig sind, sich als Deutscher fühlen oder in Erbil geboren dind, ist dem Kapitalismus eigentlichbziemlich wurscht.
Die DDR war ein naher Markt mit interessanten Absatzmöglichkeiten, auf dem so einige Unternehmen und Banken, Versicherungen etc. ei gutes Schnäppchen machen konnte mit ziemlichbunerfahrenen Humankapital, dass man prima über den Tischbziehen konnte. Was meinen Sie, wie sich die festen Kapitalisten, die Sie aus Ihren DDR-Schulbüchern kannten (tatsächlich haben die oft einen Diätkoch und sind gar nicht so feist) auf die Schenkel geklopft haben, als die „Ossis“ mit ihrem FDGB-Trauma auch noch „zu blöd“ waren, sich gewerkschaftlich zu organisieren.
Kohl hat die „Ossis“ heim in den deutschen Schoss geholt, weil er ein europäischer Nationalist war. Seine Berater aus der deutschen Industrie und von der Deutschen Bank haben in den „Ossis“ nur Kinsumenten und billige Arbeitskräfte gesehen, mit denen man Reibach machennkonnte und dessen Leid man der Arbeiterklasse im Westen auch noch vorhalten konnte, mit denen man Angst machen konnte, genauso wie mit Syrern, Rumänrn, Türken oder Rumänen.
Sie wurden ein paar Wochen wie Gleiche behandelt und tatsächlich waren Sie für unser System nichts anderes als unsere Nachwende-Türken, diesmal aber eher blond und blauäugig.
Wie frei ist man als Arbeitsoser nach 3 ABM-Massnahmen in Hartz IV im Südharz (der Witz sei mir erlaubt) wenn man sein Erspartes bis auf das Minimum aufgebraucht hat?
Herr Walter, ich kann vieles von dem nachvollziehen, was Sie schreiben. Aber ich glaube, das fast jedes System im Zweifel irgendwann für einen kleineren oder grösseren Teil der Gesellschsft unhaltbare Zustände produziert. Und dass unser System mal das beste unter den Schlechten war, mag in dem 70er-Jahren für die BRD und weite Teile Westeuropas richtig gewesen sein, heute ist es aber für viele Menschen suf der Weöt das falsche!
Die Bonner Republik, lieber K.,
ist 1949 als ein Haus für alle Deutschen errichtet. Wie übrigens die DDR auch. Beide Staaten „arbeiteten“ mit dem „Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz, RUStAG“ von 1913, das übrigens unter dieser Überschrift mit natürlich vielen Veränderungen bis 2000 galt und dessen Überschrift erst seit dieser Zeit geändert ist. Die wesentliche inhaltliche 2000er Änderung war die Option zur Staatsbürgerschaft hier Geborener.
Die davon verschiedene DDR-Staatsbürgerschaft schuf sich die DDR erst 1968.
1949 ging es (auch) darum, den 12 bis 14 Millionen Vertriebenen ein Haus, eine Staatsbürgerschaft zu bieten. Die Bonner Republik war eben von Anfang an nicht als Republik der Schwaben und Hessen und Bayern definiert.
Sie war von Anfang an als Republik auch der Ostpreußen, Schlesier, „Zonenflüchtlinge“ und sogar der „Sudetendeutschen“ konzipiert, die (darüber denkt gar niemand mehr nach) als Deutsche und nicht als Österreicher galten.
Meine Tante und mein Onkel machten vor dem Mauerbau rüber und ja: Die SPD war in den 1960er Jahren als Partei der armen Leute auch die Partei der „Zonenflüchtlinge“. Mein Onkel klebte Plakate für Willy Brandt und schmuggelte für das Ostbüro der SPD über die ungarisch/österreichische Grenze DDR-Bürger raus. Auf einer Fahrt wurde er erwischt und saß 1 1/2 Jahre in Ungarn ein.
„Der Kapitalismus“ folgt den Gesetzen der Gravitation: Der Körper mit der größeren Masse zieht den mit der kleineren Masse an und wird dadurch noch größer. Viel Kapital schluckt wenig Kapital und wird damit noch mehr Kapital.
Das ist nicht von Menschen gesetztes Recht, sondern ein Naturgesetz.
Dem man, da haben Sie Recht, gegensteuern kann und muss. Denn nach diesem Naturgesetz wird der Kapitalist eben das Monopol ansteuern, nicht den Wettbewerb.
Und nicht nur nebenbei: In der überalternden Bevölkerung in Deutschland gibt es immer weniger Menschen im arbeitsfähigen Alter. Das Gewerbe lechzt nach Arbeitskräften. Die Zeiten perspektivloser Hartz4-Empfänger gehen im Osten dem Ende entgegen. Auch im Südharz.
Im Großraum Leipzig sind sie lange vorbei.
Das eigentliche Problem im Mansfeld-Südharz ist heute die besonders hohe Überalterung durch besonders hohen Wegzug jüngerer Menschen. Gar nicht nur gen Westen. Dass also die 10 % Arbeitslosen dort zum Großteil über 50 Jahre alt sind.
Arbeitslosigkeit in Mansfeld-Südharz nach 1990 ist auch keine Folge „des Kapitalismus“ sondern der Globalisierung, also der Öffnung einer Binnenwirtschaft in die Weltwirtschaft. Die Landschaft dort ist von Bergbauhalden geprägt. Kalibergbau. Und DDR-Kupferschieferbergbau, der nach 1990 nur noch konkurenzfähig mit chilenischem Kupfer gewesen wäre, wenn die deutschen Bergleute auch weiterhin noch mieser bezahlt worden wären als die chilenischen. So was geht aber nur, wenn eine Mauer steht, die sie am Weglaufen hindert.
@68er: Danke. ich kannte bisher „Life of Brian“ nur im Original. Dort kann Pontius Pilatus (nicht Caesar) kein „r“ aussprechen und lispelt ein wenig. Die deutsche Übersetzung vergröbert alles (so wird aus Pilatus eine hysterische Schwuchtel, während er im Original lediglich sehr vornehm – aber eben mit den Sprachfehlern – spricht:
https://www.youtube.com/watch?v=kx_G2a2hL6U
@ 68er: Lieber Herr K., wie kommt es, dass Rechte, nun auch Linke wie Sie, wenn sie ironisch oder sarkastisch sein wollen, das Adjektiv „pöse“ (meist in Anführungszeichen) benutzen? Gibt es irgendeine Gestalt in der deutschen Literatur oder populären Kultur, die immer dieses Wort falsch aussprach und in unangebrachten Situationen benutzte? Das ist eine ehrliche Frage, weil ich auch nicht verstehe, was ich oder Sie davon hätten, wenn ich mich lustig machen würde über Ihre Kritik an den „pösen“ Taliban, den „pösen“ Saudis, den „pösen“ Amis, dem „pösen“ Neoliberalismus usw.; also: Woher kommt das, und was soll es bringen?
… ‚pöse‘? … “Chleudert den Purschen zu Poden!‘ … hat der 68er sich bei Monty Python abgekupfert. Sozialistisches Allmachtsprech. 😉
Das kommt von der „Biggus Dickus“ Szene aus der deutschen Synchronisation von Monty Pythons Brian, wie Hans richtig erwähnt.
Da hat Cäsar im Deutschen einen Sprachfehler. Ich weiss gar nicht, ob es den „pösen Purschen“ im Text da überhaubt gibt.
https://www.youtube.com/watch?v=fPaDlNPbDSM
Das ist ein Mem? und hat wenig mit „lechts und rinks“ zu tun, denke ich.
Hallo Herr Walther,
das war der falsche Link.
Hier ist der richtige:
https://youtu.be/fPaDlNPbDSM?feature=shared
Und nennen Sie mich gerne K. aber ohne den vorgestellten „Herrn“, sonst werde ich ich irgendwann noch überheblich.
Gut,
hab mir mal erlaubt, zu Ihrem Beitrag „zwei drüber“ den Link zu korrigieren.
Ja, diese Assoziation kam mir auch zu „pöse“.
Und ich gebe Ihnen zu: Die Welt teilt sich wirklich nicht so einfach in gut und böse.
Ob diese US-Politik meine Freiheit wert war ?
Ich bin 4 1/2 Jahre vor Öffnung der Grenzübergänge für alle anderen DDR-Bürger gen Westen verkauft worden. Dass Amerika den Kalten Krieg gewonnen hatte, spielte für meine Freiheit also keine Rolle.
Für meine Geschwister und Eltern war es ein Glück, dass Amerika den Kalten Krieg gewonnen hatte. Auch wenn nicht alle Knabenblütenträume reiften. Weil Amerika ja den Kalten Krieg nicht um unseretwillen, sondern um seinetwillen geführt hatte.
@Bodo Walther
„Auch wenn nicht alle Knabenblütenträume reiften. Weil Amerika ja den Kalten Krieg nicht um unseretwillen, sondern um seinetwillen geführt hatte.“
Auch wenn es jetzt etwas kleinlich erscheinen mag – diesem m.E. massiven Missverständnis unterliegen gerade derzeit alle linken, aber auch viele der rechten Eiferer: Niemand tut etwas für ‚uns‘. Weder die USA, Russland, die EU und schon gar nicht NGOs und die UNO mitsamt ihrem eher lächerlichen Gerichtshof in den Haag. Mit dem politischen Verständnis eines Erwachsenen können wir bestenfalls darauf hinwirken, daß die Interessen so verteilt bleiben, daß jeder am Leben bleibt. Das sollte spätestens jedem nach dem 7.10.2023 klar geworden sein.
Hallo KJN,
das sehen hier wohl die meisten so wie Sie. Herr Posener hat das nur so dargestellt, als hätten „die Amerikaner“ und „die Taliban“ und „die Saudis“ zusammen mit „den braven Polen“ für Freiheit und Gerechtigkeit auf der ganzen Welt gekämpft. Das ist, wie Sie richtig sagen, natürlich blanker Unsinn. Daher auch mein virtueller Lachanfall.
„Niemand tut etwas für ‚uns‘. Weder die USA, Russland“
Richtig, lieber Klaus J. Nick,
und auch aus dem Narrativ, dass der ukrainische Kriegsveteran „unser“ Kriegsveteran sei, wird es einmal ein böses Erwachen geben.
Lieber Herr Posener,
Sie suchen sicherlich immer noch nach den verlorengegangenen alten SM-Autoren, da kann man ja auch ganz duselig werden.
So lese ich jedenfalls Ihr Lob auf die Taliban (die hiessen damals, glaube ich, Mudschahedin und namentlich Osama B. L.) und die Saudis der 80er-Jahre. Die Saudis enthaupten ihre „Verbrecher“ übrigens noch bis heute. Wann dürfen wir hier ein Loblied von Ihnen über Osamas Meisterwerk des Kampfes gegen den Sozialiismus und alle Ungläubigen aus dem Jahr 2001 lesen? Ich krümme mich vor Lachen bei der Lektüre Ihrer Lobeshymnen auf den vereinten Kampf der Achse der Willigen gegen den „pösen“ realexistierenden Sozialismus.
Und dann werden natürlich „die tapferen Polen“ bemüht, „die“ nach meiner Kenntnis aber von vielen (fatalerwerweise zu Unrecht pauschalierend) oft als rücktständig, erzkonservativ, weil katholisch, antieuropäisch und von manchen zweifelhaften „Experten“ sogar als latent antisemitisch bezeichnet werden:
https://www.welt.de/debatte/kommentare/article173718378/Polen-und-das-Gespenst-des-Antisemitismus.html
Das klingt für mich alles ein wenig nach exorzistischem Antikommunismus a la Joseph McCarthy. Völlig übertrieben und – ich will nicht sagen unterklomplex – aber zumindest ziemlich widersprüchlich.
Vielleicht schreibt Herr Walther ja mal seine Einschätzung dazu, ob die Saat, die in den späten 70ern und in den 80ern u. a. von Bush Senior, Rumsfeld und Brzeziński für 9/11 gelegt wurde, und das was daraus resultierte, ein angemessener Preis dafür war, dass er irgendwann „die Freiheit“ erblicken konnte?
Oder hätten die Saudis damals besser mehr für ihr Öl nehmen sollen, um ihren Sklavenarbeiter wenigstens einen angemessenen „gesetzlichen Mindestlohn“ zahlen zu können, oder noch mehr im „westlichen Luxus“ schwelgen zu können?
Wenn es nicht so zum Weinen wäre, müsste ich mich totlachen. Was feiern Sie, der nach eigenen Angaben, bis in die 80er einer der weirdesten linken Sekten angehört haben und danach angeblich bis nach dem Fall der Mauer politisch abstinent waren, den Zusammenbruch des realexistierenden Sozialismus, als sei es ein Sieg der Vernunft und der Freiheit über „das Böse an sich“?
Ich weiss, Sie sind jetzt wahrscheinlich wieder eingeschnappt, aber glauben Sie mir, das ist nicht mein Ziel, Sie zu verstimmen. Ich denke so und schreibe dann auch so, weil die überspitzte Form vielleicht ein wenig mehr Bewegung in den hiesigen Rentnerclub bringt.
Worum es mir geht, sind Denkstrukturen, die über Familienstrukturen, Vereine, Parteien, Medien, Wirtschaftsstrukturen, Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften, Bildungstraditionen etc. pp. sich tradieren, oder weil vorgenannte Strukturen, sich verändern oder verloren gehen, sich revitalisieren etc. und dabei zum Teil fundamentalen Einfluss auf Gesellschaften haben.
So wie Herr Walther es beschreibt, muss man immer wieder exemplarisch auf einige der Millionen soziologischen Mikrokosmen in den Familien, Schulen, Gefängnissen, Betrieben und z. B. Ämtern schauen, um zu verstehen, wieso die Menschen in der DDR teilweise antisemitisch waren (Weil sie im Sozialismus lebten? oder in einer vormals nationalsozialistich oder katholisch geprägten Familie aufwuchsen?) oder wieso viele dort, wie auch in der BRD, fremdenfeindlich sind und Parteien wie die CDU/CSU oder die AfD wählen.
Der Zerfall der Kirchen mag eine Folge der gesellschaftlichen Modernisierung und kulturellen Befreiung gewesen sein, sie hat aber in den „Gemeinden/Wohnquartieren“ auch zu einer Atomisierung und Entsolidarisierung geführt. Und das ist nur ein Teil eines Teilproblems. Hinzu kam der Wegfall vieler Kleinbetriebe, Einzelhändler, der Gewerkschaften, die Durchökonomisierung weiter Teile unserer Gesellschaft, das (Privat-)Fernsehen, das Kneipensterben etc. pp.
„Der Mensch“ hat in weiten Teilen die Orientierung verloren.
Ich würde sagen, weil es „Die Gesellschaft“ in weiten Teilen nicht mehr gibt. Danach sehnen sich die Leute vielleicht nicht, aber sie soüren einen Phantomschmerz, glaube ich.
Thatcher, Reagan, Lambsdorff, Kohl, Blair und Schröder haben die zerstört und ich finde es fast pervers, dass gerade die „Werte“ die Ihnen in Ihrer Jugend das Gefühl einer bleiernen Zeit vermittelt haben, heute von Teilen der CDU/CSU und der AfD revitalisiert werden sollen.
Die 68er haben Institutionen zu Recht in Frage gestellt und zum Teil eingerissen. Sie haben aber versäumt, den Menschen einen Ersatz zu geben. Ich bin kein Wokeness-Basher, aber dad Gefühl allein, sich suf der richtigen Seite zu sehen, erzeugt vielleicht eine imaginisierte Gemeinsamkeit aber noch lange keine Gemeinschaft und schon gar keine Solidarität.
Daran werden wir im Zweifel zugrunde gehen ohne Solidarität in einer Wüste der Empathielosigkeit.
MfG
68er
Lieber Herr K.
eines der erst nach der „Wende“ auf Deutsch erschienen Essays Hannah Ahrends heißt „Gestern waren sie noch Kommunisten„. Darin beschreibt sie gerade die Brzezińskis als Menschen, die immer geblieben seien was sie immer gewesen wären.
Und wenn mein „Lieblingshistoriker“ Ilko-Sascha postet, der Walther sei durch seinen Austritt aus der AfD kein anderer geworden, hat er ja Recht. Hab auch gar keine Lust auf Beteuerungen, dass ich hinfort keine kleinen Kinder mehr braten und verspeisen würde.
Bodo, du bist das zertifizierte Mängelexemplar sozialistischer Deformation. … (die übrigen Beleidigungen gebe ich nicht wieder, B.W.) …
Raik Adam, Autor der Graphic Novel TODESSTREIFEN und REBELLION HINTER DER MAUER
@ Walter Schmid: Danke, erstens, dass Sie meiner Aufforderung nachgekommen sind, sich sachlich zum Beitrag von Bodo Walther zu äußern. Zweitens, dass sie es hier tun und nicht auf FB.
Drittens jedoch muss ich einwenden: Weder der ökonomische Bankrott noch die Verweigerung demokratischer Rechte hätte das System zum Einsturz gebracht, hätte es nicht den Kalten Krieg gegeben, hätten nicht westliche Staatsmänner darauf bestanden, der militärischen Bedrohung nach dem Prinzip Aug um Auge, Rakete um Rakete zu begegnen. Und das haben wir, die westlichen Steuerzahler bezahlt, mit einem Spitzensteuersatz von 56%. Heute jammern sie über 42%. Mit dem Wehrdienst und dem Bewusstsein, jederzeit im atomaren Holocaust vernichtet werden zu können. Auch die Rolle der Saudis ist zu bedenken, die den Ölpreis niedrig hielten und damit die russischen Öl- und Gasprofite schmälerten. Ferner die Taliban, die den Sowjets in Afghanistan eine verheerende Niederlage bereiteten. Solidarnosc und die tapferen Polen, viele von ihnen – wie der inzwischen fast vergessene Held Lech Walesa – gläubige Katholiken und keineswegs progressiv, haben, wie der polnische Papst, mehr getan, um das morsche Gebäude des Warschauer Paktes zum Einsturz zu bringen, als alle Bürgerrechtler. Und der arme Gorbi schließlich, ein verspäteter Chruschtschow, der mit seinen Rettungsversuchen alles noch schlimmer machte.
Was „68“ angeht, so bin ich mir nicht so sicher, ob sie eine Demokratisierungsbewegung war. Eher eine Modernisierung, die, ohne es zu wollen, die Verwestlichung der Bundesrepublik, die mit Adenauer und Elvis begann, weitertrieb. Wo sie politisch war, war „68“ aber oft reaktionär, antiwestlich, pro-sozialistisch, antisemitisch.
APo: ‚Drittens jedoch muss ich einwenden: Weder der ökonomische Bankrott noch die Verweigerung demokratischer Rechte hätte das System zum Einsturz gebracht, hätte es nicht den Kalten Krieg gegeben, hätten nicht westliche Staatsmänner darauf bestanden, der militärischen Bedrohung nach dem Prinzip Aug um Auge, Rakete um Rakete zu begegnen.‘
… da ist was dran‘. Der NATO-Doppelbeschluss 1979 mag zum Einsturz beigetragen haben. Mehr aber auch nicht. Für die ‚DDR‘-Planwirtschaft war der Beschluss ohne Bedeutung. Es gab schon zuvor weder Tomatenketchup noch Bananen zu kaufen. Venezuela, das mehr Öl als jede andere Nation der Erde besitzt, ist auch ohne ‚Kalten Krieg‘ bankrott.
@Alan Posener
Alles richtig.
Allerdings hatten alle Bürgerrechtler der ehemaligen DDR, die ich kenne, mehr oder weniger intensive Kontakte zur Solidarnosc in Polen, zur Charta 77 in der Tschechoslowakei und zu anderen Bürgerrechtsbewegungen im ehemaligen Ostblock.
Es macht daher m.E. wenig Sinn, hier einen Gegensatz zu konstruieren, den es so nicht gab.
In puncto 1968 bin ich i.w. ebenfalls d’accord.
In der Rückschau hat die Studentenbewegung damals im Ergebnis einiges bewirkt, was zu einer Liberalisierung insbesondere der traditionellen Lebensformen in der alten Bundesrepublik beigetragen hat.
Politisch gesehen gab es demgegenüber, wie u.a Götz Aly es in seinem Buch „1968“ ausführt so manche Verirrungen, die es rückblickend in der Tat schwierig erscheinen lassen, die damalige Studentenbewegung generell als eine positive Bewegung mit dem Ziel einer gesellschaftlichen Liberalisierung zu klassifizieren.
Walter Schmidt: ‚In der Rückschau hat die Studentenbewegung damals im Ergebnis einiges bewirkt, was zu einer Liberalisierung insbesondere der traditionellen Lebensformen in der alten Bundesrepublik beigetragen hat.‘
… ich würde da gern mitkommen, was meinen Sie mit … ‚Liberalisierung insbesondere der traditionellen Lebensformen‘ …?
Na ja, lieber Alan Posener,
der deutsch-deutsche Kalte Krieg hatte ja die Besonderheit eines Streites um „das richtige Deutschland“. Die von der Bonner Republik nie anerkannte DDR-Staatsbürgerschaft, das Staatsangehörigkeitsgesetz der DDR stammt ja erst vom 20. Februar 1967.
Wer „rübermachte“ war aber nicht nur Staatsbürger der Bonner Republik, er hatte dort zwei Jahre Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn er in der DDR beschäftigt gewesen war. Obwohl er gar nichts in die westdeutsche Arbeitslosenversicherung eingezahlt hatte. Als „versicherungsfremde Leistung“ eben.
Er hatte als „Zonenflüchtling“ Anspruch auf eine Entschädigung für in der DDR aufgegebenen Hausrat. Der betrug 1985 pauschal 5.000 DM.
Ich bekam von einer Otto-Benecke-Stiftung monatlich 100 DM zum BAFöG dazugeschossen.
Wichtiger für mich war 1985 das einwöchige Einführungsprogramm der Stiftung, was man mit welchen Voraussetzungen wo studieren könnte und wie man sich überhaupt an einer Uni bewirbt.
Alte „Übersiedler“ aus der DDR bekamen bis 1992 nach dem Fremdrentengesetz eine Westrente für ihre in einem fremden Rentensystem, also in der DDR abgeleisteten Rentenbeitragszeiten.
Meine Großeltern konnten infolge des in den 1960ern noch ganz anderen Einzahler-Empfänger-Verhältnisses unter den Rentenversicherten daraus noch Vermögen bilden, Pakete mit Lego-Bausteinen an mich schicken konnten sie sowieso.
Kurz:
Die Bonner Republik hielt im Kalten Krieg „Waffen“ vor, die weit über Rüstung hinausgingen, die ihren Sog hatten und Erich Honecker maßlos ärgerten.
Und es hat ja seinen Grund, warum Österreich im Herbst 1989 für ½ Million DDR-Flüchtlinge „nur“ der Transit war, nicht das Ziel.
Das Buch „Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk versucht v.a. zu erklären, warum heutzutage z.T. mehr als vierzig Prozent der Ostdeutschen eine Partei wie die AfD wählen, die laut Verfassungsschutz mittlerweile als „gesichert rechtsextremistisch“ gilt und die ein autoritäres Gesellschaftsbild vertritt, welches dem von Wladimir Putin und Donald Trump nicht unähnlich ist.
ISK versucht dies v.a. damit zu erklären, dass es in der DDR nach 1945, anders als in Westdeutschland, keine wirklich emanzipatorische Bewegung wie z.B. die sog. „Achtundsechziger“ gegeben hat.
Dieser Befund trifft zweifellos zu, wenn man von vereinzelten oppositionellen Bestrebungen im Bereich von Kunst und Kultur oder auch dem Protest gegen den Einmarsch der Sowjets in Prag 1968 absieht, den Aufstand vom 17. Juni 1953 einmal ausgenommen.
Natürlich war vielen Bürgern der DDR klar, dass v.a. das ökonomische System insbesondere nach der großzügigen Ausschüttung sozialer Wohltaten nach dem IX. Parteitag der SED von 1976 langfristig vor dem Bankrott stand.
Verschärft wurde die Krise durch die Unterdrückung des Protests von Schriftstellern und Künstlern gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann im November 1976 und die darauf folgende rigide Kulturpolitik.
Mit dem Aufstieg Gorbatschows in der Sowjetunion wurde immer klarer, dass der „große Bruder“ der SED bei ihrem verzweifelten Versuch des Machterhalts in der DDR nicht mehr zu Hilfe kommen würde.
Dennoch wäre die DDR nicht einfach so zusammengebrochen, hätten nicht mutige Menschen wie z.B. die Bürgerrechtler Freya Klier, Gerd Poppe, Roland Jahn, um nur einige zu nennen, das Heft des Handelns in die Hand genommen und aktiv an einer Reform bzw. auch an einem Umsturz des Systems gearbeitet.
Daher gilt es auch heute, das Wirken dieser Avantgarde angemessen zu würdigen und es nicht in den Dreck zu ziehen, wie der Ex-AfDler Bodo Walther dies tut.
Es ist die Tragik vieler Revolutionäre in der Geschichte, dass sich ihre z.T. sicher oft auch radikalen Veränderungsvorschläge am Ende nicht verwirklichen ließen.
Dass vielen von ihnen 1989/90 eher eine Art „demokratischer Sozialismus “ oder auch eine reformierte DDR vorschwebte, ist ihnen m.E. nicht zum Vorwurf zu machen, selbst wenn auch ich derartige Vorstellungen damals nicht für realitätstauglich hielt und mir schon im November 1989 klar war, dass es spätestens innerhalb eines Jahres zur deutschen Einheit in welcher Form auch immer kommen würde.
Mittlerweile muss auch Ilko-Sascha Kowalczuk eingestehen, dass es damals nur ein kleines Zeitfenster gab, in dem eine Wiedervereinigung Deutschlands möglich war.
Rückblickend kann man sich dennoch die Frage stellen, ob eine langsamere Annäherung der beiden deutschen Staaten für den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt nicht die langfristig bessere Variante gewesen wäre.
Mich beeindrucken Ihre Beschimpfungen nicht, Walter Schmidt, auch wenn ich sie freigeschaltet habe.
Mich beeindrucken auch die von Ihnen vorgetragenen Heiligenlegenden nicht.
Ich habe meine 14 Monate Untersuchungshaft beim Ministerium für Staatssicherheit, insgesamt drei Jahre Haft hinter mir und bin mir selber Roland Jahns genug.
Habe im Übrigen 2 1/2 Jahre (ja, auf dem „Ticket“ der AfD-Bundestagsfraktion) in seinem Beirat an der Stasiunterlagenbehörde gesessen. Und bei aller Kritik an seinen Unzulänglichkeiten als Behördenchef: Wir haben einander immer von Haftkamerad zu Haftkamerad verstanden.
Mich beeindruckt auch nicht Ihre nächste Legende, die von „den 68ern“ im Westen
… die 68er sind auf s-m schon seit 2012 ‚abgewickelt‘ … ff im thread. 😉
… zu den 68ern fällt mir noch die Rote Armee Fraktion (RAF), eine linksextremistische Terrororganisation, und deren ideologische Nähe und Zusammenarbeit mit dem MfS ein. Die Stasi bot untergetauchten RAF-Mitgliedern Schutz und neue Identitäten in der ‚DDR‘.
Die RAF wäre ohne die Vorgeschichte der 68er-‚Studentenbewegung‘ nicht denkbar.
… müßig sich darüber auszulassen. 68er? Kann weg.
B.W.: ‚Abgesehen davon, dass es das Wesen einer Diktatur ist, dass sie Opposition gar nicht duldet und dies auch das Wesen der DDR-Diktatur war und sich das, was man DDR – Opposition nennen könnte, erst im Spätherbst 1989 formieren konnte, …‘
Die sozialistische Planwirtschaft hat der ‚DDR‘ und den Comecon-Staaten, trotz riesiger Ressourcen an Bodenschätzen, den Ruin gebracht. Das muss nicht weiter ausgeführt werden. Wer ’s nicht sieht, für den macht ’s auch keinen Sinn es näher erklärt zu bekommen.
… was Sie, werter Hr. Walther, zur ‚DDR‘ – Opposition schreiben sehe ich auch so. Merkel und FREIHEIT – da bekommt mein Hamster die Krätze.
Wie es aussieht haben Sie mich 1984 in Cottbus ‚abgelöst‘. 😉
Wenn ich „DDR-Oppositionelle“ so richtig in Weißglut sehen will, lieber Haftkamerad „Hans“, …
… dann sage ich, dass es in der DDR keine Opposition geben konnte, weil …
„Das politische Strafrecht der DDR zog seine Grenze für das Reden, Handeln und Versammeln.
Wer diese Grenze übertrat, der wurde verhaftet und saß beim Ministerium für Staatssicherheit ein.
Wer dort nicht war, hat diese Grenzen nie übertreten.“
Wie gesagt, dann flippen die alle aus.