avatar

J.D. Vance greift Europa an und macht Putin den Hof

Der amerikanische Vizepräsident J.D. Vance hat Europa die Leviten gelesen:  Die meisten Sorgen bereite ihn nicht die Bedrohung des Kontinents durch Russland, sondern „die Abkehr Europas von einigen seiner grundlegendsten Werte – von Werten, die es mit den Vereinigten Staaten von Amerika teilt.“ Er nannte vor allem die freie Meinungsäußerung und die Regierung durch die Mehrheit.

Unterstellen wir einmal, dass Vance mit seiner Kritik Recht hat, bevor wir seine Beispiele genauer anschauen. Unterstellen wir also, dass Regierungen in einigen europäischen Ländern die freie Rede einschränken und dass bedeutende Teile der Wählerschaft nicht in der Regierung vertreten sind. Heißt diese „Abkehr von gemeinsamen Werten“, dass die Bedrohung durch Russland und China und ihre „Achse der Autokraten“, wie sie Anne Applebaum nennt, weniger ernst zu nehmen sei?

Erinnern wir uns: Als die USA und Großbritannien gegen Hitlerdeutschland kämpften, waren die Schwarzen in den Südstaaten ihrer elementaren Bürgerrechte beraubt; auch im Norden waren sie oft Bürger zweiter Klasse. Großbritannien regierte ein Weltreich, in dem der Rassismus Staatsräson war. Das galt auch für Frankreich, Belgien, die Niederlande etwa.

Hat dieser Verrat an den Werten, die US-Präsident Franklin D. Roosevelt und der britische Premier Winston Churchill in der „Atlantic Charta“ formulierten, den Kampf gegen Faschismus und Nationalsozialismus entwertet? Hätten sich die Menschen in den USA und Großbritannien lieber um die Rechte der Schwarzen und die Kolonialvölker kümmern müssen als um die Bedrohung durch die Achse Deutschland-Italien-Japan?

Nein, denn in der Demokratie kann man die Gesellschaft zum Besseren wenden, in der Diktatur nicht. Nach dem Krieg wurden – wenn auch teilweise erst durch blutige Kriege – die kolonialen Reiche der Europäer aufgelöst, errangen die Schwarzen in den USA – wenn auch gegen massiven Widerstand – ihre Rechte, später folgte auf die antikommunistische Hysterie der McCarthy-Jahre eine liberale Kulturrevolution. Im Sowjetreich und seinen Satellitenstaaten regierten hingegen Stagnation und Fäulnis; deshalb – und weil sie Aufrüstung mit Aufrüstung, Drohung mit Gegendrohung beantworteten – gewannen die Demokratien des Westens den Kalten Krieg.

Auch heute gilt: Russland, China und ihre islamistischen Klienten im Iran und anderswo, einschließlich Hamas und Hisbollah, bedrohen das Fundament unserer Demokratie, führen jetzt schon Krieg gegen demokratische Staaten wie die Ukraine und Israel. Je entschiedener wir sie zurückweisen, desto bessere Chancen haben Freiheit und Demokratie auch bei uns.

Vance aber, sein Präsident Donald Trump und der nicht gewählte Terminator Elon Musk hofieren gerade jene Parteien in Europa, allen voran die AfD, die Kapitulation vor Moskaus imperialen Ambitionen predigen; hofieren einem Viktor Orbán, der sich damit brüstet, Ungarn in eine „illiberale Demokratie“ verwandelt zu haben, in der die Regierung die Medien kontrolliert. Orbán agiert zudem offen als Moskaus Mann in Europa. Kann es sein, dass Vance die Europäer nur deshalb so heftig angreift, weil er davon ablenken will, dass Donald Trump der russischen Diktatur entgegenkommen will?

Schaut man die angeblichen Belege für mangelnde Freiheit in Europa an, so sind sie dürftig. In Großbritannien ist es verboten, in der Nähe von Abtreibungskliniken Frauen durch Demonstrationen einzuschüchtern; dazu zählt auch demonstratives Beten. Das kann man richtig oder falsch finden, man kann denken, dass diese Einschränkung der Rede- und Demonstrationsfreiheit der Abtreibungsgegner mitnichten so schwer wiegt wie die Einschränkung des Rechts der Frauen auf ihren eigenen Körper in manchen Bundesstaaten der USA. Oder auch nicht.

Selbstredend aber können Abtreibungsgegner Tag und Nacht an fast allen Orten Großbritanniens und der Europäischen Union ungehindert und ohne Angst vor Repressionen demonstrieren, wie es auch Freunde Wladimir Putins, Gegner Israels – zuletzt auf der Berlinale – und andere Gegner der Regierungspolitik überall dürfen – nur nicht dort, wo Putin, Xi Jinping und ihre Freunde das Sagen haben.

Was die Duldung der sogenannten Hass-Rede angeht, so waren die USA immer schon liberaler als die Europäer. Nein, stimmt nicht: In den 1950er und 1960er Jahren konnten zwar Weiße in den Südstaaten ungestraft Ku-Klux-Klan-Losungen rufen; aber wehe, ein Schwarzer wagte es, eine weiße Frau auch nur so anzusehen, wie Weiße täglich schwarze Frauen: dafür konnte er gelyncht werden. Ganz davon abgesehen, dass es auch die USA waren, die in Westdeutschland auf scharfe Gesetze gegen Nazis und Kommunisten drängten.

Wie dem auch sei: Man kann der Ansicht sein, dass Gesetze, die Beleidigung und Beschimpfung von Politikern ahnden, zu weit gehen; dass es jedem erlaubt sein muss, sich mit Hitlergrüßen, Holocaustleugnung und Nazi-Parolen lächerlich zu machen; dass es erlaubt sein muss, auf Deutschlands Straßen ein Palästina „from the River to the Sea“ zu fordern und den Juden den Tod an den Hals zu wünschen. Aber dann soll man das auch sagen. Das aber hat Vance sich nicht getraut.

Was die von Vance kritisierte Annullierung der Präsidentenwahl in Rumänien wegen russischer Einmischung angeht: Das war keine Entscheidung der EU, sondern des rumänischen Verfassungsgerichts. Die Trump-Administration hat zwar Probleme mit Gerichten; niemals hat sie die diversen Gerichtsentscheidungen akzeptiert, denen zufolge Joe Biden die Wahl 2020 gewann; aber die Demokratie lebt eben von der Gewaltenteilung und dem Respekt vor Institutionen. Man kann dennoch die Entscheidung der rumänischen Richter für unglücklich halten, auch wenn man kein Freund Putins ist wie der Sieger bei der nun ungültigen Wahl, der rechtsextreme Calin Georgescu. Aber die EU muss das respektieren, so wie sie es respektiert hat, als letztlich eine Gerichtsentscheidung die US-Präsidentenwahl 2000 zugunsten von George W. Bush entschied.

Vance gab sich „zutiefst davon überzeugt, dass es keine Sicherheit gibt, wenn man Angst vor den Stimmen, den Meinungen und dem Bewusstsein hat, die das eigene Volk leiten.“ Er meinte vor allem die Haltung zur Asylpolitik und generell zu Migration. „Haben wir denn nichts daraus gelernt, dass dünne Mandate zu instabilen Ergebnissen führen?“ Das ist erstens nicht immer so. Zweitens aber gibt es nun einmal in fast allen westlichen Gesellschaften, allen voran den USA, in vielen wichtigen Fragen, keinen Konsens. In Sachen Zuwanderung gibt es viele Meinungen, von millionenfacher Remigration bis hin zu „kein Mensch ist illegal“. Zum Glück „leitet“ keine einzelne „Stimme“ das deutsche Volk.

Für solche Situationen haben Demokratien längst eine Lösung gefunden: sie heißt „Parlament“. Die Partei oder Parteiengruppe, die eine Mehrheit der Stimmen bekommt, bildet die Regierung, die anderen bilden die Opposition. Alle vier Jahre bekommt das Wahlvolk die Möglichkeit, die Mehrheitsverhältnisse zu ändern. In Deutschland könnten nächste Woche bis zu 25 Prozent für die russlandfreundliche und geschichtsrevisionistische AfD stimmen. Wer soll die Regierung bilden? Die 25-Prozent-Partei, oder die 75 Prozent, die für Parteien stimmen, die ausdrücklich erklärt haben, mit der Agentur Putins nicht regieren zu wollen. Trotz Elon Musk: it‘s not rocket science.

Auch in den USA regiert ein Präsident, und zwar weitestgehend per Dekret an der Volksvertretung vorbei, gegen den auch 2024 knapp 50 Prozent der Wähler gestimmt haben. Für uns in Deutschland und anderen Ländern, in denen die Regierung vom Parlament gewählt wird und dem Parlament verantwortlich ist, erscheint das vielleicht undemokratisch, aber so sieht nun einmal ein präsidiales System aus; in Frankreich würde man heute ja auch nicht mehr Emmanuel Macron wählen. Wir könnten uns auch fragen, ob der Zuschnitt der Wahlkreise in den USA mit dem Prinzip der Fairness vereinbar ist; aber wir mischen uns nicht ein, das müssen die Bürger der USA selbst entscheiden.

Kurzum: J.D. Vance hat in München eine Rede gehalten, die den Feinden der Freiheit in Moskau und Peking, Iran und anderswo Freude gemacht hat; falsche Prioritäten setzte; geschichtsblind und selbstgerecht war; Unterschiede in der Auffassung und Ausübung der Demokratie nicht gelten lassen wollte, sondern zu Grundsatzfragen erhob und dabei ein falsches Verständnis parlamentarischer Demokratie an den Tag legte. Vance bedachte den Grundsatz nicht: Wenn man mit dem Finger auf andere zeigt, zeigen drei weitere Finger auf einen selbst zurück.

Dass ein Teil des deutschen Bildungsbürgertums diese Rede bejubelte, ist bedrückend. Man mag sich gefährlich vorkommen, wenn man einen brüllenden Tiger reitet, was sicherlich Spaß macht, aber Tiger haben die Gewohnheit, ihre Reiter zuerst zu fressen.

Shares
Folge uns und like uns:
error20
fb-share-icon0
Tweet 384

40 Gedanken zu “J.D. Vance greift Europa an und macht Putin den Hof;”

  1. avatar

    Ich mache mir ehrlich gesagt gar keine Soegen über das was da in Ameeika gerade passiert. Ich habe von so ganz amerikabegeisterten Lehrer in der Schule gelernt, dass es da so tolle Dinge wie Checks ind Balances gibt und sogar eine 4. Gewalt. Das funktioniert ganz prima und deswegen kommem da auch keine Radikalen an die Macht.

    Ich hatte aber auch einen Geschichtslehrer, den man vielleicht als selbstdenkenden konservativ-liberalen Radikalen bezeichnen könnte. Der hat uns z. B. was vom „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufbeamtentums erzählt“, oder eine Rede des NS-Ministers Hans Frank zum „Gesunden Volksempfindens“ und des „Führers“ als Rechtsquelle lesen lassen.
    Wieso ich das mit Aussagen der AfD, mit Herrn Merz, Herrn Trump und Herrn Musk in Verbindung bringe, weiss ich nicht.

    Trump bezieht sich ja gar nicht auf Frank, Hitler oder Carl Schmitt (Der Führer schützt das Recht) sondern auf Napoleon:

    ‘he who saves his country does not violate any laws’

    https://www.spiegel.de/ausland/donald-trump-vergleicht-sich-indirekt-mit-napoleon-nun-folgt-die-kritik-a-497fc55a-23e0-4386-8297-f79a83ee6328

    Und Musks DOGE-Projekt mit Franks Gleichschaltungspolitik zu vergleichen, ist wahrscheinlich auch nur Panikmache. Der tauscht wahrscheinlich nur ein paar faule überflüssige Beamte und Staatsanwälte aus. Das ist doch das, was die Wähler in ihrem gesunden Empfinden nur gerecht finden.

    Leider habe ich keinen Kontakt mehr zu meinen meist linken Politiklehrern mehr, die mir das damals erklärt haben. Vielleicht habe ich nicht richtig aufgepasst. Vielleicht können Sie mir das erklären, Herr Posener, Sie haben das sicherlich auch auf noch dem Kasten.

    Wieso passiert das gerade gar nicht, was ich da glaube wahrzunehmen?

    Vielleicht gibt es noch eine 5. Gewalt? Laufen die Checks and Balances vielleicht im Verborgenen?

    Braucht jedes System mal einen Reset, damit es später noch besser und noch gerechter und noch einmaliger aufgebaut werden kann?

    Oder kann nicht sein, was nicht sein darf?

    1. avatar

      Lieber 68er, da Sie mich ansprechen: ich habe den Eindruck, dass Trump dabei ist, die Gewaltenteilung aufzuheben oder auszuhebeln. Ich finde das sui generis schlimm genug, ohne historische Vergleiche heranzuziehen, die ja immer hinken. Tatsächlich ist aber der von Ihnen zitierte Satz auch die Begründung für das Ermächtigungsgesetz.

  2. avatar

    Ja, da sind einige transatlantische Traumblasen gerade geplatzt. Eigentlich erleben unsere Transatlantiker gerade ihren Hitler-Stalin-Pakt. Manche reden sich das schön, andere sehen es realistisch.
    Was mich entsetzt: Wie Leute, von denen ich das nie erwartet hätte, sich Putin als rationalen Politiker zurechtbiegen. Irgendwie muss man doch NordStream 2 rechtfertigen. Selbst „Wandel durch Handel“ erfährt gerade seine Renaissance, gerade so, als ob dieses Konzept im Februar 2022 nicht desolat gescheitert wäre.
    So bleibt nur zu hoffen, dass nicht ein Drittel im Parlament die notwendige Aufrüstung blockieren können (Schuldenbremse!). Deswegen auch hier mein Rat, neben dem BSW und der AfD natürlich auch den Linken keine Stimme zu geben.

    1. avatar

      Zu „unseren Transatlantikern“ gehöre ich – nach wie vor. Und den Vergleich mit dem Diktatoren-Pakt finde ich wenig hilfreich. Trotzdem ist Ihre Schlussfolgerung hinsichtlich der Wahl richtig.

      1. avatar

        Ich würde argumentieren, gerade die LINKE wählen!

        Auf keinem Fall die FDP oder das BSW!

        Wenn die LINKE in den Bundestsg kommt, wird sichergestellt, dass eine Aufhebung der Schuldenbremse nicht nur für Militärausgaben geschieht, sondern auch für dringend notwenige soziale Projekte.

      2. avatar

        @68er
        Da wir ja gerade bei der Interpretation der jüngeren Geschichte sind, damit:
        „Aufhebung der Schuldenbremse nicht nur für Militärausgaben geschieht, sondern auch für dringend notwendige soziale Projekte.“
        ..ist schon mal jemand ans Ruder gekommen und musste dann den Staatshaushalt auf etwas robustere Weise versuchen, zu retten.
        Erfunden wurde derartiges Kriegsunternehmerturm übrigens in den Jahren 1618 ff. von Herren namens Wallenstein und Tilly..
        Sie sehen, den Kapitalismus kann selbst eine ‚Linke‘ nicht abschaffen, denn irgendwas muss immer kapitalisiert werden. Ihre Partei hat ja in den letzten Jahren versucht mit ihrer Sexualpolitik die Geschlechter aufzulösen um mit dem Versprechen frei flottierenden Lustgewinns Wähler*innen – nicht wahr?- zu gewinnen. Auch eine Form der Kapitalisierung.. (der sich gewisse Großfirmen ja angeschlossen haben, aber ich glaube die Regenbogenfahnen vor den Konzernzentralen werden schneller wieder abgehangen, als sie gehisst werden können).

      3. avatar

        Nun, verehrter Herr Posener, ich wollte niemanden beleidigen, muss es aber dennoch stehen lassen. Der Vergleich betrifft das ungläubige Aufwachen, das dann auch meines war (hatte aber die Entwicklung schon geahnt, wollte es nur – als „alter Transatlantiker“ – nicht wahrhaben). Die Tagebuchstellen Thomas Manns vom 23./24.08.1939 sind da sehr aufschlußreich.
        Ein Diktator ist Putin freilich auch. Und Trump spielt gerade mit dem Teufel am Spieltisch. Ich hoffe auf die Tradition der USA und auf alte Transatlantiker (sic!), die sich diesem Irren entgegenstellen. Das wird ja auch früher oder später geschehen. Möge es früher sein.

      4. avatar

        Ja, Herwig Finkeldey, da bin ich bei Ihnen. Sie sehen aber: Es sind die überzeugtesten Transatlantiker, wie Donald Tusk, Kaja Kallas, Keir Starmer und die deutschen Grünen unter den Politikern, Anne Applebaum, Richard Herzinger, David Frum usw. unter den public intellectuals, die Trumps Verrat am Westen am heftigsten kritisieren. Nicht, weil sie „Träumer“ waren, sondern weil sie Werte verteidigen.

    2. avatar

      Bemerkenswert, wie sich der furiose Wahrheitsanspruch bei der Interpretation der Geschichte bei den nationalkonservativen Geschichtsrevisionisten und der modernistischen Fraktion gleicht: Man biegt sich das zurecht, wie man es haben will und die der Aufruf zum Kampf, persönlichem Opfer und die Wahlempfehlung folgt auf dem Fuße. Da lege ich doch mal meine Lehre aus der Geschichte dagegen, gerade so wie sie Bodo Walter weiter unten so treffend formuliert hat:“Solche Menschen, müssen Sie wissen, haben in der DDR GAR NICHTS an Preis gezahlt oder auch nur riskiert.“

      1. avatar

        In der DDR, Klaus J. Nick, ward ich zwei mal vom Geheimdienst verhaftet und zur Verurteilung empfohlen.

        Das zweiter Mal schrieb mir das Oberste Gericht (als Berufugsinstanz) ins Urteil:

        „Der Beschuldigte hat aus seiner ersten Bestrafung NICHTS GELERNT.“

        Ja diese „Lehren aus der Geschichte“ sind immer verschieden. Hängt immer davon ab, wer am Lehrerpult steht.

      2. avatar

        „..kommt immer darauf an, wer am Lehrerpult steht.“ In der Tat, lieber Bodo Walther, bisweilen ja auch das Schicksal oder das Leben selber. Als immer aufdringlicherer Eindruck derzeit erscheint mir der Wahrheitsanspruch, der immer mehr das Verhandeln ersetzt. Das war noch vor 15.. 20 Jahren anders. Bei gleichzeitig eher schärferer Rhetorik damals. Eine Meinung, ein Interesse wird heute zur Erkenntnis hoch stilisiert und die Folgerungen daraus als alternativlos und moralisch geboten. Hier sehe ich daher kaum noch Möglichkeit zur Verständigung. Erst nach einer Katastrophe. Das ist eine neue, tragische Entwicklung, denn die, die es anders sehen, sind ja nicht weg. Wie soll man das nennen.. illiberal (?)

    3. avatar

      Putin handelt äußerst rational, lieber Herwig Finkeldey ,

      – Sein Feldzug um die Bodenschätze der Ostukraine ist rational

      – Seine zur Schau getragene Sorge um die dort lebenden russischen Brüder und Schwestern sichert ihm die notwendige innenpolitische Zustimmung (die er bei einem Marsch auf Warschau oder gar Berlin nicht hätte). Und ist deshalb rational.

      – Eine „begrenzte Militäroperation“ auszurufen und nicht das Kriegsrecht erspart ihm innenpolitische Zwangsmassnahmen und ist ebenfalls rational.

      – Kein NATO-Land anzugreifen ist ebenfalls rational. Denn weder die USA noch irgend ein Staat der EU sind innenpolitisch in der Lage, Soldaten gegen einen Gegner loszuschicken, der sie gar nicht angegriffen hat .

      Und ja: Ein Angriff Moskaus auf Litauen könnte mal die Probe aufs Exempel sein:

      Wie belastbar sind eigentlich diese „NATO-Bündnispflichten“ ?

  3. avatar

    Lieber @Alan Posener,

    Es gibt nicht die „ihr ehemaligen DDR-Bürger“ die so gut über die Diktatur Bescheid wüssten.

    Ich spreche nur für mich, wenn ich sage: „Der Diktatur die Stirn zu bieten kostet. Überleg, ob Du den Preis zahlen willst.“

    Andere ehemalige DDR-Bürger wiederum, wie z.B. mein Lieblingshistoriker Kowalczuk meinen, auch das Leben zu riskieren sei kein zu hoher Preis im Kampf für die Freiheit. Solche Menschen, müssen Sie wissen, haben in der DDR GAR NICHTS an Preis gezahlt oder auch nur riskiert.

    Und dann gibt es die grosse Masse des Ossis, die interessiert gar nicht, ob der Verkäufer von Öl und Gas Demokrat oder Diktator ist, ob dort Frauen gar nix dürfen oder alles. Und welche Rechte der ausländische Arbeiter in Kuweit oder Saudi-Arabien hat.

    1. avatar

      Ja, lieber Bodo Walther, da haben Sie vermutlich Recht.
      Mein – unzulässiger – Ausbruch kommt daher, dass ich immer wieder in Gesprächen auf Foren wie diesem mit der Aussage früherer DDR-Bürger konfrontiert wurde, sie wüssten wohl besser als ich, was Demokratie sei, schließlich hätten sie die Diktatur erlebt. Das ist so logisch wie die Behauptung, ein lebenslang vegan erzogener Mensch könne wohl am besten beurteilen, ob ein Steak etwas taugt.

      1. avatar

        „Die Gesellschaft“, schreibt Max Weber, gebe es so nicht. Es gebe verschiedene Milieus.

        Und die gab es auch in der DDR, lieber Alan Posener.

        Sehr bildnisbildend zur DDR ist das Milieu der Kinder der Nomenklatura, der aufbegehrenden „Bonzenkinder“.

        Weil sie den Familien auch intellektueller Eliten entstammen, haben sie meist auch selbst „intellektuell was drauf.“

        Sie beschreiben, um mal bei Ihrem Bild zu bleiben, die Erziehung zum Veganer und warum ihnen der Glaube daran abhanden kam.

        Eugen Ruge beschreibt dies in seinen „Tagen des abnehmenden Lichts“ sehr lesenswert

        Aber …

        Aber die Masse der DDR-Bürger waren gar keine Bonzenkinder, wurden zu Hause nicht zum Veganismus erzogen, sondern dazu, sich beim Steak-Essen nicht erwischen zu lassen. Um mal bei diesem Bild zu bleiben.

      2. avatar

        Ja, akzeptiert. Aber:
        Sie schreiben es ja: „Die Masse der DDR-Bürger waren gar keine Bonzenkinder, wurden zu Hause nicht zum Veganismus erzogen, sondern dazu, sich beim Steak-Essen nicht erwischen zu lassen.“ Zum Duckmäusertum also. 12 Jahre Faschismus (aber nie Nazi gewesen) und 44 Jahre Kommunismus gleich danach (aber innerlich immer Demokrat gewesen), zusammen also 56 Jahre Totalitarismus: Das prägt die Individuen und Schichten, egal, ob es eine „Gesellschaft“ gibt oder nicht. Außer Herrn Gauck jedoch bin ich wenigen „gelernten Ossis“ begegnet, die das akzeptieren.
        Bonzenkind par excellence übrigens: Monika Maron.

      3. avatar

        Deswegen ist Gauck ja bei Westdeutschen so beliebt, lieber Alan Posener.
        Weil er dem Westdeutschen erklärt, warum sie besser sind.

      4. avatar

        Wir sind nicht besser, Bodo Walther. Wir hatten das Glück der Re-education und die Zeit, nach 1949 unter den Bedingungen eines Wirtschaftswunders die Demokratie „einzuüben“, einschließlich 68 und die Folgen. Das alles fehlte den lieben Brüdern und Schwestern aus der Zone.

      5. avatar

        Das mit den „68ern“ im Westen bedarf einer längeren Erwiderung, lieber Alan Posener.

        Ich poste ihn als Beitrag im Blog, wenn auch mein Laptop wieder online ist.

  4. avatar

    Ein wirklich guter Text – drei Schritte zurückgetreten, die Perspektive verschoben. Und frische, gute Gedanken geliefert. Gefällt mir sehr.

  5. avatar

    Stimme Ihrem Fazit zu, nachdem ich mir die Rede im Original angehört habe.

    Das ist das Ergebnis sich selbst verstärkender Radikalisierung in den Echokammern – hier rechter – Radikaler. Da werden marginale Freiheitseinschränkungen zu Grundsatzfragen. Irrelevante Einzelereignisse zu „Beweisen“ gegen die, die man nicht mag. Herdenverhalten und unzweifelhaft vorhandene Tendenzen in Medien zu gesteuerten Grosskampagnen. Und Gerichtsurteile zu politischen Angriffen. Wenn man sich zu lange nur in diesen Echokammern bewegt, ist das Ergebnis von Gehirnwäsche nur schwer zu unterscheiden, war allerdings selbst gewählt.

    Diese Leute glauben nach meiner Beobachtung wirklich, was sie sagen. Und das heisst, dass ihre Realitätswahrnehmung derart verzerrt ist, dass auf deren Grundlage keine Art ansatzweise vernünftiger Politik mehr möglich ist.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

  6. avatar

    zu Nick:
    Der Lobbyist Patrick Graichen als Staatssekretär war peinlich, auch andere NGO-Funktionäre in politischen Ämtern, aber in keiner Weise vergleichbar mit dem direkten Zugriff auf politische Entscheidungen, die Trump nun dem reichsten Mann der Welt gewährt. Wobei in den USA von Anfang an eine kleine Schicht von Superreichen und politisch Einflussreichen die Entscheidungen bestimmt haben. Sie hatten früher allerdings bessere Umgangsformen und professionellere Praktiken.

  7. avatar

    „Kann es sein, dass Vance die Europäer nur deshalb so heftig angreift, weil er davon ablenken will, dass Donald Trump der russischen Diktatur entgegenkommen will?“

    Das kann natürlich sein. Aber ich vermute, dass es der Administration vor allem darum geht, die EU zu schwächen, was man am besten damit erreicht, dass man die erstarkenden nationalistischen Bewegungen innerhalb Europas unterstützt. Dann zerfällt die EU in Einzelstaaten, mt denen man als Stärkerer günstige Deals machen kann. Sollte sich die EU dagegen weiter vereinen – was unter der außenpolitischen Bedrohung Russlands eine realistische Perspektive ist – , dann wäre sie die stärkste Witschaftsmacht der Welt. Dann sieht die Ausgangsposition für Deals erheblich schlechter aus. Das Hauptbetätigungsfeld sieht die USA derzeit in China, das ist die Nummer zwei der Weltrangliste. Danach kommt übrigens schon Deutschland.

  8. avatar

    Lieber Alan Posener, Ihre Metapher vorneweg: Die die den Tiger reiten werden wohl eher seltener gefressen, eher die die ihn ignorieren. Wer auch immer der Tiger ist(s.u). Die 75% Mehrheit wird wohl Schwarz-Rot-Grün bzw. Schwarz-Grün oder Schwarz-Rot wählen, so dass es wohl beim selbstgefälligen Ignorieren bleibt.
    Putin: Er hätte eine merkliche Aufstockung des Wehretats zur Kenntnis und auch ernst genommen. Das hatte u.A. D. Trump immer wieder gefordert. Unter feixendem Gelächter eines deutschen Außenministers.
    Trump: Es waren vor allem deutsche Politiker (Medien sowieso), die reichlich arrogant und abwertend belächelten, dass sich der (mittlerweile) Präsident dem konservativen, restreligiösen Kleinbürgertum zugewandt hat und jetzt die aufdringlichen Wahlempfehlungen zurückgibt.
    Musk: Dass nicht demokratisch legitimierte Wirtschaftsakteure Ministerien kapern können hat ein Herr Habeck ja mit einem Herrn Patrick Graichen und seinen anderen NGO-Ministerialbeamten vorgemacht. Und ein Thierry Breton, der die Wahlannulierung in Rumänien in Deutschland wiederholen möchte, wenn ihm das Wahlergebnis nicht passt, scheint mir ebenso wie andere EU-Akteure ein eher eigenwilliges Verständnis von Demokratie (..gerne auch ‚wehrhafte Demokratie‘) zu vertreten.
    Vance: Es ist zugegebenermaßen etwas mühsam, den Kleinkrieg über angebliche oder tatsächliche Einschränkungen der Meinungsfreiheit zu führen, weil jeder vor allem seine eigene Meinung bedroht fühlt, aber „demonstratives Beten“ (wofür und warum auch immer) als Verletzung der Privatsphäre zu beurteilen, hat schon einen gewissen Originalitätswert bei den Illiberalitäten. Was Vance also sagt, scheint mir eher das Herz der bürgerlichen Mitte zu treffen, über dessen Deutungshoheit der derzeitige Kulturkampf ja geht. Putin hat damit nichts zu tun und selbst wenn es so wäre: Sie können den Menschen nicht vorschreiben, wie sie zu fühlen haben. Gut so, denn der Fortschritt ist nicht planbar und das ist eben auch der Kern der Freiheit: Wie nah darf der Staat / das Kollektiv dem einzelnen rücken und welche Werte (ohne die keine Gesellschaft auskommt) garantieren mehr Freiheit: Die Leitkultur oder der Nanny-Staat. Dass die ewiggestrig-Progressiven über Vance schäumen, liegt wohl in deren eigener Illiberalität begründet. Auch damit hat Putin nichts zu tun.
    Alles in allem ist der linke Kulturkampf illiberal und nicht gerade von tieferer Erkenntnis getragen und die Erwiderungen darauf entsprechen dem folgerichtig in ihrer Kleingeistigkeit (z.B. Gulf of America statt Gulf of Mexico).
    Eine weitere arrogante Hegemonie linker Ideen über die Gesellschaft wird die Gegenentwicklung (die ‚Reaktion‘ nicht wahr?) eher verstärken. Und nein ich finde das nicht unbedingt gut, ich ich selber möchte eigentlich nur meine Ruhe vor jeglicher Politik und jeglichen Weltverbesserern, erwarte das aber. Und nein, auch damit hat Putin nichts zu tun.

    1. avatar

      Lieber KJN, was Sie über die Hegemonie „linker“ Ideen sagen, schreibt auch mein Freund Thomas Schmid auf WELT:
      https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus255434222/Bundestagswahl-Jetzt-ruft-die-verzweifelte-Linke-nach-der-Einheitsfront-gegen-rechts.html

      Im übrigen wissen Sie, dass ich Trumps Forderung nach europäischer Wehrhaftigkeit auch immer unterstützt habe, und zwar nicht in dem Organ, in dem das selbstverständlich war, sondern dort, wo ich aneckte:
      https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-08/nord-stream-2-us-sanktionen-deutsche-politiker-patriotismus-pipeline
      Und hier:
      https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-11/us-aussenpolitik-donald-trump-taiwan-israel-europa

      Darum also geht es nicht in meinem Beitrag, und ich sage auch ausdrücklich, dass man es mit dem Beten anders sehen kann. Leider haben Sie aber zu dem, worum es mir geht, nicht Stellung genommen.

      1. avatar

        Lieber AP,

        „Leider haben Sie aber zu dem, worum es mir geht, nicht Stellung genommen.“

        ich habe zu einigem, was Sie schrieben Stellung bezogen, da kann ich jetzt nur raten.. meinen Sie das?

        „Wer soll die Regierung bilden? Die 25-Prozent-Partei, oder die 75 Prozent, die für Parteien stimmen, die ausdrücklich erklärt haben, mit der Agentur Putins nicht regieren zu wollen.“

        Wenn ja:
        Die AfD ist genauso viel oder wenig die „Agentur Putins“, wie das BSW, große Teile der SPD oder die Linke mit dem LGTBQ.. Und ich kenne eine Menge Menschen, die das Appeasement mit Putin ausdrücklich wünschen. Und in der Gemengelage finde ich Trumps kommenden Deal gar nicht mal das Schlechteste. Denn es stirbt niemand aus der EU im Krieg mit Putin, sondern ’nur‘ Ukrainer und Russen und da in erster Linie die aus den armen Familien. Falls das in der EU ausnahmsweise so wichtig sein sollte wie der Gaza-Streifen.
        Ich traue dem bürokratischen EU-Europa in diesen Fragen weder Kompetenz noch Interesse außerhalb der eigenen Blase zu. Besseres als Trump wird die EU nie erreichen.
        Was die AfD betrifft: Sie wird nach derzeitigem Stand (Aussagen von Merz) nicht regieren. So ist die Regel unserer Demokratie und Verfassung und die ist maßgeblich. Ob das angesichts der Reformunfähigkeit von CDU, SPD und vor allem den ‚Grünen‘ gut ist, bezweifle ich. Vielleicht muss man über die ‚Brandmauer‘ dann doch noch mal reden. Auch wenn allzu viele dann schäumen. Der AfD täte es gut, verantwortung beweisen zu müssen.
        Was das „demonstrative Beten“ betrifft: Ich finde es genauso wenig sympathisch Frauen und vor allem selbstgefällig ein (zusätzliches) schlechtes Gewissen zu machen, wie eine ‚Scharia-Polizei‘, die Mädchen dazu aufffordert sich züchtig zu kleiden, aber nicht bei allen Zumutungen ist der Gesetzgeber gefragt. Es sind nicht immer alle schwach und zu schützen.

      2. avatar

        Ob Trump oder Vance „die Europäer angreift“ weil er sich Handlungsfreiheit für einen Deal mit Putin machen will? Klar.

    2. avatar

      Als wären die Konservativen einen Deut besser als die sog. Linken.

      Ich kenne keine rechtliche Regelung in Deutschland, die es den feinbesaiteten „konservativen“ Menschen verboten hätte, nicht zu gendern.

      Wahrscheinlich sind sie aber nach mehr als 25 Jahren rotgrün- und „merkelversiffter“ Regierung schon so sehr degeneriert, dass sie in bester grünen Oberlehrer-Manier das Verbotsjoch so verinnerlicht haben, dass sie sich auch nur durch Verbote glauben befreien zu können. Oder wieso haben die so freiheitsliebenden Regierungen in Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und SH ein Gender-Verbot erlassen?

      1. avatar

        68er
        Da haben Sie allerdings einen Punkt, den Untertanenengeist bzw. der Pseudowiderstand (..Blindwiderstand?): Mein Vater (Jahrgang ’25) meinte: „der gute deutsche Soldat schimpft ständig über die Vorgesetzten, gehorcht aber immer“. Das lässt sich m.E. ganz gut auf die deutsche Beamtenschaft (insbes. Lehrerschaft und Professorenschaft) übertragen, die ja bisweilen tatsächlich gendern müssen. Dennoch ist der Zulauf für den öffentlichen Dienst ja ungebrochen und in den 4 Jahresurlauben ist man, insbesondere jedoch frau eh‘ in einem Land mit einem Klima, wie man es hier per Wahl abschaffen will. Sprich: Aus Bequemlichkeit schafft man sich hier ein Land, dem man dann ständig entflieht.. Ob also das, was gesund macht (Selbstwirksamkeit, Vitalität, Unbefangenheit, Risikobereitschaft, auch dosierte Unvernunft) im konservativen Kleinbürgertum eher zuhause ist, als im linksgrünen Kiezspießbürgertum bezweifle ich mit Ihnen.

  9. avatar

    Mit Verlaub, Alan Posener, Sie konstruieren Aussagen, die Vance nicht getätigt hat.

    Vance hat überhaupt nicht zur Zusammenarbeit oder zu Koalitionen mit der AfD aufgerufen. Er hat gesagt, dass auf dieser Sicherheitskonferenz, auf der er sprechen darf, Rechts- und Linkspopulisten ausgeladen sind. Und dass es nicht gehe, diese Repräsentation von Wählergruppen auszuschließen. Mit „Firewalls

    Mehr hat er nicht gesagt. Aber auch nicht weniger.
    https://www.handelsblatt.com/politik/international/j-d-vance-die-muenchener-rede-des-us-vizepraesidenten-im-wortlaut/100107881.html

    1. avatar

      Mit Verlaub, Bodo Walther, wer hier konstruiert, sind Sie. Ich behaupte ja nicht, dass Vance zur Zusammenarbeit oder Koalitionen mit der AfD aufgerufen hat. Ich habe geschrieben: „Vance aber, sein Präsident Donald Trump und der nicht gewählte Terminator Elon Musk hofieren gerade jene Parteien in Europa, allen voran die AfD, die Kapitulation vor Moskaus imperialen Ambitionen predigen; hofieren einem Viktor Orbán, der sich damit brüstet, Ungarn in eine „illiberale Demokratie“ verwandelt zu haben, in der die Regierung die Medien kontrolliert. Orbán agiert zudem offen als Moskaus Mann in Europa. Kann es sein, dass Vance die Europäer nur deshalb so heftig angreift, weil er davon ablenken will, dass Donald Trump der russischen Diktatur entgegenkommen will?“
      Auf die Frage hätte ich gern eine Antwort; stattdessen unterstellen Sie mir aussagen, die ich nicht getätigt habe. Kein guter Stil.

      1. avatar

        Dann mit noch mehr Verlaub: Natürlich führten Sie zu Regierungsbildungen aus.

        Und zu Ihrer Frage, ob Trump davon „ablenken will, dass er Putin entgegen kommt…“

        Ja, „Entgegenkommen“ ist Tagesgeschäft bei verschiedenen Interessen.

        Wissen Sie, ich bin Anwalt und sage durchaus manchmal zu meinem Mandanten:

        „Das kostet Sie 625 Euro Gerichtskostenvorschuss. Wenn wir verlieren noch mal 625 Euro Terminsgebühr, dazu 1.250 Euro Gebühren für den gegnerischen Anwalt, von meinen eigenen 1.250 Euro Anwaltsgebühren mal noch abgesehen.

        Gewiss, der Gegner hat auch meiner Einschätzung nach Unrecht getan.

        Trotzdem gibt es keine Garantie dafür, wie ein Urteil aussehen wird.“

      2. avatar

        Ja, lieber Bodo Walther, als Rechtsanwalt wissen Sie es zu schätzen, dass Deutschland ein Rechtsstaat ist. Die internationalen Beziehungen aber spielen sich in einem anderen Raum ab. Und da geht es zurzeit darum, ob sich die demokratischen Rechtsstaaten behaupten oder jene Achse der Autokraten, in denen Putin, Xi, die Mullahs in Teheran und diverse Terrorhäuptlinge jeweils bestimmen, was Recht und Unrecht ist. Wer diesen fundamentalen Unterschied nicht erkennt oder für nicht so wichtig erklärt, wie es der US-Vizepräsident in München tat, der untergräbt den Rechtsstaat so sicher wie irgendein Terrorist und mit größerer Wirkung. Wir reden also hier nicht von Glasperlenspielen oder davon, ob uns woke Linke gefallen oder nicht. Wir reden hier von elementaren Dingen, und da hätte ich gerade von einem Ex-DDR-Bürger – ihr behauptet immer, ihr wüsstet so gut Bescheid über die Diktatur, anders als wir doofen Wessis – etwas mehr Ernsthaftigkeit erwartet.

      3. avatar

        Politik wird mit Stimmungen gemacht. Orban brüstet sich zwar mit Illiberalität, weil seinen Wählern ‚linksliberal‘ (auch ein Euphemismus) auf den Zeiger geht. Verständlich. Er ist aber kein Tyrann und kein Diktator. Ihn mit Xi Xing Ping zu vergleichen ist nicht redlich, lieber Alan Posener. Das Abendland wird nicht untergehen, wenn in einem Land Politik durchgeführt wird, wie der Souverän sie fordert und demokratisch gewählt hat. Das in-einen-Topf-werfen ist (auch) klassisches ‚linksliberales‘ Stimmung machen und keine seriöse Analyse.

  10. avatar

    Vielen Dank Alan Posener für diesen klugen, ausgewogenen Text.
    Trotz Ihrer sehr guten Argumente und meiner fast umfänglichen Zustimmung, halte ich eine Art Volksfront – in der DDR nannte man das den „demokratischen Block“ – für nicht zielführend. Ich bin weit davon entfernt, DDR-Vergleiche zu bemühen, allerdings: Wehret den Anfängen.
    Das beste Mittel gegen eine populistische Regierung ist immer noch, ein Politik zu betreiben, die den Bedürfnissen der Bevölkerung eine Stimme gibt. Das hat die Ampel nicht getan. Dazu kommen die wirtschaftsfeindlichen Maßnahmen und die von Ideologie getriebene Inflation.
    Nochmals: Vielen Dank für das Teilen Ihrer Einschätzung.

  11. avatar

    Bei der Rede des VP kam mir spontan in den Sinn, dass wir, Politiker und Gesellschaft, es jetzt einmal nachvollziehen können, wie es ist, von Außenstehenden über Demokratie und das angeblich richtige Tun belehrt zu werden!

    Danke, Herr Posener, für diese Einordnung, die ich vollumfänglich teile!

    1. avatar

      Der Stones-Song war schon immer schwach, Herr Duck. Eine Palastrevolution ist genau das, was man weder 68 wollte, als sich Jagger den antiamerikanischen Demonstranten anbiederte, und was die MAGA-Leute auch nicht wollen. Vielmehr wollten die 68er damals, wollen die MAGA-Leute und ihre deutschen Sykophanten heute eine Kulturrevolution, die Beendigung einer unterstellten linken Diskurshoheit und die Etablierung der Prinzipien Friedrich Nietzsches in der Politik. Freilich endete der deutsche Anbeter des Übermenschen weinend am Hals eines Pferdes. Sic semper …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Shares
Scroll To Top