Die OECD hat ihren Bericht über die Lese- und Rechenfähigkeiten von Erwachsenen vorgelegt. Ernüchternd. Wir werden tendenziell dümmer, zum ersten Mal seit James R. Flynn 1984 anhand von IQ-Tests herausfand, dass wir von Generation zu Generation cleverer werden. Dazu schreibe ich an anderer Stelle. Hier geht es mir um etwas Anderes. Um das Foto auf dem Cover des Berichts.
Einerseits ist das Foto politisch korrekt: drei, vielleicht vier der fünf abgebildeten schönen Menschen sind persons of colour: Nur die Frau ganz links ist relativ eindeutig weiß. Wollte man allerdings die Vielfalt der Erdbevölkerung abbilden, so hätte es sich gehört, wenigstens eine Japanerin oder Chinesin ins Bild zu holen.
Ich benutze die weibliche Form hier generisch, und mit einigem Recht, denn die Lesefähigkeit im Erwachsenenalter ist laut Bericht bei Frauen besser ausgeprägt als bei Männern. Beachten Sie aber bitte die beiden Frauen auf dem Bild. Sie flankieren die Männer, die sich aktiv um die Lösung des Problems am Computer kümmern. Der Mann in der Mitte bedient das Keyboard des Laptops, der Mann links hat Zusatzdaten auf seinem Tablet, der Mann rechts weist energisch auf irgendetwas hin.
Die beiden Frauen haben nichts zu tun. Sie sollen nur hübsch aussehen. Die linke hat die Augen niedergeschlagen und lächelt, vermutlich über die geistreiche Bemerkung des Manns mit dem dunklen Bart; die rechte, die vermutlich das afro-amerikanische oder afrikanische Element der Weltbevölkerung repräsentieren soll, hat zwar ein Tablet vor sich, tut aber nichts damit, schaut auf den Bildschirm des Laptops, den sie aber aus dem Winkel gar nicht sehen kann, reibt sich verlegen am Kinn und lächelt auch. Es ist zum Fremdschämen, den beiden Frauen zuzusehen.
Um den Bericht zu zitieren: „Im Durchschnitt der teilnehmenden OECD-Länder und ‑Volkswirtschaften erzielten Frauen in Lesekompetenz bessere Durchschnittsergebnisse (um 3 Punkte) als Männer, während Männer in den Bereichen alltagsmathematische Kompetenz (um 10 Punkte) und adaptives Problemlösen (um 2 Punkte) besser abschnitten. In Deutschland war in Lesekompetenz eine signifikante Differenz um 4 Punkte zugunsten der Frauen und in alltagsmathematischer Kompetenz eine signifikante Differenz von 13 Punkten zugunsten der Männer zu beobachten; in adaptivem Problemlösen war kein signifikanter Unterschied festzustellen.“
Dass Männer allgemein – aber nicht in Deutschland – beim praktischen Problemlösen besser abschneiden als Frauen, könnte auch daran liegen, dass sie das Vorurteil reproduzieren, das dieses Bild verstärkt; in Deutschland, wo die viel kritisierte „Wokeness“ und der so genannte „Gender-Wahn“ relativ ausgeprägt sind und ein solches Bild negativ auffällt, können die Frauen, obwohl sie in Mathe nach wie vor für doof verkauft werden, mit den Männern gleich ziehen. Just sayin‘.
Vielen Dank für den launigen Text und die scharfe Analyse des Titelbildes, die mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat. Interessant wäre den Autor des Titelbildes zu fragen, welche KI Prompts er genutzt hat, um das Bild zu erstellen. Zwangsläufig müsste eigentlich dazu gehören, WAS den auf dem Laptop-Bildschirm zu sehen ist. Vielleicht ein Post aus der Facebook-Gruppe „Satzzeichen können Leben retten?“
@ Bodo Walther
Die „deutsche Bibel“ bzw. die Bibel in Volkssprache wurde durch die Gegenreformation (Konzil von Trient) auf den Index Librorum Prohibitorum gesetzt und durfte, wenn überhaupt, nur mit bischöflicher oder priesterlicher Erlaubnis gelesen werden. Der, wie Sie sagen, „Erfolg“ der Gegenreformation dürfte sich insofern wohl am allerwenigsten der Hinwendung zur Volkssprache verdankt haben. (Der „Erfolg“ der Gegenreformation war eher ein ästhetisches als ein intellektuelles Phänomen. – Ist aber ein anderes Thema.)
Die „Compania Jesu“, der ausdrücklich zur Reformation der Katholischen Kirche gegründete Jesuiten-Orden hatte die päpstliche Generalerlaubnis zur Verwendung einer deutschen Bibel.
Völlig ohne Druck eines Landesfürsten rekatholisierten sie das thüringische Eichsfeld.
Martin Luther erkannte den Orden als seinen gefährlichsten Gegner und nannte sie die Jesuiten die „Jesu wider“
E.J.: ‚Die „deutsche Bibel“ bzw. die Bibel in Volkssprache wurde durch die Gegenreformation (Konzil von Trient) auf den Index Librorum Prohibitorum gesetzt und durfte, wenn überhaupt, nur mit bischöflicher oder priesterlicher Erlaubnis gelesen werden.‘
… na ja, das liest sich zunächst ziemlich hart, und leider war ich ‚damals‘ nicht dabei, 😉 … aaaber, aus ‚Grundlehren und Unterscheidungslehren‘ abgekupfert, es sind die Protestanten, die behaupten, die katholische Kirche verbiete den Gläubigen das Lesen der Bibel. Das ist nicht richtig. Die katholische Kirche erlaubt jedem Gläubigen die Bibel zu lesen. Sie fordert nur ein Zweifaches: Sie verlangt erstens, dass die Ungelehrten, die die Bibel nicht in der lateinischen oder griechischen oder hebräischen Sprache lesen können, sich einer Übersetzung die von ihr, der Kirche, geprüft und richtig befunden worden ist; denn die Protestanten verbreiten allerlei falsche Bibelübersetzungen, wodurch ungelehrte Katholiken in Irrtum geführt werden könnten.
Sie verlangt zweitens, dass man eine Übersetzung nehme, worin die schwierigen Stellen richtig erklärt sind; sonst könnten ja manche durch Missverständnis sich großen Schaden zuziehen.
… dagegen ist doch nix einzuwenden. Oder?
@ Bodo Walter
Dass Priester, also auch Jesuiten, die volkssprachliche Bibel, die Biblia vulgari lingua, bei der es sich keineswegs nur um eine deutschsprachige bzw. „deutsche Bibel“ handeln musste, verwenden durften, ist nicht die Frage.
Unter dem Aspekt der von Ihnen so schön umschriebenen „Lesekompetenz als Gottesfurcht“ geht es darum, dass die römische Kirche genau diese Lesekompetenz mit allem Argwohn beäugte und genau diese Lesekompetenz nicht fördern wollte. Katholische Laien(!) durften die volkssprachliche Bibel ausschließlich mit schriftlicher Genehmigung lesen oder auch nur besitzen.
https://www.hs-augsburg.de/~harsch/Chronologia/Lspost16/Index/ind_regu.html Regula IV
@ Hans
Sie lesen ungenau. Sie lesen katholisch, bin ich versucht zu sagen 😉
Sie schreiben im Präsenz. Es geht hier aber nicht darum, was die rkK gegenwärtig erlaubt, sondern darum, was sie erlaubt oder nicht erlaubt hat. Und darum, wie sehr sie damit von langer Hand die „Volksbildung“ (s.o. „Lesekompetenz“) gefördert oder behindert hat.
(Und daran, dass die römische Kirche die „Volksbildung“ (s.o. Lesekompetenz) nicht gefördert, sondern sogar behindert hat, beißt die Maus keinen Faden ab, denke ich.)
@E.J. ./. Bodo Walter
… die Regeln von Trient, sind doch genau das, nur konkret, was ich aus ‚Grundlehren und Unterscheidungslehren‘ abgekupfert habe.
Also bitte, nur ein Beispiel, wenn die Kirche Christi Pornos ablehnt, verbietet, kann ich darin keine Behinderung der Volksbildung erkennen.
@Edmund Jestedt: Die Zahl der Akademiker in den 1950er Jahren in katholischen deutschen Landesteilen (verglichen mit protestantischen) geben Ihnen Recht.
Ein Rolle spielt (bisher unterschlagen) das protestantische „Jedermannspriestertum“.
Dass also jeder Mann (tatsächlich nur Mann) berufen sei, dass Evangelium zu lesen und zu verkünden.
B.W. ./. E.J. ‚Ein Rolle spielt (bisher unterschlagen) das protestantische „Jedermannspriestertum“.
Dass also jeder Mann (tatsächlich nur Mann) berufen sei, dass Evangelium zu lesen und zu verkünden.‘
… die rkK lehrt; jeder Christ kann wohl in einem uneigentlichen Sinne Priester genannt werden, gem. d. Ausspruch d. hl. Petrus: ‚Ihr seid ein königliches Priestertum.‘ (1. Petr.2.9.) Damit will aber der hl. Apostel ebenso wenig sagen, alle Christen seien eigentliche Priester, als er sagen will, alle seien eigentliche Könige. Darum nennt er sie kurz vorher (Vers 5) ausdrücklich, eine heilige Priesterschaft, um geistige (uneigentliche) Opfer darzubringen‘, nämlich Opfer der Abtötung und Selbstverleugnung, das Opfer eines zerknirschten Herzens (Ps. 50, 19), das Opfer eines frommen Gebetes (Ps. 140, 2).
Die Protestanten haben ganz recht, wenn sie glauben, dass ihre Geistlichen keine besondere Gewalt besitzen. Wer sollte ihnen dies auch gegeben haben? Anders ist es mit den kathol. Geistlichen. Diese haben ihre Gewalt von den Bischöfen bekommen, die Bischöfe von den Aposteln und die Apostel von Christus.
Die protestantischen Bischöfe stehen genauso in der Nachfolge Petri. Und es gut, dass ev. Pastores keine Gewalt ausüben – die gibt es in der r.k. Kirche mehr als genug. Ich weiß das sehr genau, weil ich Katholik war und Missbrauchsopfer eines Kaplans. Seit 2 Jahren bin ich auch deshalb ev. Christenmensch.
@ Hans
Sie sind ein begnadeter Scharfmacher („Bibel-Fälscher, Kommilitonenmörder, Bauernschlächter, Frauen- und Judenhasser und Säufer“, und wenn’s Ihnen in den Kram passt, kann Luther sogar höchst modern von „Behinderten“ sprechen). Und genau so ein Verharmloser sind Sie: Bei der kirchlichen Zensur ging es keineswegs nur um Pornographie. Das kann auch Ihnen nicht entgangen sein.
Der Index umfasste nicht nur tausende Buchtitel und Autorennamen, sondern war auch über Jahrhunderte ein permanenter Prozess, der tendenziell jeden (öffentlich geäußerten) Gedanken zu kontrollieren, und, wenn aus Kirchensicht nötig, zu verhindern oder mindestens einzuschränken oder zu korrigieren versuchte. Und das war keineswegs nur intellektuelles Spiel. Oft genug ging es dabei für die Autoren um Leben und Tod. Ich denke, Hans, Sie wissen das.
Die Kursive im 2. Absatz sollen keine Bedeutung haben, sind ein Versehen.
@ Ludwig Greven: Die protestantischen Bischöfe stehen genauso in der Nachfolge Petri.
Irgendwie schon. Auf jeden Fall aber ein bisschen kastriert. „Unsere“ dagegen stehen in der apostolischen Sukzession. Das ist schon eine ziemlich andere Nummer 😉
@L.G.
… werter L.G., die Bischöfe als Vorsteher der Kirche Christi haben ihre Gewalt von Gott. Die irrgläubigen Vorsteher haben ihre Gewalt von der Gemeinde, die sie gewählt hat. Merken Sie den Unterschied?
Ihre persönlichen ‚Missbrauchs-Erfahrungen‘, als Opfer eines Kaplans, sind fürchterlich. Zu diesem Thema haben ‚wir‘ uns hier schon 2012 gefetzt.
EJ: @ Hans
Sie sind ein begnadeter Scharfmacher …
Bei der kirchlichen Zensur ging es keineswegs nur um Pornographie. Das kann auch Ihnen nicht entgangen sein.‘
… jau. In den engsten Kreisen nennt man mich den Tiger von McPomm. Das sollte aber unter uns bleiben. 😉
Ich habe keineswegs bei der kirchlichen Zensur nur von Pornographie geschrieben. Ich habe das als ein Beispiel benannt.
Werter E.J., Sie haben mir vorgehalten ich schreibe im Präsens. Kann es ein, dass Sie im Präsens schreiben und die Historie aus heutiger Sicht betrachten? Mir wäre es auch lieber damals gäbe es schon, beispielsweise, WhatsApp.
@ Hans: Historie
Unter Rechtfertigungsbedarf sind also die sonst von Ihnen – und regelmäßig von der Katholischen Kirche selbst – als zeitlos absolut verteidigten katholischen Wahrheiten nur Historie, nur vorübergehende, nur zeitbedingte Wahrheiten?
EJ: ‚Unter Rechtfertigungsbedarf sind also … als zeitlos absolut verteidigten katholischen Wahrheiten nur Historie, nur vorübergehende, nur zeitbedingte Wahrheiten?‘
… nein. Das wären Ihre Projektionen. Wer historische Ereignisse aufarbeiten will, indem gänzlich Unbeteiligte andere der Sünde oder des Verbrechens bezichtigt, der erhebt gegen sie Anklage und macht sich zum Richter über sie.
Darin liegt eine schwerwiegende Ungerechtigkeit, weil die vor Gott anrechenbare Schuld allein dem allwissenden Auge Gottes offenbar ist. Der Mensch besitzt keinen Einblick darin.
Schon das Urteil von Zeitgenossen über Ereignisse und Gestalten, Leistung und Versagen, Schuld oder Unschuld ist außerordentlich unterschiedlich, ja gegensätzlich. Mit dem zeitlichen Abstand pflegt die Schwierigkeit der Beurteilung zu wachsen.
Man kann die Schwachheit der Menschen bedauern, aber man kann nicht an ihrer Stelle deren Schuld eingestehen. Man reinigt sich nicht von ‚Irrungen, Treulosigkeiten, Inkonsequenzen und Verspätungen‘, indem man über vergangene Zeiten herfällt.
Wenn jemand meint, mit Schuldbekenntnissen könnten die Feinde der Kirche besänftigt oder gar versöhnt werden, befindet er sich auf dem Holzwege. Diese nehmen sie vielmehr mit hämischer Genugtuung zur Kenntnis; sie sehen sich dadurch in ihrer Abneigung und ihrem Haß gegen die Kirche bestätigt. Was die Feinde der Kirche bekämpfen, sind nicht ihre Fehler, sondern ihre Sendung und ihr Wirken, ja ihre Existenz.
Daß der Protestantismus von seinem Wesen her Angriff auf die katholische Kirche ist, dagegen wird man sich ja wohl noch verteidigen dürfen. Ich finde daher die Bezichtigung der Männer und Frauen, die sich im 16. Jahrhundert dem protestantischen Sturm entgegengestemmt haben, unbillig.
(Ich habe wörtlich, teilweise sinngemäß, von Prof. Dr. Georg May abgekupfert.)
@ Hans
Na, Ihr zitierter/ paraphrasierter Gewährsmann meint anscheinend, die katholische Kirche brauche weder das Vaterunser (Und vergib uns unsere Schuld …) noch das Confiteor (Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen …) zu beten. Vermutlich vertritt er eine katholisch Mehrheitsmeinung. Meine jedenfalls nicht.
Schöne Weihnachten! Meine Hausmannspflichten rufen.
@EJ
… doch, doch, das tut er;
… die Kirche hat ohne Frage von Schuld zu reden, aber von der Schuld des Einzelnen vor Gott. Die Kirche soll auch von Vergebung sprechen, aber von Vergebung durch Gott. Denn jeder Mensch steht als Einzelner vor Gott. Sünde wird immer nur von Einzelnen begangen. Auch wenn viele zusammen und zugleich sündigen, ist die Sünde stets nur existent als Verfehlung des Einzelnen oder eben vieler Einzelner.
Eingestehen kann man begriffsnotwendig nur eigene Schuld. Wer auf die Schuld anderer hinweist, bezichtigt diese der Schuld. Wenn der Papst auffordert, die Schuld von Söhnen und Töchtern der Kirche ‚einzugestehen‘, so ist diese Aufforderung unangebracht. Noch einmal: Eingestehen kann man immer nur eigene Schuld. Die Lage wird nicht besser, wenn man sich mit Personen, die schuldig geworden sind, verbal solidarisiert. Wer sich mit den Vorfahren zusammenschließt und sagt: Wir haben gesündigt, vollzieht eine Fiktion, die Jer 31,22 f. gegen sich hat. Wenn sich eine Entschuldigung auf das Verhalten anderer bezieht, auf das man selbst keinen Einfluß hat, wird dies nach Frau Noelle-Neumann zu ‚einer moralischen Distanzierung‘.
… auch Ihnen und Ihrer Familie eine gesegnete Weihnacht. (Gilt hier auch für alle anderen ’starken-meinungsmacher‘. 😉 )
E.J.: ‚(Und daran, dass die römische Kirche die „Volksbildung“ (s.o. Lesekompetenz) nicht gefördert, sondern sogar behindert hat, beißt die Maus keinen Faden ab, denke ich.)‘
… werter E.J., ich habe aus ‚Grundlehren und Unterscheidungslehren‘, einer unveränderten Neuauflage der 1912 in Paderborn Bonifacius-Druckerei erschienenen Ausgabe, abgekupfert. Das dürfte schon Präteritum sein. 😉
Haben Sie eine Quellenangabe, in der ich nachlesen kann, wie und wann die rkK die ‚„Volksbildung“ nicht gefördert, sondern sogar behindert hat‘??
Den legitimen ‚Kampf‘ der rkK, der Inquisition, gegen den Protestantismus und gegen Häretiker, können Sie nicht meinen. Oder?
@ Hans
Quellenangabe? Worüber reden wir? Über den Index, über Bücherverbote, Mind Control, so alt wie die Kirche selbst!
Dann schreibe ich halt nicht „jiddisch“, sondern „jüdisch“. Sie wissen, dass ich „Aschkenasim“ meinte.
Seit einigen Jahren frage ich mich, ob ein Intelligenzquotient nicht auch über dutzende Generationen „anerzogen“ werden, in die Gene übergehen könne (und natürlich auch wieder verloren gehen kann.).
Bis ins 19. Jahrhundert hinein war es Bestandteil des jiddischen (und auch protestantischen, teilweise sogar des katholischen) Selbstverständnis eines Mannes, ….
… War es männliches Selbstverständnis, einmal als Familienpatriarch „das Wort Gottes“ lesen, rezitieren und im günstigsten Fall sogar auslegen zu können.
Lesekompetenz als Gottesfurcht sozusagen.
Lieber Bodo Walther, Ihre Frage hat bereits Darwin beantwortet. Und die Antwort lautet: nein. Erworbene Eigenschaften werden nicht vererbt. Und: das Wort Gottes lesen konnten über Jahrhunderte die Christen in Europa nicht, weil es nur auf Griechisch oder Latein vorlag. Die Protestanten erst machten sie allen Menschen zugänglich. Übrigens auch den Frauen. Übrigens kenne ich kein „jiddisches Selbstverständnis“; klären Sie mich bitte auf, was das sein soll. Ich hielt Jiddisch immer für eine Sprache oder einen Dialekt.
Vielleicht doch – dies ist nur eine Anregung – etwas nachdenken, bevor man draufloskommentiert?
APo: ‚ … Und: das Wort Gottes lesen konnten über Jahrhunderte die Christen in Europa nicht, weil es nur auf Griechisch oder Latein vorlag. Die Protestanten erst machten sie allen Menschen zugänglich. …‘
… nun ja, die irrgläubigen ‚Protestanten‘ mal wieder. Nicht die, 1440: Johannes Gutenberg erfindet den Buchdruck. Die Schulpflicht, ab 16. Jahrhundert in Europa, dürfte wesentlich zur Verbreitung der Schriften beigetragen haben.
Die Bibel ist in hebräischer und in griechischer Sprache geschrieben. Wer diese Sprachen nicht kennt, muß sich an Übersetzungen halten, und Übersetzungen sind selbstverständlich von Anfang an vorgenommen worden, auch Übersetzungen in die germanischen Sprachen, in die deutsche Sprache. Wir kennen eine Übersetzung aus dem Jahre 370 von dem gotischen Bischof Ulfilas. Er veranstaltete eine Übersetzung der Bibel ins Gotische. Wir wissen, dass die alte deutsche Sprache ebenfalls Bibelübersetzungen kannte. Aus dem Jahre 748 haben wir ein Fragment, ein Bruchstück erhalten einer Bibelübersetzung in das damalige alte Deutsche. Erst recht sind Bibelübersetzungen veranstaltet worden, als der Druck aufkam. Von 1466 bis 1521 wurde 14 hochdeutsche und 4 niederdeutsche Übersetzungen der Bibel veranstaltet. 14 hochdeutsche und 4 niederdeutsche Druckausgaben der Bibel vor Luther, denn er gilt ja als derjenige, der die Bibel für die Deutschen entdeckt hat, was ein Märchen ist. Die Bibel war längst in Deutschland bekannt, übersetzt und im Gebrauch, als Luther daran ging, die Bibel zu übersetzen.
Er hat sie übersetzt, aber seine Übersetzung hat viele Mängel.
Mehr dazu von Dr. Georg May, em. Professor für Kirchenrecht, kirchliche Rechtsgeschichte und Staatskirchenrecht.
So ganz stimmt das nicht, hans.
Die Schulpflicht wurde in einigen Territorien Mitteleuropas gegen Ende des 16. Jahrhunderts eingeführt (Herzogtum Pfalz-Zweibrücken 1592, Straßburg 1598) eingeführt; da war Luthers Übersetzung des Neuen Testaments bereits 70 Jahre alt und hatte schon mehrere Generationen von Menschen begleitet. Vorher war Lesen und Schreiben vor allem der Geistlichkeit, der Wissenschaft (die in der Regel auch ein geistliches Studium absolviert hatten) und Kaufleuten vorbehalten, aber nicht der breiten Masse des Volkes. Und genau diese, die Landsleute ohne Bildung, waren Luthers Zielgruppe: Was seine Bibelübersetzung ausmachte, war, dass er „dem Volk aufs Maul geschaut“ hatte und entsprechend eine Sprache verwendete, die vom einfachen Volk ohne Schulbildung verstanden werden konnte.
Na ja, lieber Alan Posener, es mag sein, dass der deutsche Protestantismus (im englischen Protestantismus kenne ich mich nicht aus) mit der Verbreitung der Lutherbibel die Alphabetisierung beschleunigt hat.
Der Erfolg der „Gegenreformation“, also der Rekatholisierung lag allerdings darin begründet, dass sich die Katholische Kirche nun außerhalb der Messe auch der deutschen Sprache und Schrift …
.. und ja auch einer deutschen Bibel bediente.
@Jens Breitenbach
… nun werter, J.B., ich will nicht klugscheissern, wiederhole aber aus mein Beitrag zuvor; ‚Von 1466 bis 1521 wurde 14 hochdeutsche und 4 niederdeutsche Übersetzungen der Bibel veranstaltet. 14 hochdeutsche und 4 niederdeutsche Druckausgaben der Bibel vor Luther, … ‚
Ich korrigiere mich daher; nicht ab dem 16. Jahrhundert, bereits im 15. Jahrhundert gab es Übersetzungen der Septuaginta, der ältest durchgehenden Bibelübersetzung ins Deutsche, die dann, mit Johannes Gutenbergs Erfindung, allgemeine Verbreitung fanden. Da war Luther noch im Teich oder trieb sich in Kneipen herum.
(Die ersten Übersetzungen der hebräische Bibel – den Tanach – in die damalige altgriechische Alltagssprache entstanden etwa von 250 v. Chr. bis 100 n.)
Ab 1521
übersetztefälschte Martin Luther dann die Bibel ins Deutsche.Den Bibel-Fälscher, Kommilitonenmörder, Bauernschlächter, Frauen- und Judenhasser und Säufer Martin Luther schenk ich Ihnen. Him self über behinderte Kinder: ‚Ich bin gänzlich überzeugt, daß Behinderte nur ein vom Teufel besessenes Stück Fleisch ohne Seele sind, die man ersäufen sollte.‘
Mehr historische ‚Folgen‘ d. Luther-Pamphlets und seines unsäglichen Wirkens erspare ich. Die dürften ohnehin hinreichend bekannt sein.