Kurz nach Weihnachten hatte die Republik wieder einmal Anlass, über Berlin zu lachen. Aus der Justizvollzugsanstalt Plötzensee waren neun Häftlinge entwichen, davon vier aus dem geschlossenen Vollzug. Eine Überwachungskamera filmte den Ausbruch, den die Häftlinge mit Hilfe einer Flex bewerkstelligt hatten. Die Kamera war offensichtlich nicht mit dem Alarmsystem des Gefängnisses verbunden und vor dem Monitor saß auch kein Beamter. So war der Weg frei ins Silvestervergnügen. Erst nach Stunden merkte man das Fehlen der Insassen. Der grüne Justizsenator Dirk Behrendt tauchte tagelang ab und meldete sich erst zu Wort, als die Rücktrittsforderungen lauter wurden – selbst aus den Reihen der eigenen Koalition. Er sagte mit derselben Schnoddrigkeit, die man von ihm kennt, jetzt sei nicht die Zeit für Rücktritte, sondern für Aufklärung. Die Berliner erinnern sich gut daran, dass Behrendt als ehemaliger justizpolitischer Sprecher der Grünen in der Opposition ständig Senatoren wegen Versagens zum Rücktritt aufforderte. Politische Verantwortung? Gilt nur für andere!
Man könnte zur Tagesordnung übergehen, gäbe es nicht in der Schublade des Justizsenators Behrendt einen Gesetzesvorschlag, der es in sich hat. Mit Hilfe eines Antidiskriminierungsgesetzes will der Senator das Neutralitätsgebot im Öffentlichen Dienst aufweichen, indem er muslimischen Lehrerinnen das Tragen eines Kopftuchs im Unterricht erlauben will. Im Neutralitätsgesetz des Landes Berlin vom 27. Januar 2005 heißt es in der Präambel:
„Gleichzeitig ist das Land Berlin zu weltanschaulich-religiöser Neutralität verpflichtet. Deshalb müssen sich Beschäftigte des Landes Berlin in den Bereichen, in denen die Bürgerin oder der Bürger in besonderer Weise dem staatlichen Einfluss unterworfen ist, in ihrem religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnis zurückhalten.“
Die überwiegende Mehrzahl der Pädagogen in Berlin will an diesem Gesetz festhalten, weil es Konflikte, die sich an religiösen Symbolen entzünden könnten, vom Unterricht fernhält. Es ist mir völlig rätselhaft, weshalb man ein Gesetz, das sich über Jahre hinweg bestens bewährt hat, plötzlich zur Disposition stellen will.
Das Kopftuch muslimischer Frauen ist nach Aussage seiner Trägerinnen ein Symbol für ihre religiöse Identität. Wenn dem so ist, so hat eine solche religiöse Bekundung in einer weltlichen Schule keinen Platz. Wenn eine muslimische Frau unbedingt ein Kopftuch tragen möchte, kann sie an einer staatlichen Schule nicht unterrichten. Wer als Muslimin in Berlin Lehrerin werden will, weiß dies und kann sich darauf einstellen. Alle Berufe außerhalb des Öffentlichen Dienstes stehen ihr offen. Außerdem kann sie an einer islamischen Privatschule unterrichten. Von beruflicher Diskriminierung, wie der Senator insinuiert, oder gar Berufsverbot kann also keine Rede sein.
Von vielen – auch muslimischen – Religionswissenschaftlern wird bestritten, dass es sich beim Kopftuch überhaupt um ein religiöses Symbol handelt, das der Koran den Frauen auferlegt. Sie vertreten die Meinung, das Kopftuch sei eine Manifestation des politischen Islam, ein Zeichen für die Unterordnung der Frau unter die Herrschaft des Mannes.
Die Befürworter des Kopftuches leiten die Verpflichtung der Verhüllung aus dem Koran ab. Sie berufen sich auf folgende Suren:
„Und sprich zu den gläubigen Frauen, sie sollen ihre Blicke senken und ihre Scham bewahren, ihren Schmuck [d. h. die Körperteile, an denen sie Schmuck tragen; der Übers.] nicht offen zeigen, mit Ausnahme dessen, was sonst sichtbar ist. Sie sollen ihren Schleier auf den Kleiderausschnitt schlagen und ihren Schmuck nicht offen zeigen, es sei denn ihren Ehegatten (…).“ (Sure 24, Vers 31)
„O Prophet, sag deinen Gattinnen und deinen Töchtern und den Frauen der Gläubigen, sie sollen etwas von ihrem Überwurf über sich herunter ziehen. Das bewirkt eher, dass sie erkannt werden und dass sie nicht belästigt werden. Und Gott ist voller Vergebung und barmherzig.“ (Sure 33, Vers 59)
Wie man den Textquellen unschwer entnehmen kann, ist die Beweislage für ein Kopftuchgebot doch arg dünn: Die Frauen sollen ihr Dekolleté mit einem Tuch verdecken. Von der Verhüllung der Haare durch ein Tuch ist nicht die Rede. Deshalb meint der türkische Theologe Ilhami Güler: “Es wäre pervers, den Bereich des Kopfes als sexuell aufreizend zu betrachten. Wenn man die Haare einer Frau als aufreizend/anziehend findet, so müssten die Haare und der Bart des Mannes ebenfalls aufreizend sein”. (Ilhami Güler: „Direnis teolojisi“, S. 123)
Wenn das Kopftuch für muslimische Frauen die Bekundung eines konservativen. politisch motivierten Islamverständnisses ist, hat es im Klassenzimmer erst recht keinen Platz. Politische Betätigung und politische Symbole sind nach dem Berliner Schulverfassungsgesetz von 2004 in der Schule verboten. In der Türkei war bis vor wenigen Jahren das Kopftuch in allen öffentlichen Einrichtungen untersagt. Erdogan blieb es vorbehalten, mit der von ihm betriebenen Re-Islamisierung der türkischen Gesellschaft dieses Verbot aufzuheben und damit den Säkularismus des Staatsgründers Atatürk rückgängig zu machen. Will der Berliner Justizsenator tatsächlich dem Beispiel Herrn Erdogans folgen und die säkulare Verfasstheit auch unseres öffentlichen Dienstes aufheben? Eine groteske Vorstellung!
Wenn man sich Zeitschriften aus den 1960er Jahren anschaut, die Fotoreportagen aus Teheran oder Kairo enthalten, sieht man Frauen mit frei flatternden Haaren und kurzen Kleidern über die Boulevards schlendern. Erst die islamische Revolution der Mullahs von 1979 hat die liberale Auslegung des Korans zerstört und die Frauen unter Tschador und Burka gezwungen. In den arabischen Staaten war die Re-Islamisierung Ausdruck des Kampfes gegen den Westen im Gefolge der Kriege in Afghanistan und im Irak. Sie erklärt sich auch aus der ökonomischen Rückständigkeit dieser Länder, die umso auffälliger ist, als die Globalisierung einige Regionen der Welt ökonomisch nach vorne katapultierte. Der Hass auf den Lebensstil des Westens speist sich aus Minderwertigkeitsgefühlen und Neid, Gefühlen, die allzu gerne in Allmachtphantasien und Größenwahn umschlagen. Vielen einfachen Muslimen bleibt zur Wahrung ihres Selbstwertgefühls anscheinend nur die Flucht in eine archaische Form von Religiosität, die ihnen in ihrem ärmlichen Leben Halt und spirituellen Gewinn verspricht. All das kann kein Grund sein, sich in Deutschland solchen religiösen Machtansprüchen zu unterwerfen und die säkulare Staatsverfassung zur Disposition zu stellen.
Dass der Verhaltenskodex für Frauen inklusive Kleiderordnung kein religiöser Kernbestand des Islam, sondern Ausdruck seiner von politischen Interessen geprägten Auslegung ist, kann man am Wandlungsprozess studieren, der zur Zeit in Saudi-Arabien stattfindet. Kronprinz Muhammad Bin Salman Al Saud hat eine Liberalisierungswelle in Gang gebracht, die bemerkenswert ist. Frauen dürfen ab Juli 2018 Auto fahren. Bis vor kurzem hat die Religionspolizei Mutawwa behauptet, Autofahren sei für Frauen gesundheitsschädlich, weil es „die Eierstöcke kaputt macht“. Jetzt erzählen orthodoxe Imame in Freitagsgebeten den Männern, „Mohammed hat im Haushalt geputzt, er hat seine Kleider selbst gestopft und seinen Frauen geholfen“ (Zitate nach FAZ vom 06. 01. 2018). Mohammed als Hausmann! Das ist wirklich mal etwas Neues. Die bärtigen Männer mit dem langen Kaftan sehen ihre Felle davonschwimmen, weil der Kronprinz ihnen die Deutungshoheit über die Koranauslegung aus der Hand gewunden hat. Ihnen bleibt nur noch die Anbiederung an den neuen Zeitgeist. Aktuelle Fotos aus Cafés in Riad zeigen, wie sich die Frauen den öffentlichen Raum erobern. Sie sitzen in Scharen zusammen, zeigen sich Filme auf ihren Smartphones, lachen und genießen die neue Freiheit. Natürlich tragen sie noch ein Kopftuch. Der Tschador ist jedoch verschwunden und hat einer bunten Frauenkleidung Platz gemacht. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis auch die Haare frei flattern dürfen. Es mutet absurd an, dass ein Berliner Justizsenator hinter den Liberalisierungsprozess zurückfallen will, der gerade eines der konservativsten arabischen Länder erfasst hat.
Wer erinnert sich nicht an die Bilder, die zeigen, wie Frauen in den vom IS befreiten Städten des Irak und Syriens Burka und Tschador vom Kopf reißen und im Staub zertreten. Für sie war der Verhüllungszwang sicher kein Ausdruck religiöser Inbrunst.
Wenn Dirk Behrendt den Muslimen in Berlin etwas Gutes tun will, sollte er sich um muslimische Mädchen kümmern. Eine Umfrage des „Arbeitskreises gegen Zwangsheirat“ in Berlin hat ergeben, dass es 2015 in der Stadt 460 Fälle von Eheschließungen gegen den Willen der betroffen Mädchen gegeben hat. Die Dunkelziffer dürfte ein Vielfaches betragen, weil die Ehen meistens heimlich geschlossen werden. Die jüngsten Mädchen waren 10 Jahre alt.
Die Senatsverwaltung für Gesundheit berichtet auf ihrer Homepage, dass in Deutschland mehr als 20.000 Frauen leben, die eine Genitalverstümmelung erlitten haben. Pro Jahr seien 5.000 Mädchen der Gefahr ausgesetzt, in den Ferien im afrikanischen oder arabischen Heimatland diese Form der Gewalt zu erfahren. Da in Berlin viele Muslime leben, dürfte die Zahl der betroffenen Mädchen in der Stadt hoch sein.
Beides – Zwangsheirat und Genitalverstümmelung – sind schwere Menschenrechtsverletzungen und in Deutschland auch Straftaten. Hier hätte der Justizsenator ein reiches Betätigungsfeld. Seinen Eifer für die Installierung von Unisex-Toiletten in öffentlichen Berliner Gebäuden könnte er solange zügeln.
Die mediale Aufmerksamkeit, die die #Metoo-Enthüllungen finden, mutet seltsam an, wenn man sich das stillschweigend erduldete Leid dieser muslimischen Mädchen und Frauen ausmalt. Sie haben auch im Feminismus keine Lobby.
Lieber Rainer,
du schreibst: „Der Richter ordnete an, während der Verhandlung das Kreuz im Gerichtssaal abzunehmen, weil es den Angeklagten in seiner religiösen Identität beeinträchtigen könnte. Dieser Vorfall zeigt, wohin es führt, wenn religiöse Bekundungen Einzug in öffentliche Instituten halten.“
Die Logik entzieht sich mir. Das Kreuz hing bereits im Gerichtssaal. Wie übrigens in vielen bayerischen Klassenzimmern. Dagegen haben Atheisten und Juden in Bayern schon lange und immer wieder protestiert. ich bin da relativ leidenschaftslos, aber das unterstreicht meine Feststellung: Die Bundesrepublik ist kein laizistischer Staat.
Es ist jedenfalls absurd, das Tragen eines Kopftuchs verbieten zu wollen, wenn in Gerichten und Klassenzimmern das Kreuz hängt.
Ansonsten argumentierst du mit der wirklichen oder angeblichen Agenda derjenigen, die in der Schule dieses oder jenes für Muslime durchsetzen wollen, und verweist auch auf die Taktik, die wir als Kommunisten angewendet haben. Die Frage jedoch, ob ein Grundrecht gilt, ist nicht davon abhängig, ob es auch von Menschen in Anspruch genommen wird, die andere ziele damit verfolgen.
Im übrigen solltest du mal wieder die Freie Universität besuchen. Dort kannst du – auch in Veranstaltungen über jüdische Geschichte, wo mir das auffiel – viele Studentinnen mit Kopftuch sehen: intelligente, gut integrierte Musliminnen, die eine Bereicherung unseres Zusammenlebens bedeuten. Einige von ihnen dürften Lehrerinnen werden, und ich gehe davon aus, dass sie in der Schule genauso selbstverständlich wie an der Uni ihre Kopfbedeckung tragen wollen. Dazu müssen sie von niemandem angestiftet werden, und es wäre jammerschade, wenn sie dadurch in die radikale Ecke gedrängt würden, dass man ihnen eben diese Radikalität unterstellte, und wenn sie nur bei Radikalen Unterstützung fänden.
Als Atheist bin ich nicht froh über die Wiederkehr der Religion, aber sie ist nun einmal eine Tatsache, die man als Demokrat respektieren muss. Die Demokratie ist – um Mao zu paraphrasieren – kein Deckchensticken; sie bewährt sich dort, wo sie herausgefordert wird. Ich glaube, dass wir beide ein Beispiel dafür sind. Du bekamst kein Berufsverbot, obwohl du in Öhringen viele Schüler dahingehend agitiert hast, diesen Staat mit Gewalt zu beseitigen und die Diktatur des Proletariats zu errichten. Bei mir dauerte das Berufsverbot nur anderthalb Jahre und schloss die Erlaubnis ein, das Referendariat abzuschließen, obwohl ich – wie du einmal mit ein wenig Bitterkeit geschrieben hast – an noch höherer Stelle in der Organisation tätig war als du. Man vertraute uns Kinder an, und zwar in Ideologiefächern wie Deutsch, Englisch und Geschichte; und du weißt, dass man kein „Atomkraft – nein danke!“-Button tragen muss, um ideologisch zu wirken. Die Zahl der Berichte über linke Lehrer und ihr oft hinterhältiges Wirken ist inzwischen Legion.
Eine Lehrerin, die ihre religiöse Haltung offen zur Schau trägt, gefährdet ihre Schülerinnen meines Erachtens weit weniger als ein Studienrat, der – äußerlich korrekt – mit der Auswahl der Lektüre, der Quellen, der Fragen und Aufsatzthemen seine Schüler politisch zu beeinflussen sucht.
Wie dem auch sei: die Freiheit der Religionsausübung ist nicht Gegenstand des politischen Mäßigungsgebots. Deine ganze Argumentation hängt an der Behauptung, das Kopftuch sei Demonstration einer radikalen politischen Gesinnung. Dafür gibt es keinerlei Beweise. Die Eignung einer Lehrerin für den Unterricht sollte in der Ausbildung, einschließlich des Referendariats, im Gespräch mit dem Amt und der Schulleitung und durch die Kontrolle während ihrer Laufbahn (Beschwerden von Schülern und Eltern, Unterrichtsbesuche usw.) überprüft und nicht an einem Stück Stoff festgemacht werden.
Um mal zwei ganz lebenspraktische Überlegungen anzubringen:
1. Wie sieht es mit Mützen aus – dürfen Lehrer die im Unterricht aufhaben? Es geht ja den Musliminnen in erster Linie darum, die Haare zu verhüllen. Wenn sie kein Kopftuch mehr tragen dürfen, setzen sie sich eben eine Mütze auf. Oder geht es gar nicht um ein KopftuchVERbot, sondern um ein Offene-Haare-GEbot?
2. Wenn man offensichtlich kein Muslim ist, darf man dann im Unterricht ein Kopftuch tragen?
Ansosnten bin ich der Meinung, dass ein Lehrer möglichst guten Unterricht machen sollte. Was er auf dem Kopf trägt, ist da nebensächlich.
…die entscheidende Frage ist doch, ob man als Schüler durch ein Kopftuch der Lehrerin irgendwie „agitiert“ – zu etwas gedrängt – wird oder nicht. Wenn jemand sich durch ein Kopftuch islamisiert fühlt, handelt es sich um so etwas wie eine allergische Reaktion. Etwas anderes wäre es, wenn es an der Schule überall nur noch Kopftücher gäbe. Dann könnte man sich als Schüler schon unter Druck gesetzt fühlen. Das ist aber nicht der Fall und es besteht angesichts des gemittelten Lehreräußeren auch keine Gefahr, dass es in absehbarer Zeit so wird.
Roland Ziegler: „Dann könnte man sich als Schüler schon unter Druck gesetzt fühlen.“
Danke, daß Sie meinen Gedanken weiter führen, wenn vermutlich auch unbewusst: Der Schüler (Lernende, sich Entwickelnde) soll eben seine eigene, individuelle Identität (sic!, nicht die kollektive) noch entwickeln. Er wird dazu Identifikationsfiguren brauchen. Dazu gehören auch unterschiedliche Lehrer-Persönlichkeiten, Menschen, die die Wirklichkeit repräsentieren und vermitteln und keine professionalisierten Beamten mit ausschließlich optimiert-konformem Lehrerverhalten (Bildungstechnokratie). Bei mir war ein Diplomphysiker darunter und ein Jesuitenpater bei dem ich Ethik-Unterricht (kath. Religion abgewählt) hatte und deswegen schon mal was von Thomas v. Aquin gelesen habe. Und zur Lebenswirklichkeit gehören auch Muslime – so.
Warum jetzt Kreuze abgehängt werden sollten, erschließt sich mir nicht – Deutschland ist nicht laizistisch, sondern christlich verfasst und auch ein religiös verfasster Staat kann liberal sein (-> USA, Israel). Hier stolpern Atheisten gerne über ihre eigene Intoleranz. (Im übrigen wurden in der Vergangenheit schon zu viele Kreuze abgehangen..)
Diese Individualität, die man Lehrern zugestehen sollte, brauchen Schüler nicht, bzw. sie ist eher schädlich, denn sie sind Lernende, die ihre Identität noch finden müssen und das bitte ergebnisoffen. Deswegen: Rapper-Kappen gerne nach den Hausaufgaben, in der Schule nicht. Leben und Lernen sind nicht gerecht und der Lernende ist letztlich ein Bedürftiger, ein Bittsteller für Wissen. Das ist keine Demütigung, sondern die Beschreibung eines Freiraums, der erst die Entwicklungsmöglichkeiten bietet, den Mode, Konsum, Statusdenken und Wunsch nach Gruppenzugehörigkeit noch allzu früh genug zukleistert. Deswegen bin ich auch ein Befürworter von Schuluniformen für die SuS (Schüler und Schülerinnen, gerne bin ich hier politisch korrekt), die bitte vom Staat gestellt werden müssen und die man dadurch finanziert, daß man diesen ganzen ausschließlich der Wirtschaftsförderung dienenden digitalen Mist, wie Whiteboards, Tablets, ‚Schulen ans Netz‘ usw. einstellt. So schafft man eine ‚Corporate identity‘, die in Schulen, an Unis – und eben nur dort – bei Nicht-Erwachsenen Sinn ergibt. Aus der zunächst erzwungenen (ausschließlich äußeren) Konformität erwächst ein tief verankerter individualismus, weil modische Nebensächlichkeiten keine Lebensenergie absorbieren. Und – oh Wunder: Wie da das zur Schuluniform getragene Kopftuch seine kulturelle Sprengkraft verlieren würde.. Wo ich gerade dabei bin: Ich kann auch dieses ewige Gejammere über verdreckte und defekte Schultoiletten nicht mehr hören: Die sind nicht kaputt und be…n, weil Geld fehlt, sondern weil die SuS die kaputt und be…n machen und wenn wir uns schon soviel Gedanken über den Sinn von Notengebung machen, die doch nichts anderem dienen soll, als einem Abgleich mit der stets ungerechten Realität, so wäre es excellente Pädagogik, wenn die SuS ihre Toiletten nachmittags selber reinigen würden, beaufsichtigt durch Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen zwecks Abgleich mit einer Realität, die sie ansonsten spätestens in der ersten WG erwartet. Eine mehr als sinnvolle Aufgabe für die Sozialpädagogik als Einführung in die Facetten der Arbeitswelt, womit auch die einseitige Belastung der SuS etwas aufgelockert würde.
@KJN: Ich kann an vielen Stellen zustimmen, wobei ich gegen Schuluniformen bin, weil ich generell gegen Uniformen bin ,weil die die Menschen irgendwie gesichtslos und anonyme machen. Ich verstehe zwar, dass Uniformen isnb. die Armen entlasten, weil sie dadurch dem Druck, teure Markenklamotten zu kaufen, nicht so direkt ausgesetzt wären – aber andererseits bringt das wohl nichts, so lange der Markendruck als solcher besteht.
Ich weiß nicht genau, müsste mich erst über Untersuchungen zu Schuluniformen genauer informieren. Aber das ist hier ja auch nicht das Thema.
Was Sie zu den Schulklos schreiben halte ich für falsch. Sicher sind es die „SuS“, die die Klos verdrecken. Man könnte sie zu hygienischeren Menschen erziehen. Aber man könnte sie auch zweimal täglich reinigen. Am Zustand der Decken und Wände, die bröckeln und dringend gestrichen werden müssten, oder die Schränke und Fenster, die man mal putzen könnte, oder der trübgrauen außenfassade kann man nur mit Geld etwas ändern. Geld, mit dem man den Maler oder die Putzkolonne bezahlt. Und dieses Geld ist nicht da, so einfach ist das. Ohnehin liegt vieles, über das man sich immer so beklagt, am mangelnden Geld. Dann werden immer irgendwelche Prinzipien hochgehalten, aber es ist am Ende ganz einfach Geld, das nicht fließt, weil man es nicht zahlen will.
Antwort auf Roland Ziegler,
natürlich kann und muss man von einem Lehrer eine professionelle Einstellung verlangen, was in erster Linie guten Unterricht bedeutet. Viele, vor allem auch junge Menschen, sind jedoch mit einer Mission unterwegs, die sich oft mit einer solchen Einstellung nicht verträgt. Sie wollen zeigen, dass sie „coole Typen“ sind und tragen ein Basecap umgekehrt wie die Rapper (was verboten ist) oder tragen Sticker von „Pro Asyl“ oder „Greenpeace“ (was auch verboten ist, aber häufig geduldet wird), Wenn man das Mäßigungsgebot für Lehrer aufheben würde, wäre dem öffentlichen Bekenntniszwang der Lehrer Tür und Tor geöffnet. Andere Berufszweige dulden solche Selbstdarstellungen ja auch nicht, z.B. die Banken.
Eine gute, professionelle Lehrerin MIT Kopftuch würde sämtliche Schülerinnen und Schüler gleich behandeln, egal ob sie weiblich, männlich, schwarz, weiß, asiatisch, christlich, jüdisch oder werweißwasnoch sind. Gerade das wäre doch ein gutes Vorbild für muslimische Schülerinnen.
Ein AfD-Lehrer ohne Bart oder Kopftuch, der bei muslimischen Schülerinnen eine Krise kriegt und sie anders behandelt als andere, ist dagegen ein echtes Problem.
Lieber Herr Werner, bringen Sie bitte nicht den öffentlichen Raum (zu dem auch Schulen und Behörden gehören) mit dem unter privatrechtlicher Hoheit stehenden (wie etwa Privat- oder Geschäftsräume) durcheinander. Ein Gewerbetreibender hat ziemlich weitgehende Freiheiten, nach eigenem Gutdünken einen Dress-Code festzulegen, und er hat dabei allenfalls allgemeine Sittenregeln und die persönliche Würde der Angestellten zu beachten, die seinem Hausrecht entgegenstehen. Ich wüßte jedenfalls nicht, daß es ein Aufregerthema wäre, wenn jemand in Jeans und Schlabberpullover nicht in eine noble Gaststätte gelassen wird.
Im öffentlichen Raum sieht das anders aus; das Hausrecht gilt auch dort, aber Eingriffe in die Religionsfreiheit und die freie Entfaltung der Persönlichkeit müssen sachlich begründet sein, etwa aufgrund von Sicherheitsaspekten (Stichwort: Vermummungsverbot) oder um den Schul- oder Hausfrieden zu wahren.
Lieber Rainer,
wie du weißt, ist die Schule eben kein „geschützter, neutraler Raum“. Lehrer sind gehalten, sich „jederzeit und unbedingt für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzusetzen“, wie es im Beamtenrecht heißt, auch übrigens in der Freizeit.
Die Verfassung aber, der Kern der FdGO, betont ausdrücklich die Religionsfreiheit in Artikel 4:
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
Da steht nichts von einer Einschränkung für Beamte. Und auch nicht, dass die „ungestörte Religionsausübung“ ihre Grenze findet dort, wo einer sich gestört findet durch das Tragen einer Kippa oder einer Perücke, wie es orthodoxen Juden vorgeschrieben ist, einer Nonnen- oder Mönchstracht, oder eines Kopftuchs.
In Artikel 33 (3) steht:
Der Genuss bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
Da steht nicht, dass dies nicht gilt für religiöse Bekenntnisse, die bestimmte Kleidervorschriften erlassen. Nirgends steht zum Beispiel, dass Nonnen keinen Mathematikunterricht geben dürfen, sofern sie dafür qualifiziert sind.
Hinzu kommt, dass außer in Berlin, Bremen und Brandenburg die Religion ordentliches (also auch versetzungsrelevantes) Lehrfach ist. Das ist im Grundgesetz verankert. Es widerspricht dem gesunden Menschenverstand, einer muslimischen Lehrerin verbieten zu wollen, im Reli-Unterricht ein Kopftuch zu tragen, so wie eine Nonne ihre Tracht und eine Jüdin ihre Perücke (oder ein Kopftuch) tragen können. Nicht müssen. Aber da ist sie ja, die Freiheit des Bekenntnisses. die, das muss ich betonen, ihre Grenze nicht finden darf an einem willkürlich ausgelegten „Neutralitätsgebot“.
Die Bundesrepublik ist, anders als Frankreich, kein laizistischer Staat. Man mag das bedauern, und es steht jedem frei, so würde ich meinen, für eine Änderung des Grundgesetzes zu streiten. So lange jedoch das GG ist, wie es ist, bin ich dafür, dass Nonnen und andere Kopftuchträgerinnen, orthodoxe Juden und z.B. Inder, die ein Kastenzeichen an der Stirn tragen, was für ein System steht, das alles in allem viel schlimmer ist als die meisten muslimischen Gesellschaften, hier unterrichten dürfen. Was „die Lehrer“ angeblich wollen oder nicht wollen, ist dabei unerheblich.
Haben die Franzosen keinen gesunden Menschenverstand?
Als die Väter des GG auf Herrenchiemsee gebechert und verfasst haben, hatten sie keine Islamisierung auf dem Schirm. Wenn das GG nicht gegen die Islamisierung gewappnet ist, muß man es modernisieren. 13 % im Bundestag sind dafür, aber das reicht noch nicht.
Lieber Alan,
kein Grundrecht – bis auf das erste („Die Würde des Menschen ist unantastbar“) – gilt uneingeschränkt, weil dessen grenzenlose Inanspruchnahme mit Sicherheit mit einem anderen Grundrecht kollidieren würde. Juristen sprechen deshalb von der Grundrechtskonkurrenz. Die freie Entfaltung meiner Persönlichkeit muss dort enden, wo andere Menschen in ihren Rechten beeinträchtigt werden. Das Recht auf Meinungsfreiheit ist verwirkt bei Aufrufen zu Straftaten und bei Volksverhetzung. Gleiches gilt für die Freiheit der Kunst. Viele Grundrechte mussten aufgrund praktischer Erfahrungen mehrfach novelliert, also der Verfassungswirklichkeit angepasst werden: die Versammlungsfreiheit, die Demonstrationsfreiheit und das Recht auf Asyl. Warum sollte das bei der Religionsfreiheit, wenn sie denn missbraucht würde, nicht auch möglich sein.
Das Erziehungsrecht der Eltern für ihre Kinder (Art. 6 GG) erfährt mehrfache Einschränkungen, die kein vernünftiger Mensch kritisieren würde. Die Missbrauchsfälle der letzten Zeit haben gezeigt, dass staatliche Eingriffe eher noch zu zurückhaltend erfolgt sind. Auch das Beamtenrecht schränkt einige Grundrechte ein, so z.B. das Streikrecht (was zur Zeit vor dem Bundesverfassungsgericht neu verhandelt wird) und das Recht auf freie politische Betätigung im Dienst.
Ich sehe die Religionsausübung in der Schule und im Gerichtssaal auf derselben Ebene angesiedelt wie die politische Betätigung. Letztere ist mit gutem Grund verboten. Und das Verbot wird von den Gerichten sehr eng ausgelegt. So musste ein Lehrer sogar seinen „Atomkraft nein danke“-Button im Unterricht ablegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat, als es dies 1990 in seinem Urteil verfügte, das Mäßigungsgebot für Beamte, das eine Einschränkung von Grundrechten darstellt, ausdrücklich bestätigt. Andere Gerichte sind bis heute dieser strengen Auslegung gefolgt.
Wir sollten nicht darüber hinweg sehen, dass diejenigen aus der muslimischen Community, die für muslimische Lehrerinnen das Recht fordern, in der Schule oder im Gerichtssaal ein Kopftuch tragen zu dürfen, eine politische Agenda verfolgen. In den Berichten der Verfassungsschutzbehörden der Länder kann man nachlesen, dass Vertreter des politischen Islam Familien dazu anstiften, den öffentlichen Dienst in der Weise herauszufordern, dass sie offensiv Forderungen stellen, natürlich mit der Maßgabe, es handele sich um eine religiöse Verwirklichung der Persönlichkeit. Dass männliche Schüler plötzlich ihrer Lehrerin nicht mehr die Hand geben, dass es auch die Eltern nicht mehr tun, dass Schüler plötzlich einen Gebetsraum für sich in der Schule fordern, dass muslimische Mädchen in Schwimmbädern eine zweite Frauenumkleide fordern usw. – all dies sind taktisch kalkulierte, letztlich politische Angriffe, mit denen die Toleranz des Rechtsstaats getestet werden soll. Wir sollten den Biedermännern nicht glauben, wenn wir die Agenda der Brandstifter nur zu gut kennen. (Wir haben doch in unserer linksradikalen Zeit dieselbe taktische Masche verfolgt: „aufrichtige Demokraten“ und „kämpferische Kollegen“, die wir in den Staatsapparat oder in Betriebe eingeschleust haben, waren knallharte kommunistische Kader).
Im bayerischen Miesbach gab es vor kurzem im Amtsgericht einen bizarren Eiertanz um das christliche Kreuz. Ein 21-jähriger Afghane, mutmaßlicher Sympathisant der Taliban, war angeklagt, weil er andere Muslime, die zum Christentum konvertiert waren, mit dem Tod bedroht hatte. Der Richter ordnete an, während der Verhandlung das Kreuz im Gerichtssaal abzunehmen, weil es den Angeklagten in seiner religiösen Identität beeinträchtigen könnte. Dieser Vorfall zeigt, wohin es führt, wenn religiöse Bekundungen Einzug in öffentliche Instituten halten. Es bleibt eben nicht beim „religiösen Bekenntnis“ nach Art. 33 GG. Wenn man religiöse Symbole im Gerichtssaal für zulässig erklärt, müsste der Raum ständig umdekoriert werden: Wenn über einen Christen zu Gericht gesessen wird, kann das Kreuz wieder aufgehängt werden; bei einem Juden wird die Menora aufgestellt, bei einem Muslim Halbmond und Stern an die Wand gehängt. Im Klassenzimmer möchte man sich nicht ausmalen, was geschähe, wenn auch hier die Schranken des Mäßigungsgebots fielen. Die Kinder haben ein Anrecht darauf, dass sie von Lehrkräften unterrichtet werden, die ihre religiöse und politische Bekundung vor dem Schultor zurücklassen: Religiöses Bekenntnis: privat; Unterricht und Gerichtsverhandlung: öffentlich – und deshalb neutral.
Lieber Herr Posener,
Klassenräume sind wie die Räume in anderen Behörden nicht zur Religionsausübung da, schon gar nicht während der Dienstzeit. Insoweit ist es kein Angriff auf die Religionsausübung, wenn ihnen die Propaganda für ihre Religion während des Dienstes untersagt wird.
Abgesehen davon, die Religionsfreiheit gilt auch für diejenigen, die Religion ablehnen.
Das Kruzifix-Urteil sagt Ihnen doch etwas ?
Niemand muß ein religiöses Symbol dulden in Räumen, die er nicht meiden kann (z.B. aufgrund der Schulplicht). Und dann wollen Sie mir erzählen, ein religiöses Symbol auf dem Kopf einer Lehrkraft oder eines Richters muß ich erdulden ?
Dieses Rechtsverständnis ist absurd.
Ähm… falsch. Beim Kopftuch oder einem als Schmuck getragenen Kreuz oder einer Kippa prallen das Recht der Lehrer auf Entfaltung der Persönlichkeit und ihre Religionsfreiheit auf die Religionsfreiheit der Schüler. Alle diese Rechte gehören zur Persönlichkeit.
Ein Klassenraum oder ein Gerichtssaal haben keine eigene Persönlichkeit, die ein Recht darauf haben könnte, sich zu entfalten oder ihre Religion zu zeigen; daher werden die Räume nicht in ihren Rechten verletzt, wenn ein Kreuz darin abgehängt wird.
Es zeigt sich wieder einmal die abgrundtiefe Unethik und Verlogenheit der Linken, garniert mit ihren halbseidenen Rücktrittsforderungen, denen sie meist durch nichtssagendes Ausschütten ihres Gefüüüühlslebens untermauern („…unerträäääglich; indiskutaaabel…“).
Zum Kopfschütteln.
Ich muss gestehen, lieber Herr Werner, daß ich eine Zeit gebraucht habe, um zu verstehen, was die Abschaffung eines Kopftuchverbotes für Lehrer mit dem Versagen des ‚Grünen‘-Justizsenators zu tun haben soll, aber vermutlich gibt es einen, der aber eher kompliziert ist und nichts mit „Mullah-Allüren“ nichts zu tun hat. Ich versuche es mal:
Anscheinend haben wir einen enormen Konkurrenzdruck um die Ressource ‚Mediale Aufmerksamkeit‘ in der Nomenklatura bzw. der politischen Klasse, die Abgeordnete, Senatoren, höhere Staatsbeamte usw. dazu verleitet, immer unrelevantere, schrillere Forderungen zu artikulieren (Skandalisierung). Daß sich ‚Die Grünen‘ da besonders hervortun – mag sein -, aber andere können das auch, wie ebenfalls in Berlin Frau Chebli von der SPD (..“der Islam schützt mich vor Sexismus..“), wobei die SPD eher von ihren Anhängern dafür abgestraft werden dürfte, als die Grünen. Weil letztere durchschnittlich immer noch mehr Realitätssinn haben dürften, als Grünen-Wähler.
(ich kann mir die Anmerkung nicht verkneifen, daß Frau Chebli mit Ihrer Aussage gar nicht so falsch liegt, nur daß der Islam sie vor allem gegen den Sexismus ihrer eigenen Glaubensgenossen schützt und weniger gegen den angeblichen Sexismus der neuen Untermenschenrasse ‚weißer alter Mann‘, was sie wohl eher zu meinen schien. Im Übrigen schützt das Kopftuch junge Mädchen durchaus auch gegen Sexismus, nämlich gegen den Sexismus des Kapitalismus, der Mitschülerinnen, auch Lehrerinnen, tief dekolletiert, bauchnabelfrei und mit viel zu kurzen Röcken im Unterricht erscheinen lässt.)
Was also tun, damit Senatoren wieder ihre Arbeit machen, statt sich vorwiegend mit Unsinn zu beschäftigen? Ich habe da keine ‚politische‘ Lösung, allerdings eine private: sehr asketischer Medienkonsum und trockene Analyse dessen was dennoch ans Ohr dringt. Und auch mal einen Wahlzettel durchstreichen.
Lieber Herr Nick,
es bleibt den Musliminnen unbenommen, in ihrer Freizeit ein Kopftuch oder andere Verhüllungen zu tragen – aus welchen Motiven auch immer: Was nicht geht, ist, den geschützten n e u t r a l e n Raum einer staatlichen Einrichtung wie der Schule zum einem Ort zu machen, an dem sie ihr Kleidungs-Symbol zur Schau stellen. Das Neutralitätsgebot ist höher zu bewerten als das Ego einer Lehrerin. Die Kinder haben ein Recht darauf, dass ihnen eine Lehrerin entgegentritt, die ihre Weltanschauung und religiöse Einstellung diskret vor ihnen verbirgt. Dirk Behrendt möchte genau dieses Gebot aufweichen. Seine Agenda lautet „Vorfahrt für Multikulte!“ – Die Lehrer wollen genau das nicht – zumindest nicht im Klassenzimmer.
Lieber Herr Werner, ich kann nicht beurteilen, ob ein Kopftuchverbot für Lehrkräfte an Schulen grundsätzlich mehr Ruhe bringt, Emotionen fernhält bzw. die Arbeitsatmosphäre verbessert – mag in bestimmten Umfang sein. Ich selber habe ein paar jahre in Köln an einem Berufskolleg gearbeitet und da waren Kopftücher bei Schülern und auch der Schador bei einer Kollegin, die Informatik unterrichtete, kein Problem. ‚Belegen‘ möchte ich damit aber nichts. Allerdings sehe ich neben der von Alan Posener oben beschriebenen notwendigen Gleichbehandlung der Religionen und immer auch willkürlichen Grenzziehung bei religiösen Symbolen bzw. grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit vor allem beim Kopftuch die Gefahr der engstirnigen Symbolpolitik, die mehr Hilflosigkeit zeigt, als alles andere. Nicht das Kopftuch ist ein Problem, sondern mittelalterliches Frauenbild, Clan-Macht, Arroganz und Borniertheit vieler, insbesondere sunnitischer Muslime. Ich halte nichts von Verboten von Kleidungsstücken, die dadurch zusätzlich mit Bedeutung aufgeladen werden, allerdings viel davon, durchzusetzen, daß im Rechtsstaat weder Familienclans, noch Mafia oder Rockerbanden das Sagen haben.
Allerdings versuchte ich ja, Ihnen damit zuzustimmen, daß dieser Senator besser Prioritäten setzen sollte.
„Im Übrigen schützt das Kopftuch junge Mädchen durchaus auch gegen Sexismus, nämlich gegen den Sexismus des Kapitalismus, der Mitschülerinnen, auch Lehrerinnen, tief dekolletiert, bauchnabelfrei und mit viel zu kurzen Röcken im Unterricht erscheinen lässt.)“
Haben Muslime die Brüste auf dem Kopf?
Ansonsten gibt es ja viele Muslime die Kopftuch tragen, dick geschminkt sind und enge Hosen tragen. Die werden also auch vom Kapitalsex gebeutelt.
Lieber Herr Weller, daß Sie anscheinend von der Wirklichkeit an Schulen, sagen wir Kl. 7-12 nicht auch nur die Spur einer Ahnung haben, lassen Sie ja mit Ihrem Kommentar erkennen, weswegen ich Ihnen – aber nur dieses eine Mal, denn meine pädagogische Belastbarkeit ist eher begrenzt – auf die Sprünge helfe: Die Damen, die Sie beschreiben, habe ich in Tunesien und vor Erdogan in der Türkei (sehr gerne) gesehen (und in Bad Godesberg nach beim Shoppen); für viele Mädchen, die mit ihren gestylten Mitschülerinnen nicht so ‚mithalten‘ können/wollen/dürfen/sich trauen usw. ist Kopftuch und Schador eine Möglichkeit, sich da auszuklinken. Eine reale Entlastung. Vielleicht schwierig zu begreifen, daß es da nicht nur um „Brüste“ geht.
Wenn wir (meinen) uns solche Erwägungen nicht mehr leisten zu können, haben wir schon viel verloren.