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Einige Gedanken zu den gescheiterten Jamaika-Sondierungen

1. Respice finem – bedenke das Ende. Diese Weisheit gilt jetzt mehr denn je.

2. Die FDP hat die Sondierungsgespräche für gescheitert erklärt. Eine Möglichkeit der dadurch ausgelösten Krise ist, dass es zu Neuwahlen kommt.

3. In diesen Neuwahlen müssten die Bürger zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate entscheiden, wer Deutschland regieren soll.

4. Die Union hat auch in den Sondierungsgesprächen bewiesen, dass sie bereit ist, Regierungsverantwortung zu übernehmen. CDU und CSU haben in diesen Verhandlungen zu neuer Geschlossenheit gefunden. Das war erkennbar nicht einfach. Für das Wahlergebnis der Unionsparteien wird es entscheidend darauf ankommen, dass diese Geschlossenheit erhalten bleibt und mit einem überzeugenden und glaubwürdigen gemeinsamen Wahlprogramm begründet wird.

5. Die Verhandlungsdelegationen von CDU und CSU, denen die wichtigsten Politikerinnen und Politiker beider Parteien angehört haben, haben diese neue Geschlossenheit der Union erreicht. Insbesondere den beiden Parteivorsitzenden Merkel und Seehofer ist das zu danken.

6. Unsere politischen Gegner, unterstützt von manchen Medien möchten gern, dass sich CDU und CSU sich jetzt mit einer internen Führungsdiskussion beschäftigen, während sie sich auf den Wahlkampf konzentrieren können. Diesen Gefallen sollten wir SPD, AfD und Linken nicht gönnen.

7. Die Zustimmungswerte zu Merkel als Bundeskanzlerin liegen über 50% und damit deutlich über den Werten der Unionsparteien. Mit diesem Pfund müssen wir wuchern.

8. Niemand kennt das Ergebnis von Neuwahlen. Es bleibt dabei: Regierungsfähig ist, wer koalitionsfähig ist. Das wird immer auch Abstriche vom eigenen Programm erfordern.Es ist gut denkbar, dass auch nach Neuwahlen die Möglichkeiten zur Regierungsbildung dieselben sind wie derzeit

9. Mit ihrer Weigerung, Regierungsverantwortung zu übernehmen, hat sich die SPD auch für diesen Fall eine große Hürde aufgebaut. Schließlich wurde die große Koalition nicht „abgewählt“, wie die SPD zur Begründung ihrer Haltung anführt. Denn sie hätte ja noch eine Mehrheit. Sie hat Stimmen verloren. Das ist etwas anderes.

10. Die FDP hat die Sondierungsgespräche für gescheitert erklärt, während CDU, CSU und Grüne die Möglichkeit gesehen haben, sich zu einigen und eine Regierungskoalition zu Stande zu bringen. Damit übernimmt die FDP große Verantwortung

11. Mir reichten zur Begründung Floskeln wie „besser nicht regieren als schlecht zu regieren“ oder „es darf kein `weiter so`geben“ nicht aus. Ich möchte jetzt schon auf Punkt und Komma und konkret von der FDP wissen: Welche Punkte fehlen ihr im Sondierungspapier? Welche Punkte kann sie nicht mittragen?

12. Deshalb sollte das ganze Papier möglichst schnell veröffentlicht werden, damit jeder sich ein eigenes Bild machen kann. Auch darüber, was durch die Haltung der FDP verspielt wurde.

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Über Ruprecht Polenz

Ruprecht Polenz (68) gehörte von 1994 bis 2013 dem Deutschen Bundestag an und war 2000 Generalsekretär der CDU. Von 2005 bis 2013 war der Politiker aus Münster Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Er ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) und Dean des Global Diplomacy Lab. Der Jurist ist verheiratet und hat mit seiner Frau vier erwachsene Kinder.

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