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Was ich der KPD verdanke (Schluss)

 Bevor das hier zu einer Veranstaltung nach dem Motto „Der rote Opa erzählt“ ausartet, will ich die fast sieben Jahre, die ich in der KPD arbeitete, zusammenraffen. Was nicht heißt, dass ich Fragen zu meiner Beteiligung an dieser oder jener Aktion oder meiner Haltung zu dieser oder jener Position ausweichen will.
Aber ein Grund, die Zeit von Mitte 1970 bis Mitte 1977 zusammenzufassen, ist, dass mir eigentlich 1973 oder 74 klar war, dass ich in der Organisation unglücklich war.

Dass ich mich dann noch drei oder vier Jahre durch Zellensitzungen, Schulungen, Kritik und Selbstkritik,  Sympathisantenarbeit, darunter eine übrigens ganz spaßige „Marxistische Arbeiterschulung“, in der ich meine pädagogische Sendung entdeckte, Flugblattschreiben und –verteilen, Zeitung verkaufen, Demonstrationen und Aktionen, schließlich sogar – in Erwartung eines Berufsverbots – Betriebsarbeit bei AEG mitsamt Einsatz in der IG Metall – dass ich mich durch all das quälte, wobei meine Frau und ich unser gesamtes Einkommen – sie arbeitete schon als Lehrerin – bis auf 400 Mark an die Partei ablieferten und ich nebenbei auch noch mein Studium „summa cum laude“ abschloss, ohne an einem einzigen Seminar teilgenommen zu haben, es sei denn zum Agitieren: das liegt auch an einer Charaktereigenschaft, die man positiv als Neigung zur Treue und zur Pflichterfüllung, negativ als Mangel an Mut zur Veränderung auslegen kann.

Hier geht es aber nur um das, was ich aus dieser Zeit außer Erinnerungen mitnahm, was ich auch nach der Desillusionierung und dem schließlichen Bruch mit der KPD – und der damit einhergehenden Hasskampagne gegen mich als „bürgerliches Element“ und „Agent des Klassenfeindes“ usw. usf. – meine, der Partei verdanken zu müssen.

Das lässt sich einteilen einerseits in eher technisch-charakterliche Dinge, andererseits in ideologische.

Was das Technisch-Charakterliche angeht, so lebten wir als Kader der KPD ein ganz anderes Leben als unsere studentischen Altersgenossen. Die Partei bestand darauf, dass wir tippen und drucken lernten und den Führerschein machten; im Falle der Illegalität sollte jeder sozusagen aus dem Kofferraum eines Autos heraus ein Flugblatt herstellen können. Ein „kleinbürgerlicher Arbeitsstil“ wurde nicht geduldet. Man musste pünktlich um 5 Uhr früh vor der Fabrik stehen, wenn es verlangt war, pünktlich zu Verabredungen und Sitzungen kommen, pünktlich Artikel und Arbeitspapiere abliefern usw. Für lange Kneipenabende war keine Zeit, da wir Zellensitzungen oder Schulungen hatten, und in unserem Habitus sollten wir bürgerlich auftreten: kurze Haare, Anzug, weißes Hemd. „Das Proletariat hält nichts von Hippies.“ Wir lebten, mit einem Wort, ziemlich puritanisch und spartanisch. Überdies mussten wir lernen, spontan in Versammlungen oder auf der Straße zu allen möglichen Themen aus dem Stegreif die Linie der Partei zu referieren oder – falls wir sie nicht kannten – abzuleiten.

Als ich dann 1977 als Referendar in die Schule kam, stellte ich fest, dass die relativ strenge Disziplin des Referendariats und der Schule überhaupt mir – im Gegensatz zu den meisten meiner Mitreferendare – nichts ausmachte. Im Gegenteil. Das Referendariat und die Schule machten mir ausgesprochen Spaß. Nie verschlief ich eine erste Stunde, immer waren meine Unterrichtsentwürfe rechtzeitig fertig, nie musste ich wegen fehlender Disziplin in der Klasse ermahnt werden. Denn das kam hinzu: die ganze antiautoritäre Chose war uns ja in der KPD gründlich ausgetrieben worden.

Bis heute profitiere ich von Fähigkeiten und Fertigkeiten, die ich damals jedenfalls in keinem Uni-Seminar hätte lernen können.

Wichtiger sind die ideologischen Dinge.

Da ist zum einen die Wendung hin zur Arbeiterklasse. Wie die meisten Leute, die damals, vor der großen SPD-Bildungsreform, Abitur machten, gehörte ich einer privilegierten Schicht an. Davon, wie es in anderen Teilen der Gesellschaft zuging, hatte ich als Teenager nur eine sehr rudimentäre Vorstellung.  Die KPD zwang uns, unsere eigene Existenz als „kleinbürgerlich“ zu relativieren und uns anzuschauen, wie es in den Betrieben, Gruben und Kasernen zuging. Wenn wir in die Kneipe gingen, sollten es Arbeiterkneipen sein. Natürlich war unser Begriff vom Proletariat erstens idealistisch und zweitens beschränkt, denn wir verehrten den Bergarbeiter überhaupt den Mann der schwieligen Faust und erkannten nicht den Wandel hin zur Dienstleistungsgesellschaft. Und natürlich hatten wir wenige Arbeiter in unseren Reihen und auch wenige Sympathisanten. Aber immerhin einige. Genügend, zum Beispiel, um eine entscheidende Rolle bei den wilden Streiks in der Autoindustrie 1973 zu spielen; oder um hier und da, zum Beispiel bei AEG in Berlin, mit einer so genannten „Alternativen Liste“ zur Betriebsratswahl der IG Metall einige Sitze abzujagen. Der Name wurde später geklaut von den Leuten, darunter viele Ex-KPDler, die in Berlin die Organisation gründeten, die zum Landesverband der Grünen wurde.

Bei aller Abwendung von revolutionärer Klassenkampfromantik – und obwohl ich zögere, einen Massenmörder zu zitieren – habe ich Maos damals auswendig gelernten Spruch nie vergessen: „Die wahren Helden sind die Massen. Wir aber sind oft naiv bis zur Lächerlichkeit.“ Das scheint mir nach wie vor richtig.

Vor allem aber blieb mir als negative Lehre die tiefe Abscheu vor dem Kommunismus und der tiefe Schrecken über die eigene Verführbarkeit. Man nennt es das „Konvertitensyndrom“, und ich will nicht leugnen, dass es etwas Problematisches an sich hat. Aber auch wenn es alle Konvertiten sagen: Manchmal glaube ich, dass nur, wer die Abgründe der kommunistischen Theorie und Praxis kennt (und sei es in der Operettenversion einer westdeutschen Politsekte), wirklich vor einer Unterschätzung fanatischer Ideologen gefeit – oder halbwegs gefeit – ist. Jedenfalls war ich die ganzen 1980er Jahre hindurch erschrocken über die Blauäugigkeit vieler meiner KollegInnen an der Schule gegenüber der Sowjetunion. In den ersten zehn Jahren nach meinem Austritt habe ich die so genannte Renegatenliteratur, von Arthur Koestlers „Sonnenfinsternis“ über George Orwells „Hommage an Katalonien“ bis hin zu Lew Kopelew und den sowjetischen Dissidenten, einschließlich der drei Bände des grandiosen „Archipel Gulag“ von Alexander Solschenizyn, verschlungen.  Das war obsessiv und ging wohl auch ein bisschen zu weit; teilweise habe ich darüber die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus vernachlässigt, von dem ich meinte, bereits genug zu wissen, und musste das später, als ich ein Buch über den Holocaust übersetzte, mit wachsendem Entsetzen nachholen.

Aber ich denke, dass ich der KPD am Ende auch jene Haltung verdanke, an der ich seit 1977 festzuhalten versuche: einem linken Liberalismus. Liberal, weil ich zu wissen meine, wie wichtig die Freiheit ist; links, weil eben die wahren Helden die Leute sind, die es nicht leicht haben. Womit ich da angelangt bin, wo ich vor drei Wochen anfing: Wie viel von mir ist noch durch den Maoismus geprägt? Eine Menge, denke ich. Im Schlechten, gewiss, aber auch im Guten.

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115 Gedanken zu “Was ich der KPD verdanke (Schluss);”

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    @Lyoner

    „Wollen Sie das in Einwanderungsbestimmungen, Zulassungsprüfungen formalisieren?“

    Da sind sie etwas zu fordernd. Es gibt viele gut ausgebildete Leute, die sich darüber Gedanken machen, die Ausarbeitung sollten wir ihnen überlassen. Es gibt gute Untersuchungen, was geht und was nicht klappt. Mir würde es schon reichen, wenn wir diesen Leuten einen klaren Auftrag geben könnten. Das wäre doch was für die NSA, durch einen Algorithmus unsere Meinung und einen Auftrag feststellen. Dann könnten wir uns auch die Wahl der Alternativlosen sparen.

    Tipp: “Wir” nehmen ab, damit “die” diesen Platz einnehmen können.

    Das Wort „damit“ impliziert einen Plan, den es nicht gibt. Im Schlafzimmer kämpft jeder Mann für sich. Wenn sie den Satz so formulieren: „Die nehmen den Platz ein, weil wir abnehmen“ dann beschreiben sie die Entwicklung besser. Der Schwerpunkt liegt dann im Schlafzimmer der Biodeutschen und der Frage „was tun?“ und nicht in der Spekulation eines cui bono?, was zwar die Verhältnisse erklärt (wie immer: Survival of the Fittest), den zu Grunde liegenden Mechanismus aber verschleiert.

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    …und zu Ihrer Besorgnis hinsichtlich des Bevölkerungsschwunds: Die Bevölkerung schwindet nicht proportional zu den offenen Stellen. Deshalb gibt es immer mehr offene Stellen, nicht nur für Hochqualifizierte, auch für Lehrlinge. Die müssen besetzt werden. (Die Ausländerfeindlichkeit speist sich in erster Linie durch die Arbeitslosigkeit.)

    Es scheint so, als würden Sie die deutsche Sprache als unmittelbar vom Aussterben bedroht betrachten? Es gibt viele Sprachen, bei denen das tatsächlich so ist. Aber die deutsche Sprache gehört nicht dazu.
    Dass viele Immigranten nur Pidgin-Deutsch sprechen (zusammen mit Pidgin-Türkisch), liegt an gravierenden Versäumnissen in der Integrationspolitik. Das ist grundsätzlich veränderbar. Viele Immigranten – hier auf dem Blog haben wir einige kenengelernt – sprechen bereits ein astreines Deutsch. Wenn wir mehr Aufmerksamkeit und Geld für die Bildung der Immigranten und Immigrantenkinder widmen, dann lässt sich dieses Problem lösen. Auch die hiesige Gebärfreudigkeit kann ja – parallel dazu – wieder steigen. Z.B. wenn die Karrieremöglichkeiten schwinden, was eigentlich nicht so schön wäre. Sie sprachen ja von kommunizierenden Röhren.

    Und zu guter Letzt: Sie schaffen es immer wieder, jedes beliebige Thema in Ihre 2-3 Herzensthemen (Israel/Bevölkerungsschwund/Hofphilosophensprüche (Sloterdijk, Dávila…) zu verwandeln. Hier ging es doch eigentlich um Herrn Poseners Erfahrungen mit der KPD?

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    @Lyoner: Das ist schon erstaunlich. In der Beschneidungsdebatte ging es um das Verhältnis Staat – Religion. EJ, ich, 68er und andere waren der Meinung, dass man sich in einem vernünftigen Staat darauf verständigen können sollte bzw. sogar ein einklagbares Grundrecht darauf hat, dass der Körper von Neugeborenen und Kleinstkindern für die Erwachsenen ohne nachweisbare Not tabu sein sollte. Die Verständigung darauf gelang nicht. Dass von dieser Forderung auch das Judentum betroffen ist, ist reiner Zufall. Dieser Bezug auf das Judentum ist sogar insofern nachgeordnet, dass der Auslöser von der muslimischen Tradition ausging, um die es in erster Linie ging. Und nun basteln Sie daraus einen sich blind kanalisierenden Antisemitismus. Ausgerechnet Sie, der sich gegen diesen Vorwurf sonst immer zur Wehr setzt.

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    68er: ‘@ Blond
    Und Partnern von blonden Frauen wird auch das Wahlrecht entzogen:
    http://www.welt.de/wissenschaf…..-dumm.html
    Ich lach mich blond!‘

    … des/der 68er Pöbelherrschaft wie sie im Buche steht … quod erat demonstrandum … Sozialismus ist Gewaltherrschaft. Anders können die nicht.

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    Jetzt schlägt es aber 13, lieber Edmund Jestadt. Ich war bisher hinsichtlich des Themas Israel etc. nie derartig aufgebracht und in Rage wie Sie bei dem zentralen und sensiblen Thema Beschneidung. Meine Kritik bezüglich der judäo-christlichen Religion und der geistigen Kolonisierung des Abendlandes sowie an der nationalreligiösen Politik Israels, Besatzung und Besiedlung, ist weitgehend offen und abgeklärt, damit auch angreifbar. Ihre Rage, die Sie gezeigt haben, lässt dahin blicken, dass bei einem desperate christian, der zwar nicht mehr an seinen Erlöser glauben kann, aber noch an ein Licht der Welt, das von den Bergen Judäas ausgeht, glauben will, wie Ihnen einiges noch unbearbeitet gärt. Die alten Psychoanalytiker würden sagen, Sie projezieren Affekte auf mich, um sie bei mir so heftig bekämpfen zu können, wie Sie sie bei sich abwehren. Im übrigen bin ich der Meinung, dass ich Israel und den Juden weniger schade als die Kämpfer, die in ihrem Übereifer Bärendienste leisten. Broder z.B. wird doch nur noch als running gag wahrgenommen, aha, da hat er wieder Antisemitismus „diagnostiziert“, wenn das nicht wieder ein Schnattern zur Unzeit ist?

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    @ KJN

    Im Gegensatz zu Alan Posener bringen Sie ein Gegenargument, nachdem sowohl die Bevölkerungsabnahme als auch die Einwanderung ein reiner Segen oder, wie Sie das nennen, eine „Riesenchance“ ist. Eine Riesenchance für was? „Wir“ nehmen ab, damit „die“ diesen Platz einnehmen können? Sind das kommunizierende Röhren? Sie formulieren qualitative Kriterien für die Teilnahme, nämlich Kompetenz in Technologie sowie ein kultureller Kanon. Wollen Sie das in Einwanderungsbestimmungen, Zulassungsprüfungen formalisieren? Ebenso würde mich interessieren, was Sie damit meinen, dass die Produktivitätszuwächse von allen genutzt werden können, berührt das die Eigentumsfrage? Wie soll das Ihres Erachtens gesellschaftlich organisiert werden.

    Ich glaube, dass auch Sie bei Ihrem Modell ohne eine quantitative Analyse nicht auskommen. Es wird doch einen Unterschied, ökonomisch, sozial, kulturell machen, ob eine Bevölkerungsabnahme mit einer Geburtenziffer von 1,2 (Deutschland) oder 1,8 (Frankreich) abläuft. Außerdem muss in Erwägung gezogen werden, wieviele Positionen in Ihrem best case (wenn Ihre Bedingungen erfüllt sind) geschaffen werden können.

    In einem Ihrer letzten Kommentare haben Sie dargestellt, dass Sie trotz aller Widrigkeiten deshalb vorziehen in Deutschland zu bleiben, weil sie ein vertrautes kulturelles Milieu mit einer vertrauten Sprache haben wollen. Neben ökonomischen Überlegungen wäre dies auch mein Haupteinwand gegen einen Populationsaustausch á la Posener: in möchte gerne in einem Land wohnen, in dem eine Sprache (das Haus des Seins) mit, ich nehme Ihren Begriff auf, zureichender Kompetenz und mit Poesie gesprochen wird, unsere kulturellen „Standortvorteile“ gepflegt werden, die Verständigung in diesem Lande nicht in einem schlechten Pidgin-Englisch erfolgt. Das gleiche erwarte ich für die anderen europäischen Vaterländer.

    Ihre Verteidigung des gesunden Menschenverstandes gegen Veränderungen, die ohne Not vollzogen werden, ist mir sehr sympathisch. Wenn Sie eine Partei „Maß halten“ gründen, werde ich mich gerne anschließen; ich selbst bin dazu nicht in der Lage, da ich eine Mischung aus law and order und Anarchie bin.

    Fans anderer Vereine, Fans des FCK für eine Konversion zu den Bayern begeistern? Ich bin seit dem Aufstieg der Bayern in die Bundesliga ein Fan der Bayern. Das zeigt mir, dass ich in meinem Leben in der Lage war, eine gute Wahl zu treffen, mit den Bayern gute und schlechte Zeiten zu teilen, aber weit mehr als Fans anderer Vereine durch Freude und Jubel aufgrund von Spitzenleistung verwöhnt wurde. Das ist ein über Jahre gehender guter endokrinologischer Status. Bei den Fans anderer Vereine, z.B. von Sankt Pauli oder dem FCK vermute ich eine andere Psychologie, bei der die Lust an der Passion, am Leiden eine Hauptrolle spielt. Ich kenne mich ja nicht so gut in Köln aus, aber ich vermute, dass die Kölner Jecken derartig sündigen, dass Sie eine schlechte Saison der Geisböcke als gerechte Strafe akzeptieren. Unser spätkatholischer kölscher Jecke Edmund Jestadt ist doch ein Geisbock, so wie er sich hier auf die Hinterbeine stellt, meinen Sie nicht?

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    Lieber Lyoner, ähm, sorry, das müssen Sie einem Autodidakten (so Dieter über mich, und es stimmt) erklären. Was wollen Sie von mir? Worüber soll ich schreiben?

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    Lieber Alan Posener, es kommt ja nicht so sehr darauf an, was wir damals an Dummheiten gemacht und verzapft haben (auch ich lese sehr ungern, was ich weiland an Gutachten (psychologische Schubladen) über Patienten geschrieben habe), sondern was wir, frei nach Brecht, heute an Irrtümern vorzubereiten bereit sind. – Von daher bedaure ich sehr, dass Sie systematisch verstummen, wenn ich Ihnen die Gelegenheit gebe, über die Ideale der schönen Seele hinaus eine materialistische Praxis mit ihren quantitativen Aspekten zu bedenken. Es könnte ja sein, dass Quantitäten in eine (andere) Qualität umschlagen. Insofern vermisse ich bei Ihnen eine Analyse, die Sie gerne durch Scholastik (z.B. Ihr Leib- und Magenzitat aus dem Kommunistischen Manifest) ersetzen.

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    KJN: ‘Ja klar – und Herr bleibt Herr und Knecht bleibt Knecht. So soll es sein, sonst wird die göttliche Ordnung gestört.
    Und die, die jetzt dran sind müssen deswegen weg, weil sie nicht vom Herrn eingesetzt wurden wie König oder Kaiser.
    Und ansonsten – bitteschön – jeder an seinen Platz!
    Amen.
    (Eigentlich ganz einfach – nicht wahr?)‘

    … was Sie schon wieder sehen wollen. Ich meine Aristokratie im Sinne von ‚Herrschaft der Besten.‘ Eine weiter oder höher entwickelte Demokratie sozuschreiben.

    Das könnte, wie ich schon mal angeschnitten habe durch Wahlrechtreformen erreicht werden.

    Ein Wahlrecht sollte nur zugestanden werden, wenn die volle geistige Reife, etwa ab dem 30sten Lebensjahr, das ist erwiesen, erreicht ist. Also ein Wahlrecht etwa ab 35. Das Wahlrecht sollte bis zum 65 LJ gelten. Das heißt auch, dass Verantwortung in der Politik – ebenfalls erst ab 35 möglich und mit 65 beendet ist.

    … maximale Dauer der ‚Politik-Verantwortung‘ auf 15 Jahre beschränkt, die aber nur einmal gewählt werden brauch. Gefeuert werden kann jederzeit. Wahlen im 5-Jahreszyklus. Nebentätigkeit – gibt ’s nicht. So ähnlich meinte ich das.

    Aber Ihnen scheint die Ochlokratie, die Pöbelherrschaft näher zu sein.

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    Fand gerade den im 1. Teil beschriebenen Wechsel von der „Drogenkarriere“ über kalten Entzug in polit. Indoktrination innerhalb einer festen Gruppe bemerkenswert. Ein auffallend leistungswilliger Hochbegabter fand zu einem Sozialgefüge, in dem er eine ihn erfüllende aktionistische Rolle spielte. Obwohl selbst scheinbar bevorzugt Autodidakt erlernte er ausgerechnet den Beruf des Gymnasial-Lehrers. Wie er sich als Pädagoge empfand, verschweigt der Text. Der Burnout in sogen. Sekten ist typisch als Anstoß, sich aus der jeweiligen indoktrinären Gruppe zu lösen. Die müssen nicht immer religiöse oder politische Ideologien verfolgen. Auch z. B. Selbsthilfegruppen beuten ihre führenden Ehrenamtlichen teilw. vergleichbar aus, bis die nicht mehr können und ein Lösungsprozess ansetzt. Die KPD scheint im Sozialen ein stabilisierender Ersatz für eine möglicherweise nicht erfolgte Drogentherapie gewesen zu sein, in der Motive aufgearbeitet werden, die zu Drogenmissbrauch führten. Nichts dagegen einzuwenden. Stromlinienförmige Biographien und Menschen finde ich sterbenslangweilig.

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    Nun ist es ja so, dass mit der Ideologie auch die KPD-Organisation im Zerfall begriffen war. D.h. nicht nur einzelne Zahnräder sind herausgekullert, der komplette Apparat ist kaputt gegangen. Die Frage wäre, was das miteinander zu tun hatte. Kullerte das Zahnrad aus dem Apparat heraus, weil der Apparat kaputt war, oder weil das Zahnrad zu abgenutzt war, um innerhalb des Apparates noch funktionieren zu können? – Wären Sie in jedem Fall aus der KPD ausgeschieden, unabhängig vom Zustand und den Perspektiven der KPD? Es klingt danach.

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    @Lyoner
    Ich meine daß wir hierzulande lernen sollten zwei Dinge zu erkennen:
    1. Bevölkerungsabnahme ist kein Unglück, sondern eine riesige Chance
    2. Zuwanderung dto.
    Das aber formuliere ich jetzt mal wie folgt:
    Wir kommen nur mit einer Bevölkerungsabnahme zurecht, wenn die bereits erreichten (technisch möglichen) Produktivitätszuwächse von allen genutzt(!) werden können – ich meine genutzt und nicht Gewinne verteilt. Zum „Nutzen“ gehört Kompetenz und zur Kompetenz eine bestimmte Kultur – und dazu gehören m.E. eben die entwickelten westliche Werte – wenn Sie so wollen auf Basis erkennbarer Religion, aber nach Aufklärung.
    Bestimmte Zuwanderer erfüllen diese Anforderungen nicht, die Gründe sind bekannt. Mit Ethnie, Rasse etc. haben sie nichts zu tun, sondern mit Auffassung.
    Ansonsten halte ich Franziskus I für einen Segen – incl. seiner konservativen Wertevorstellungen.

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    …am Anfang vom Ende fällt man offenbar irgendwie heraus, in einem Abschnürungsprozess, eher automatisch/organisch als bewusst. Als herauskulllerndes Zahnrad, sozusagen. Merkwürdig eigentlich: auch der Einstieg erfolgt ähnlich blind. Und zwischenzeitlich rackert man sich im Alltag solange ab, bis die Zeit abgelaufen ist.

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    mir wird bei P.’s letztem Beitrag wieder einmal deutlich, warum die Ihnestr. nicht nur Gebäude trennte….nichts für ungut.

  15. avatar

    Ja, das ist ein nachvollziehbarer Weg. Er führte offenbar über mehrere Stationen: vom „blinden“ Burnout über Ruhe zu einem neuen Bildungserlebnis, dann die befreiende Arbeit mit Kindern und Diskussionen mit Leuten von „draußen“ (Gustav Heinemann). Und nun schauen Sie zurück und denken: „ich ist ein anderer“ geworden, sozusagen. Eine optimistische Perspektive.

  16. avatar

    @dbh
    „Weil die Ostfriesen alle vorne sitzen wollen. Jeder bekommt dazu ein Lenkrad“
    Ja klar – und Herr bleibt Herr und Knecht bleibt Knecht. So soll es sein, sonst wird die göttliche Ordnung gestört.
    Und die, die jetzt dran sind müssen deswegen weg, weil sie nicht vom Herrn eingesetzt wurden wie König oder Kaiser.
    Und ansonsten – bitteschön – jeder an seinen Platz!
    Amen.

    (Eigentlich ganz einfach – nicht wahr?)

  17. avatar

    Lieber EJ, lieber Roland Ziegler,

    mein Engagement für die KPD war natürlich Folge eines „Traums“ vom ganz anderen Leben, wie er in der antiautoritären Bewegung entstanden war. Nur rühmten wir uns, wie übrigens auch die von uns heftig bekämpften Genossen der DKP, Realpolitiker zu sein und eben keine Traumtänzer. Das heißt, wir machten eben ganz herkömmlich Basisarbeit, Schulungsarbeit, Gewerkschaftsarbeit usw., und wir bereiteten uns auch auf einen „bürgerlichen“ Beruf vor.
    Tatsächlich drohte in der tagtäglichen Organisationsarbeit der Traum verloren zu gehen – so wie einem engagierten Pädagogen vielleicht im Schulalltag der Grund abhanden kommen kann, weshalb er Kinder untzerrichten wollte. Jedenfalls erlebte ich 1976/77 so etwas wie einen Burnout. Ich konnte mich einfach physisch nicht dazu brigen, noch ein Flugblatt zu schreiben oder zu verteilen, eine Zellensitzung oder Sympathisantenschulung zu besuchen usw. usf. Und teilte das der Führung mit. Ideologisch war das nicht begründet.
    Es gab einen halbherzigen Versuch, mich zu halten. Die damalige Chefin des Regionalkomittes West-Berlin der Partei meinte, ich sei als Kommunist so bekannt, dass ich nie in meinem gelernten Beruf als Lehrer würde arbeiten können. Eine interessante Begründung für das Ansinnen, mich weiterhin als faktischen Berufsrevolutionär benutzen zu wollen. (Und in der Tat bekam ich zunächst verdientermaßen Berufsverbot. Die leitende Genossin hingegen – längst gestorben, die arme – war nie aus der Katholischen Kirche ausgetreten und bekam nach der Auflösung der Partei einige Jahre später eine Anstellung an einer bekannten katholischen Eliteschule. Wie überhaupt viele von Berufsverbot betroffene Ex-Kommunisten bei den Kirchen unterkamern, die sich liberaler zeigten als der Staat.) Am Ende aber verfingen keine Argumente, und ich wurde als „bürgerliches Element“ aus der KPD ausgeschlossen.
    Als ich plötzlich viel Zeit hatte, begann ich, die sogenannte Renegatenliteratur zu lesen. Ein Schlüssel-Bildungs-Erlebnis war dabei Arthur Koestlers Roman „Sonnenfinsternis“. Der hat mich so tief berührt wie selten ein Roman davor oder danach. Ich war davon zunächst wie benommen, dann verschlang ich, wie berichtet, jedes Buch, das ich zum Thema bekommen konnte.
    Hinzu kam die gleichzeitige Erfahrung der Berufspraxis. Ich war trotz Berufsverbot – das später aufgehoben wurde – zum Referendariat zugelassen worden. Die tägliche Arbeit in der Schule ließ wenig Raum für Traumtänzerei. Da ging es sehr konkret darum, den Kindern von Polizisten und Handwerkern – ich arbeitete an einem Gymnasium in Spandau, das im Ruf stand, weniger elitär zu sein als die beiden grundständigen Gymnasien des Bezirks – das intellektuelle Rüstzeug zu vermitteln, das ihnen ihre Eltern nicht mitgeben konnten. Außerdem gab es im Hauptseminar einige sehr gute Diskussionen mit dem Leiter, einem ehemaligen Weggenossen von Gustav Heinemann. Am Ende der 18 Monate des Referendariats war ich Antikommunist mit Sympathien für die CDU, der dennoch Grün wählte.
    Freilich habe ich mir auch gesagt, dass meine erwiesene Anfälligkeit für totalitäres Denken eine weitere politische Betätigung ausschloss. Die Genossen, die umstandslos von Marxisten-Leninisten oder Spontis zu Grünen mutierten, waren mur suspekt. Mir schien es notwendig, mich als Lehrer zu bewähren, bevor ich mich überhaupt wieder politisch äußerte. Und daran habe ich mich – Diskussionen in der Gewerkschaft ausgenommen – gehalten.
    Erst 1999 begann ich, publizistisch tätig zu sein, nachdem ich bereits einige Biographien, Bücher für Kinder und Jugendliche und Schulbücher geschrieben hatte, zuletzt ein Buch über die Jungfrau Maria. 2000 trat ich in die Redaktion der „Welt“ ein.
    Da lag meine Abkehr von der KPD immerhin ein Vierteljahrhundert zurück. Was Leute wie der Antideutsche Daniel Schikora (siehe oben) nicht davon abhalten dürfte, nach Reden und Aufsätzen von mir zu suchen, die sie mir heute um die Ohren schlagen können.
    Ich will ihm und allen Posener-Forschern einen Tipp geben:
    Ich war der erste Chefredakteur der Zeitung des Kommunistischen Studentenverbands, „Dem Volke dienen“. Obwohl die meisten Artikel ungezeichnet erschienen, dürften viele Editorials u.ä. aus den Jahren 1972 – 75 von mir stammen. Außerdem habe ich dies und das unter dem Decknamen „Kurt Schmid“ (sic!) veröffentlicht. Wer sich in die Archive des KSV begibt, dürfte einiges Haaarsträubende zu Tage fördern. Außerdem habe ich 1977 unter dem Namen „Adam Polens“ in den „Berliner Heften“ zwei Artikel zur Auseinandersetzung mit der KPD veröffentlicht. Auch sie enthalten sicher – ich habe sie nicht wieder gelesen – einige Dummheiten. Nur zu. Grabt sie aus.

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    @ ROTZÖK: Verwundert es, dass Erkenntnisprozesse als Konversion “Konvertit” bezeichnet werden?

    Na, die Behauptung und den Wechsel politischer (und gar „weltanschaulicher“) Positionen schlicht in Erkenntnis und Erkenntnisprozessen fundiert zu sehen, ist nicht minder verwunderlich. Beispielsweise eine veränderte Interessenlage wäre ebenfalls ein möglicher Beweggrund. Aber ganz abgesehen davon.

    Wenn jemand von einer lutherischen Kirche zu einer reformierten wechselt, würden wir üblicherweise nicht von einer Konversion sprechen. Wechselt jemand von einer protestantischen in die Katholische Kirche, nennen wir ihn Konvertit. – Konversion bezeichnet Umkehr. Und dabei es ist zunächst mal ziemlich gleich, wodurch motiviert die Umkehr vollzogen wird, ob durch Erkenntnis oder Glaubenswechsel oder sonst irgendwie anders motiviert. Bezogen auf die Umkehr ist interessant, wie „dramatisch“, wie „scharf“, wie „radikal“ sie vollzogen wird, wie sehr sie (womöglich) eine Wende „in’s Gegenteil“, „zum Entgegengesetzten“ bedeutet.

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    @ Lyoner: Hier hat mal, ich glaube, es war Edmund Jestedt in den Raum gestellt, dass Juden mein Lebensinhalt seien. Ich gebe zu, dass es, wenn man meine Interventionen auf diesem Blog pars pro toto nimmt, so scheinen kann.

    So scheinen? – Lyoner: Israel! Die Juden! BRODER! Wuff! Wuff! Grrr! Grrr!
    (Trotz aller Erziehungsversuche seines Herrchens konnte das nicht mal Blondi so gut.)

  20. avatar

    APo: ‚Links heißt nicht sozialistisch. Links heißt, dass die, die unten sind, nicht noch mehr benachteiligt werden sollen, als sie es ohnehin sind.‘

    … Das gibt es schon. In Ostfriesland. Dort sind die Busse so breit wie sie wo anders lang sind. Warum? Weil die Ostfriesen alle vorne sitzen wollen. Jeder bekommt dazu ein Lenkrad …

  21. avatar

    Verwundert es, dass Erkenntnisprozesse als Konversion „Konvertit“ bezeichnet werden?
    Verwundert es, dass das Mao-Zitat nicht verstanden wird?
    Verwundert es, dass eine Antwort in diesem Konvolut, das Angebot von „Käse“ (sic) ist.

    Sind Sie, Herr Posener, bei den Verwunde(r)ten angekommen, dann schlagen Sie sie mit den ihnen eigenen „Waffen“ – so vorhanden – oder lassen Sie sie (die Sätze) einfach stehen.

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    @ Alan Posener

    Es ging mir nicht um Ihren Herausgeber oder um die DDR. Es ging mir um die/ Ihre Konversion. Anders als Ihr Herausgeber hatten Sie weder einen „Traum“, waren Sie, anders gesagt, weder Enthusiast (Glaubensheld, Fanatiker … was auch immer an einschlägigem „Spinner“) noch sind Sie (im Ergebnis durchaus erfreulich!) so weit rechts „gelandet“ wie Ihr Herausgeber. – Mir ist unklar – das war im engeren Sinne allerdings auch nicht Ihr selbstgestelltes Thema – inwiefern in Ihrem Falle von Konversion überhaupt die Rede sein kann. Heißt auch: Naiv, wie ich bin, oder auch von Ihrer („Funken schlagenden“) Publizistik verführt, hatte ich mir Ihr politisches Leben dramatischer vorgestellt. (Jenseits dessen mag in Ihren jungen Jahren Ihr privates, wie durchschimmert, durchaus dramatisch genug gewesen sein.)

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    @ Alan Posener

    Ohne Frage, die Anteilnahme Franziskus´ist eine noble und große Geste. Kein Mensch soll behandelt werden wie Vieh und eingesperrt in einem Konzentrationslager. Kann diese Anteilnahme, diese Barmherzigkeit politisch gemacht werden und wie? – Bei Ihnen habe ich den Eindruck, dass die „heldenhafte Masse“ reine Qualität, sowas wie platonischer Idealtypus ist, den Sie aus der Höhle des Axel-Springer heraus betrachten (reine Theorie). Ich kann mich täuschen, aber ich habe bei Ihnen noch keinen quantitativen Gesichtspunkt der „Masse“ wahrgenommen, weder was die Aggregatszustände (nützlich Canettis Masse und Macht, unformiert bis formiert, unorganisiert bis organisiert, unpolitisch bis politisch, von Meute bis Volk bzw. Partei) noch schiere statistisch erfassbare und bewertbare Größen betrifft. Hier könnte Ihnen eine Relektüre von Gunnar Heinsohns „Söhne und Weltmacht“ auf die Sprünge helfen. Was Lampedusa, die dort gestrandeten und die anderen Träumenden im Wendekreis des Elends betrifft, ich bitte Sie jetzt mal konkret zu werden, wieweit sollen die Pforten Europas aufgemacht werden, wieviele wollen Sie hereinlassen?

    Was die Bedenken des emeritierten deutschen Heiligen Vaters angeht, ich glaube, sein Schwerpunkt war nicht die Kritik an der Einwanderung, sondern die Kritik an einer pathologisch schwachen Fertiliät der europäischen Völker, in den Augen der Kirche vermutlich eine Sünde gegen das eigene Fleisch und Blut, in den Augen Sarrazins Deutschland bzw. Europa schafft sich ab. Sie kennen meinen Standpunkt, den ich schon häufig ins Spiel gebracht habe – der sich an Heinsohns Argumente anlehnt -, nämlich, dass eine selbstbewußte und auch selbstbewußt fertile Bevölkerung eher in der Lage ist, Einwanderung produktiv zu bewältigen und die Einwanderer zu integrieren, als eine abnehmende, sich abschaffende autochthone Bevölkerung. Die Ersetzung einer Population durch x-beliebig andere Populationen halte ich für einen puren Streß. Die Analyse Heinsohns, dass es um Positionen im Verhältnis zur Menge der Kandidaten geht, halte ich mit Blick auf die angeblich ideologischen Bürgerkriege im Nahen Osten für zwingend. Wie sollen dann in Europa, das es nicht schafft, für die immer kleiner werdenden Kohorten von jungen Menschen genügend Positionen zur Verfügung zu stellen (und zwar Positionen, die erlauben würden, das eigene Elternhaus zu verlassen und eine Familie zu gründen), die Positionen für die „heldenhaften Massen“, die ante portas stehen, herbeigezaubert werden? Für eine mehr als gutmenschliche Antwort wäre ich Ihnen dankbar.

    Wie sehen Sie das @ KJN?

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    APo: … ‚Sie sind doch das beste Beispiel dafür, das das nicht stimmt. Die Aristokratie übrigens ?usste DAS immer besser.‘

    … Mist. Jetzt haben S’e mich erwischt.

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    …damit will ich nichts kritisieren, am wenigsten die Verführbarkeit (jeder Mensch ist wohl irgendwie verführbar, wenn auch nicht von allem gleichermaßen und auf dieselbe Weise). Ich finde nur, dass in Ihrer Darstellung dieser wichtige Punkt fehlt, der aber für andere, heute Verführte, EINE Möglichkeit des Umdenkens darstellt: ein Weg aus der Verführung heraus. Dies könnte z.B. die unvoreingenommene Beschäftigung mit Fakten (stalinistische Verbrechen o.ä.) sein, Neugier, oder die Verbrechen der RAF. Zunächst entstand doch bestimmt ein leiserer Zweifel an der Organisation, in der Sie waren, dem Sie dann weiter nachgingen, der zu anderen, bohrenderen Zweifeln führte, aus denen schließlich eine offenere Weltsicht entstand? Und erst am Ende dieses Prozesses gab es dan jenen „tiefen Schrecken“ über sich selbst?

    Das sind natürlich sehr persönliche Spekulationen, vielleicht zu persönliche. Aber Sie haben das Thema ja selbst persönlich gemacht. Und jeder Weg in die totalitäre Verführung und aus der Verführung hinaus ist immer sehr persönlich. Der Weg hinein ist eigentlich klar, aber der Weg hinaus nicht.

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    @Alan Posener: Stimmt. Aber unter tiefem Schrecken kann ich mir schon etwas Konkretes vorstellen. Deshalb würde es mich wie gesagt interessieren, wie es kam, dass aus dem halb überzeugten, halb mitlaufenden Engagement ein tiefer Schrecken entstand. Irgendwie müssen Sie die Bewertung der Sache ja vom Kopf auf die Füße gedreht haben? Ich weiß nicht, wie das vonstatten geht: durch ein Erweckungserlebnis (z.B. wie bei Herrn Broder, dem 9/11 zu einer Art Erweckungserlebnis wurde, wenn ich das richtig erinnere) oder durch ein langsames Dämmern, dass das, was man damals vertrat, doch nicht ganz stimmen kann?

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    Lieber Alan Posener,
    da kommt doch etwas Nostalgie auf. Ich selbst war in meiner Schulzeit einige Zeit im KBW Umfeld (KVZ Schülerzeitungen verteilen usw).Unser Verhältnis zur KPD war ungefähr so wie zwischen dem BVB und Bayern München. Schlimmer waren nur die DKPler und – wer hat uns verraten, die Sozialdemokraten.
    In den KSB bzw. KHG bin ich dann nicht mehr.Das „Sympathisantenumfeld“ habe ich trotz des unermüdliche Einsatzes einiger KBW Jura Tutoren schnell verlassen, weil ich die ganzen Verschwörungstheorien zum HM Tod nicht mehr nachvollziehen konnte.
    Wenn Sie mich fragen, was ich von dieser Zeit behalten habe, dann ist es die Allergie gegen dialektischen Materialismus und alle sog. wissenschaftlichen Gesellschaftsmodelle sowie Kader, die sich selbst für sakrosankt halten und vorzüglich andere zu niederen Arbeiten abkommandieren.
    Auf der anderen Seite haben sich natürlich auch viele persönlich unheimlich für ihre damals verinnerlichten Heilsversprechen engagiert und gelernt, hart zu arbeiten und sich in Diskussionen durchzusetzen. Davon profitiert der Winfried Kretschmann noch heute.

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    „Überdies mussten wir lernen, spontan in Versammlungen oder auf der Straße zu allen möglichen Themen aus dem Stegreif die Linie der Partei zu referieren oder – falls wir sie nicht kannten – abzuleiten.“ Interessant wäre, zu erfahren, wieviele Posener-Reden aus dieser Phase überliefert sind, in denen aus dem Stegreif die antideutschen Imperialisten in Moskau und Washington als Feinde der Weltrevolution entlarvt wurden.

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    By the way, Herr Posener als armer Lohnschreiber muss für seinen Verlag natürlich regelmäßig den Kopf hinhalten und Unterhaltsames liefern. So auch folgende Kolumne, die sich unter anderem auch mit der Ästhetik nackter Männerbeine beschäftigt:

    „Wenn Leute ein bestimmtes Alter erreichen, passiert irgendetwas Schreckliches mit ihrer Kleidung. Man sieht es jetzt besonders deutlich im Sommer, wo oft große Gruppen rüstiger Rentner in der Stadt unterwegs sind, reiselustige Golden Agers, Angehörige der letzten Generation, die sich von der Rente etwas leisten kann. Aber wie sehen sie aus?

    Am schlimmsten sind – natürlich – die Männer. Ich rede nicht von lässlichen Sünden wie Sandalen mit Socken. Ich rede nicht einmal von kurzen Hosen, obwohl nackte Männerbeine grundsätzlich in einem Umfeld von einem Kilometer um kulturelle Einrichtungen und Denkmäler verboten gehören….“

    http://www.welt.de/print/die_w.....t-ein.html

    Herr Posener weiß, wovon er spricht:

    http://www.welt.de/img/nah/cro.....nal-2-.jpg

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    Wenn man hier liest, mit welch strengem Regiment die KPD/AO geführt worden sein soll, könnte einem der Verdacht beschleichen, dass Herr Posener hier vielleicht jemandem auf den Leim gegangen sein könnte.

    Dem interessierten Leser ist ja bekannt, dass die westlichen Geheimdienste ein Interesse daran hatten, die „Restless Youth“ – wie der CIA die Jugendbewegung der 60er Jahre in einer Analyse betitelte – unter Kontrolle zu bekommen. In den Niederlanden – soviel ist bekannt – wurde zu diesem Zweck eine eigene K-Gruppe, die maoistische Marxistisch-Leninistische Partei der Niederlande (MLPN), gegründet, um so zum einen ein Ohr an den linken Studenten und zum anderen auch ein Ohr in den für die westlichen Geheimdienste recht verschlossenen feindlichen Machtbereich zu erhalten.

    http://de.wikipedia.org/wiki/M....._Nederland

    Denn wie man weiß, reisten die damaligen Studenten gern zu ihren Freunden in den Osten. Auch Herr Posener durfte, wenn auch nicht nach Peking, so doch ins schöne Albanien Enver Hodschas reisen:

    http://www.welt.de/reise/nah/a.....ichte.html

    Ich weiß natürlich nicht, ob auch die KPD/AO ein solcher „Red Herring“ der Geheimdienste war, aber wenn ich mir das Personal der KPD/AO anschaue, das teilweise dem rechtskonservativen Milieu (CSU, Burschenschaften…) entspross oder dort endete (NPD), und mir die von Herrn Posener beschriebene Forderung nach Disziplin anschaue, würde es mich nicht wundern, wenn die ganze Sache auch von einem – sicherlich humorvollen – Geheimdienstoffizier erdacht worden wäre.

    Aus Sicht der Geheimdienste wäre die Tatktik des Divide et Impera auch aufgegangen, denn bis weit in die 80er Jahre hinein war die deutsche Linke durch den Streit innerhalb der verschiedenen Gruppen weitgehend paralysiert. Und die meisten der ehemaligen linken Fräuleins und Jünglinge haben ja – wie Herr Posener – mittlerweile den Weg auf die „richtige Seite“ gefunden.

    Ehemalige Mitglieder KPD/AO:

    http://de.wikipedia.org/wiki/K.....O-Mitglied

    Ehemalige Mitglieder KBW:

    http://de.wikipedia.org/wiki/K.....W-Mitglied

    Ehemalige Mitglieder Kommunistischer Bund:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:KB-Mitglied

    Wenn man sich anschaut, wer von denen auch heute noch in diversen Parteien, Medienhäusern und Organisationen ihr Unwesen treibt, könnte ich mir vorstellen, dass in der langen Zeit schon der eine oder andere Verdienstorden den inoffiziellen Mitarbeitern an die stolz geschwellte Brust geheftet worden sein könnte.

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    Also, ich gehe hier der Reihenfolge nach, wobei die Letzten die Ersten sein werden, wie es sich gehört:
    @ Lyoner: Wer sind die Massen, und was ist an ihnen heldenhaft?
    Ja, da Sie es ansprechen, dazu gehören ganz gewiss Menschen, die alles – auch ihr Leben – riskieren, um das gelobte Land Europa zu erreichen. Und wenn Sie mein Buch gegen Benedikt gelesen haben, der die Einwanderung nur negativ – als Selbstaufgabe Europas – gesehen hat, werden Sie sch denken können, dassich den Besuch des Franziskus in Lampedusa mutig und richtig finde.
    @ Roland Ziegler: Da Sie, wie Sie schreiben, nie die Verführungskraft einer totalitären Ideologie empfunden haben, können Sie vermutlich nicht den tiefen Schrecken über die eigene Verführbarkeit nachempfinen, den ich im Rückblick empfinde. Darum geht es, nicht um irgendwelche speziellen Handlungen meinerseits or seitens der Partei.
    @ EJ: Ich werde mich zu meinem Herausgeber und den Irrungen und Wirrungen der Gruppe „Revolutionärer Kampf“ nicht äußern. Nicht aus Angst, sondern, wie Bertolt Brecht schrieb: „Lasst andere von ihrer Schande reden / ich rede / von der meinen.“
    Über die Anziehungskraft der nachstalinistischen DDR auf mich anno 1969 habe ich, wenn ich nicht irre, im zweiten Teil dieser „Apo-Logie“ geschrieben. Anders als Sie habe ich nicht das Gefühl, die Befreiung von einer Illusion lasse mich ohne Traum von einer besseren Geselschaft zurück. Freilich ist es immer leichter, von einer „ganz anderen“ Gesellschaft zu schwadronieren, als jenen demokratischen „Schneckengang“ zu gehen, von dem Günter Grass – auch er ein mit dem Schrecken Davongekommener – in seinem Tagebuch damals berichtete.
    @ Jean-Luc: In Frankreich herrscht bekanntermaßen nicht nur in der Armee, sondern auch in der Familie und in der Schule eine hohe Disiplin. Man merkt es den Kindern und Jugendlichen auch an.
    Wie ich im ersten Teil geschrieben habe, war das in Deutschland vor 1968 auch so (und ist es vielerorts, zum Bespiel in Heimen, immer noch); dagegen richtete sich das antiautoritäre Aufbegehren – zu Recht. Aber wie jede revolutionäre Bewegung ging auch diese zu weit, führte viele – wie mich – in die Drogenszene und die Ziellosigkeit. Die KPD und ähnliche Organisationen waren der Versuch, sich selbst am eigenen Zopf aus diesem Sumpf zu ziehen. Nicht ganz ohne Erfolg, wie ic dankbar vermerkt habe.
    Urlaub habe ich gemacht im Nationalpark Grands Causses, schön ländlich, eine Landschaft, die für den Roquefort-Käse die Schafsmilch liefert; und in der Nähe der Gorges du Verdon in der Provence, ebenfalls ländlich, aber eher eine reiche Wein-Landschaft, außer in den wilden Gorges selbst, wo man Schafsgeier beobachten kann. Auf Wunsch kann ich die Adressen unserer Unterkünfte angeben. Sehr empfehlenswert.
    @ DBH: Links heißt nicht sozialistisch. Links heißt, dass die, die unten sind, nicht noch mehr benachteiligt werden sollen, als sie es ohnehin sind. Dass der Sohn einer Änderungsschneiderin nach Möglichket dieselben Chancen bekommt wie die Tochter eines Bankiers. Zum Beispiel. Und sagen Sie mir bitte nicht, dass dies bereits der Fall wäre, dass wer sich anstrengt, auch aufsteigen kann, dass jeder seines Glückes Schmied sei usw.; so die ewige Leier der Arrivierten. Sie sind doch das beste Beispiel dafür, das das nicht stimmt. Die Aristokratie übrigens usste DAS immer besser.
    @ Gerhard Hanenkamp: Die Situation der Welt und der Gesellschaft ist und bleibt eine ständige Herausforderung für diejenigen, die wir Besserwisser 1968 „Scheißliberale“ genannt haben. Dazu braucht’s nicht unbedingt eine Kreditkrise. Die geht ja vorbei. Die Probleme bleiben.
    @ Peeka: Blues-Sänger mit kurzen Haaren und Anzug: Haben Sie schon mal den Film „Blues Brothers“ gesehen? Ansonsten (was mich betrifft) verweise ich auf die Videos mit der „Berlin Blues Band“ auf YouTube. (Und aktuell auf „Birthday Blues For Jumpin‘ Pete“.)

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    Lieber Alan Posener,

    Sie schreiben: „…habe ich Maos damals auswendig gelernten Spruch nie vergessen: „Die wahren Helden sind die Massen. Wir aber sind oft naiv bis zur Lächerlichkeit.“ Das scheint mir nach wie vor richtig.“ und „Liberal, weil ich zu wissen meine, wie wichtig die Freiheit ist; links, weil eben die wahren Helden die Leute sind, die es nicht leicht haben.“

    Von welchen wahren Helden, welchen heldenhaften Massen schreiben (träumen) Sie hier? Von den Massen der Elementarteilchen, von den Verdammten dieser Erde? Sind das wir Wohlstandsverelendeten in unserer „freien“ Welt oder die Pauperes und Pauperisierten aus der sogenannten Dritten Welt? Haben Sie hier einen Organisationsbegriff oder einen politischen Begriff? – Waren Sie mit dem sympathischen neuen und nichtdeutschen Papst auf Lampedusa? Ist Barmherzigkeit für Sie eine politische Kategorie? Oder hilft hier nur die permanente Revolution des Kapitals, die alle überkommenen Verhältnisse zertrümmert und ihren Wa(h)rencharakter zum Vorschein bringt? Ich möchte gerne von Ihren Haupt- und Nebenwidersprüchen lernen.

  33. avatar

    In kurzen Aufsätzen ist dieses Lebensthema wahrscheinlich nicht behandelbar. Aber irgendwie muss die zunächst positive Lehre in eine „negative Lehre“ umgekippt sein. Woher kommt der „tiefe Abscheu“, der „tiefe Schrecken“? Von einem Bildungserlebnis, von einer Erfahrung in der Kader-Organisation, von einem selbständigen Nachdenken über Freiheit? War es ein schleichender Prozess über mehrere Instanzen? –
    Zwischen der Arbeit als Pädagoge und der politischen Arbeit in der KPD dürfte es auch einen bemerkenswerten, möglicherweise veränderlichen Zusammenhang geben.

  34. avatar

    @ Alan Posener

    Hm … hm. Seltsame Memoiren. Ehrlich gesagt, ich bin enttäuscht, APO. Vor allem für Sie. Aus dem dargestellten Lebensabschnitt lässt sich offenbar keinerlei Funken schlagen. Nachträglich nicht, wie schon damals offenbar nicht. Damals wie heute (in der nachträglichen Betrachtung) eine eher farblose und traurig graue Veranstaltung.

    Ihr Herausgeber, ein Mann bekanntlich ebenfalls mit Konvertitenbiographie, schrieb über eine Gelegenheit, bei der unlängst das Frankfurter Ensemble Modern Heiner Goebbels‘ „Eislermaterial“ zur Aufführung brachte: Und doch hat er [Goebbels] Respekt vor und Zuneigung zu der bewegten Vision der beiden [Eisler und Brecht], die das geistige Deutschland einmal bewegt hat und die so dramatisch gescheitert ist, für alle sichtbar spätestens mit dem schmählichen, aber verdienten Untergang der DDR. Es war einmal ein Traum, und er war schön.

    Darüber, dass es diesen Traum nach Stalin (und sonstigen Schlächterkollegen) und sogar bis evtl. zum „Untergang der DDR“ noch gab und er ihn mindestens für einige Zeit teilte, kann man sich wenigstens (heftig) wundern. Sie hatten aber anscheinend nicht mal einen solchen (ignoranten) „schönen Traum“. Und – alternativ (wenn … wenn(!), wäre das eher mein Ding gewesen) – Grund, irgendwie „böse“ zu sein, hatten Sie anscheinend auch nicht. Traurig, irgendwie.

  35. avatar

    Cher Apo,

    ich wusste bisher nicht, dass man in Deutschland zur KPD gehen muss um Disziplin und Puenktlichkeit zu lernen. Bei uns ist es die army 🙂

    Ich hoffe sie haben sich in

    http://www.youtube.com/watch?v=RApXJFVWzQc

    gut erholt.

    und denken sie nostalgisch auch an:

    http://www.google.de/imgres?im.....38;dur=790

    und pflegen sie auch weiter ihre Vorurteile:

    >Ich pflege meine Vorurteile. Gegen Iren, gegen Franzosen<

    🙂

    Aus Neugierde:

    wo waren sie in Frankreich? Ich haette ihnen sehr gerne etwas Kaese verkauft.

  36. avatar

    … da APo sich weigert – in seinem polit. Testament – zu beschreiben was denn nun ‚links‘ ist und wie ich nachweisen werde ‚links‘ mit Freiheit nix aber auch gar nix zu tun hat, wiederhole ich zuerst noch einmal die Def. meines Hamsters, frei nach Orwell:

    … Sozialismus ist das verteilen von dem was den Sozialisten nicht gehört, einschließlich der Seele. Wobei den Gleicheren unter den Sozialisten dann das Meiste gehört … ein Linker möchte/muss immer am weitesten links sein. Das verlangt seine Ideologie. Selbst gegenüber seinen eigenen Gesinnungsgenossen.

    In den Augen eines Linken ist daher die/der andere, jede/r, automatisch rechts. Somit Feind.

    … Wie in der Historie der Genosse Stalin mit Freude gerade Kommunisten umbrachte, kennzeichnet eben genau dies doch den Umgang, die Mordlust, linker Sozialisten selbst untereinander. Und das, wie in der Historie nachgewiesen genau dann, wenn links, ohne einzuholen, überholt werden soll – bis zum Brudermord.

    … was ich hier zu linken SOZIALISTEN geschrieben habe, gilt natürlich für rechte SOZIALISTEN eben so. Adolf Hitler war, wie man weiß, zunächst linker SOZIALIST.

    Aber zur Gegenwart. Nutzen wir obige Erkenntnis und schauen wie die Linken heute miteinander bla, bla …

    ‚Sowohl KBW als auch KPD/AO waren strikte Gefolgsleute der »chinesischen Linie«, sie verteidigten das Pol-Pot-Regime in Kambodscha und Ugandas Diktator Idi Amin, ihre Führungsleute machten Visiten bei Kim Il-Sung in Nordkorea und hofierten den ZANU-Chef Robert Mugabe, als dieser noch um die Machteroberung in Zimbabwe (dem damaligen Südrhodesien) kämpfte.‘

    Quelle. Da wird mir auch ohne Liebermann richtig schlecht.

    Hier mein Testament, wenn es dann – hoffentlich in weiter Ferne – …

  37. avatar

    Danke für den sehr gut geschriebenen retrospectiven Artikel. Da ich annähernd aus der gleichen Zeit stamme und zu dieser Zeit im damals sehr rührigen Ffm unterwegs und aktiv war heimelt er mich ein wenig an wobei mich der Schluß etwas traurig stimmt. Links-liberal erfordert wohl doch noch eine weitere Entwicklungsstufe – spätestens in der momentanen allgemeinen politisch-kulturellen wie ökonomischen Konstellation.

  38. avatar

    Begegnete einer im anarchistischen Milieu groß gewordenen Frau etwa in Ihrem Alter. Sie wurde von ihren Genossen gegen ihren Willen zum Studium genötigt, eine spätere Professorin. Man könnte sagen, sie wurde mit sanfter Gewalt nachdrücklich erst zum Abi, dann in die Uni geschubst. :)))

    Was ihre Selbstsicherheit und ihre gebändigte Aggressivität angehen, bestehen meines unmaßgeblichen Erachtens gewisse Ähnlichkeiten. Ihre Jugend war von Geborgenheit und Sicherheit außerhalb des Elternhauses unter Anarchisten gekennzeichnet, die ihr zu großen Teilen familiär fehlte. Sie betrachtet auch heute noch jene Prägung als durchwegs positiv, obwohl ihr der Sektencharakter, den Sie, Herr Posener anderweitig so treffend beschrieben, ebenfalls zunehmend bewusst wurde. Sie fand in jener Jugend- und jungen Erwachsenenzeit dort die engsten sozialen Bindungen.

  39. avatar

    ..klar, diese verstörenden Bilder überall von Verhungernden, Totgeschossenen usw. haben eine enorme appellative Kraft. Gegen die bin ich auch nicht immun. Aber sie führt nicht dazu, dass ich denke, solange solches Unrecht noch da ist, esse ich kein Steak mehr. Im Gegenteil, ich versuche, solche Einfluss- und Überhandnahme des Übels möglichst zu verhindern.

  40. avatar

    Ich bin auch kurzzeitig wieder da, leider, aber bald wieder weg, und ich glaube nicht, dass man die Abgründe der totalitären Theorie und Praxis kennen muss, um dagegen gefeit zu sein. Womöglich gilt das für die Anfälligen, aber nicht für jeden. Ich halte mich selber jedenfalls für immun, bereits von Anfang an. Ich habe um jede Gruppe (außerhalb von Musik und Freundeskreisen) einen Bogen gemacht, Menschenansammlungen und Organisationen aller Art gemieden, teils aus Scheu, teils aus Abscheu (vor gruppendynamischen, disziplinierenden und sozial gemütlichen Effekten aller Art). Diese Haltung habe ich irgendwie von meinen Eltern übernommen und weiter ausgebaut. Sie hat große Nachteile (z.B. mangelt es mir sehr an Durchsetzungsvermögen und Disziplin; die von Herrn Posener beschriebene Disziplinierung über eine „Bezugsgruppe“ hat bei mir schlicht nicht stattgefunden), aber eben auch ein paar Vorteile.

    Auch die Welt- oder wenigstens Gesellschaftsverbesserung fand ich nie verlockend. Zumindest nicht, um mich über das Nötigste hinaus zu engagieren. Zumal die Welt wie sie ist insgesamt gesehen schön ist. Und auch die Gesellschaft hierzulande ist verbesserungsfähig, aber nicht übel.

  41. avatar

    Übrigens konnte/wollte die SEW nie etwas mit „uns“ zu tun haben, auch wenn es gelegentlich Kontakte gab.
    apropos: ‚Kritische Solidarität‘- die Theorieabhandlungen kamen wegen ihrer intellektuellen „Grundberührung“ nicht an und wurden nicht diskutiert.

  42. avatar

    Gab es eigentlich einen spezifischen Anlass, die KPD zu verlassen?

    Ich war ja nie Sozialist oder Kommunist, sondern habe mich immer als Anarchisten bezeichnet, was sich bis heute auch nicht geändert hat. Als Mitglied einer autonomen Jugendgruppe war es für mich dann auch ein Schock, als jemandem zum Geburtstag gewünscht wurde, dass er ein guter Sozialist werden würde. Daraufhin war es für mich vorbei. Als dann einige noch forderten, der RAF mit „kritischer Solidarität“ zu begegnen, war es klar, dass das nicht meine Gruppe sein kann.
    Ich vermute, der Unterschied liegt nicht in der Frage, zu welcher Ideologie jemand tendiert, sondern wie er sie vertritt. Sie haben ja selbst einigen Ihrer ehemaligen liberalen Mitstreiter eine „stalinistische Ader“ attestiert.
    Die Frage stellt sich daher, ob man noch unterscheiden kann zwischen Fakten und eigener Meinung. Es ist ja kein Zufall, dass die SEW-Zeitung in Berlin analog ihres sowjetischen Vorbildes „Die Wahrheit“ hieß. Damit ist ausgeschlossen, dass es andere Meinungen gibt, weil schließlich die Wahrheit definiert wird. Diese autoritäre Art, nachdem alle, die eine andere Meinung haben, eben in irgend einer Form entweder als böse oder als naiv angesehen werden, gibt es meiner Beobachtung nach gerade heute verstärkt im konservativen Bereich. Es wundert mich dann auch nicht allzu sehr, dass diese Menschen durch sich als sozialistisch oder kommunistisch bezeichnende Organisationen sozialisiert wurden. Es hat sich sozusagen die Richtung des Denkens, nicht aber die Art und Weise des Denkens und des Argumentierens geändert.

    Eine letzte Frage habe ich noch:
    Ein Blues-Sänger mit kurzen Haaren und im Anzug – kam das gut an?

  43. avatar

    Bin übrigens wieder da. Wie immer, wenn ich aus la douce France wiederkomme, total frankophil. Das gibt sich wieder, klar. Jedefalls gehe ich gern ab sofort auf Kommentare ein, sofern sie nicht so dumm sind wie jene des BH.

  44. avatar

    Nachtrag

    … im Übrigen haben ‚rinks wie lechts‘ mit Freiheit soviel ‚am Hut‘ – wie die Kuh am Seiltanzen oder das Schwein am Stabhochsprung … finden … nix.

  45. avatar

    … oops? … Korrektur …

    APo: …‘Aber ich denke, dass ich der KPD am Ende auch jene Haltung verdanke, an der ich seit 1977 festzuhalten versuche: einem linken Liberalismus. Liberal, weil ich zu wissen meine, wie wichtig die Freiheit ist; links, weil eben die wahren Helden die Leute sind, die es nicht leicht haben….‘

    … ja wo laufen sie denn, wo laufen sie denn? …liberal rinks, liberal lechts … where is the difference? …

    (… bei ’… links … wahre Helden,’ entschlüpfte mir wahrhaftig ein Bäuerchen … )

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    APo: …‘Aber ich denke, dass ich der KPD am Ende auch jene Haltung verdanke, an der ich seit 1977 festzuhalten versuche: einem linken Liberalismus. Liberal, weil ich zu wissen meine, wie wichtig die Freiheit ist; links, weil eben die wahren Helden die Leute sind, die es nicht leicht haben….‘

    … ja wo laufen sie denn, wo laufen sie denn? <a href="APo: …‘Aber ich denke, dass ich der KPD am Ende auch jene Haltung verdanke, an der ich seit 1977 festzuhalten versuche: einem linken Liberalismus. Liberal, weil ich zu wissen meine, wie wichtig die Freiheit ist; links, weil eben die wahren Helden die Leute sind, die es nicht leicht haben….‘

    … ja wo laufen sie denn, wo laufen sie denn? Liberal rinks, liberal lechts … where ist the difference? …
    „>… liberal rinks, liberal lechts … where is the difference? …

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