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Was ich der KPD verdanke (1)

Es bleibt nicht aus,  wenn irgendjemand meint, mir eins auswischen zu müssen, dass er oder sie nach einem kurzen Blick in Wikipedia mir meine maoistische Vergangenheit um die Ohren haut. Das ist auch ganz OK so, und die Tatsache, dass ich selbst nie den Versuch gemacht habe, diese Vergangenheit zu verschweigen oder kleinzureden, dass ich mir selbst vielmehr nach meinem Austritt aus der KPD vor nunmehr 36 Jahren eine über zehnjährige Politik- und Publikationsabstinenz verordnet und als Lehrer gearbeitet habe, entkräftet nicht unbedingt die Argumente derjenigen, die meinen, im Herzen sei ich immer noch Kommunist, oder dass ich mit meinem Hang zu politischen Fehden immer noch, wie es ein Freund, Kollege und intellektueller Sparringpartner neulich im Zorn ausdrückte, ein „maoistischer Platzanweiser“ geblieben bin.

Nun, was die Lust am politischen Streit und die Schärfe der politischen Auseinandersetzung angeht, so kann man die Frage nach Henne und Ei stellen. Fühlte sich eine streitlustige Persönlichkeit besonders von einer streitlustigen Sekte angezogen, oder ist die Streitlust Ergebnis der Sektenerziehung?

Ich neige zur ersten Interpretation. Wobei ich nicht wesensmäßig streitlustig bin, sondern – geboren im Sternzeichen der Waage – eher zum Ausgleich neige. Jedoch bedeutet dieser beinahe zwanghafte Wunsch nach Ausgleich, dass ich mich oft der in meiner Umgebung herrschenden oder von mir als vorherrschend empfundenen Meinung mit einiger Emphase entgegensetze. Man kann mir immerhin zugute halten, dass das mir nicht immer zum persönlichen Vorteil geraten ist, übrigens schon nicht in der KPD, wo ich verschiedentlich als Abweichler gemaßregelt wurde.

Da ich aber der Meinung bin, dass ich oft genug theoretisch – und, wie gesagt, als Lehrer auch praktisch – meine Treue zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung unter Beweis gestellt habe, beginnend übrigens gleich 1977 in Gestalt eines Briefwechsels mit einem mit der Partei sympathisierenden Professor in den „Berliner Heften“, der mir recht unverblümt Verrat vorwarf; da ich also nicht ernsthaft glaube, dass mir irgendjemand aus den folgenden Ausführungen einen haltbaren Strick drehen kann, will ich doch im folgenden anzudeuten versuchen, was ich – bei aller Abscheu gegen den Leninismus – persönlich der KPD verdanke.

Das Abitur machte ich 1969. Als Schüler eines Reform-Internats war ich nicht sehr gut auf die Anforderungen der größeren Welt außerhalb der Schulfarm Insel Scharfenberg vorbereitet. Weder war mir klar, was ich studieren wollte, noch, wo ich politisch stand. Gut, links war klar. Aber es war nicht wirklich klar, was das bedeuten sollte. Auf der Schule hatte ich zwar mit radikalen Ideen gespielt, Kontakt zur Kommune I und zu einer noch radikaleren Gruppe von Feministinnen gehabt, hatte überdies den sommerlichen Ernteeinsatz auf der Insel als leninistischen Subbotnik mit roten Fahnen zelebriert, was auch nicht so gern gesehen wurde, darüber schrieb der Direktor Wolfgang Pewesin sogar einen Aufsatz in einer pädagogischen Fachzeitschrift, aber es war eben alles unernst gewesen.

Mindestens ebenso wichtig waren mir auf der Schule meine Band, der Rock’n’Roll und die Subkultur gewesen. Zwar hielt ich mich von den Drogen fern, die in unseren letzten beiden Schuljahren die Insel überschwemmten und dazu führten, dass zwei Klassenkameraden die schule verließen, um in Frankfurt Dealer zu werden. Aber eher aus Berechnung – ich hatte politisch genügend Schwierigkeiten – denn aus Überzeugung.

Nach dem Abgang von der Schule ließ ich meine Hemmungen fallen. Politisch war ohnehin, so schien es, nichts los; „68“ war in sich zusammengefallen, die „Bewegung“ in zahlreiche Gruppen und Grüppchen diffundiert. Die Schulband hatte sich aufgelöst, und die Beatles hatten sich auch verabschiedet. Ich wusste immer noch nicht, was ich mit mir anfangen sollte, und nach einer Zeit als Regieassistent beim SFB-Fernsehen, die ausreichte, um mir klar zu machen, dass ich das jedenfalls nicht wollte, verfiel ich in eine Zeit des ziellosen Vor-mich-hin-Dämmerns, bei dem der Konsum von LSD, der Droge meiner Wahl, eine immer größere Rolle spielte. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass ich im Herbst 1969 auf dem besten Weg war, Junkie zu werden.

In dieser Situation suchte mich ein früherer Mitschüler auf. Er war Perser, heftiger Gegner des Schah-Regimes, und wir hatten auf der Insel gemeinsam Bahman Nirumands Buch über Persien, Friedrich Engels’ „Ursprung der Familie“ und andere Bücher gelesen und viel miteinander diskutiert. Er war es gewesen, der mich wegen meines damaligen Pazifismus hart angegriffen und das als eine Luxuseinstellung gegeißelt hatte, die man sich halt im bequemen Schoß der imperialistischen Metropole wohl leisten könne, während man blutenden Herzens zusah, wie in Vietnam oder eben im Iran gekämpft und gestorben wurde. Dieser Freund hat mich in meiner etwas heruntergekommenen Wohnung voller Verachtung angesehen. Was ich täte, mit meinem intellektuellen Potenzial, sei Verrat am antiimperialistischen Kampf. Mein schwacher Einwand, es gebe doch gar keine Organisation, in der ich diesen Kampf unterstützen könnte, wischt er beiseite. Er habe gehört, dass sich eine Kommunistische Partei gegründet habe. Ich solle gefälligst clean werden und mich nach ihr umsehen.

Es mag heutigen Lesern kaum glaubhaft erscheinen, aber genau das tat ich. Von den Drogen kam ich „cold turkey“ runter und habe seitdem außer Alkohol nie etwas angerührt, von ein paar nicht ernstgemeinten Zügen an diesem oder jenem Joint – wie Bill Clinton habe ich als Nichtraucher nicht inhaliert – einmal abgesehen. Und dann fragte ich bei denjenigen von meinen ehemaligen Klassenkameraden, die schon studierten, wo denn diese KP zu finden sei.

Ich verdanke der KPD – oder der Nachricht von ihr – zum Einen also, dass ich von den Drogen und dem Gefühl existenzieller Nichtigkeit losgekommen bin. Für andere in einer vergleichbaren Situation mag Gott  oder Buddha die Rettung sein, oder eine neue Liebe. Bei mir war es die Partei.

Nächste Woche geht es weiter.

 

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62 Gedanken zu “Was ich der KPD verdanke (1);”

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    @ Parisien

    Es liegt natürlich nicht fern, wenn Sie andeuten, dass Snowden bei seinen Aktionen von (falschen?) Freunden beraten oder unterstützt worden sein könnte. Wer das war, darüber kann man wildeste Spekulationen anstellen.

    Wie es aussieht, waren es nicht die besten oder nicht die einflussreichsten Freunde, denn wenn ich so etwas veröffentliche, versuche ich vorher nach Ecuador oder Venezuela oder Kuba zu reisen. Wieso fliegt der gerade nach Hong Kong? Und dann nach Russland?

    Eine andere Farce ist das Argument vieler Staaten, wenn man nicht im Land sein, könne man auch kein Asyl beantragen. Das mag vielleicht rechtlich so geregelt sein, aber letztlich ist es eine Aushöhlung des Asylrechts und wird zumindest in Deutschland seiner historischen Aufgabe nicht gerecht.

    Eine andere Sache ist das öffentlich Drohverhalten der US-Regierung gegenüber anderen Staaten. Bei den Gefangenenflügen etc. bei denen die CIA und wohl auch die US-Armee in unzähligen Fällen die Lufthoheit anderer Staaten verletzt haben dürfte, indem sie unter massiven Verletzungen auch deutschen Rechts Menschen ohne rechtliche Grundlage verschleppt und gefoltert haben, haben die westlichen Freunde alle schön gekuscht und die USA gewähren lassen. Heute zwingen die willfährigen Österreicher die Präsidentenmaschine von Evo Morales zum Zwischenstopp in Wien.

    Da sollte mal Bolivien Versuchen, die Airforce One zu einer Zwischenlandung zu zwingen, dann wüchse in Bolivien bald kein Gras mehr.

    Zum Schluss noch ein Wort zur Ungültigerklärung von Snowdens Pass. Eine ähnliche Methode haben auch die Nazis 1933 und später genutzt und die von der CIA unterstützte griechische Militärchunta in Griechenland. Eine wirklich angenehme Gesellschaft, in der sich Herr Obama da befindet.

    Selbst im Mittelalter kannte man so etwas wie freies Geleit.

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    Lieber Alan Posener, bitte dies nicht auf Ihre website setzen. Wie Sie wissen, beschäftigen mich menschliche Schicksale manchmal sehr, dieses von Anfang an. Ich mache mir verschiedene Gedanken um den jungen Mann. Eine Möglichkeit ist, dass er unter dem Einfluss von wikileaks stand (siehe Ansgar Graw und die Schreibweise) und sich plötzlich als heroisch empfand. Da er Material haben mag, das einen Weltkrieg auslösen mag, schlage ich vor, mit Fachleuten zu diskutieren, ob man eine kurzfristige Psychopharmakagabe bedenkt, damit er wieder auf Vernunft reduziert wird. Sie werden Kontakte haben, bei denen Sie diesen Vorschlag einfließen lassen können. Im Gegensatz zu den meisten Menschen erscheinen mir Heroen größeren Umfangs oft suspekt, weil sie sich zu viel vornehmen und die Folgen nicht bedenken. Letzten Endes kam ich auf diesen Gedanken, weil er tatsächlich, selbst wenn man sein Anliegen sympathisch findet, von Anfang an wusste und instruiert wurde, wie er sich bei Booz Allen zu verhalten habe. Auch Anders Breivik war ja auf andere Art fehlgeleitet.
    Falls er allein gehandelt hat, empfiehlt sich letztlich erstmal dasselbe. Evtl. würden die USA ihm eine pflegliche Behandlung zusichern, falls er zu dem Schluss käme, lieber zurückkehren zu wollen.
    Rechtlich hat Frau Merkel Recht. Mit Gesetzgebung für das Internet befinden wir uns im Bereich Neuland.
    Warum schreibe ich Ihnen das? Vielleicht, weil man zunächst sehr emotional reagiert, wenn man Dinge erfährt, die einen aus der Facon bringen. Ich aber finde nach einer Weile zu einem rationalen Zugang zurück. Letztlich sagt mir die Vernunft, dass die ganze Sache brenzlig bis hochgefährlich ist, sich aber eine Gruppe von Verantwortungsträgern um das Schicksal des sehr jungen und in den Bevölkerungen verschiedener Länder beliebten jungen Mannes kümmern muss. Meine Vernunft sagt mir auch, dass ein Kompromiss gefunden werden muss. Ich hoffe, dass Sie in Ihren Redaktionen darüber diskutieren. Fassen Sie dies bitte nur als Anregung auf und drucken Sie es lieber nicht. Ich habe reichlich Leserkommentare im guardian, im Spiegel und in der Welt gelesen. Der Mann ist sehr beliebt, und man sollte das nicht unterschätzen.
    Es ist doch interessant, wie man solche Entwicklungen als eine Art Frühling empfindet. Aber der arabische Frühling ist in einen Winter umgeschlagen.
    Vielleicht ist es ja nützlich, wenn ich mich hier bei Ihnen und vielleicht damit in Ihrer Redaktion gleichzeitig für den jungen Mann und für die Vereinigten Staaten einsetze mit der Hoffnung, dass diese ihn nicht zu hart anfassen, sondern ihre checks and balances auch ethisch vorhanden sind. Letztlich sind solche Menschen für Dienste eine Art Kollateralschaden. Und da ich früher John Le Carré gelesen habe, weiß ich, dass es sie in irgendeiner Form schon immer gab.
    Da mir die ganze Sache inzwischen mehr als kompliziert erscheint, werde ich mich dazu nicht mehr äußern und überlasse Sie damit auch den Themen, die Ihnen außerdem am Herzen liegen. Bitte um Entschuldigung für die Dauer-OT in den letzten Tagen. MfG, Parisien

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    An Ansgar Graw, Welt.

    Der Brief enthält mehrere englische Worte, die anders als in Amerika üblich geschrieben sind, darunter „programme“ (statt „program“) und „analysing“ sowie „realising“ (im Amerikanischen werden diese Wörter mit „z“ statt „s“ geschrieben). Das hat die Frage aufgeworfen, ob das Schreiben von Snowden selbst formuliert wurde.
    http://www.welt.de/politik/aus.....niert.html

    Vorschlag: An Sarah Harrison diktiert.
    Asylvorschlag: Vatikanstaat, falls einzeln und Idealist. Hätte aber die gleichen Folgen wie in Russland. Daher 😉

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    Bei Hofe II:
    einmal Hauptschulproll -> immer Proll/Harz4, einmal Angestellter -> immer Angestellter, einmal Selbständiger -> nie mehr Angestellter (eher Harz4), einmal Öffentlicher Dienst -> immer Öffentlicher Dienst (was sonst?), einmal Jud‘, immer Jud‘ (so oder so) , einmal Musel, immer Musel, einmal Politiker…. Der Feudalismus und die Ständegesellschaft sind noch lange nicht vorbei!
    Und jetzt die USA (das Gegenmodell) als letzter (Cyber-) Imperialist entlarvt. Wat nu??

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    Man muss sich Folgendes inzwischen bei jeder Regierung durch den Kopf gehen lassen, auch in Deutschland (Desinformation, Ablenkung, Tralala, Brot und Spiele):

    „In the end, the Obama administration is not afraid of whistleblowers like me, Bradley Manning or Thomas Drake,“ he said. „We are stateless, imprisoned or powerless. No, the Obama administration is afraid of you.

    „It is afraid of an informed, angry public demanding the constitutional government it was promised – and it should be. I am unbowed in my convictions and impressed at the efforts taken by so many.“ Edward.S.

    Was man sich heimlich wünschen sollte, ist, dass Regierungen den Spaß daran verlieren, willenlose Untertanen zu haben, da langweilig. In Deutschland sehe ich das aber nicht. Ich sehe nur, dass Politiker jeglicher Couleur davon besessen zu sein scheinen, Buchhalter zu spielen, also Kassenbeträge (Brot) hin und her zu schieben und mehr nicht. Die Medien sind dabei in Teilen dazu übergegangen, die Unterhaltung (Spiele) zu liefern.

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    Bei Hofe:
    Als ich noch jung war, warnte uns unser Chef immer vor Duzen und allzuviel Nähe, um die Aufgabe, die man hatte, in unserem Fall Menschenleben, Gesundheit, nicht aus dem Auge zu verlieren. Seit geraumer Zeit stört mich das Küsschen-Küsschen unter Spitzenpolitikern, hier eine Umarmung, dort ein Anfassen. Mit Bush, mit Sarkozy, mit Obama, cher Francois. Das erinnert an Genossen und macht dem Bürger klar, dass er in der unteren Liga spielt. Die Reaktionen auf den Datenklau am Bürger waren entsprechend bedeutend moderater bis gar nicht präsent, während die Verwanzung von Institutionen endlich Empörung auslöste. Wann immer ich das Geklüngel mit Accolade und Händchenhalten in den Medien sehe, werde ich mir dieser Deklassierung des Bürgers bewusst. Das Ganze hat etwas von einer Farce und erinnert an Höfe mit Hofschranzen. Edward Snowden ist ihr Rigoletto. Jener musste dafür büßen, dass er sich über jemand Hochstehenden am Hofe hermachte.
    Ich kann mich gut entsinnen, wie Beck/SPD vor einigen Jahren einen Hartz IV-Empfänger, arbeitslos, konfrontierte. Damals waren wir Bürger noch existent.
    Beispielbild:
    http://www.spiegel.de/kultur/g.....08820.html
    „I’ve got you under my skin“, sozusagen. Was sonst so passiert ist, ist „inakzeptabel“. Madame M. scheint nur zwei Worte zu kennen: Inakzeptabel und alternativlos. Vielleicht leben wir tatsächlich in Neu-sprech-land. Diese Klasse sollte vor allem darüber nachdenken, ob sie ihre Abschottung vor dem Bürger, der ganz offensichtlich unter Generalverdacht steht, so weiter vorleben möchte. Die Bürger ziehen sich inzwischen auf der Straße zusammen und haben reichlich Sympathien, ob in der Türkei, in Brasilien, in Ägypten oder iduLa. Dort warten die Instrumente der Abschottungsliga: Wasserwerfer, Tränengas, Gummikugeln.

  7. avatar

    @KJN

    „In einem stimme ich Ihnen aber vermutlich zu: Wo ist eigentlich der volkswirtschaftliche Gewinn der Automatisierung und Rationalisierung der letzten 50 Jahre geblieben??“

    Dass frage ich mich auch immer wieder!!

    Und: Was dem einen sein starbuck ist dem anderen sein subway:-)

    http://www.spiegel.de/wirtscha…..06199.html

    Und:

    “Ich kritisiere nicht die politische Wahlfreiheit, sondern die Perversion dieses Konzepts durch den Kapitalismus. Die Illusion, ich hätte die Macht über mein Leben.”

  8. avatar

    @ KJN

    Der volkswirtschaftliche Gewinn liegt darin, dass die meisten Leute heute ein Handy haben, dass wahrscheinlich die Rechenleistung hat, die mit der eines Rechenzentrums einer Universität in den 60er Jahren mithalten kann.

    Dass Sie in Ihrem Auto mehr Computerleistung haben, als wahrscheinlich n der Apollo Mondfähre war.

    Weitgehend wird der technische und wirtschaftliche Fortschritt dadurch verpulvert, dass Geräte so gebaut werden, dass sie nach der Garantiezeit kaputt gehen.

    Das ist alles absolut krank.

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    @Stevanovic
    „psychischen Erkrankungen der Arbeitnehmer… Arbeitsbelastung… Burn Out… Desorientierung“
    Ja, früher waren die Arbeitszeiten länger, auch die Arbeitsbelastung war oft hoch. Auch war die Gesellschaft sicher nicht immer freier, gerade auf dem Dorf nicht. Es geht aber heute eins verloren und das nenne ich <i<Handlungswirksamkeit. (= Ich habe etwas bewirkt, verändert, gestaltet – und funktioniere nicht nur nach detaillierter Vorgabe..). Ich könnte da ewig drüber referieren – und erspare es Ihnen und den anderen hier. Einige Stichworte aus meiner Sicht dazu: Wissenschaft als Ersatzreligion, ständiges (kapitalistisches, sic!) Infragestellen von Beziehungen, Entfremdung von der zu spezialisierten Arbeit, Abbau von Produktion, Abstruse Angebotsorientierung (bei Starbucks 8 Sorten Kaffee..) u.v.a.
    @Parisien
    „Totalitarismus breitet sich aus über die Mechanismen Angst, Einschüchterung und Wegducken.“ Deswegen meine Frage: Was ist es, was uns hindert, aufzustehen – Sachzwänge? Aufstehen muss man wohl selber – und richtig: „Die“ brauchen uns, nicht wir „sie“. Noch aber funktioniert das System der – Ihre Worte – wirtschaftlichen Einschüchterung noch auf allen Ebenen. Was Snowden betrifft: Ja, EU sollte ihm Asyl gewähren und China und Russland damit die Häme stehlen. Es muss neu verhandelt werden zwischen den USA und EU.
    @68er
    Etwas Gegenrede von meiner Seite – nicht automatisch weil Ihre Positionen ja doch „irgendwie“ links sind – sondern, weil sie im Kern ja richtig, aber eben angreifbar sind. Sie können eben eine Marktwirtschaft nicht staatlich organisieren (30 Std. Woche, etc.), was Sie aber können ist dafür zu sorgen, daß erstens Arbeit ordentlich bezahlt wird und zweitens (m.E. fast wichtiger) die Fixkosten (Energie, Versicherungen, Krankenkassen, Miete wg. energetischer Sanierung usw.) nicht ist Uferlose steigen. Gerade das kann Ihnen sehr leicht den finanziellen Hals brechen – und dann war’s das mit der Freiheit. Da ist eine Emails lesende NSA eine Klacks gegen.
    In einem stimme ich Ihnen aber vermutlich zu: Wo ist eigentlich der volkswirtschaftliche Gewinn der Automatisierung und Rationalisierung der letzten 50 Jahre geblieben??

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    @ Lyoner

    Es ist mir aufgefallen, dass wir im Moment gewisse Ähnlichkeiten aufweisen.
    Wenn Sie Israel kritisierten, wann immer, haben Sie weit von sich gewiesen, Antisemit zu sein, da Sie es erstens gut meinten und zweitens nicht allein damit seien, wobei Sie auf Größen wie David Grossman zurückgriffen.
    Wenn jetzt ich – wobei ich nicht so wichtig bin – oder bekannte Größen die USA zum gegenwärtigen Zeitpunkt kritisieren, werden sie sofort von gewisser Seite in die Schublade Antiamerikanismus geschoben. Aber viele Amerikaner, die auf Draht sind, also noch nicht mit fast food vor dem TV zur couch potato verkommen sind, kritisieren diese Entwicklung genauso, Ron Paul vorneweg. Wir – ob ich klein oder andere groß – empfinden diesen jetzigen Zustand als unamerikanisch und als antikonstitutionell. Den Ausdruck „Antiamerikanismus“ selbst finde ich komplett verschroben, denn Kritik an Zuständen der USA bedeutet noch lange nicht, dass man Kanada kritisiert. Und das erste Amerika, das eigentliche (Amerigo Vespucci landete in Lateinamerika), ist bei derartiger Kritik gar nicht gemeint.
    Am besten nennt man es das, was es ist: Big Brother bashing. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass mehr Big Brother drin ist, als Posener sah. Es sieht ausgesprochen „huxwellian“ aus, ein Mischding.

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    @ KJN und Stevanovic

    Ihre Diskussion passt, finde ich, eher unter den Orwell-Artikel von Herrn Posener. Ich habe in den 80er-Jahren in der Schule noch logisch im Politikunterricht darüber diskutiert, wie man in Zeiten der fortschreitenden Rationalisierung die immer weniger werdende Arbeit gerecht verteilen kann. Damals wurde über die 30-Stundenwoche diskutiert, Arbeitszeitkonten etc. pp.

    Heute werden die Menschen, die eine Arbeit haben, in einer 42 bis 70 Stundenwoche so unter Druck gesetzt, dass sie nicht mehr in der Lage sind, sich um gesellschaftliche Probleme adäquat zu kümmern. Den Kindern wird schon in der Schule in orwellscher Manier eingehämmert, nur wer seine Ellbogen einsetzt, überlebt. Trotz mangelnden Nachwuchses werden Studienplatzangebote künstlich reduziert, fallen in Bayern in einer Schule 100 Prozent des Jahrgangs durch etc. pp.

    Der Rest der Gesellschaft wird mit dem Kohlschen Privatfernsehen dumm gehalten.

    Das hat alles Methode. Und wenn man mal eine Bank oder einen Automobilhersteller gegen die Wand gefahren hat, bekommen die Vorstände noch eine fette Abfindung und machen sich über den Staat und seine Bürger, die letztlich die Zeche zahlen dürfen lustig.

    Die dieses System der Berliner Republik ist absolute Sch…

    Den Propagandisten von der NSM gehört kräftig der virtuelle A… versohlt.

    Wir müssen unseren Kindern wieder die Werte Solidarität, Freiheit und Gerechtigkeit beibringen, sonst wischt uns, irgendwann, wenn wir es ohne europäischen Krieg ins Altersheim schaffen sollten, niemand mehr den Hintern ab. Altersheime sind nämlich alles andere als ein positiver Beitrag zum Bruttosozialprodukt.

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    @ MB
    „Die Funktionsweise der Finanzsphäre hat sich vom Geist des Unternehmertums und von den Prinzipien des Liberalismus immer mehr entfremdet.“
    Muss man so betrachten. Daher schlagen kritische Amerikaner (leider sind das zu wenige) vor, die dritte Partei zu wählen, d.h.eigentlich die zweite, denn sie betrachten inzwischen das, was sie haben, als Einparteiensystem. Bei den Republikanern haben dieselben Ron Paul unterstützt, nicht Mitt Romney. Vielleicht sind es doch nicht so wenige. Was macht eigentlich Jean-Luc?

    @ KJN
    „Wenn ich sehe, daß Jugendliche mühsam erkämpfte westliche Freiheitswerte z.B. bei der Konversion zum Islam bereit sind bereitwillig aufzugeben, scheint es wohl ein Problem zu geben.“

    Wenn Jugendliche das tun, sehen sie die Freiheitswerte nicht mehr, sondern nur noch die Orientierungslosigkeit. Wenn immer mehr Jugendliche konvertieren, und wenn ein junger Mann aus dem System ausbricht, um ausgerechnet in ehemalig kommunistische Staaten mit Unterdrückungspotential zu flüchten, d.h., wenn er europäischen Staaten (als Zuflucht) nicht mehr traut, ist etwas überhaupt nicht in Ordnung. Und es wird auch nicht wieder in Ordnung kommen, wenn immer nur „shoot the messenger“ gemacht und dabei Angst eingeflößt wird. Da das System nicht frei, sondern angsteinflößend erscheinen kann und wenig Feinde hat (siehe den Wankelmut eines Correa), da wirtschaftliche Einschüchterung reibungslos funktioniert, machen sich Menschen davon los. Sie konvertieren zu Gruppen/Ländern, die auch nicht frei sind, aber allein der Akt der Loslösung gibt ihnen vermutlich das Gefühl, etwas getan zu haben.
    Lösungsvorschlag?: Lobbyinteressen die Stirn bieten, Politiker, die sich vom Lobbyismus loslösen. Vorübergehend mehr Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen. Die Firmen brauchen uns mehr als wir sie. Wir können nur stolz verhungern, sie aber verarmen, wovor sie sich fürchten. Nichts macht so ängstlich wie die Mentalität, immer mehr Besitz anzuhäufen.
    Zeichen setzen: Asylangebot der EU an Snowden?
    Totalitarismus breitet sich aus über die Mechanismen Angst, Einschüchterung und Wegducken. Und keiner fühlt sich mehr wohl, selbst die Eliten nicht. Die Franzosen wollen die Freiheitsstatue zurückhaben.
    Mount Rushmore: Sie würden diese Entwicklung nicht gutheißen, alle vier: Lincoln, Jefferson, Washington und Teddy Roosevelt.

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    @KJN

    Das dumme ist, dass mir außer Bestandsanalysen Momentan nichts einfällt. Was Orientierung angeht, so muss man nicht bei Jugendlichen bleiben. Wenn sie sich die psychischen Erkrankungen der Arbeitnehmer anschauen, dann bekommt man eine Ahnung, dass hier einiges aus den Fugen gerät. Es ist nicht die Arbeitsbelastung, die war früher noch höher. Burn Out würde ich eher als Desorientierung, als Sinnkrise, beschreiben.

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    @Stevanovic
    „Wer sind wir eigentlich.“
    Ich glaube, daß es zunächst nicht um so etwas, wie eine „Wir-Identität“ oder Gruppen-Identität geht, sondern erstmal um Orientierung, wo unser gesellschaftlicher Konsens in der Zukunft liegen könnte. Mir speziell geht es vor allem darum, diese Suche möglichst selbstbestimmt durchführen zu können. Z.B. auf der Basis der Aufklärung (- aber ohne die zeitgeistige Wissenschaftsgläubigkeit). Wenn ich sehe, daß Jugendliche mühsam erkämpfte westliche Freiheitswerte z.B. bei der Konversion zum Islam bereit sind bereitwillig aufzugeben, scheint es wohl ein Problem zu geben. Die gleiche Orientierungslosigkeit – nur im anderen Extrem – herrscht in der konsumistischen und markenhörigen Fraktion. M.E. hat man in den letzten Jahrzehnten mit völlig überzogener Religionskritik (und missverstandener Aufklärung) sämtliche bis in die 70er noch allgemeingültigen Grundwerte zusammen mit Ehe und Familie mit Stumpf und Stiel ausgerottet. An die Stelle tritt weitgehend Orientierungslosigkeit, Verwahrlosung und als neuer ordnender Faktor political correctness. Darüber, ob wir das überhaupt so wollen, wird nicht mehr geredet und ich halte das nicht gerade für ungefährlich.
    Und ich weiß, daß sich der eine oder andere Altkommunist nach seinen alten Gegnern zurücksehnt.

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    o.t.Lieber Parisien,

    ich habe diese Fundsache bei den Züricher Gnomen aufgespießt:

    http://www.nzz.ch/meinung/deba.....1.18108480

    „Der Bankensektor scheint immer weniger in der Lage zu sein, seine Funktion als Motor der Realwirtschaft wahrzunehmen. In Deutschland und Frankreich verwenden Finanzinstitute nur noch einen kleinen Teil ihrer Bilanzsumme für Kredite an Nicht-Finanz-Unternehmen und Haushalte: 28 bzw. 22 Prozent (18 bzw. 12 Prozent für Unternehmen und jeweils 10 Prozent für Haushalte). In Grossbritannien ist der Anteil mit 19 (bzw. 5 und 14) Prozent noch kleiner (vgl. hierzu E. Liikanen et al., High-level Expert Group on reforming the structure of the EU banking sector, 2012). Der Bankensektor ist von «Too big to fail»-Instituten dominiert. Ihre Bilanzsumme beträgt in gewissen Fällen über 100 Prozent des BIP des Landes, in dem sie ihren Sitz haben, was unverhältnismässig ist. Die Bilanzsummen der UBS und der CS betrugen im Jahr 2011 223 bzw. 165 Prozent des Schweizer BIP. Zudem belief sich die Bilanzsumme aller britischen und französischen Banken auf 380 bzw. 298 Prozent des jeweiligen BIP.“

    „In seiner Schrift «Liberalismus» von 1927 schrieb Ludwig von Mises, der Liberalismus habe «nichts anderes im Auge als die Förderung der äusseren, der materiellen Wohlfahrt der Menschen». Immer habe der Liberalismus dabei «das Wohl des Ganzen, nie das irgendwelcher Sondergruppen im Auge gehabt». Um zu überprüfen, ob unsere Gesellschaft dieses Merkmal des Liberalismus verkörpert, ist die Einkommensverteilung relevant.“

    „Im Zentrum der liberalen Argumentation steht der Markt, der durch den Preisbildungsmechanismus die Wirtschaft effizient organisieren soll. Nun ist dieser Mechanismus auf den Finanzmärkten aber defekt. Im Kontext der heutigen Kasino-Wirtschaft, in der mächtige Akteure die Preise beeinflussen und manipulieren können und regelmässig in Betrugsversuche involviert sind, scheint es kaum möglich, dass Marktpreise wirklich den fundamentalen Wert von Wertpapieren repräsentieren. Die Funktionsweise der Finanzsphäre hat sich vom Geist des Unternehmertums und von den Prinzipien des Liberalismus immer mehr entfremdet. In der heutigen Wirtschaft scheint die unsichtbare Hand von Adam Smith zunehmend unwirksam, weil bei Grossbanken und Hedge-Funds die Verfolgung individueller Interessen immer mehr dem Gemeinwohl schadet.“

  16. avatar

    @KJN

    „….sonst werden unsere Lebensvorstellungen erst mal von der corporate identity unserer geliebten Großoligarchen definiert – danach kommen dann die Musels.“

    Also geht es auch bei Ihnen um Indentität. Wer sind wir eigentlich.

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    @Lyoner

    „Ich bin sehr interessiert daran, von Ihnen zu erfahren, welche Formen des “WIR” Sie bewahren wollen und welche Sie entwickeln wollen – Formationen, die diesem Mahlstrom der Geschichte standhalten, widerstehen und entgegenarbeiten können. Wir dürfen nicht vergessen, wie leicht antiquierte Wir-Formen aufgelöst wurden und dass artifizielle, voluntaristische Wir-Formen wie die Diktatur des Proletariats sich diskreditiert haben. “

    Bin mir nicht mal sicher, ob es am WIR liegt, oder ob nur mein ICH wirr ist. Ich habe auf keine dieser Fragen eine einleuchtende Antwort.

  18. avatar

    Stevanovic „liberaler Individualismus eben nicht die Antwort auf alle Lebenslagen… warum so viele Leerstellen mit Konsum gefüllt werden, Kinder eine Option neben dem Urlaub sind.. usw.“
    und
    Lyoner „Ich bin sehr interessiert daran, von Ihnen zu erfahren, welche Formen des “WIR” Sie bewahren wollen und welche Sie [Stefanovic] entwickeln wollen..“
    sowie
    E.J. „westlicher Liberalismus hat gewonnen, heißt auch: Befreit zu/ verurteilt zu Killefit und Trallala!“
    Ja, genau das alles würde mich interessieren, bevor man das ungezogene kapitalistische Kind mit dem Bade ausschüttet. Was lässt uns eigentlich so viele neue („Sach-„)Zwänge akzeptieren – wo wir doch früher alle so rebellisch waren? Fehlt der Gegner (Kirche, Moral)? Oder fehlt überhaupt die Orientierung? Ich denke, diese Fragen sollten wir schleunigst beantworten, sonst werden unsere Lebensvorstellungen erst mal von der corporate identity unserer geliebten Großoligarchen definiert – danach kommen dann die Musels.

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    @ Lyoner

    Ersetzen Sie mal den Ausdruck „Bourgeoisie“ mit z.B. Globalisierung und überlegen, ob es dann auf heute passt.
    Poseners Argument ist, klein-klein kämen wir nicht weiter. Meine Gegenargumente wären, dass die SU (und vielleicht auch Jugoslawien) zerfallen ist, weil sie zu groß war, und dass Detroit verarmt (Welt, Tina Kaiser), weil die USA zu groß sind und vielleicht besser dran wären, wenn es vier Länder wären, vielleicht mit Länderfinanzausgleich, wenn nötig. Wie hier möglicherweise zu viel Geld nach Brüssel fließt, fließt dort zu viel nach Washington und in die falschen Kanäle, wie diesen immens teuren Überwachungsmoloch.
    In Syrien setzt man gedanklich inzwischen auf Teilungen. Die Idee von alles eins und „alle Menschen werden dabei Brüder“ funktioniert m.E. nicht.
    Die Verbindung zu Houellebecq ergibt sich logisch: Ich nannte 68 Übertreibung der Befreiung mit Bindungslosigkeit. Die Internationalisierung hat dieselbe Bindungsarmut zur Folge. Par.

  20. avatar

    @ derblondehans

    „… und … für einen ‘halluzigenen Zustand’, wenn ‘s darum geht, ist Liebe unübertroffen. Oder? (Dann sind Sie auch wieder bei Jesus.“

    Das ist gut gebrüllt, alter Seebär, alle Achtung!

    Im übrigen meinte ich „halluzinogen“. Aber das haben Sie eh verstanden.

  21. avatar

    Lyoner: ‚Klar ist mir, dass man sich als Seemann weder betäuben noch besaufen konnte, sonst wäre man von Bord gespült worden. Aber im Hafen, in Shanghai, in Rio, Hawaii, da durfte es doch mal ein Fäßchen Rum sein und bei Mutti im Heimathafen ein Gläschen Grog oder ein Rostocker Klarer?

    Wissen Sie, dass wahrscheinlich alle Religionen sich Drogenerfahrungen verdanken, dass Moses am Berg Sinai schnüffelte und Jesus in der Wüste sich in einen halluzigenen Zustand versetzte?‘

    … Rostocker trinken Kümmel.

    Ich habe nicht geschrieben, dass ich abstinent lebe. Ich mach mir halt nix aus Alkohol. Dementsprechend ist mein Konsum. Gegenwärtig, seit Jahren, gegen Null. Drogen wie Haschisch, LSD, oder härtere, gepresste Krümelkacke habe ich nicht einmal probiert. Habe aber bei anderen die Auswirkungen hautnah erlebt/gesehen. Daher.

    Gegen diese Art der Selbsttäuschung bin ich immun.

    … und … für einen ‚halluzigenen Zustand‘, wenn ’s darum geht, ist Liebe unübertroffen. Oder? (Dann sind Sie auch wieder bei Jesus. ;-))

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    Parisien: Und das passt dazu und hat sich herumgesprochen:
    Die Souveränität der europäischen Nationalstaaten sei ohnehin nur ein Relikt der Vergangenheit. Und er (Schäuble) sprach etwas aus, woran Deutsche selten erinnert werden: „Und wir in Deutschland sind seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen!“

    Die „Bundesrepublik Deutschland“ ist kein Rechtsstaat. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit Urteil vom 08. 06. 2006 (Aktenzeichen: EGMR 75529/01) festgestellt: „In dem Individual-Beschwerdeverfahren »Sürmeli gegen Deutschland« hat die Große Kammer des EGMR festgestellt, daß die gegenwärtig nach dem deutschen Verfahr-ensrecht vorhandenen Möglichkeiten … keinen hinreichenden Rechtsbehelf … darstellen.“

    Die „Bundesrepublik Deutschland“ ist noch nicht einmal ein Staat: Bei der Organisation der Vereinten Nationen (United Nations Organization / UNO) wird die „Bundesrepublik Deutsch-land“ als „Non-Governmental-Organization“ („Nicht-Regierungs-Organisation“) geführt: Auf der Seite http://un.org/desa/ („NGO Branch – United Nations Department of Economic and Social Affairs“ / „Nicht-Regierungs-Organisations-Sparte – Vereinte Nationen, Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten“) stand bis vor kurzem unter „Germany“ folgender Eintrag: „Organization Name: Germany; Headquarters Address – Address: Not Available [nicht verfügbar!]; Country: Not Available [nicht verfügbar!]; Organization Type: Non-Governmental Organization; Languages: English“

    Allerdings ist dieser Eintrag ohne Kommentar gelöscht / von der Seite genommen worden…!

    „Wir haben gar keine Bundesregierung. Wir haben… Frau Merkel ist Geschäftsführerin einer neuen Nicht-Regierungs-Organisation in Deutschland!“ (Sigmar Gabriel, Vorsitzender der SPD, am 27. 02. 2010 auf dem Sonderparteitag der SPD in Dortmund)

    Quelle

  23. avatar

    @ Parisien

    ach so, Nachtrag, auf Schäuble und seine Aussagen zur deutschen (Nicht-)Souveränität hat hier derblondehans schon mehrfach hnigewiesen.

  24. avatar

    @ stevanovic

    Ich bitte Sie, für einen Moment Ihren Kulturpessimismus zur Seite zu schieben. Da Sie bei starke Meinungen noch ein Jungbär sind, der allerdings bereits gute Zähne gezeigt hat (diese Metapher, weil ich gerade von dieser Doku begeistert war http://www.spiegel.tv/filme/bb.....kamchatka/; ich schaue lieber Tierfilme als Pornos an) können Sie die Leib- und Magenstelle Alan Posener aus dem Kommunistischen Manifest noch nicht kennen; der hat sie immer wieder zum Besten gegeben:

    „Die Bourgeoisie hat in der Geschichte eine höchst revolutionäre Rolle gespielt. Die Bourgeoisie, wo sie zur Herrschaft gekommen, hat alle feudalen, patriarchalischen, idyllischen Verhältnisse zerstört. Sie hat die buntscheckigen Feudalbande, die den Menschen an seinen natürlichen Vorgesetzten knüpften, unbarmherzig zerrissen und kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übriggelasssen als das nackte Interesse, als die gefühllose ‚bare Zahlung’. Sie hat die heiligen Schauer der frommen Schwärmerei, der ritterlichen Begeisterung, der spießbürgerlichen Wehmut in dem eiskalten Wasser egoistischer Berechnung ertränkt. Sie hat die persönliche Würde in den Tauschwert aufgelöst und an die Stelle der zahllosen verbrieften und wohlerworbenen Freiheiten die eine gewissenlose Handelsfreiheit gesetzt. Sie hat, mit einem Wort, an die Stelle der mit religiösen und politischen Illusionen verhüllten Ausbeutung die offene, unverschämte, direkte, dürre Ausbeutung gesetzt.
    Die Bourgeoisie hat alle bisher ehrwürdigen und mit frommer Scheu betrachteten Thätigkeiten ihres Heiligenscheins entkleidet. Sie hat den Arzt, den Juristen, den Pfaffen, den Poeten, den Mann der Wissenschaft in ihre bezahlten Lohnarbeiter verwandelt.
    Die Bourgeoisie hat dem Familienverhältniß seinen rührend-sentimentalen Schleier abgerissen und es auf ein reines Geldverhältniß zurückgeführt.“

    Ich bin sehr interessiert daran, von Ihnen zu erfahren, welche Formen des „WIR“ Sie bewahren wollen und welche Sie entwickeln wollen – Formationen, die diesem Mahlstrom der Geschichte standhalten, widerstehen und entgegenarbeiten können. Wir dürfen nicht vergessen, wie leicht antiquierte Wir-Formen aufgelöst wurden und dass artifizielle, voluntaristische Wir-Formen wie die Diktatur des Proletariats sich diskreditiert haben.

    @ Parisien

    Keineswegs glaube ich, dass Poseners und meine Jugenderfahrungen, Drogen und Rettung, betreffend, wichtiger sind als das weltumspannende Überwachungssystem und die vielfältigen Formen des Neusprech. Einerseits haben Sie und 68er mehr interessante Facetten beigetragen, da hätte ich nur noch ein bischen Senf dazugeben können. Interessant finde ich jetzt die Freund-Feind-Unterscheidungen. Deutschland Partner 3. Klasse. Wenn man zusammenzählt, wofür Posener steht, Sex Drugs and Rock´n´Roll, die revolutionäre Rolle des Kapitals, Internetüberwachung und Drohnenschläge zum Schutze der Freiheit, Toleranz, Indifferenz gegenüber Populationen, die x-beliebig ersetzt werden können, sowie Apologetik für das benevolent Lipiput Empire Israel – fragt man sich, ob dies eine zufällige Konstellation ist oder eine signifikante. Passt das zusammen oder nicht?

    Was Houellebecq angeht, bin ich ich der Auffassung, dass niemand in der Lage war, den Bruch zwischen traditionellen WIR-Gesellschaften und den neuen Ich-Elementarteilchen-Gesellschaften so ergreifend darzustellen wie er. Gerührt war ich von seinem Nachruf auf die Großmutter, bei der er im Roman aufwuchs, eine Frau, die der Kommunistischen Partei angehörte, eine Frau, die für andere da war, für die das „Ich“ keine Rolle spielte, trotzdem wußte, was ein Opfer ist.

    @ derblondehans

    Ich habe ja keineswegs einen Hymnus auf Drogen angestimmt, sondern eher auf Bedenklichkeiten hingewiesen. Heutzutage bescheide ich mich mit ca. 2 Glas ordentlichen Wein täglich, bei Fußballübertragen (der FC Bayern ist meine Ersatzreligion) können es auch zwei große Gläser Hefeweizen sein, für jede Halbzeit eins.

    Klar ist mir, dass man sich als Seemann weder betäuben noch besaufen konnte, sonst wäre man von Bord gespült worden. Aber im Hafen, in Shanghai, in Rio, Hawaii, da durfte es doch mal ein Fäßchen Rum sein und bei Mutti im Heimathafen ein Gläschen Grog oder ein Rostocker Klarer?

    Wissen Sie, dass wahrscheinlich alle Religionen sich Drogenerfahrungen verdanken, dass Moses am Berg Sinai schnüffelte und Jesus in der Wüste sich in einen halluzigenen Zustand versetzte?

  25. avatar

    Das Rätsel der ausbleibenden Reaktionen:

    Zunächst ein Spiegelartikel:
    http://www.spiegel.de/netzwelt.....08515.html

    Ein Leser-comment führt dann hierhin:
    1968 wurde das G-10-Gesetz verabschiedet, wodurch die bisherige Praxis (Überwachung durch Verfassungsschutz und BND) legalisiert wurde, ohne dass die Rechte der Alliierten eingeschränkt worden wären. Dazu gibt es seit 1959 ein Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut, das auch 1990 nicht aufgehoben wurde: Die Alliierten dürfen immer noch bei uns spionieren.
    Website mir unbekannt, läuft mit http:// allein:
    norberto42.wordpress.com/2012/11/13/josef-foschepoth-uberwachtes-deutschland-besprechung/

    Und das passt dazu und hat sich herumgesprochen:
    Die Souveränität der europäischen Nationalstaaten sei ohnehin nur ein Relikt der Vergangenheit. Und er (Schäuble) sprach etwas aus, woran Deutsche selten erinnert werden: „Und wir in Deutschland sind seit dem 8. Mai 1945 zu keinem Zeitpunkt mehr voll souverän gewesen!“

    Als er das sagte, war man voll beschäftigt mit Griechenland-Bashing, oh Schande.

  26. avatar

    Es ist Lyoner, der einige interessante Punkte hierzu gebracht hat. Houellebecq ist ein Autor, der eines Tages unter der Übertreibung der Befreiung litt, weil diese in eine neue Gefangenschaft führte, die der Lieb- und Bindungslosigkeit, die ihn dazu brachte, sich nach Irland zurückzuziehen und das gespaltene Wesen Michel/Bruno zu konzipieren (Elementarteilchen).
    Dann – hätte ich Lyoner kaum zugetraut – verwies er eindeutig auf die Familie, also das Kind als Auslöser zu einem Reifungsprozess zu einem verantwortungsbewussten Wir, also die Bindung.
    Heute liegen die Verirrungen der 68er Zeit hinter den meisten. Danach empfand man sich als frei. Das ist eine große Illusion. Wie wir gerade sehen, sind wir nie frei. In einem Häuschen am Ring of Kerry ohne Computer ein Buch schreiben über die Verirrungen des ersten und angefangenen zweiten Jahrzehnts fühlt sich gut an.

  27. avatar

    Parisien: @ derblondehans … Sie sind ein wenig harsch im Sinne von ad hominem-Attacke. Sie haben sicher auch Ihre Versagerleistungen in der unteren Schublade.

    … werte/r Parisien, delirium, dilarium Löffelstiehl … im Sinne von … können Sie streichen. Ich zeige nicht mit Fingern auf andere, um von meinen Fehlern abzulenken. Mir geht auch keiner ab, wenn andere meinen, sich die Birne zu dröhnen zu müssen. Es ist mir (fast) wurscht.

    Allerdings hatte ich die vertraut, die freiwillig[sic!] zu RauschGift gegriffen haben, … ich habe versagt – sozuschreiben. Kommt nicht mehr vor.

  28. avatar

    @ Lyoner

    Wenn man aus „der Enge des Katholizismus“ ausbrechen musste (Rita E. Groda hat das wohl auch beschrieben), offenbart sich ein erschreckendes Versagen der Kirchen, denn Religion allein kann schon eine Bewusstseinserweiterung schaffen. Statt dessen verengte Kirche auf eng aufgefasste Bürgerlichkeit.
    Der „nette Rebbe“ war vermutlich nicht antifamiliär. Er brach aus Haus und Hof auf. Man kennt sein Wirken über ein bis drei Jahre, und ich würde dieses zu seiner Zeit eher als politisch bezeichnen (links).

    @ derblondehans

    Sie sind ein wenig harsch im Sinne von ad hominem-Attacke. Sie haben sicher auch Ihre Versagerleistungen in der unteren Schublade.

  29. avatar

    Dass unser blonde Hans ein Blaukreuzler ist, hätte ich nicht gedacht.

    Vielleicht ist er auch Veganer?

    Trägt selbstgewirkte Wolle und Jesuslatschen?

    Ich will es mir nicht vorstellen.

  30. avatar

    @ Alan Posener, Lyoner etc.

    Wer nicht merkt, dass es hier in erster Linie gegen freien Journalismus geht, hat verschlafen. Hatten wir nicht schon Übergriffe auf Focus und Cicero vor ca. fünf Jahren? Und drüben ging es zuerst gegen A.P. Statt mal aufzumerken, lassen hier einige die Hosen ‚runter. Vorschlag: Am besten wenig Journalistenschelte, so lange nicht ganz klar ist, ob sie das freiwillig mitmachen oder sich mit ihren Sünden unter Druck gesetzt fühlen. Nur in diesem Sinne wäre mir Poseners outing verständlich. Gute Lektüre:
    .rollingstone.com/politics/blogs/taibblog/hey-msm-all-journalism-is-advocacy-journalism

    link unvollständig. für suchmaschinen reicht er.

  31. avatar

    … nix für ungut Freunde … wer freiwillig zu RauschGift greift, hat schlichtweg einen an der Waffel. Manche für immer.

    Einzig med. Gründe könnte ich akzeptieren.

  32. avatar

    @ Stevanovic ich möchte nur mal die Frage aufwerfen, warum so viele Leerstellen mit Konsum gefüllt werden, Kinder eine Option neben dem Urlaub sind und warum nach dem Sieg der Liberalen sich meine Generation zur Generation X erklärte

    Weil man sich, sofern man Menschenrechte hat und behalten will, darüber hinaus nur mit Gleich-Gültigem „auffüllen“ kann? Weil alles (über die Menschenrechte hinaus) Nicht-gleich-Gültige eine Einschränkung Ihrer/ meiner Menschenrechte wäre?

    westlicher Liberalismus hat gewonnen, heißt auch: Befreit zu/ verurteilt zu Killefit und Trallala!

  33. avatar

    @ Lyoner

    Sie stehen echt auf der Leitung. Den comment hat irgendwer formuliert, aber sicher kein Altersheim. Da alle wissen, dass Kennedy genug Feinde hatte (ein Erik Ode-Film hätte bei den Frauen und ihren gehörnten Kerlen angefangen) und das Wesentliche überhaupt in dem Stück gar nicht erwähnt ist, meint derjenige, das sei Unterhaltung für Oma und Opa. Der arme Junge, der die Tat immer abgeleugnet hatte (plus eine zweite Tat) wurde auf dem „perp-walk“ erschossen.

    @ Alan Posener
    Ich hätte Ihr Outing jetzt gerade nicht gebraucht. Wir haben alle unsere Sünden. Sündenfrei sind nur Spießer und meistens nur scheinbar. Hütet Euch vor outings. Wen geht Eure Vergangenheit was an? Betrifft Sie auch, cher Lyoner.
    Da kommen so Sachen ‚raus, dass man über Orwell diskutiert, und Sie plaudern über Ihre Vergangenheit und Drogenmissbrauch. Mein lieber Scholli. Leise rieselt der Kalk? Als nächstes könnten Sie erzählen, mit wem Sie fremdgegangen sind. Mich interessiert das aber nicht.

  34. avatar

    @Lyoner

    „Ich glaube, es gibt eine Emanzipation aus den polymorph-perversen Entwicklungsstadien und aus einem liberalen Individualismus nur dann, wenn man zur Elternschaft, zur Vater- oder Mutterschaft reift; dies ist dann das “WIR”, das Sie postulieren, das WIR, das die vergangenen und zukünftigen Generationen miteinander verbindet.“

    So habe ich das persönlich erlebt.

    Das WIR entscheidet es dann doch.

  35. avatar

    @Lyoner

    Ich bin gut ein viertel Jahrhundert jünger. Die Phase hatte meine Generation in den 90ern. Timothy Leary und Indien gab es nur am Anfang, um dem ganzen etwas Niveau zu geben. Dann kamen Techno und Drogen, Drogen, Drogen. In Pillen, in Lines, geraucht, zum Glück selten gespritzt. In Indien hatten unsere Vorgänger nichts gefunden, Gesellschaft war out, westlicher Liberalismus hat gewonnen, alternative Lebensentwürfe waren schon vor unseren Augen gescheitert. Kümmre dich um dich selbst war angesagt, dh feiern, feiern, feiern. Kurt Cobain: Here we are now, entertain us! Alles hat einen Preis, nichts hat einen Wert. Alle Themen sind abgesteckt, die 68er und Epigonen machten gerade Karriere, wie immer hatten sie für jede Wendung eine gute Erklärung. Die Rechthaberei ist ihr Markenzeichen geblieben. Wo man hinschaute Zyniker und Spott. Bei den Rechten wurde aus der Heimat der Standort. Irgendwie alles scheißegal. Hätte man hingeschaut, hätte man gewusst, dass die Generation keine Kinder kriegen will. Dachte ich, meine Frau dachte anders. Mein Glück! Generation sind dann doch nicht alle. Dafür bin ich ihr dankbar.

    Ich will nicht den liberalen Individualismus über Bord werfen, ich möchte nur mal die Frage aufwerfen, warum so viele Leerstellen mit Konsum gefüllt werden, Kinder eine Option neben dem Urlaub sind und warum nach dem Sieg der Liberalen sich meine Generation zur Generation X erklärte. Viele 68er antworten mir mit: weil ihr Weicheier seid. Und das sind wir tatsächlich. Die Geschichte geht noch weiter, der Staffelstab der Sinnlosigkeit wurde weitergereicht an die Migrantenkinder. Rhein/Main ist nicht Multikulturell, Kulturen gibt es hier kaum, das ist Strandgut. Wer mit denen lebt merkt, dass es nicht um kulturelle Anpassung geht, dahinter steht das Gefühl persönlicher Nichtigkeit. Meine Frage ist, ob das nicht eine Folge des Liberalismus ist? Es ist keine These, es ist wirklich eine Frage!

    Deswegen werfe ich niemand seine Stabilisierung in einer K oder Nazi Gruppe vor. Das Ergebnis zählt.

    Genug Kulturpessimismus – das sind alles nur Überlegungen, keine Thesen.

  36. avatar

    Korrektur
    Statt „Ich bezweifle, dass man die Zeit, in der man als Jugendlicher existentielle Leere fühlt, nicht mit dem liberalen Individualismus in eins setzen sollte. “

    > „Ich bezweifle, dass man die Zeit, in der man als Jugendlicher existentielle Leere fühlt, mit dem liberalen Individualismus in eins setzen sollte.“

  37. avatar

    @ Stevanovic

    Ich glaube, hier muss ich meinen Zeitgenossen Alan Posener – ich bin nur knapp 2 Jährchen älter als er – in Schutz nehmen. Ich nehme die Gelegenheit dankend an. Ich bezweifle, dass man die Zeit, in der man als Jugendlicher existentielle Leere fühlt, nicht mit dem liberalen Individualismus in eins setzen sollte. Ich glaube, die zweite Hälfte der 60er Jahre war eine Zeit radikaler Brüche, in der viele Jugendliche aus ihren Heimathäfen ausliefen, ich aus einem kleinbürgerlichen katholischen Milieu, Posener aus einem ideologisch aufgeladenen Reforminternat. Posener hat recht, auf die Gefährdung durch Drogen hinzuweisen, man darf jedoch nicht vergessen, dass die Drogenerfahrung zu den Suchbewegungen jener Zeit gehörten. Drogenerfahrungen wurden damals überhöht, man erinnere oder google Timothy Leary, den Propheten des LSD, oder Ram Dass oder den Drogenschamanen Don Juan, es ging um „Bewußtseinserweiterung“ oder das Öffnen der „Pforten der Wahrnehmung“. Haben Sie die Schlußsequenz von Kubricks „2001 – Odyssee im Weltraum“ gesehen? Ich hatte Glück, bei Hasch wurde ich müde und dachte, na, das werde ich sowieso, von LSD war nach einem Horrortrip kuriert; die Fixer waren abschreckend genug. Nach Ausflügen in verschiedene esoterische Disziplinen von Sufismus bis Zen landete ich dann bei einer einigermaßen plausiblen Psychologie, einem Weg der Selbstwahrnehmung. Die Wahl war, grob zugespitzt, die Wahl zwischen einem Weg der Veränderung des Selbst und einem Weg der Veränderung der Gesellschaft. Gerade dem Katholizismus entkommen, konnte ich bei den GenossInnen der sektiererischen K-Gruppen fast riechen, dass hier frisch Missionierte Missionare sein wollten. Repetieren erlaubt, denken verboten. Sicher war ich mir nicht, aber ich befürchtete, dass dieser Typ Mensch auf dem langen Marsch zur Macht ist. Ich erinnere mich, dass ich auf meiner Indien-Fahrt 1971, über Land selbstverständlich, da gab es noch keine Mudschahedin und Taliban, Lukacs´“Geschichte und Klassenbewußtsein“ im Tornister hatte. Ein richtiges Klassenbewußtsein hatte ich nicht und konnte es nie entwickeln. Vielleicht wollte ich mich rüsten für den Zeitpunkt, an dem ich zur Erziehung mit anderen unzuverlässigen Elementen in eine Fischmehlfabrik gesteckt werde; ich war ein bischen paranoide, fühlte mich von kuhäugigen Missionarinnen an den K-Gruppen-Büchertischen beobachtet und habe hin und wieder eine Raubkopie gekauft, um nicht allzu auffällig zu werden. – Auch auf dem Weg der „Erleuchtung“ und „Selbstverwirklichung“ gab es genügend Sackgassen und Holzwege; dies hat Houellebecq in „Elementarteilchen“ ergreifend beschrieben. Ich glaube, es gibt eine Emanzipation aus den polymorph-perversen Entwicklungsstadien und aus einem liberalen Individualismus nur dann, wenn man zur Elternschaft, zur Vater- oder Mutterschaft reift; dies ist dann das „WIR“, das Sie postulieren, das WIR, das die vergangenen und zukünftigen Generationen miteinander verbindet. Das ist der familiale Komplex; Gevätterchen Posener hat hier schon das eine oder andere Mal daran erinnert, dass der nette Rebbe aus Galiläa antifamiliär war; vermutlich hat der Vatikan deswegen heutzutage eine „Schwulenverschwörung“ (ich weiß, das ist ein sehr kurzer Schluß und eine steile Hypothese).

    Heute denke ich, dass ich nichts mehr gefunden habe, was mich derartig tief prägte wie der Glaubenskosmos meiner Kindheit – gleichwohl glaube ich nicht.

    @ Parisien

    Ich versuche Sie ja wirklich zu verstehen; möglicherweise stehe ich auf der Leitung, aber ich habe nicht verstanden, was Ihr super-comment mit dem Posener-Zitat zu tun hat.

  38. avatar

    hans,

    was ein „fehler“ ist, ist ja immer auch eine frage, wie man das selbst empfindet, und keine, was ein ahnungsloser seinerseits für einen hält – oft gepaart mit der absicht, aus dem „fehler“ einen „vorwurf“ zu konstruieren, um ein „urteil fällen“ zu können.

    kinderkram …

    wenn sie den wert eines „fehlers“ nicht als den einer „erfahrung“ zu schätzen wissen, müssen sie wohl damit leben, etwas essentielles bis jetzt verpasst zu haben.

    es ist auf jeden fall sehr viel entspannter auf meiner seite der erfahrung als auf ihrer mit all den absoluten gewissheiten, und statt „recht“ zu haben, habe ich lieber spaß.

    auch und gerade an meinen „fehlern“ 😉

  39. avatar

    Wo man anfängt zu denken ist sicher Zufall (z.B. KPD, bei mir Jungsozialisten, später zeitweise „Grüne“ – mea culpa, mea culpa..), wo man hin gelangt ist eigene Entscheidung und Erkenntnis (gibt’s doch, den freien Willen – oder?).
    Ehrlich gesagt erscheinen mir die Linke, SPD und insbesondere die Grünen sowas von bräsig-konservativ, daß mir schlecht wird.

  40. avatar

    @hardy, 26. Juni 2013 um 19:02

    … werter hardy … denken Sie laut über eigene Fehler nach … über LSD-Konsum usw. .. nur zu. Wer oder was hindert Sie daran?

    … und ich wähle die ‚Alternative für Deutschland‘.

  41. avatar

    ach hans,

    immer diese verbissene rechthaberei, dieses pfeifen im wald. das ist so jämmerlich.

    ich stelle fest, daß ich viel zu viel zeit daran verschwendet habe, leuten beim denken zuzugucken, die alles können – aber eben nicht denken, weil sie ihren ersten impuls mit „nachgedacht“ verwechseln und nur die affirmation durch andere kleinkarierte suchen.

    im moment stelle ich fest, daß in den vielen kommentarspalten, die ich mir so zu gemüte führe, ein hauch von schwermut und depression einzug gehalten hat.

    da haben sie jahrelang nach der AFD gekreischt, gejohlt, gebetet … und nun, ernüchterung auch über den simplen fakt, daß man sich plötzlich als kleine (nein, nicht radikale, maulhelden sind nie radikal) verwirrte minderheit empfinden muss – und, daß jeder nur mit wasser kocht. das kann man dann mit weihwasser verwechseln, aber es bleibt doch die selbe plörre, mit der alle ihr süppchen zubereiten

    bitte, bitte, bitte, lieber hans, gehen sie im september wählen und wählen sie diese partei, unbedingt – ich hätte gerne am wahlabend valides datenmaterial, damit wir noch mal über den begriff „mehrheit“ diskutieren können, weil ich ja seit jahrn höre, daß IHR für die MEHRHEIT „der“ deutschen sprecht.

    mir geht das so was von … ich finde das, was posener hier tut, viel spannender, dieses laute nachdenken über die eigenen „fehler“, die man ja nur macht, weil man „dumm“ ist.

    wir bräuchten „hierzulande“ eine größere toleranz gegenüber fehlern und sollten _verstandene_ fehler und einsicht als einen gewinn begreifen lernen.

    das ist ntürlich ein bißchen schwer, wenn jeder kleine kläffer sich sofort in schulhofmanier an einem reibt und seine verengte sicht auf die dinge mit einer quadrillion links zu „beweisen“ sucht.

  42. avatar

    @ Posener

    Vielen Dank, dass sie so offen sind.

    Ein Gedanke dazu:

    „Ich verdanke der KPD – oder der Nachricht von ihr – zum Einen also, dass ich von den Drogen und dem Gefühl existenzieller Nichtigkeit losgekommen bin.“

    Könnte es nicht sein, dass der liberale Individualismus viele Menschen mit dem Gefühl existenzieller Nichtigkeit zurücklässt und genau dieses Gefühl Menschen in sinnlosen Konsum von Porno und Drogen treibt, jenseits eines emanzipierten Hedonismus? Kann es nicht sein, dass WIR eben doch nicht nur kollektivistische Zwangsneurose, sondern auch schlicht ein Bedürfnis des Menschen ist, das unsere Gesellschaft nicht mehr ausfüllt? Eine Leerstelle in der Seele, die bei ihnen die KP ausfüllte, die sie, als sie die Leerstelle nicht mehr hatten, dann wieder verliesen? Kurz: glauben sie nicht, dass sie ein Beispiel dafür sind, warum liberaler Individualismus eben nicht die Antwort auf alle Lebenslagen sein kann und auch ein Beleg, dass ein WIR, das etwas mehr umfasst, als ein bürgerliches Agreement, schlicht notwendig ist? Bei aller Möglichkeit des Mißbrauchs?

  43. avatar

    hardy: hans … viel spaß damit

    … den ‚Etablierten‘ scheint der Aller-werteste auf Grundeis zu gehen … es werden mit großer Wahrscheinlichkeit demnächst noch mehr solch ’schockierten Insider‘ rülpsen … mit ein wenig Recherche können Sie bei ksta stadtmenschen de, unter Blogs den Verfasser Stefan Soppe finden. Die Kommentare zu seinem Elaborat sind bezeichnend.

    (Link dorthin funktioniert leider nicht.)

  44. avatar

    @ Alan Posener

    Sie haben einen super-comment unter diesem Stück, das so endet:
    „Bis heute weigert sich eine Mehrheit der Amerikaner und der Menschen weltweit zu glauben, dass die Schüsse von Dallas von einem einzigen Mann stammen, der zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort war und seine Chance ergriff, in die Geschichtsbücher einzugehen. So ist das aber. Das ist jedoch eine andere Geschichte.“
    http://www.welt.de/geschichte/.....Bombe.html

    Der comment:
    Wir wählen CDU
    Frau Merkel ist sehr gut und toll.
    Sie ist sehr christlich, und betet auch.
    Ihre Kleidung, ihre Frisur und ihr Gesicht sind modern und zeitgemäß.
    Durch ihren Mut zu trendigen Farben, können wir sie trotz unserer altersbedingten Sehschwächen sehr gut im Fernsehen erkennen.
    Durch ihre Besonnenheit und Klugheit braucht sie nicht viel zu sprechen,
    und wir benötigen trotz unserer altersbedingen Schwerhörigkeit keine neuen
    Hörgeräte.
    Die CSU und Herr Seehofer sind auch sehr toll.
    Herr Seehofer ist sehr gepflegt und immer fröhlich, wie Frau Merkel.
    Oberschwester Karin sagt, dass die CSU sich sehr um ihre Familien kümmert, das finden wir gut.
    Hier im Seniorenheim zur heiligen Ursula hat die CDU unsere Fahrt zum Wahllokal bereits organisiert, mit anschließendem Kaffee und Kuchen, und wir freuen uns darauf.
    Den Linken sind wir egal. Die Linken halten es im Gegensatz zu unserer CDU nicht einmal für nötig Werbung am Informationsstand abzulegen.
    Diese Heiden wissen ganz genau, wie schlecht sie sind, und wir finden es gut, dass sie als Ein-Euro-Jobber bei uns Buße tun.

    Ihr Seniorenheim Ursula

  45. avatar

    In einer Zeit der Zweifel muss ich Ihnen dennoch entgegenhalten: Ich verdanke der KPD gar nichts. Alles, was ich machen, studieren, lernen durfte, verdanke ich den Amerikanern, den Alliierten, den Israelis, die uns entgegen kamen und den Deutschen, die langsam wieder aufwachten. Ich verdanke meinen Lehrern, die jung waren, dass ich Freude am Wissen und am Dazulernen hatte, und das hat mich davor bewahrt, jemals in die Nähe von solchen Drogen zu kommen. Mein Beileid.

  46. avatar

    @ derblondehans

    Wer Hoffnung in die Leute von der „Alternative für Deutschland“ setzt, dem schicke ich sofort ein virtuelles Heiligenbildchen, denn dass hilft beim Glauben an eine bessere Zukunft sicherlich besser:

    http://upload.wikimedia.org/wi...../And08.jpg

    @ Alan Posener, alle therapiebereiten LSD-Junkies und alle kostenbewussten Krankenkassenmanager

    Ein Mix für den kalten Entzug:

    http://www.zvab.com/basicSearc.....heck_sn=on

    und

    http://www.k-p-d-online.de/

    (Ich weiß, Herr Posener, das ist nicht Ihre KPD/AO, aber vielleicht hilft ja auch ein Generika.)

  47. avatar

    auch wenn ich der kpd nichts verdanke und das mit den drogen damals wie heute gleich sehe („keine pillen! kein pulver!“) … wer sich damals (für mich ein paar jahre später) nicht für eine bestimmte periode für einen kommunisten hielt (sic!), war doch im grunde nur zu feige, sich mal quer zu stellen.

    und wem als jungem menschen damals mao mit seinem kleinen büchlein nicht aus dem dummen, weil jungen aber noch idealistischen herzen zu sprechen schien (sic!), der hatte eben keins.

    denn, das ist ja das wesen des jung seins: man hatte ja noch gar keine zeit, erfahrungen und erkenntnisse zu sammeln, das tut man doch gerade und man ist so dumm, wie man das dann (hoffentlich) zeitlebens bleibt.

    daß es einen qua geburt in das immer noch naziverseuchte deutschland mit seiner quälenden ernsthaftigkeit und nicht in das sonnige kalifornien verschlug und man statt „love & peace“ hierzulande am gift derer, die von den nazis erzogen oder doch selbst als solcher selbst noch eine düstere vergangenheit hatten, zu saugen hatte … fluch der geburt am falschen ort zur falschen zeit.

    was soll’s. schwamm drüber.

    btw.: ich gestern eine schöne kritik des neuen buches im dlf gehört, hört sich nach „um die ecke gedacht“ an, also dem zustand, auch im alter so dumm zu sein, daß man auf neues, so nicht gedachtes stoßen kann.

    glückwunsch!

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