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„Wie der Markt die Moral zerstört“ oder: Wie man bei Versuchen das beweist, was man ohnehin glaubt

Kürzlich berichtete ein Artikel in der „Zeit“, dem Zentralorgan deutscher Studienrätinnen, über einen Versuch, der angeblich beweise, dass der Markt die Moral zerstöre.

Hier ist der Link, und es erleichtert die Lektüre und Diskussion meines Beitrags, wenn Sie zunächst den „Zeit“-Artikel lesen:

http://www.zeit.de/2013/21/wirtschaft-markt-moral-experiment/seite-1

Um dennoch kurz den Versuch zusammenzufassen:

Es ging um „überflüssige“ Mäuse, die bei Genversuchen anfallen und danach von den Labors vergast werden.

In einem Versuch wurden Probanden – deutschen Studenten – gesagt, dass sie wählen könnten zwischen einer Belohnung von 10 Euro, dann müsste die Maus sterben, oder dem Verzicht auf die Belohnung. Dann würde das Geld gespendet, und die Maus würde leben. 45 Prozent der Studenten entschieden sich fürs Geld und also für den Tod der Maus.

Im zweiten Versuch wurde ein Verkäufer dazwischengeschaltet und die Summe, um die es ging, verdoppelt. Nun konnten die Probanden um das Leben der Maus per Computer feilschen. Einigten sie sich nicht, lebte die Maus. Einigten sie sich auf eine Aufteilung der 20 Euro, starb sie.  In diesem Fall entschieden sich 75 Prozent für das Geld. Und zwar wurde das Leben der Maus von Verhandlungsrunde zu Verhandlungsrunde billiger.

Womit „bewiesen“ war, was der – nach eigenem Bekunden „linksliberale“ – Versuchsleiter beweisen wollte: In einer Marktsituation sind wir eher bereit, unsere moralischen Bedenken über Bord zu werfen.

„Unter den Ökonomen schlägt das Bonner Experiment schon Wellen“, so die „Zeit“. Das muss man hoffen. Denn der Versuch hat mit Wissenschaft ungefähr so viel zu tun wie Mäuse mit Menschen.

1. Beginnen wir, erstens, mit der Versuchsanordnung. Ob die Probanden – sämtlich Studenten, die sicherlich zwischen einem Experiment und der Wirklichkeit unterscheiden können – wirklich glaubten, die Mäuse würden tatsächlich, je nachdem, wie sie sich entschieden, getötet, darf entschieden bezweifelt werden. Und wenn ja, dann hatten ja die Wissenschaftler mit ihrer Versuchsanordnung schon den moralischen Maßstab sehr tief gelegt. Offenkundig ging es hier, völlig legitim, um ein Spiel mit dem Leben von Tieren.

2. Fragen wir uns, zweitens, wer wirklich unmenschlich ist: Der „Markt“, bei dem – immerhin – Menschen bereit waren, auf Geld zu verzichten, um Tiere zu retten, oder die Forschungseinrichtung, die im Interesse der reinen Wissenschaft regelmäßig Hunderte von Mäusen vergast?

3. Überlegen wir, drittens, wie die Ergebnisse ausgefallen wären, wenn – analog dem berühmten Milgram-Versuch – den Studenten in einer Kontrollgruppe befohlen worden wäre, die Mäuse zu töten oder töten zu lassen. Wenn also keine Marktsituation da wäre, sondern die einer Kommandowirtschaft.  Erinnern wir uns: Beim Milgram-Versuch waren die meisten Probanden bereit, einem lernschwachen Schüler auf Befehl des Forschungsleiters potenziell tödliche Stromstöße zu verabreichen, obwohl sie seine Qualen durch eine Glasscheibe sehen und seine Schreie hören konnten. (Der Schüler wurde durch einen Schauspieler gespielt, die Stromstöße waren virtuell; aber das wussten die Probanden nicht.)

4. Bedenken wir, viertens: Was hat dieser Versuch mit einer echten Marktsituation zu tun? Um die von Uwe Jean Heuser selbst bemühten Beispiele Billigfleisch und Billig-T-Shirts zu bemühen: Die Frage, ob man bei Aldi und H&M einkauft, statt beim Neuland-Fleischer und im Edelboutique, hat eher was mit der Einkommensverteilung zu tun als mit dem Gewissen. Ab einem bestimmten Einkommen handelt man nach dem Berliner Prinzip: „Lieber wat Jutet, dafür’n bisken mehr.“ Im Übrigen hat der Verbraucher hierzulande ein Recht auf die Annahme, dass auch bei der Massentierhaltung und beim Import billiger Kleidung auf das Einhalten bestimmter Standards geachtet wird. Dass dem oft nicht so ist,  stimmt zwar; aber das wissen wiederum eher die Leute, die das Geld haben, die „Zeit“ (oder die „Welt“) zu abonnieren, als die Konsumenten des Frühstücksfernsehens. Auch hier haben wir es also mit einer sozialen Frage zu tun.

 

Ob also das Experiment überhaupt etwas über die reale Welt aussagt, geschweige denn „bewiesen“ hat, kann man also getrost bezweifeln.

 

Zum Glück werden in jener realen Welt  Tag für Tag Versuche angestellt. So schreibt der „Economist“ in einem seiner Leitartikel vom 1. Juni 2013, dass wenigstens eines der im Jahre 2000 aufgestellten so genannten „Millenniumsziele“ der Vereinten Nationen – die Halbierung der Zahl der Menschen, die unter der absoluten Armutsgrenze von US$1,25  pro Tag leben müssen – vorzeitig erreicht wurde, nämlich 2010.  Das sind fast eine Milliarde Menschen. Könnte man das in den nächsten zehn bis 15 Jahren wiederholen, wäre das materielle Elend in der Welt – wer weniger als einen Euro täglich zum Leben hat, ist nicht arm, sondern elend – faktisch eliminiert.

Wie der „Economist“ schreibt, hängt der „Kollaps“ der Armutszahlen seit 2000 im Wesentlichen mit dem Wachstum in den sich entwickelnden Ländern zusammen; und dieses Wachstum ist vor allem dort zu finden, wo der Kapitalismus und der freie Handel sich entwickeln konnten. „China ist für dreiviertel dieser Leistung verantwortlich“, schreibt das Blatt, kein Bewunderer der Kommunistischen Partei Chinas und ihrer Politik. „China hat zwischen 1981 und 2010 680 Millionen Menschen aus der Armut herausgezogen und seine Rate absoluter Armut von 84 Prozent im Jahre 1980 auf gegenwärtig zehn Prozent reduziert.“

Das sind atemberaubende Zahlen. Und sie hängen zusammen mit der Übernahme der kapitalistischen Marktwirtschaft durch die KP, die 1981 beginnt. Wie sagte Deng Hsiao-Ping, der Architekt dieser Kursänderung: „Mir ist es egal, ob die Katze schwarz oder weiß ist, Hautsache, sie fängt Mäuse.“ Deng war kein sympathischer Mann, obwohl gewiss sympathischer als das Ungeheuer Mao Tse-tung, aber von Mäusen verstand er etwas, und von Experimenten in der realen Welt auch.

Der Markt mag also in einem fragwürdigen Experiment einige hundert virtuelle Mäuse das Leben gekostet haben, die im realen Leben ohnehin der Wissenschaft geopfert wurden. Im realen Leben hat der Markt einer Milliarde Menschen wenigstens die Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben vermittelt. Das kann ich kaum unter Zerstörung der Moral fassen.

Adam Smith, der Theoretiker des Freihandels, war ja – wie der Bonner Versuchsleiter Armin Falk anmerkt – Moralphilosoph. Smith machte sich über die Moral der Marktteilnehmer keine  Illusionen. Aber eben deshalb setzte er auf den Markt: der Ausschluss der Konkurrenz, meinte er, käme der Einladung an die Produzenten gleich, eine Verschwörung gegen die Konsumenten zu bilden.

Auch Falks Versuch war eine Verschwörung. Gegen die Probanden. Hätte er zum Beispiel die Studenten aufgefordert, in Arbeitsgruppen Ideen zu entwickeln, wie Labormäuse möglichst kostengünstig zu retten wären: Vermutlich hätte sein Experiment mehr erbracht als die Bestätigung seiner eigenen Vorurteile, denen – und seinem eigenen akademischen Ruf – er das  Leben vieler Tiere geopfert hat.

 

Dass die „Zeit“ wiederum das alles nicht durchschaut, verwundert nicht.  Sie hat nicht die höchste Auflagenzahl aller deutschen Wochenblätter dadurch erreicht, dass sie die Ansichten ihrer Leser und Leserinnen in Frage stellt.

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184 Gedanken zu “„Wie der Markt die Moral zerstört“ oder: Wie man bei Versuchen das beweist, was man ohnehin glaubt;”

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    @MB
    Ihr Link (alte threads gehen oft unter):

    http://www.wochenspiegellive.d.....bt-sistig/

    »Diese Genossenschaft ist nichts anderes als die organisierte Dorfgemeinschaft«, so erklärt Stephan Matzke..
    Eben – das gibt’s schon lange, lange und das muss quasi erstmal unter „Naturschutz“, will sagen unter Schutz vor politischer Vereinnahmung. Es muss pragmatisch bleiben, möglichst lange (Sie verstehen 😉 )

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    Lieber Parisien,

    herzlichen Dank für die links.

    im Zusammenhang mit “ Markt “ und “ Wachstum “ habe ich den Eindruck dass Alan Posener zu selten über den Tellerrand blickt.

    Wenn bereits in der Wirtschaftswoche die Diskussion um das Wachstum auf der erstzen Seite beginnt, dann könnte man den Eindruck haben, dass die Welt ein etwas verschlafenes Provinzblättchen ist.

    Hier die entsprechenden links zur Thematik:

    http://www.wiwo.de/politik/deu.....33418.html

    http://www.wiwo.de/politik/deu.....50968.html

    Und hier noch etwas zu den economies of scale, die mittelfristig auch keine Rolle spielen werden:

    http://www.wiwo.de/technologie.....13154.html

    Ob wir dann noch die großen “ Handelsräume “ brauchen?

    Und generell:

    Die „Homogenisierung“ unser Konsumgesellschaft ist schon bedenklich. Wie nannte es EJ bezeichnend: IKEA Faschismus.

    Dennoch es gibt zunehmend die Tendenz sich wieder für die (“ Arten „) Vielfalt zu engagieren. Und wenn es nur die Konkurrenz der Microbrauereien ist, die so kangsam beginnt den Großen Marktanteile abzuknabbern oder auch die Käsereien die ich vor einigen Wochen in Schleswig-Holstein entdeckt habe:

    http://www.kaesestrasse-sh.de/

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    @ Moritz Berger
    Lesen Sie mal den comment von Cernan Schmidt unter Ihrem ersten link und dann noch das:
    http://www.welt.de/vermischtes.....ragen.html

    Danach noch an die Werbeikone Jolie denken und dann kotzen. In der Opernmusik ist es genauso: Eine Handvoll, die von Decca/DG etc. vermarktet wird, sahnt das große Geld ab, der Rest muss rechnen. Das ist alles keine Kunst, sondern Geschäft.

  4. avatar

    Danke, Moritz Berger, für die links. Aus Ihrem zweiten link:

    Am Freitag haben wieder irgendwelche EU-Minister bis spät in die Nacht über irgendwelche Dinge verhandelt. Nur ging es diesmal um mehr als den Krümmungsgrad von Bananen. Die Helden des Kampfes heißen François Hollande, Aurélie Filippetti und Nicole Bricq – Frankreichs Präsident und seine Kultur- beziehungsweise Handelsministerin.

    Sie haben verhindert, dass an den EU-Außengrenzen ein Schild aufgestellt werden muss: „Der Ausverkauf europäischer Kultur hat begonnen. Sichern auch Sie sich ein Schnäppchen.“

    Ben Barber hat schon vor Jahren beschrieben, worum es Uncle Sam genau geht. Dies ist ein Teil davon. Er hält nichts davon, dass Franzosen, Deutsche und Italiener Filme machen, die wie Kammerspiele mit viel Inhalt anmuten. Hollywood ist der Gegenentwurf: Wenig Inhalt, den man auch erst entschlüsseln muss, viel Geld für Verpackung, Garderobe, Setting, Technik zur Herstellung eines Blockbusters. Film primär als Geschäft. Kunst nur nebenbei, viel Glanzpapier.
    Auch französische Cafés (in Deutschland kann man Cafés bald mit der Lupe suchen) müssen der Mentalität ein Dorn im Auge sein, auch eine Crêperie, auch ein Fish’n Chips Pub in GB. Es soll alles Kette sein, Kaffee bei Starbucks und Co., statt sandwich rillettes Hamburger, statt Jean-Lucs Käse Kraft-Scheibletten, statt Baguette Golden Toast, statt English Breakfast Pancakes aus der Packung, statt originalem Basmati-Reis golden rice usw. Außerdem muss man leider unterstellen, dass wir eines Tages alle so aussehen sollen wie die Bucher von zwei Flugsesseln für eine Person. Der Geist schläft dann ein, die Agilität, der Widerstand. Im TV sehe ich, was ich wählen soll etc.
    Hut ab vor Hollande.
    England ist sowieso der 51.Bundesstaat, Deutschland seit Merkel wieder der 52., Barroso kommt aus einer Nation, die nach einer Revolution alle Werte verspielt hat.
    Der zweite link hat Wert, der von Posener ist unkritisches Gesülze. Posener und Broder, Amerikas Stützen in den Medien. Man sollte ihnen die green card schenken plus die Teilnahme-Erlaubnis am Krieg gegen Syrien als Soldaten.
    Weit schwerwiegender ist, dass wir in Kriege gegen „Rebellen“ gezwungen werden sollen. Putzig-verkleinernder Ausdruck, Rebellen. England macht schon mal den vorauseilenden Gehorsam, und Hollande ist hier kein Stück besser.
    Wenn über Putin berichtet wird, dann wie über einen kleinen Buben, der zur Räson gebracht werden muss. Wir sollen alle Uncle Sam gehorchen, alle. Dissidenten werden überwacht. Der Iran ist „böse“, weil er nicht pariert. Die Achse des Bösen. Schlimmer geht’s nicht. Völlig daneben, diese Entwicklung seit September 2001.

  5. avatar

    zum Glück gibt es außer unserem Marktfetischisten Alan Posener:

    http://www.welt.de/debatte/kom.....ehmen.html

    Und dann auch seine Arbeitsmarktprognosen:

    sie könnte die Handelsumsätze zwischen Europa und Amerika um 25 Prozent steigern und 400.000 Jobs schaffen.

    und als Zuckerstück dann noch dies:

    „Noch wichtiger dürfte sein, dass mit dem neuen Handelsblock eine Weltmacht entsteht, die den Konkurrenten in Sachen Standards und Normen – von den Arbeitsbedingungen bis zur Zulassung von Medikamenten – die Regeln vorgeben kann.“

    in der Welt noch andere:
    http://www.welt.de/kultur/arti.....sware.html

  6. avatar

    Noch ein „Bonbon“, interessant für meine rarer werdenden Freunde, freie Journalisten:

    Democratic countries seem increasingly ready to yield to the siren song of the need for surveillance and cyber-security at any cost. This is evident from all the potentially repressive legislation that is being adopted or proposed, legislation that would open the way for generalized surveillance. FISAA and CISPA in the United States, the Communications Data Bill in Britain, theWetgeving Bestrijding Cybercrime in the Netherlands – they would all sacrifice online freedom of expression to combatting cyber-crime (for more information, see the “Overview of Cyber-censorship in 2012” chapter). If governments that traditionally respected human rights adopt this kind of repressive legislation, it will provide the leaders of authoritarian countries with arguments to use against the critics of their own legislative arsenals.

    Increasingly widespread cyber-censorship and cyber-surveillance are endangering the Internet model that the Net’s founders envisaged: the Internet as place of freedom, a place for exchanging information, content and opinions, a place that transcended frontiers. The Internet is also being threatened by the battles between governments for influence. Standardized surveillance is one of the leading calls of countries fighting for control of Internet governance.
    http://surveillance.rsf.org/en/
    (Reporters without borders)

  7. avatar

    @ KJN

    „Ich habe überhaupt keine Ahnung von bildender Kunst oder Architektur, Ästhetik ist mir suspekt. (Wer bestimmt, was “schön” ist??). Musik ist aber ein wichtiges Thema (und Ausdrucksmittel) für mich und ich muss mich bei Betrachtungen über öffentliche Ästhetik auf sie beziehen.“

    Wenn jemand bestimmen würde, was schön ist, gäbe es keine (sich verändernden) Kunstrichtungen. Aber auf manches kann man sich einigen. Ich glaube nicht, dass es einen einzigen Menschen gibt, der vor oder in einer gotischen Katherale, in einer romanischen Kirche oder gern auch in der Alhambra sagen würde: das ist nicht schön. Da mein Auge für Kunst und Ästhetik besser ausgebildet zu sein scheint als Ihres, wohingegen ich in der moderneren Musik minderbemittelt bin, traue ich mich auch einmal ausnahmsweise, etwas zu benennen, das nicht schön ist: Die Kirche, die Kaiser Karl V/König Carlos I von Spanien in die Mezquita in Cordoba gebaut hat. Sie zerstört das ganze Gebäude, die Harmonie und Weite, und war lediglich ein Symbol für eine Reconquista. Wenigstens in der Kunst sollten die Religionen sich vertragen und diese über ihre Kriege stellen. Und kaum jemand würde sagen, die Mezquita wäre nicht wunderbar.
    Eine schöne Woche!

    @ MB
    Unsere Politiker haben mir im Grunde nie Angst gemacht. Was mir Angst macht, ist der Fakt, dass die NSA eine recht große Anlage in North Yorkshire betreibt (Menwith Hill) oder Snowden bei der NSA in Japan gearbeitet hat vor Hawaii, dass mir also aufgeht, dass sie überall sind. Ich konnte meiner Regierung immer unterstellen, sie sei für mich/uns da, aber dieser unpersönliche Geheimdienstleviathan, der möglicherweise über den Politikern steht, muss uns allen Angst machen. Yahoo wehrte sich angeblich dagegen, Daten herauszugeben, und wurde gezwungen. Der Mangel an Souveränität unserer Politiker, wobei sich Hollande und Cameron besser als Karikaturen anbieten als Merkel oder Sarkozy, muss uns bedrücken. Ich muss Angst bekommen, wenn ich lese, dass ein sechsjähriges amerikanisches Mädchen auf einer no fly list gelandet ist und schon andere diverse Namensverwechslungen passiert sind, die nicht in einer Stunde geklärt wurden. Aber auch, wenn jemand jederzeit wissen kann, wasich gerade mache. Wenn 50 Prozent, auch in den USA, dazu sagen, ein wenig Überwachung mache doch nichts, muss ich mir sagen: Das ist der Planet der Affen. Sie glauben an ihr Spielzeug. Und das muss jemandem, der nachdenkt, Angst machen.
    John Le Carré:
    http://www.guardian.co.uk/worl.....n-le-carre
    Hier ist vor allem der comment-Bereich interessant. Immerhin gibt es Leute, die sich gegen diese Unverfrorenheit wehren:
    http://www.guardian.co.uk/comm.....-effective
    Hatten die Linken doch Recht?:
    http://www.guardian.co.uk/comm.....si-america

    Tut mir leid, wenn ich jemandem mit den links das WE verderbe. Anm.: Le Carré nur für firme Anglophone, schwer.

    Wenn einen das nicht unglücklich macht, ist man im Grunde verloren. Mich macht das unglücklich.

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    @KJN

    hier noch eine Fundsache:

    „Wir erleben derzeit, dass die zunehmende Vernetzung und Komplexität verschiedene Systeme destabilisiert, wofür die Finanzkrise ein Beispiel ist. Bei den Politikern schürt das Ängste, auch vor den eigenen Bürgern. Sie versuchen, die Systeme durch Überwachung und Bestrafung zu stabilisieren, schaffen damit aber eine Gesellschaft, in der man nicht leben will und die nicht funktioniert. In dem Moment, in dem die Überwachung die Leute verängstigt und davon abhält, Ideen umzusetzen, führt das in eine negative Spirale, unter der auch die Wirtschaft leidet. Der Staat verliert das Vertrauen der Bürger und damit die Kontrolle.“

    „Komplexe Systeme stabilisieren sich am besten durch Selbstorganisation. Auch das erleben wir bereits, durch Ratingplattformen. Meine Vision ist eine Reputationsgesellschaft, die das Funktionsprinzip sozialer Gemeinschaften auf das „global village“ überträgt. Selbstverständlich muss man noch lernen, dies so zu gestalten, dass es nicht so restriktiv ist, wie dörfliche Gemeinschaften sein können, sondern Diversität bewahrt. Wenn wir auf geeignete Prinzipien der Dezentralität, Selbstorganisation und Selbstregulierung bauen, anstatt eine Gesellschaft von oben herab zu steuern, liegen in der zunehmenden Komplexität und Vernetzung große Chance.

    Das passiert derzeit an der Peripherie.

    Aus:http://www.heise.de/tp/artikel/39/39298/1.html

    Und hier etwas pragmatisches:

    http://yacy.net/de/

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    @Parisien (die 7 blogfreien Tage für mich gelten ab morgen): Alles, was Sie schreiben, stinkt mir genauso – übrigens aus rein egoistischen Erwägungen, denn ich habe keine Lust, von allzuvielen Leuten umgeben zu sein, die mich ständig mit uninteressanten Themen langweilen und/oder ständig in irgendwelchen Handyvertragsfallen o.Ä. zu landen scheinen. Auch auf deren politische und gesellschaftliche Einschätzungen kann ich ebenso verzichten. Klingt ziemlich arrogant-unsympathisch und soll es auch sein. Aber damit Obiges nicht Überhand nimmt, versucht man ja etwas Einfluss zu nehmen (und ist ja durchaus selber dankbar, auf den einen oder anderen Stolperstein oder Fauxpas hingewiesen zu werden).
    1)Infantilität, die wir beide also beklagen: Wie angenehm ist es, wenn wir nicht ständig über sie stolpern müssen, in Form von jungen Erwachsenen, die sich vor einer Gaststätte in den Rinnstein legen und laut „ich bringe mich um…. dieses Schwein..“ schreien, worauf dann das „Schwein“ und andere junge Damen auch ‚rausgelaufen kommen – mit Flaschen in der Hand – um jene Verzweifelte – erfolgreich und recht schnell – zu trösten. Es ist wirklich wahr und ich war schon auf dem Weg, zu trösten, war aber dann doch froh, dass man mir zuvor kam. Solches nimmt leider Überhand. Nicht so schlimm, sollte man meinen, aber es lenkt zuviel ab. Sie kennen bestimmt auch Beispiele. Was meinen Sie, wie fremdbestimmt unsere Arbeitswelt in Zukunft gestaltet werden wird, um solch‘ infantile Arbeitnehmer zu organisieren. Ein öffentlicher Mindeststandard sozusagen als Garantie gegen allzuviel private Bevormundung..
    (Das Ganze natürlich auch in GB, NL, ES usw.)

    2) Eine Ebene höher, tiefer, wie man will:
    Ich habe überhaupt keine Ahnung von bildender Kunst oder Architektur, Ästhetik ist mir suspekt. (Wer bestimmt, was „schön“ ist??). Musik ist aber ein wichtiges Thema (und Ausdrucksmittel) für mich und ich muss mich bei Betrachtungen über öffentliche Ästhetik auf sie beziehen. Ich bin in den 70ern mit Jazz groß geworden (ich war in so ’ner merkwürdigen Clique) und habe wg. Charlie Parker Altsax gelernt, was ich heute noch spiele (ich kann nicht so spielen, wie Parker und es gibt auch nix auf Youtube). Wir hörten Miles Davis, John Coltrane, Ornette Coleman und unsere Schulband war entsprechend ambitioniert-scheiternd. Was ich damals aber gelernt habe ist, daß unsere Musik davon lebte, sich an Strukturen abzuarbeiten. Miles Davis, alles andere als ein Vituose, hat aus der Musik eklektisch alles zusammengemischt und war beeindruckender Ideengeber und Stilbegründer – also eher der Typ „Beatles“. John Coltrane hat sich wie ein Sysiphos am Blues abgearbeitet und Hymnen entwickelt – meine Fraktion, A Love Supreme! (kein Link wg. GEMA) Typ Stones?
    Ornette Coleman hat den Swing kaputtgespielt, bis nur noch Fetzen übrig blieben – aus seiner Hilflosigkeit danach entstand seine Kunst (mit der wenig etwas anfangen können..).

    Meine These daraus: Wir brauchen Strukturen und wir suchen sie verzweifelt, weil wir sonst unsere Vitalität im anything goes verlieren, schwach werden und unsere Kultür stirbt. Das Alte ist nicht mehr gültig (niemand will es wirklich zurück), aber wir fremdeln mit den Neuen (political correctness, zivilisatorische Normen) – in vielem zu Recht m.E. – aber wenigstens diskutieren wir drüber und sehen die Notwendigkeit, welche zu haben.

    @M.B.
    „Ein Blick an die Peripherien unser Gesellschaft weist doch schon auf die ersten Indikatoren hin..“
    Freedom is just another word for nothing left to loose..
    Ja, es bewegt sich was – wir sollten es nur nicht kaputtwünschen – ich bin zweckpessimistisch. Lassen Sie mir etwas Zeit, ich sehe mir die Links genau an.

    @A.P.„Ich erröte. Aber es stimmt.“
    Schon klar.. Sie wissen jetzt aber nicht, was ich sonst lese (?)

  10. avatar

    @ KJN

    Hab ich gelesen, den letzten Absatz. Ich weiß, worum es ihm dabei geht. Aber er liegt verkehrt.
    1. 1960 (Beatles) ist nicht heute. Beatles ff., das war auch anti-Vietnam, Studentenrevolution etc.
    2. Das Benehmen in GB (oder Frankreich) ist genauso abgerutscht. Hierzu lesenswert: Theodore Dalrymple (nom de plume), Life at the Bottom, in dem der ehemalige Gefängnispsychiater, der für diverse konservative blogs schreibt, aber auch schon für die London Times geschrieben hat, genau erklärt, wie das seines Erachtens passiert ist.
    3. Es gibt Bürgerlichkeit in allen Ländern, aber sie stört keinen außer Spinnern. Es ist etwas anderes. Er, Posener, meint, es wäre das Individuelle. Glaube ich nicht, auf keinen Fall. Ich glaube, es sind jeweils diese Glaubenssysteme. Das jetzige macht offenbar satt und gefräßig, wenn ich die vielen Dicken ansehe. Es erscheinen alle zufrieden, sofern sie jedes Jahr ihr neues Handy kriegen und alle zwei Jahre den nächsten Laptop/Tablet/sonstwas. Wenn ich selbst mich über etwas echauffiere, sagen Freunde mal: „Was willst du denn, du hast doch genug.“ Also, wenn das nicht Bürgerlichkeit ist, lahmarschig zu werden, weil man „genug hat“, was dann? Was man nicht hat, gaukelt einem der PC vor, oder?
    Zwei prägnante Beispiele:
    1. „Die Zeit“ hat eine Umfrage gemacht – ca. 50% der Deutschen sind der Ansicht, ein bisschen Überwachung mache doch nichts.
    2. Ein Lehrer eines meiner Kinder gab bei einem Aufsatzthema vorher eine dezidierte politische Meinung vor, seine eigene. Meiner hatte eine andere Meinung, und ich ermutigte ihn, die auszudrücken. Er war der Einzige. Und wissen Sie, was passiert ist?: Er bekam die beste Note. Das ist mal ein guter Lehrer. Hätte niemand von uns gedacht. Der Einsatz hat sich also gelohnt. Der Rest lief stromlinienförmig mit der Meinung des Lehrers.
    Das Problem ist also nicht Bürgerlichkeit, sondern eine durch alle Schichten gehende extreme schafsförmige Angepasstheit, die mir endlich, spät, erklärt, wie Hitler das ohne Widerstand machen konnte.
    Was bewegt diese Schafe?: Ihr facebook, ihre Spiele, ihre Mode, ihre drinks, ihre Feiern, that’s it. Sie wissen es. Ihr Sohn, der Lehrer wir, wird sie permanent aus dem Stroh aufscheuchen müssen. Sie sind zu, sagen wir, ca. 70-80% denkfaul. Die Eltern auch. Fernsehen, Essen, Fußball, Krimis, Grillen, der Sommerurlaub, das war’s. Kein Widerstand gegen Seichtigkeit, uniforme Meinung, nichts. Wissen Sie, was sie in diesem Land auf die Barrikaden kriegen würde? Wenn man ihnen ihr Auto wegnähme. Oder ihren Sommerurlaub. Sonst juckt sie nix. Wenn sie überwacht werden wollen, sollen sie das haben. Dann sollen aber die IT-anhängigen Firmen in Zukunft vorher danach fragen, ob sie die Daten weitergeben dürfen. Man hat also ca. 50-80% Schaf kreiert. Falls das geplant war, muss man fast gratulieren.
    Mit der einheitlichen Baufassade hat Posener nicht ganz unrecht, solange das keine Betonzeile ist. Die Place des Vosges oder die Place Vendôme in Paris sind zweifellos schön.
    P.S. Unter den Politikern auch einiges cattle. Deswegen auch zu Recht der Ausdruck „Stallgeruch“.

  11. avatar

    @KJN

    Die Rosskur des Neoliberalismus wurde von Eichel, seinem Nachfolger Steinbrück/Asmussen angeschoben, während die Regierung Kohl immer noch der sozialen Marktwirtschaft folgten.

    Neue “ Finanzinnovationen “ wie die R.E.I.T. s

    http://de.wikipedia.org/wiki/R.....ment-Trust

    http://de.wikipedia.org/wiki/Hedgefonds

    „In Deutschland waren bis zum Jahr 2004 Hedge-Fonds generell nicht zum öffentlichen Handel zugelassen. Eine Lockerung erfolgte mit dem Investment-Modernisierungsgesetz, das am 1. Januar 2004 in Kraft trat“

    Und wohin diese Rosskur des Neoliberalismus geführt hat, brauchen wir letztlich hier nicht mehr zu diskutieren.

    Dass Reagan dank seiner
    „Rosskur des Neoliberalismus“ entscheidend zur einer überproportionalen Erhöhung der Staatsverschuldung beitrug ist Ihnen vielleicht entgangen:

    „. Während der Amtszeiten der Präsidenten Ronald Reagan und George Bush vervierfachte sich der Schuldenstand und erreichte 1992 5,39 Billionen US-Dollar.“

    aus:

    http://de.wikipedia.org/wiki/S.....en_Staaten

    Ob die neoliberalen Rosskuren, tatsächlich das Allheilrezept sind ???

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    @KJN

    Warum sollte die “ Dezentralisierung “ .
    “ Rekommunalisierung “ nicht kommen ?

    Seien Sie doch nicht so pessimistisch..

    Ein Blick an die Peripherien unser Gesellschaft weist doch schon auf die ersten Indikatoren hin..

    z.B. wöchentlich werden 5 neue Energiegenossenschaften gegründet

    Die „share economy“ (ein etwas schillernder Ausdruck) hat bereits bei der Cebit Einzug gehalten.

    Oder wenn Sie sich die open source Bewegung anschauen… ursprünglich im IT verankert (Linux, Ubuntu etc. weitet sich in andere gesellschaftliche Bereiche aus:

    http://www.researchgate.net/

    oder auch hier:

    http://okfn.org/

    Oftmals sind Innovationen wie z.B. 3 D Printing auch Inkubatoren für gesellschaftliche Veränderungen:

    Hier zur Erinnerung der Artikel im Economist:

    http://www.economist.com/node/18114327

    Das wir beide hier im Blog miteinander kommunizieren, wäre vor 25 Jahren noch nicht möglich gewesen.

    Und dass das Web auch Einfluß auf unsere Gesellschaft und damit letztlich auch auf das politische Geschehen hat ist unbestreitbar.

    Daher :

    http://shelleyhallmark.files.w.....sitive.jpg

    P.S. Was die Haftung der kommunalen Funktionsträger betrifft, stimme ich Ihnen im Prinzip zu (um es mit Radio Eruvan zu formulieren)

    aber Sind Sie nicht der Aufassung dass wir nach der ABC Analyse
    http://de.wikipedia.org/wiki/ABC-Analyse

    vorgehen sollten und den Focus auf die T-bone Steaks legen müßten, sprich die Banker, statt hier sich mit peanuts herum zuschlagen.

  13. avatar

    @ KJN

    „Ihre “Rekommunalisierung” oder Dezentralisierung wird aber nicht kommen: Stellen Sie sich das vor, die jetzigen Funktionsträger in den Kommunen würden ja plötzlich haftbar…“

    Natürlich kommt das nicht. Sie sehen das ja m.E. gut genug daran, dass gegen demonstrierende Bürger Wasserwerfer eingesetzt werden. Sie sehen das an online-Überwachung. Man hat sich abgeschottet, baut einen Sicherheitszaun um sich, schert sich nicht mehr um Bürger oder Intellektuelle, die man schnell mal mit Lehrer oder Theaterwissenschaftler abklassifizieren lässt von Willigen, die Rechnungen offen haben. Man will nur die Schafe, die mit offenem Maul nach oben starren, von Sexartikeln und sog. celebrities verblendet sind (Ablenkungsmanöver für Hedonisten) und nennt das Verbrechen, wenn jemand was ‚rauslässt und verfolgt solche Leute wie König und Kirche einst Voltaire. Die Blödschafe, die Hurra schreien, wenn Bürger ab E 60.000 stärker besteuert werden sollen, die aber kein Problem damit haben, wenn ihre celebs in Monaco wohnen.
    „Der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach“ lautet ein alter Bibelspruch. Jedes System hat den verstanden. Heute würde ich sagen: Der Geist ist tot, das Fleisch ist träge.

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    @M.B: Wenn ich das in dem von Ihnen zitierten Artikel lese,
    „Daraufhin hat der Markt sich neue Strukturen überlegt. Zum Beispiel Aktien absichtlich zu spät zu liefern“,
    fühle ich mich schon etwas bestätigt: Nach der Rosskur des Neoliberalismus lösten sich zwar alte verkrustete, nicht mehr „zeitgemäße“ (was immer das heißen mag) Strukturen auf, es entstanden aber gleichzeitig neue. Von „Liberal“ im Sinne von „gleiche Chancen für alle Marktteilnehmer“ kann da wohl kaum die Rede sein. Verbrechen ist schlimm, organisiertes aber immer schlimmer – das gilt auch für „nur“ Betrug.
    Asmussen! Der ist doch schon länger Strippenzieher und „Pate“, in einigen Regierungen. Es ist doch völlig egal, wer im Parlament sitzt, angesichts dieser Phalanx aus Lobbyisten und Eigen-Lobbyisten, auf deren Einflüsterung unsere Politik basiert. In früheren Zeiten nannte man diese Abschottung Feudalismus oder so. Jedenfalls nicht Demokratie. Ihre „Rekommunalisierung“ oder Dezentralisierung wird aber nicht kommen: Stellen Sie sich das vor, die jetzigen Funktionsträger in den Kommunen würden ja plötzlich haftbar…

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    @KJN

    zum Thema Staat oder Privatwirtschaft..

    hier eine Fundsache aus der heutigen Welt:

    http://www.welt.de/wirtschaft/.....ei-zu.html

    Jetzt weiß ich warum Steinbrück für Vorträge mehr als 15.000 Euro erhält 🙂

    Und sein ehemaliger Staatsekretär Asmussen ist jetzt EZB Vorstandsmitglied.

    Vielleicht sollten wir das Parlament doch
    “ rekommunalisieren „

  16. avatar

    Was macht eigentlich Lyoner?

    Passt doch, der Börne-Preis, sehr aktuell:

    „Er tritt als intellektueller Mahner auf, der verhindern will, dass aus dem terroristischen Angriff auf ein «symbolisches Nervenzentrum» des Westens ein permanenter Kriegs zustand entsteht, gegen innen mit einem neuen «sekuritären Imperativ» und gegen aussen mit ­einem fortwährenden Krieg im Namen des Kampfes gegen den Terrorismus.“
    http://www.achgut.com/dadgdx/i.....oppel_pack

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    @M.B. „..in diesem spezifischen Fall..“
    Ich sehe, Sie verstehen mich ein wenig..
    @Parisien „Die Strukturen des Adels stehen..“
    Das ist wohl das Muster mit dem wir (in Europa) immer noch zu tun haben. Und das mit den „laufende Litfaßsäulen“ ebenfalls – der Prunk eines August d. Starken, Louis XIV etc. war (und ist) Teil des (Geschäfts- und Macht-) Systems. Arme Menschen eigentlich: Bekloppt, wer so leben will – arm dran, wer so leben muss.

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    @ KJN
    Wenn Moritz Berger Straubhaar und Schumpeter anführt, hat er vermutlich Recht.
    Tragisch ist auch, dass er vererbt wird wie früher das Königtum. Das Ergebnis hat man bei Schlecker gesehen. Die Strukturen des Adels stehen, daher werden die Leute auch Geldadel genannt. Wenn sie auf Intellektuelle treffen, sehen diese oft nur eine Fassade. Das war bei den meisten König-Witzfiguren nicht anders. Daher kam der Hofclown. Manche sind laufende Litfaßsäulen. Mich nerven sie erst, seit sie mit der Politik so verzahnt sind, dass die Staaten auf Bürger mit Wasserwerfern und Gummiknüppeln losgehen.

    Korrektur: lukrativ.

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    @KJN

    „Die neoliberale Politik war nötig, damit verkrustete Strukturen verschwinden und Neues entstehen kann, als Kur sozusagen“

    Nun ja ich stehe auf dem Standpunkt, dass gerade diese neoliberale Politik uns in die Sch…gebracht hat, in der wir dezeit stehe…

    Und da stehe ich nicht alleine sondern auch ehemalige Neoliberale wie Straubhaar, die den homo oeconomicus als Schimäre betrachten…..

    Und was Ihre Kur betrifft:

    Lesen vielleicht einmal Schumpeter und die Texte die oftmals unterschlagen werden:

    “ Schumpeter hielt den Kapitalismus nicht für überlebensfähig.[8] Er sah ihn aber – im Gegensatz zu Karl Marx – nicht primär durch seine Widersacher, das Proletariat, gefährdet, sondern durch die auf ihn selbst zurückwirkenden Konsequenzen seines Erfolgs, insbesondere durch das Veralten der Unternehmerfunktion, die Zerstörung der ihn schützenden gesellschaftlichen Schichten und die wachsende Ablehnung der Intellektuellen gegenüber dem Kapitalismus“

    aus:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Schumpeter

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    @M.B.
    Daß Marktmacht (-> Arbeitsmarkt, aua!) in die Hände einiger weniger gerät, ist Folge falscher Politik. Sie sagen: Wegen neoliberaler Politik, ich sage: Die neoliberale Politik war nötig, damit verkrustete Strukturen verschwinden und Neues entstehen kann, als Kur sozusagen. Nun aber (innerhalb des neoliberalen Szenariums) Politik für Staatsakteure (wem gehört die Bahn, DHL, Telekom, auch VW z.T.?) oder staatstragende Unternehmen Siemens, Rheinmetall .. zu machen – oder eben nur auf den (derweil staatstragenden) Export zu setzen ist der Fehler.
    Zum Thema Monopole: Genau darüber muss man reden: Meiner völlig unmaßgeblichen Meinung nach kann man z.B. Wasser, Internet, Telekom privatwirtschaftlich organisieren, Post, Bahn nicht, Justiz niemals! Wahrscheinlich auch nicht das Gesundheitswesen. Die Diskussion muss aber erstmal laufen! Das, worauf Sie hinweisen: Legislative, Justiz, Grundbildung (Bertelsmann & Co) unterschreibe ich sofort – aber wieder Missverständnis: Ich möchte die Wirtschaft nicht „staatlich steuern“ oder sowas – ich doch nicht! Wo haben ich das geschrieben?? Nur der (gesetztliche und moralische) Rahmen darf nicht käuflich sein. Anstatt dessen habe ich schon oft geschrieben, daß auch staatliche Monopole instabil sein können – vorausgesetzt sie unterliegen Marktkräften, müssen also Gewinn machen. Staatsmonopole müssen gewinnfrei arbeiten. DAS wird derzeit unterlaufen.. Ich merke – ich kriege diese systemtheoretischen Sachen nicht ‚rübergebracht – lassen wir es dabei und widmen uns, wie Sie schreiben, unserem business: „Schaunmermal und mischen wir doch einfach mit.“

  21. avatar

    @KJN

    Nachtrag:

    Es wäre sicherlich interessant in diesem spezifischen Fall festzustellen:

    a. ob es sich tatsächlich um das Primärinteresse handelt Leben zu retten

    oder

    b. Verschaffung von zusätzlichen Einnahmen, da neuer gesetzicher Standard mit
    „jährlicher TÜV Überprüfung“

    c. dass das “ Gemeinwohl “ nur ein Vorwand ist um weitere wertvolle Daten abzufragen

    und

    d. Wer hat die Initialvorschläge gemacht bzw. die Gesetzesvorlagen “ gestrickt “

    http://www.handelsblatt.com/au.....44474.html

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    @ Roland Ziegler

    Entschädigung für den weichgespülten Besitz von Mietern, warum nicht. Entschädigung für die Eigentümer einer luktaiven Immobilie mit, wie die Makler sagen würden, „einmaligem unverbaubaren Elbeblick“, wenn sie „vergessen“ haben, eine Versicherung obendrauf zu packen? Vergessen nach 2002? ich sag Ihnen was: Ich wäre versichert. Was mir wirklich etwas wert ist,könnte mir kein Geld der Welt wiedergeben: Familienphotos. Urlaubsphotos.

  23. avatar

    Am besten hintereinander lesen, denn das gehört alles zusammen, Datensammlungen und Gewalt gegen Bürger. Außerdem sollte man mehr auf Verletzte achten. Manche sind für immer blind. Insgesamt scheint sich ein Krieg gegen Bürger zu entwickeln, nicht ein Bürgerkrieg (von unten), sondern Gewalt von oben. Weltweit:
    1.) Türkei
    Insgesamt spricht die medizinische Vereinigung (aber noch ohne die Opfer vom Dienstag) von 53 Schwerverletzten. Zehn Opfern wurde mit Gummikugeln ein Auge ausgeschossen. 23 erlitten Schädelbrüche. Einer erlitt einen Milzriss.
    http://www.welt.de/politik/aus.....uropa.html

    2.) Stuttgart
    http://www.spiegel.de/politik/.....22939.html

    3.) Malaysia
    http://worldnews.nbcnews.com/_.....umpur?lite

    4.) USA
    http://www.dailykos.com/story/.....-on-Jan-28

    5.) Nordirland
    http://www.oe24.at/welt/Nordir.....f/90593610

    6.) Spanien
    http://linkepower.wordpress.co.....-valencia/

    7.) Aus Frankfurt nur eine Ausstellung:
    http://www.fr-online.de/kultur.....84826.html

    Ich finde, das passt gut unter „Wie der Markt die Moral zerstört“. Vielleicht sollten die Politiker aufwachen und den Einsatz von Wasserwerfern und anderen Geschossen verbieten und den Bürgern ihr Demonstrationsrecht zurückgeben.

    @ KJN
    „Genau hier: Wenn der Staat am Markt teilnimmt und versucht, davon zu profitieren (Statt seiner originären Aufgabe, einen stabilen Rahmen zu bieten nachzukommen.)“

    Ganz genau.

    Da wir das alles in Häppchen serviert kriegen und nur die Toten, merken viele nicht, welcher Moloch sich hier entwickelt.
    Mubarak sollte den Friedensnobelpreis kriegen, ja, witzig, oder. Er hat die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz lange nicht angegriffen.

  24. avatar

    @KJN

    „Ich habe am Beispiel Microsoft versucht zu zeigen, daß Marktakteure auch ein Interesse an Diversifizierung, kleinen, kleinsten Unternehmen haben können.“

    Interesse schon, aber letztlich hat die Marktmacht und -durchdringung dazu geführt dass in vielen Bereichen Innovationen verhindert wurden.

    Z.b. Einführung von Linux

    Und nochmals zur Wiederholung:

    Der Ansatz von Milton Friedman und von Hayek hat letztlich Reagan und Thatcher dazu bewogen staatliche Aufgaben weiter und weiter zu privatisieren.

    Wir können uns hier lange darüber streiten, ob zuerst das Ei oder die Henne , sprich die Privatisierung oder die Etatisierung da war.

    M.E hat ganz banal der Markt, sprich die Privatwirtschaft erkannt, dass sich im staatlichen Bereich sehr lukrative Tortenstücke zu holen sind.

    Und die Ideen der Privatisierung wurden letztlich auch von Consulting Unternehmen wie McKinsey, Bains Deloitte etc in den Staat, bzw. in die staatliche Verwaltung transportiert.

    Das die Kameralisten nicht in der Lage waren, die sehr komplizierten (bewußt gemacht) Vertragswerke im outsourcing Bereich (PPP) etc zu durchschauen liegtr m.E. auch darin, dass die eigentlichen Entscheider sprich die Politiker mehr oder weniger korrumpiert worden sind.

    Und wenn sich jemand gegen diese Modelle aussprach, wurde er wie in Hessen auf einen “ Pförtnerposten “ versetzt.

    Eine Frage:

    Was verstehen Sie unter:

    „Alles was natürlicherweise Monopol ist und für eine moderne Gesellschaft essentiell ist, gehört ausnahmslos in Staatshand. Alles andere nicht.“

    Wir können uns z.B. auch auf den Standpunkt stellen ,dass Web ist ein fester Bestandteil (Monopol)unserer Gesellschaft, daher sollte das Netz rekommunalisiert werden

    Lieber KJN

    zum wiederholten Male:

    Wir sind in unseren Auffassungen nicht soweit von einander entfernt.

    Im Gegensatz zu Ihnen sehe ich derzeit allerdings ein höheres Gefahrenpotential in den Privatisierungsprozessen, der Staat ist mehr oder wenige gelähmt.

    Die profitablen Einnahmenquellen werden privatisiert, siehe Maut, siehe PPP im Baubereich etc.

    Und wenn wir Bürger nicht aufpassen werden zukünftig sämtliche Gesetze nicht mehr von unserer Legislative eingebracht, sondern ebenfalls privatisiert.

    Ein sehr gutes Beispiel liefert der Gesundheitsbereich in .de .

    Eine Stunde als Pförtner im Gesundheitsministerium in unserer Hauptstadt und Sie wissen wer die Gesetze und Verordnungen macht.

    Ob staatliche Monopole tatsächlich das non-plus- ultra in der Wirtschaftssteuerung ist mag ich bezweifeln.

    Sie sind zumeist innovationshemmend und führen auch oftmals zu einer Verkrustung der Administration.

    Sie haben selber in einem anderen Zusammenhang auf diese Schwachstellen hingewiesen, sei in der Trinkwasserversorgung (Gelsenwasser) oder im Abwasserbereich.

    Die Gefahren die von diesen Monopolen ausgehen, werden oftmals unterschätzt, siehe auch:

    http://wirtschaftsblatt.at/hom.....-Netzwerke

    Vielleicht sollten wir daher mehr auf solche Modelle setzen, die den Bürger stärker mit einbinden:

    > crowdsourcing im Wetterbereich “

    http://green.wiwo.de/crowdfund.....erstation/

    Ein anderes Beispiel für die “ wisdom of the crowd “ sind z.B. auch solche Veranstaltungen (da in der Berlin vielleicht etwas für Roland Ziegler)

    http://www.supermarkt-berlin.n.....er-zukunft

    Vielleicht brauchen wir auch mehr eine
    „open source Bürgergesellschaft“ statt zu warten, dass uns etwas von der Privat- und Staatswirtschaft vorgesetzt wird…….

    Sie habeb ebenfalls die Weiterentwicklung im 3D printing Bereich angeschnitten, die u.U. sich zu einer 2. industriellen Revolution entwickeln kann.

    Schaunmermal und mischen wir doch einfach mit.

  25. avatar

    @Parisien: Meine Meinung dazu ist, dass ich nicht eine Erhöhung eines pauschalen Solis will, der dann nie mehr gesenkt, sondern stattdessen irgendwie zweckentfremdet wird. Was ich dagegen will, ist eine einmalige Unterstüzung zahlen für die Opfer der Flut, die jetzt in Not sind.

  26. avatar

    Nachtrag: A.P. hat irgendwann hier mal Interesse an der Frage bekundet, wann Liberalismus totalitär wird: Genau hier: Wenn der Staat am Markt teilnimmt und versucht, davon zu profitieren (Statt seiner originären Aufgabe, einen stabilen Rahmen zu bieten nachzukommen.)

  27. avatar

    @M.B.
    „Was soll den originäres Interesse des Marktes sein??“
    Das frag‘ ich mich auch. Das ist doch das, was Sie, EJ et al. hier bringen: „Markt macht alle gleich, er reduziert den Menschen auf den homo oekonomocus etc. Ich habe am Beispiel Microsoft versucht zu zeigen, daß Marktakteure auch ein Interesse an Diversifizierung, kleinen, kleinsten Unternehmen haben können. Das Interesse jeden Unternehmens ist zu wachsen, klar – wg. Gier, meist auch wg. schierem Überleben. Meine Behauptung (nochmal): Wir kaben eine staatlicherseits so gewollte Wirtschaftskultur, in der Große gehätschelt und Kleine möglichst verschwinden, oder nur in Verbünden, franchise, etc., – möglichst standardisiert existieren sollen.
    Und ich sagen daß das Wahnsinn ist, weil es zur Verödung ganzer Landschaften und letztlich zu einer hochprekären Volkswirtschaft führt, die dann mit dem Urteil von Moody’s, Fitch & Co steht und fällt, looser und winner – Staaten, statt das zu machen, was jeder seriöse Vermögensberater empfielt: Diversifizierung. Mit dem Märchen „Die Politik läuft dem Markt nach“ stielt genau diese sich aus der Verantwortung. Grüne, SPD waren lange genug „dran“ und haben die Konzentration seit der 80er weiter forciert – u.A. auch durch Umweltgesetzgebung..
    Und es ist nicht die Privatwirtschaft Urheber von Privatisierungen öffentlicher Dienste: Ich erinnere an die Gier der Stadtverwaltungen, sich auf solche mindestens dreiviertelkriminelle Konstrukte, wie cross border leasing einzulassen – organisierter Betrug am amerikanischen Steuerzahler. Als UK seine Bahnprivatisierung aufgrund von Unfällen und Missorganisation schon längst wieder zurückfuhr, standen hierzulande unseren hiesigen Verwaltungskarrieristen doch noch die $-Zeichen in den Augen. Meinen Sie wirklich, das sind Einzelphänomene?
    Sie unterstellen mir die Aussage: „Privatwirtschaft gut und effizient – Staatswirtschaft schlecht und mies“? Habe ich so noch nie hier gesagt, statt dessen: Alles was natürlicherweise Monopol ist und für eine moderne Gesellschaft essentiell ist, gehört ausnahmslos in Staatshand. Alles andere nicht.
    Und – lieber Moritz Berger, sie verstehen offensichtlich Ihre eigenen Links nicht: Ich bin doch mit meiner Argumentation auf James Glattfelders prekäres Szenarium eingegangen.
    Man muss m.E. über Fehlentwicklungen reden: Diese Staat-Markt-rechts-links Kiste verhindert das und bedeutet nichts anderes, als ein fröhliches Weiter-so.. Ach ich vergaß ja: Wenn z.B. Moody’s dann die hiesige Volkswirtschaft in den Orkus schickt, kann man die Agentur ja vorher verbieten. Oderächten oder sowas..

  28. avatar

    @Parisien: Das ist bestimmt der Fall, die Frage ist nur, wie stark dieser Einfluss ist. Für die USA ist es überlebenswichtig, dass der Dollar die Leitwährung bleibt. Da ist ein Europrojekt natürlich ein Dorn, der mit Argusaugen beäugt wird. Die Ratingagenturen sind wichtige Akteure, nicht etwa unparteiische Beobachter. Mit Ratings, aber auch mit An- und Vekräufen von Staatsanleihen kann man einem Projekt der europäische Vereinigung sehr schaden, es vielleicht sogar aushebeln.
    Wer so etwas nicht will und als inakzeptable Einmischung empfindet, der sollte sich auch im Sinn eienr Emanzipation für die Vertiefung der Eurozone einsetzen. Wie Sie sagen.

  29. avatar

    @Moritz Berger: Richtig; ich hatte mich nur auf Deutschland bezogen. Da gab es ja einst die Bonner Republik und die Soziale Marktwirtschaft. Und dann wurde ausgerechnet der Sozialdemokrat Schröder mit seiner Agenda und den Hartz-Gesetzen zur neoliberalen Ikone. Eigentlich handelt es sich ja um den Falschen, eine „false flag operation“; die SPD wurde und wird mit einem anderen Auftrag gewählt. Wenn man die sozialen Wohltaten des Staates zurückfahren und den Armen zusätzlich Dampf machen will, dann sollte man doch eher die CDU oder die FDP wählen. Nachdem die SPD unter Schröder nach rechts gedriftet ist, ist die CDU unter Merkel umgekehrt nach links gedriftet. Damit wird die parteienpolitische Verwirrung vervollständigt.
    Der orientierungslose Wähler fragt sich, wen er denn zur Umsetzung seiner Vorstellung wählen soll. Die Profile sind nicht mehr erkennbar.
    Immerhin lässt sich sagen, dass die CDU zumindest in der Europapolitik ihren Vorstellungen treu geblieben ist: Deutschland zuerst, und allen voran die deutsche Großindustrie und das deutsche Bankenwesen; der Rest trudelt im Kielwasser irgendwie hinterher (trickle down/Pferdeäpfelprinzip). Dieses für die CDU klassische Profil, an dem man sich orientieren, das man anziehend oder abstoßend finden kann, steht wenigstens noch.

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