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Bochum-Gate: Steinbrück verzichtet auf Kanzlerkandidatur

Frontbericht aus Bochum, der Stadt, in der Steinbrück den Wulff machte. Oder den Micky, wenn man sich noch erinnert, wer Micky Mronz, späterer Ehegatte Westerwelle war. Wir reden über das private Absahnen mittels politischer Reputation oder aus öffentlichen Haushalten, das persönliche Knete-Schinden, wenn das Gemeinwesen schon am Boden liegt. Wir reden über das moralische Watergate des ehemaligen SPD-Kanzler-Kandidaten Peer Steinbrück. Ehemalig?

Peer Steinbrück, so habe ich gerade gehört und kann es noch gar nicht glauben, verzichtet auf die Kanzlerkandidatur für die SPD. Er übernehme für seine Instinktlosigkeiten im Bochumer Stadtwerke-Skandal die politische Verantwortung. Das habe er dem Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel mitgeteilt. Man rechne nun stündlich damit, dass die Herren Rösler und Westerwelle/Mronz vor die Presse treten und ihn zum Kandidaten der FDP nominieren. Man verspreche sich von seinem Verhalten in Bochum einen guten Eindruck auf die Klienten dieser wunderbaren Partei der Besserverdienenden.

Wo höre ich das? Im „Tucholsky“, einer Bochumer Künstler-Kneipe im sogenannten Bermuda-Dreieck, in die ich nur geraten bin, weil mein Reisebüro mich in ein „Art-Hotel“ gebucht hat, worunter man am Ort einige karge Zimmer über der Kneipe versteht. Es ist hier spartanisch wie in einem Gulag, und die Restauration findet im rauchgefüllten Schankraum statt, der nach Revier riecht. Grönemeyers Welt, der hier am Ort Musiker war, bevor er zu Weltruhm gelangte. Natürlich habe ich mir die Currywurst bei Dönninghaus angetan, einige Schritte die Fußgängerzone hoch, am Engelbertbrunnen, den leere Bierdosen und Pommesschalen füllen. Bochum ist ärmer als der Osten, und man sieht es. Darum will man an den Soli ran.

Im Tucholsky geht das Gespräch am Tresen um die Spin Doctoren des Peer Steinbrück. Ich habe hier studiert und kenne Tonfall und Trinkgewohnheiten, ich falle nicht auf und spiele Mäuschen. Es fallen all jene Namen, die fallen müssen, wenn eine politische Sache um Peer Steinbrück wirklich böse steht. Und im Pott kriegt jeder sein Fett weg. Man liebt Spitznamen und Respektlosigkeiten. Im Prahlen der Insider fallen die Namen immer nur mit Attributen: Ein vertrocknetes Bertelsmann-Gewächs („Lebt der noch?“), ein ausrangierter ZDF-Grande („der schmucke Maddin“), Müntes ehemaliger Pressemops („der Donnerbalken“), die Lichtgestalt aus Thüringen („der Ölprinz“, wohl wg. mangelnder Haarpflege)…You name it. Auch von einer Ottilie ist die Rede, aber das ist kein Scherz; die Oberbürgermeisterin von Bochum heißt wirklich so. Hier konferieren die Thekenexperten über die Experten der politischen Klasse.

Bochum-Gate? Eine Petitesse. So wie Watergate auch nur ein Einbruch von einigen besoffenen Kubanern war. Die eitlen Stadtwerke der maroden Stadt haben sich Parties für 100.000€ das Stück machen lassen und ihr mediokres Mittelmanagement mit Promis garniert.  Es gab 25.000€ Gage für die Gaucks dieser Welt. Gezahlt hat das der Stadtwerkskunde, der Bochumer Bürger. Und gespendet hat die Knete keiner der VIPs. Ein Skandal. Jedenfalls dann, wenn die Parties von Herrn Westerwelle, die sein Lebensgefährte organisiert hatte, seinerzeit ein Skandal waren. Darf ich mal fragen, warum zum Teufel eigentlich Wulff zurückgetreten ist? Meine Thekenmannschaft findet, dass wir Wulff rehabilitieren oder Steinbrück in die Wüste schicken.

Wir sind im Mutterland der Sozialdemokratie; wir sind im Vaterland des Mutterwitzes.Man sollte im Revier nach dem vierten Bier (mit Korn) nicht widersprechen, aber einen entscheidenden Unterschied gibt es schon. Wulff und Westerwelle waren im Amt. Steinbrück dachte, seine Karriere sei am Ende. Da wollte er wie Gerd Schröder noch mal richtig Kasse machen. Das ist ordnungspolitisch in Ordnung. Wo also liegt der Fehler? Bei der Nominierung, obwohl seine Karriere schon zu Ende war. Aber das kann man ja noch korrigieren, finden meine Bochumer Jungs im Tucholsky.

Die Lösung: Steinmeier wird SPD-Kandidat und Steinbrück der der FDP. So passt das. Und die Ottilie aus Meck-Pomm tritt wieder für die CDU an. Und alles ist Paletti. Allgemeine Erheiterung. Man hofft jetzt nur, dass sie dann den Steinmeier nicht wegen Organhandel drankriegen. Denn dann droht Nahles. Noch ne Runde. Das liebe ich am Revier. Diesen wirklich bösen, aber immer gutgelaunten Pragmatismus. Bochum, ich komm aus Dir.

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2 Gedanken zu “Bochum-Gate: Steinbrück verzichtet auf Kanzlerkandidatur;”

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    „Who is the SPD ?“ Oder: „Wuerde die wirkliche SPD bitte aufstehen!“ – In geopolitischen Geschichte steht Gerhard Schroeder noch immer als „Widerstandskaempfer“ (mit Chirac) gegen die „Shock&Awe“ Cowboys. Und jetzt – auch fuer Entgeld – schafft er „Unabhaengigkeit“ fuer BRD durch „Nordstream“ – Russland wird fuer ewig weniger entfernt bleiben – in „airmiles“ und vielleicht manches anderem – im Vergleich mit Texas. Vielleicht gut jetzt diese „Ruhepause“ der SPD: Die Mutti ist doch auch in Wirklichkeit eine geopolitische Widerstandskaempferin gegen die Aasgeier des Wall Street & City of London, und hat auch keine Beteiligung genehmigt an „shock&awe“ in Lybien und Syrien. Was die SPD in Lateinamerika treibt mit ihrer „Friedrich Ebert Stiftung“ ist etwas unklar – aber zumindest im groessten Land Brasilien (welches jetzt „Great Britain“ im Weltwirtschaftsrank ueberholt hat…) – scheint die FES soweit nicht subversiv – im Gegesatz zu „Konrad Adenauer Stiftung der CDU welches ungeniert die von USA angestrebte „Ausdehnung“ der NATO in den Suedatlantik vertritt, oder „Friedrich Naumann Stiftung“ der FLP welche die „Rechten“ in Brasilien organisiert (und in Honduras schon Mithilfe zum Sturz der Regierung vollzogen hat, und jetzt die Stuerzung der populastischen Praesidentin in Argentinien anfacht), „Heinrich Boell“ – der „Gruenen Partei“ – die gegen die geopolitische Unabhaengigkeit Brasiliens und Suedamerikas gefaehrlichste NATO NROs weil sie die einfaeltigen“Gutmenschen“ mit den internationalen Gremien aufhetzen gegen die Entwicklung: Die 588 Millionen in Lateinamerika und Karibik sollen alle nur von dem Anbau von organischen Bananen fuer BRD Bio-Laeden leben – kein Anbau von Soja, Rinderzucht, Bergbau oder Oelfoerderung! Und die verdummten und von Opportunisten geleiteten BRD Linken – mit ihrer „Rosa Luxemburg Stiftung“ verbinden die geopolitische Subversion durch die „gruenen“ NATO NROs mit opportunistischen Verbindungen zu Organisationen, vielleicht auch „false flag operations“ welche die Regierung der Mitte-Links Koalition sabotieren versuchen.— Jetzt erscheint der Leiter von FES/SPD in Ecuador ,mit einem Vortrag in BRD ueber die Bedeutung der UNASUR und CELAC – die Gemeinschaften der Nationen Suedamerikas und Gemeinschaft der Nationen Lateinamerika und der Karibik – welche die USA und Kanada nicht als Mitglieder nehmen und „unabhaengig“ wirken wollen!!!. Also soweit ist die SPD in Lateinamerika die am wenigsten negative politische Einwirkung von NATO-BRD… Die BRD Wirtschaft ist vollkommen unbeteiligt an allen diesen Operationen – aber alle verstehen, das Auswaertige Amt (trotz Westerwelle )und die BND – blicken in erster Linie fuer „Partnerschaft“ mit der USA und fuer ihre geopolitischen Interessen in Lateinamerika.

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    Schöne Kolumne, allerdings mit einem kleinen Sachfehler: den Engelbertbrunnen gibt es nicht mehr. Den Engelbert schon noch. Den Brunnen den sie sicher meinen ist der auf dem Konrad Adenauer Platz, vom Tochulsky gleich „umme Ecke“. Das Engelbert-Denkmal steht jetzt ganz in der Nähe des ehemaligen Engelbert-Brunnens an der Kerkwege, in Sichtweite vom Cafe Konkret.

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