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Noch einmal: Joachim Gauck, der Holocaust, Israel und Europa

Mittlerweile hat die Diskussion über das Geschichtsverständnis Joachim Gaucks, die in der Blogosphäre begann, die wichtigen Printmedien der Republik erreicht. Götz Aly kritisierte in der linksliberalen „Zeit“ die „infamen Vorwürfe“ gegen Gauck, Harry Nutt kritisierte in der linksliberalen „Frankfurter Rundschau“ unter der Überschrift „Starke Meinungen“ (!) den „Furor“, der Gauck-Kritiker wie Yücel, Posener und Hasgall umtreibe.

http://www.zeit.de/2012/10/Gauck-Holocaust

http://www.fr-online.de/meinung/analyse-starke-meinungen,1472602,11762502.html

War es Josef Joffe, der einmal sagte, heute müsse man sich nicht dafür rechtfertigen, den Holocaust zu relativieren, mittlerweile sei es so, dass man sich rechtfertigen müsse, wenn man das kritisiert? Nun, wer auch immer das sagte, da ist was dran. Interessanterweise wurde Götz Alys Kritik der Gauck-Kritiker zustimmend auf der „Achse des Guten“ zitiert.

Dass Gauck, der in seiner Friedenspreis-Laudatio für David Grossmann vor zwei Jahren sagte, der israelische Autor habe den Preis bekommen, weil er sich „unverdrossen weigert, Teil einer Vergeltungsmechanik zu sein“, womit er bewusst ein antisemitisches Klischee der „Israel-Kritik“ bediente (Israel folge der „alttestamentarischen Vergeltungslogik“ des Aug um Auge, Zahn um Zahn) – dass Gauck also bei der nach eigenem Selbstverständnis pro-israelischen „Achse“ so gut wegkommt, kann man sich eigentlich nur damit erklären, dass er in Sachen Hauptwiderspruch (Wir gegen den Islam) mit seinem Lob des „Muts“, den Thilo Sarrazin bewiesen habe, indem er auf eine Minderheit eindrosch, Kurs hält, weshalb man in Sachen Nebenwidersprüche (Holocaustrelativierung, Israelkritik) gnädige Nachsicht walten lässt.

Eine Ausnahme freilich bildet – wie immer – Hannes Stein, dessen fulminante Kritik der Totalitarismus-Theorie sich implizit gegen Gaucks Positionen wendet (und auch einigen Achsen-Mitgliedern zu denken geben müsste, die wie Michael Miersch bis 1989 die DDR für das bessere Deutschland hielten und nun im Kampf gegen den „Klimatotalitarismus“ und den „Ökototalitarismus“ das damals Versäumte tapfer nachholen):

http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/verspaetete_anmerkungen_zur_totalitarismustheorie/

Ich sollte hier vielleicht betonen, dass sich meine Vorwürfe allein gegen bestimmte Positionen Gaucks richten, nicht gegen die Person Gauck. Seine historischen Verdienste sollen ebenso wenig in Abrede gestellt werden wie sein guter Wille. Die Positionen kann er ja, guter Wille vorausgesetzt, als Bundespräsident korrigieren. Wenn nicht, hat Deutschland ein Problem.

Welcher Art dieses Problem ist, habe ich auf „Starke Meinungen“ in einer Reihe von Beiträgen in den letzten Wochen klarzumachen versucht. Mein Freund und Kollege Henryk Broder meint zwar provokativ: „Vergesst Auschwitz!“ – er meint damit, dass die heutigen Juden, von denen sechs Millionen in Israel leben, die wohlfeilen politisch korrekten deutschen Erinnerungsfeiern gern eintauschen würden gegen nicht so wohlfeile, dafür aber wirksame Verhinderungsmaßnahmen gegen den Iran und andere eliminatorische Israel-Feinde wie Hamas und Hisbollah.

Doch bei allem Verständnis für diese Position halte ich es eher mit meinem Freund, dem US-Historiker Jeffrey Herf, der gerade aus der Erinnerung an die deutsche Geschichte, einschließlich des Exports des eliminatorischen Rassenantisemitismus in den arabischen Raum durch die Nazis, eine besondere Verantwortung der Deutschen ableitet, den heutigen Antizionismus, sei er arabisch-nationalistisch oder islamisch begründet, zu bekämpfen. (Was man nicht tut, indem man Israel eine „Vergeltungsmechanik“ unterstellt, wie Gauck es tut, oder ausgerechnet am Holocaust-Gedenktag das Recht auf Israel-Kritik betont, wie Hans-Gert Pöttering von der Konrad-Adenauer-Stiftung.)

Warum auch der „Anti-Totalitarismus“ in der unreflektierten, ich möchte sagen: unhistorischen Art, wie sie von Gauck vertreten wird, nicht nur theoretisch falsch ist, wie Hannes Stein brillant nachweist, sondern auch politisch problematisch ist, will ich hier nur andeuten. Gauck ist Erstunterzeichner der so genannten „Prager Erklärung“, über deren geschichtspolitische und aktuelle Hintergründe Shimon Samuels vom Simon Wiesenthal Center wie folgt urteilt:

http://www.wiesenthal.com/site/apps/s/content.asp?c=lsKWLbPJLnF&b=4442915&ct=7548759

Man muss Samuels nicht in allem folgen. Aber man sollte sich einmal fragen: Wovon ist Europa heute vor allem bedroht? Gibt es eine reale Bedrohung durch einen wieder erstarkten Kommunismus? So sehr man sich ärgern mag über Sahra Wagenknecht und Co. oder einen eingebildeten „Ökototalitarismus“ oder eine herbeihalluzinierte „Diktatur des Relativismus“: Längst haben wir es in Europa mit einer beängstigenden Renaissance des Nationalismus, der Eugenik, des Rassismus, der Xenophobie und des Antisemitismus zu tun.

Wobei selbstverständlich Islamofaschismus und islamischer Antisemitismus ebenso in diese Reihe gehören wie Islamophobie (oder wie auch immer man das nennen will, OK, ihr Wortklauber?), linker Antizionismus und der antieuropäische Nativismus eines Geert Wilders, der „Wahren Finnen“, FPÖ, Jobbik und Co. Die Massaker Breiviks und der NSU sind ebenso Weckrufe wie die Mordanschläge auf Mohammed-Karikaturisten oder auf die Übersetzer und Verleger der „Satanischen Verse“. Diese antihumanistischen Kräfte sind es, die den Nationalsozialismus hervorbrachten, und wie Bertolt Brecht sagte: Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.

Wie es der Zufall will, erfahre ich heute, dass der jüdische Autor Akos Kertesz in Kanada um Asyl gebeten hat, weil er in seiner Heimat Ungarn, einem Mitglied der Europäischen Union, seines Lebens nicht mehr sicher ist. Ich kann gar nicht sagen, wie beschämt und traurig ich als Europäer bin.

http://www.tagesspiegel.de/kultur/ungarischer-autor-akos-kertesz-bittet-kanada-um-asyl/6285684.html

 

 

 

 

 

 

 

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235 Gedanken zu “Noch einmal: Joachim Gauck, der Holocaust, Israel und Europa;”

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    @Katrin Kemmler

    Was mein Kommentar zu David Warren mit diesen Saetzen zu tun hat:

    Obama ist einer der mächtigsten Männer der Welt, da muss ich mich nicht aufregen. Es kann auch Rassismus sein, einen Menschen aufgrund seiner Hautfarbe für besonders schutzbedürftig zu erklären. Das meine ich nicht gegen Sie persönlich, sondern es ist ein Phänomen, das ich länger schon erstaunt beobachte. Ich kenne Asiaten und Afrikaner, denen die Rassismus-Schützer viel mehr auf die Nerven gehen. Denn sie sind stolz auf ihre Identität und wollen kein Mitleid oder automatisch gleich mit denen befreundet sein. Da sitzen noch viele Scheren in den Köpfen.

    Sorry aber hier David Warren als “ Zeugen “ für den „angeblichen Niedergang “ des Laizismus in Frankreich heranzuziehen entspricht angesichts ihres Hungers doch wohl mehr einem cassoulet oder eine backoefe

    Und wenn ich diesen Satz hier von ihnen lese:

    Und Frankreich – wenn man Sozialismus (im deutschen Sinne) als Religion betrachtet, und ich bin angesichts der unpolitischen Auseinandersetzung…

    dann ist ihrer Logik nach Mitterrand um es mit Brassens zu sagen ein:

    http://www.youtube.com/watch?v.....re=related

    Mit den deutschen Begriffen was Religion betrifft habe ich schon immer Schwierigkeiten gehabt:

    ……Opium für das Volk

    Aber vielleicht sind diese Saetze auch nur auf ihren Hunger zurueckzufuehren…

    Mit einem petit clin d’oeil :

    http://www.youtube.com/watch?v=Ip7fIB4aOeA

  2. avatar

    Zu den Gaza-Journalisten: http://spiritofentebbe.wordpre.....s-sie-tun/

    Obama ist einer der mächtigsten Männer der Welt, da muss ich mich nicht aufregen. Es kann auch Rassismus sein, einen Menschen aufgrund seiner Hautfarbe für besonders schutzbedürftig zu erklären. Das meine ich nicht gegen Sie persönlich, sondern es ist ein Phänomen, das ich länger schon erstaunt beobachte. Ich kenne Asiaten und Afrikaner, denen die Rassismus-Schützer viel mehr auf die Nerven gehen. Denn sie sind stolz auf ihre Identität und wollen kein Mitleid oder automatisch gleich mit denen befreundet sein. Da sitzen noch viele Scheren in den Köpfen.

    Kürzlich hatten wir eine Diskussion über das Kody 2012 Video. Eine junge Dame aus Tansania fand es nicht in Ordnung, dass ein Weißer Erfolg mit der Kampagne hat. Auf Intervention einer indonesischen Freundin, die in Darfur gelebt hat, entschuldigte sie sich. Sie sei nicht rassistisch. Wir kamen zum Schluss, dass es angesichts der Weltlage völlig egal ist, wer welche Hautfarbe oder welchen Glauben hat. Humanität (humanity) ist das Schlüsselwort, nach dem man sortieren sollte.

    Und Frankreich – wenn man Sozialismus (im deutschen Sinne) als Religion betrachtet, und ich bin angesichts der unpolitischen Auseinandersetzung bald soweit, dann haben wir die Allianz des Antisemitismus, der den Laizismus ernsthaft bedroht.

    Mich bedroht jetzt der Hunger, ich werfe Ihnen ein Augenzwinkern zu.

  3. avatar

    Chère Madame Kemmler,

    so sehr ich ihren Kampf gegen den Antisemitismus schaetze und unterstuetze, dennoch sollten sie vielleicht einmal recherchieren wer David Warren ist.

    Hier Barack Obama als Araber zu bezeichnen ist leider nur die Spitze seines „intellektuellen icebergs“.

    Seine Naehe zu den Kreationisten ist auch ein
    “ Markenzeichen “ von David Warren.

    Ich bin der Meinung, dass es doch wohl qualifiziertere Journalisten gibt.

    Wenn sie diese Zitate von mir in ihre Schublade der Denunziation packen, dann ist es ihr cup of tea.

    Schade dass sie so ein Urteil faellen.

    Diese attitude ist in meinen Augen nicht mehr rechtsliberal

    P.S. Noch ein puzzle zu David Warren:
    http://www.realclearpolitics.c....._work.html

    http://www.bestandworst.com/v/101402.htm

    Die beiden Journalisten von Fox als Feiglinge zu beueichnen ist in meinen Augen erbaermlich und inhuman.
    Aber vielleicht ist dies auch alles wieder eine Denunziation??

    Was die sogenannten linken Medien betrifft. Vielen dank dass sie mir hier über 2000 Berichte zur Verfuegung stellen.

    Ein kleiner kommentar am Rande;

    Seit wann bedeutet Quantitaet auch Qualitaet??

    Und seit wann ist z.B. Europe 1 links??

    Und wenn sie sich die Muehe gemacht haetten ein wenig mehr die Artikel zu lesen, gab es sowohl die These von neonazis und von islamischen Fundamentalisten.

    Oder haetten sie im Falle der drei Soldaten spontan auf islamische Fundamentaliosten als Moerder
    getippt??

    Ich kenne mein Frankreich wie sie auch sehr lange, ein wenig laenger als sie…

    Wenn ich diesen Satz lese:

    Es ist leider nicht mehr so laizistisch, wie ich es kannte.

    Ich vermute sie meinen damit die verstaerke Dominanz des Islams in Frankreich, erkennbar an den Moscheen etc.

    Oder meinen sie hier mit eine Staerkung der christlichen Religionen??

    http://www.realclearpolitics.c....._work.html

  4. avatar

    Monsieur Levasydas, der zweite Beitrag hat ein klein wenig einen Hauch von Denunziation. Das mag ich nicht, deshalb werde ich mich nicht damit beschäftigen.

    Ich habe in dem Artikel mein altes Frankreich erkannt, in dem ich vor rund 30 Jahren gelebt habe. Und das neue, das ich derzeit erlebe. Es ist leider nicht mehr so laizistisch, wie ich es kannte. Aber immer noch besser als Deutschland. Hier wäre unter den dort gegebenen Umständen Sarrazin schon längst Kanzler.

    Und zu den Medien: welche der über 2.000 Berichte hätten’s denn gerne?

    http://www.google.de/search?hl.....l169l2l2l0

  5. avatar

    @Katrin Kemmler

    etwas über David Warren:

    2. „Soon we will know Obama’s mettle“, David Warren, Nov. 8, 2008

    In an article that claims Obama’s election may have been “the most racist election in U.S. history… an election in which 97 per cent of black voters voted for the visibly black candidate”, David Warren first muses about Trudeau, then adds a remarkable statement: „Maybe he wasn’t black, but then neither is Barack Obama according to his own account of his ancestry. For even on the Kenyan side, he is more Arab than Luo”.

    http://www.canada.com/ottawaci.....21394ade7b

    The claim that Obama was Arab, like a litany of other bizarre internet smears (that he is the Anti-Christ, was not born in the U.S. etc.), have circulated on the fringes of the web for years. It is surprising and disappointing to see them repeated, without any supporting source, in an Ottawa newspaper.

    Warren cites no authority, making only vague reference to “his own account of his ancestry”.

    http://mediaculpapost.blogspot.....tario.html

    Und hier etwas von David Warren zu Darwin:

    http://sandwalk.blogspot.de/20.....ed-of.html

  6. avatar

    @Katrin Kemmler

    Wen haben sie denn da ausgegraben:

    David Warren….

    Und was verstehen sie unter ihrem alten Frankreich?

    Und was ist das neue Frankreich?

    Das Vichy régime

    Die Regierungsazeit unter Charles de Gaulle

    M. Blin Bling ??
    M. Kaercher?

    Sorry aber das was David Warren über Frankreich schreibt ist in der Analyse eine baeckeoffe

    Und wenn sie hier schreiben:
    Die linken Medien haben der französischen Gesellschaft einen Riesengefallen getan.

    Dann sollten sie doch Quellen nennen:

    Meinen sie Le Monde , Libé, Nouvel Obs ?

  7. avatar

    Um auf die Frage zurück zu kommen, ob die Gefahr mehr von links oder von rechts droht, eine Analyse aus Kanada, in der ich mein altes Frankreich und das Neue wieder erkenne:

    http://www.ottawacitizen.com/n.....story.html

    Die linken Medien haben der französischen Gesellschaft einen Riesengefallen getan. Sie haben den Verdacht auf Neonazis so hochgezogen, dass Marine Le Pen sich zu Recht als stigmatisiert in die Opferrolle argumentieren darf.

    Die Allianz von Links und Islamismus bestätigt sich auch hierzulande. Wer hat mitbekommen, dass der palästinensische Premier sich deutlich von den Anschlägen in Toulouse distanziert hat? Das müsste eigentlich auf jeder Titelseite stehen, denn es ist eine Erstmaligkeit. Hoffentlich bleibt es keine Einmaligkeit.

  8. avatar

    Ausgerechnet Lyoner analysiert Parisien. *staun*

    Kerstin, ein weiser älterer Volkswirt hat mir in meiner Jugend einen Satz gesagt, den ich nie vergessen werde und Ihnen gerne weiter reiche: „Nichts im Leben verläuft linear.“ Ich weiß nicht, ob es damals um Bevölkerungsexplosion in China/Indien oder Gastarbeiter (so sagte man damals noch) in Deutschland ging.

    Dieser Satz hat sich in den letzten über 20 Jahren so oft bewährt, vor allem bei den gruseligsten Szenarios, dass ich Sarrazin nicht mal gekauft habe.

    Ein weiterer weiser Mann wurde kürzlich zum Bundespräsidenten gewählt. Er sagte den zweiten klugen Satz, den ich nur unterstreichen kann: Man sollte keine Politik aus Angst machen. Das wäre der zweite Grund gewesen, Sarrazin nicht zu lesen. Der offen zugegeben hat, dass er das Buch aus Angst geschrieben hat.

    Werfen Sie das Buch weg, er ist ein schlechter Statistiker. Von Mutter zu Mutter: schenken Sie die Aufmerksamkeit Ihrem Sohn und wenn Sie ganz stark sind, dann akzeptieren Sie, dass man als Mutter nur schuldig sein kann. Sonst fängt man an, andere Schuldige zu suchen und das tut dem Kind nicht gut. Wir machen alle Fehler. Ich gebe mir nur noch Mühe, die weniger großen Fehler zu machen.

    In diesem Sinne alles Gute für Sie und Ihre Söhne.

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    @Parisien: Jetzt bin ich aber froh zu lesen, dass ihr Vorschlag nur eine Provokation war. Im Moment ist es mir allerdings nicht möglich an einer Diskussion über eine richtige oder falsche Familienpolitik teilzunehmen und ich werde mich doch zunächst aufs Lesen beschränken. Das Buch von Herrn Sarrazin ging mir doch zu sehr unter die Haut, als dass ich dort völlig frei von Emotionen mitdiskutieren könnte. Ich habe zwei Söhne, die in ihrer Schullaufbahn nicht unterschiedlicher sein könnten. Dies kann und will ich nicht öffentlich diskutieren. Mein zweiter Sohn wäre mir fast verhungert, immer wieder habe ich mich gefragt, was hätte ich besser (richtiger) machen können.

    Bettina Wegner – Sind so kleine Hände http://www.youtube.com/watch?v=PEosKqYhYIY

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    Oh, bitte nicht Parisien! Das ist ja grauenhaft, da findet man mal eine interessante Auffassung in anständiger Rechtschreibung und prompt wird er verjagt. Pfui.

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    @ Parisien

    Sie haben es schwerer als wir anderen. Es gelingt Ihnen nicht, sich in einem ideologischen Lager zu veraankern. Die meisten argumentieren doch aus den vermeintlich sicheren Gehegen von Dogmen und anderen Überzeugungen, die sie mit Zähnen und Klauen verteidigen. Sie dagegen erleben zu viel Einspruch, Widerspruch, einen hohen Seegang, kämpfen darum, nicht zu ertrinken. Es ist schwer, aber ich könnte mir vorstellen, dass Sie ein freier und unabhängiger Geist werden, wenn Sie gelernt haben, keine Angst mehr vor den inneren und äußeren Widersprüchen und In-Frage-Stellungen zu haben.

    Ich denke, im Moment müssen Sie aus dem Infight, den Klammerungen herauskommen. Ich betrachte die Sache eher vom Standpunkt eines Schachspielers, mache einen Zug und schaue welchen Zug der Gegner macht. Fernschach – emotional nicht so anstrengend.

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    An alle: Ich gehe noch darüber hinaus: Ich passe überhaupt nicht in die Politik, auch nicht in die Seitengänge der Politik wie comments etc. Meine Famailie klagt, Politik mache mich abwesend und grantig und unausstehlich. Was Sie, Lyoner, hier mit Distanzverlust beschreiben, ist nichts weiter als dieses cholerische Element. Das Internet hat dazu eingeladen, mehr als passiv an der Politik teilzunehmen, und ich dachte, ich könnte das wegen der geradlinigen, grammatikalisch meist einwandfreien Sprache. Aber das reicht nicht. Ich kann das nicht. Mir fehlt die Distanz zur Politik, das über den Dingen Stehende. Daher hören Sie bitte auf, sich über mich zu ärgern und über mich in dritter Person zu reden. Ich werde versuchen, mich von dem Fascinosum Poltik im Internet zurückzuziehen und lieber in meiner Freizeit mehr mit Büchern beschäftigen. M.f.G.

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    @ Lyoner
    Es wirkt seltsam, wenn Menschen sich über Dritte, die sie nicht kennen, öffentlich unterhalten. Im Gegensatz zu Ihnen und EJ spreche ich einzelne Protagonisten i.d.R. direkt an, wenn auch mal zu schroff wie JLL. In einem haben Sie jedoch Recht: Ich passe überhaupt nicht in dieses Blog und an sich auch gar nicht zum Medium Internet.
    Die Essenz meiner Klagen gehört auch gar nicht hierher, sondern schriftlich nachdenklich formuliert in einen oder mehrere Briefe ans Familienministerium.

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    @ EJ, Parisien

    Es gab bei Parisien unterschiedliche Phasen, auch Phasen, in denen sich mein anfänglicher Eindruck von dissoziativem und konfusem Denken aufhellte, sie durchaus interessante Beobachtungen beitrug. Im Moment scheint es eine Phase der Dekompensation zu sein, in der auch die persönlichen Distanzen zusammenbrechen. Parisien braucht eine Hilfe und Form der Begegnung, die dieser Blog nicht leisten kann.

    Wäre es intellektuell nicht angemessener, auf eine Recodierung „Philosemitismus“ und „Antisemitismus“ zu verzichten (das fällt Ihnen ja auch schwer, auch wenn Sie mich gerne in eine bestimmte Schublade stecken würden, damit die angesprochenen Fragen weniger bedrängend werden)? Ich werde ja auch nicht als „Philo-Russe“ oder „Anti-Russe“ diskrimiert, wenn ich mich mit den Segnungen und Mißständen in Russland beschäftige.

    Meinen Sie nicht auch, dass derblondehans eine manchmal köstlichen Humor besitzt?

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    EJ: ‚die von derblondehans vertretenen erratischen “Rechtspositionen”

    … das gefällt mir. Nur ersetzen Sie ‚erratisch‘ durch suchen. Wäre suchen nicht, wäre ich ja perfekt. Ein Jott. 😉

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    @KJN: Genauso sehe ich das auch.

    @Parisien: Toll, wie Sie das gemacht haben. Andere können das heutzutage leider nicht, und einige sind nicht mal bereit dazu. Das mag schlimm sein, aber deren Kinder müssen ja trotzdem von irgendetwas leben und erzogen werden.

    Dies muss man nicht so sehen; man kann die Sache auch so betrachten, wie es z.B. Jan Z. Volens in einem anderen Trhead von indigenen Völkern berichtet hat: überzählige oder nicht ernährbare Kinder werden einfach im Dschungel ausgesetzt.

    Das kann man so wollen, aber dann sollte man zunächst nicht ein besonderes Herz für diese Kinder in Anspruch nehmen und außerdem die Folgen dieses Tuns voraussehen. In unserer Gesellschaft würde das Zurückfahren der Kinderförderung jedenfalls zu folgenden Kollateralschäden führen:
    – Es würden grundsätzlich weniger Kinder zur Welt kommen, denn die Armen müssten sich genau ausrechnen, ob sie sich dieses Glück leisten können. (Kinder bedeuten in den meisten Fällen Glück.)
    – Es gäbe mehr verwahrloste und bettelnde Kinder
    – Die Kriminalität würde sich erhöhen

    Wenn man die Forderungen trotzdem aufrecht erhält, ist es mir recht; wenn größtmögliche Transparenz hergestellt ist, kann abgestimmt werden, und danach müssen dann alle Parteien mit dem Ergebnis leben.

  17. avatar

    @ Lyoner: Kämpft hier Parisien nicht mutterseelenallein?

    Wenn er kämpfen würde, wäre er allein. Aber er kämpft nicht. Er überschüttet das Blog aus einem ihm in seiner Ignoranz unerschöpflich zur Verfügung stehenden Reservoir. Und das von Tag zu Tag heftiger. – Weil ich zu tun habe, lese ich das Blog seit einiger nicht mehr (mit der Lupe) themen- und personenselektiv, sondern gleichsam immer wieder in einem Stück. Es entsteht der überwältigend abstoßende Eindruck eines von Parisien und seinem (geradezu ozeanischen) Alltagsfaschismus völlig dominierten Blogs.

    (Den zuletzt geäußerten Verdacht, übrigens, dass Parisien im Suff schreibe und den schon viel früher geäußerten Verdacht auf das Vorliegen einer (massiven) Persönlichkeitsstörung halte ich für eine (metaphorische) Bestätigung meines Eindrucks.)

    Beispielsweise Gesundheit (und Krankheit) als politische Kategorien – die Kanzlerin als eine durch und durch gesunde Person – dergleichen hatten wir hier bisher noch nie! Das geht in seiner raumgreifend, tendenziell flächendeckenden, „harmlosen Selbstverständlichkeit“ weit hinaus über etwa die von derblondehans vertretenen erratischen „Rechtspositionen“ und Ihren obsessiven „Philosemitismus“, die beide thematisch und personell (trotz allem) irgendwie isoliert und insofern begrenzt (und deshalb für mögliche Dialogpartner handhabbar) bleiben.

    Ich denke wirklich, dass das Blog im Eimer ist. Die übrigen Primär-Poster haben ohnehin nie eine Rolle gespielt. In Ergüssen Parisiens werden jetzt aber auch Alan Poseners Texte (wie die Kommentare der Posener-Leser) konturlos und unsichtbar. Sie ersaufen sozusagen in der von Parisien ausgeschütteten braunen Soße.

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    Egal, was KJN jetzt noch schreibt, ich habe zu viel zu tun und verabschiede mich von diesen comments. Außerdem hat Posi etwas Neues geschrieben, darunter steht Böhme über Gabriel, interessant, kein comment, darunter Kocks über Politiker, interessant, ein comment.
    Ich fasse zusammen: Ich bin israelfreundlich, habe nichts gegen Muslime, allerdings gegen groben Unfug, und zu diesem Unfug gehört auch, was in Amerika gern als white trash bezeichnet wird. Und da ich gegen groben Unfug und white trash bin, bin ich jetzt als braun deklariert worden. Wenigstens eine Spirale, wenigstens das, Genossen. In der DDR bekamen die 19jährigen immerhin nur ein Kind, und nur, um endlich eine „Zweiraumwohnung“ zu bekommen. Die armen Kinder, die armen Steuerzahler, der verschuldete Staat. Und RZ, der Feind des Handwerkers. Wieviel Trinkgeld geben Sie eigentlich, RZ? Meine Handwerker haben auch immer eine Brotzeit bekommen und eine Kiste Getränke. Sie berichteten, dass sei nicht mehr gängig. Nun ja.
    Unser Monti wartet schon irgendwo. Viel Spaß noch.

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    @ KJN

    Also, wenn Ihr Video ein Argument sein soll, dann geht es in die Hose. Das ist vom deutschen Ernst geblieben; wir schaffen uns als Volk von Spaßmachern ab.

    @ Parisien

    Jenseits des Getöses um Eugenik haben Sie Recht, wenn Sie auf den Grundsatz hinweisen, dass die Familie das Kind ernähren soll und nicht die Kinder die Eltern. Gunnar Heinsohn hat dazu einen vernünftigen Vorschlag gemacht: volle (und bessere) Unterstützung der ersten beiden Kinder, weniger für das dritte; wer mehr Kinder haben will, soll dafür selbst aufkommen können. M.E. ist das sozialpolitisch nach beiden Seiten gerecht. Was mit den von Ihnen angesprochenen unglücklichen Kindern? Ich glaube, die haben mehr Lebenschancen, wenn sie adoptiert werden.

  20. avatar

    @ KJN
    Ich habe nichts Eugenisches gemacht. Ich habe anhand eines Falles einer 24jährihgen Mutter, die sich wechselseitig von Drogenusern, Alkoholikern und Knastinsassen fünf Kinder hat machen lassen, die alle so litten, dass man sie ihr weggenommen hat, vorgeschlagen, dass man nach einer solchen Anamnese eine solche Frau sterilisieren sollte. Man sollte sie gewiss nicht zwangssterilisieren. Aber man könnte ihr gewisse Alternativen vorschlagen, z.B. ihr Leben auf die Beine zu bringen. Das hat das JA auch getan, ohne Effekt. Sie ließ sich von einem frisch entlassenen Knastinsassen das nächste Kind machen.
    Was schlagen Sie denn statt dessen vor? Ich bin darauf gespannt.
    Ich hatte ja schon Alternativvorschläge dabei wie betreute Wohngemeinschaft und Psychotherapie sowie Ausbildungsförderung (und Spirale). Was wird denn aus solchen Kindern, sagen Sie mir das!? Vielleicht Müllmänner, die man nicht mehr braucht, sobald die modernen Mülltrennungsanlagen überall stehen und Roboter die eine Tonne aufnehmen, die es dann noch geben wird.
    Mal weiter: Jetzt zu Ihrem erdachten „Fundamentalkatholizismus“, einer leeren Drohung, denn dann wären Sie ja bald in der Nähe von Kardinal Meisner, den sie vermutlich ablehnen. Aber nur zu. Ich kann auch Fundamentalprotestantismus, Luther mit der Magd, die LIEBEN MUSS, den Kuhstall auszumisten, Tauler etc. Ich rate Ihnen kaun dazu. Ich hole meine Kiste aus dem Keller mit Drewermann, Luther und Albert Schweizer. Das ginge schlecht für Sie aus. Und in der Kiste, die ich schon verschenken wollte, sind auch Bücher von JPII und Kardinal Ratzinger, dem heutigen Papst. Mal zu. Ich bin gespannt. Das wird dann hier mal auf 300 gehen. Viel Freude!

  21. avatar

    Roland Ziegler schrieb: „Wenn jemand ohne Geld ein Kind bekommt, ob gewollt oder nicht, dann nimmt der Staat Geld in die Hand, um dieses Kind zu unterstützen.

    Ich würde sagen das ist eine Frage der Zivilisation. Daß das nicht mehr gehen sollte, kann ich angesichts der sonstigen Subventionen nicht nachvollziehen. Die steuer- und förderpolitisch gewollte Begünstigung von „Eliteeltern“ ist ein weiterer Versuch einer Staatsverwaltung, sich mit Hilfe unserer Steuergelder in die Privatsphäre seiner Untertanen einzumischen.

    Wenn Sie @Parisien, so eugenisch weitermachen, werde ich noch zum Fundamentalkatholiken.
    Und ich finde @EJ, dieses Gewässer hier wird nicht braun, wenn einer mal zeitweise unter Logorrhoe leidet.

    Mehr zum Thema Deutschland stirbt aus: http://www.youtube.com/watch?v=wY-CPr8JFGw

  22. avatar

    @Parisien: Ihr Herz gehört also diesen Kindern. Aber finanzieren wollen Sie sie nicht. Da werden sich diese Kinder sicher trotzdem freuen; immerhin haben sie ja Ihr Herz.

  23. avatar

    @ derblondehans

    Worauf Sie zu Recht hingewiesen haben: es gibt keine verläßlichen Statistiken (bzw. werden sie schon nicht erstellt) über Gewalttaten von Immigranten gegen Autochtone. Begründet wird dies damit, dass man einer Xenophobie nicht in die Hände spielen will. Sie sehen: Ignoranz soll dem Gemeinwesen gut tun.

  24. avatar

    @EJ

    „Das Blog ist erledigt, es treibt im großen braunen Netz-Strom.“

    Warum eigentlich? Kämpft hier Parisien nicht mutterseelenallein?

    @ Parisien

    Mon Dieu! Sortieren Sie doch mal die Gedanken.

  25. avatar

    @ Roland Ziegler
    Ja, ich finde es verdammt kaputt, sich über Kinder zu ernähren. Und ich finde ein paar Sachen noch kaputter: Wenn man sich vom Kindergeld Schnaps kauft.
    Sie sind ja sehr überzeugt, dass Sie Recht haben. Wir, allerdings ein Paar, bekamen ein Kind während unseres Studiums. Der Staat hat uns keine müde Mark gezahlt. Wir haben wechselseitig studiert, abends Sprachunterricht gegeben und eine Gruppe mit Ähnlichen mit aufgebaut, Räume gemietet und eine Erzieherin für acht Kinder angestellt. Und das ging. Unser Studium hat jeweils ein Jahr länger gedauert. Es war zwar mühsam, aber es ging. Wir hatten ein Ikea-Bett, geliehene Kindersachen und Kinderbett, nie ein Steak, immer Gehacktes. Hack in Paprika, Hack in Kohl, Hack in Chicorée, Hackbraten, Hamburger. Ich bin durch die Prüfung in Arbeitsmedizin gerasselt, na und. Es ging. Sie tun gerade so, als hätten Studentinnen nur noch Grips zum Fachidioten oder Kindermachen. Wir waren jung und hatten jede Menge Energie. Wir waren mit unserer Kindergruppe im Biergarten und hatten auch noch Spaß. Keiner bekam Geld vom Staat, und dennoch gab es Kinder. Und es waren glückliche Kinder, würde ich sagen. Alle waren gewollt, wir waren alle arm wie Kirchenmäuse, aber keiner verhungerte, und keiner war abhängig von Nanny Staat. Es liegt nicht am Geld. Es dürfte mehr mit Bequemlichkeit zu tun haben.

  26. avatar

    Soso, EJ, der Blog ist kaputt, weil ich es nicht akzeptabel finde, dass Babies und Kleinkinder gequält und, wie man an meinem angeführten Fall sieht, ein durch frühe emotionale Vernachlässigung schwieriges Leben haben, und der Blog ist kaputt, weil ich die Provokation Sterilisation (nach Geburten und Versagen der Mütter) brachte, um Kindern so ein Leben zu ersparen. Wenn deswegen der Blog kaputt ist, ist er nicht gut genug. Im Übrigen können Sie ja weiter oben im Blog schreiben, wo ich kaum noch etwas kommentiert habe, z.B. Thema Freiheit oder der taz-Artikel, den Posener dort zusätzlich verlinkte. Hier im Hinterstübchen muss nicht gleich der Blog kaputtgehen. Eher verlasse ich den Blog, so dass Sie sich wieder gegenseitig ermuntern können. Auf jeden Fall gehört mein Herz diesen Kindern und nicht einem Staat, der zulässt, dass alleinstehende Mütter ihre Kinder als Mittel zum Zweck benutzen. Ja, Sie können das Wort gern nochmal haben in anderer Form: Wenn Babies ihre Eltern ernähren, ist das entglitten. Wenn eine Kuh von ihrem Kalb verlangen würde, dass es sie ernährt, hätten wir bald keine Rinder mehr. Also gehaben Sie sich wohl. Ich werde den Blog nur noch sporadisch besuchen. Benutzen Sie etwas Desinfektionsspray, dann wird das schon wieder.

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    @Parisien: Die Diskussion zur Kinderförderung hatte damit angefangen, das ich meinen Ärger über die Elterngeldregelung, welche eine zu Kinderförderung umetikettierte Geburtensteuerung ist, am eigenen Beispiel zum Ausdruck gebracht habe. Dann kam die alleinerziehende Studentin ins Spiel, deren Kind von joe the plumber mitfinanziert wird, und inwischen sind Sie, wie von EJ vorausgesagt, beim „kaputten Mensch“ angekommen. Ist das der Weg, den eine Diskussion über Kinderförderung gehen sollte? Vielleicht sollten Sie einmal von den Sonderfällen absehen und den Regelfall betrachten. Oder meinen Sie, der „kaputte Mensch“ wäre der Regelfall? Oder jemand wäre ein „kaputter Mensch“, wenn er ein Kind bekommt, ohne aus eigener Kraft dafür sorgen zu können? Selbst wenn das so wäre – möchten Sie, dass das Kind darunter zu leiden hat?

    Wenn Sie diese letzte Frage verneinen und nicht wie sonst Ihr Hirn reflexartig abschalten, dann kommen Sie an der Erkenntnis nicht vorbei, dass irgendjemand dieses Kind finanzieren muss. Wie auch immer. Irgendwer muss zahlen. Und wer könnte das wohl sein?

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    @ derblondehans
    Das haben jetzt Sie gesagt.
    Es gibt keine entarteten Menschen. Menschen neigen dazu, alle Möglichkeiten auszuschöpfen und auch auszunutzen. Wenn der Sozialstaat es ermöglicht, dass kaputte Menschen Kinder als Mittel zum Zweck (staatliche Gelder) gebären, stimmt etwas an ihm nicht. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das zu ändern, z.B. indem man nach dem zweiten oder dritten Kind kein Kindergeld mehr gäbe. Es erscheint mir auch sinnvoller, solche Frauen unter kontinuierliche Aufsicht zu stellen, z.B. in einer betreuten WG, und sie dabei auszubilden, so dass sie z.B. Schulabschlüsse nachholen können. Außerdem wäre Psychotherapie angebracht. Aber das so zu lassen und ein Kind nach dem anderen chancenlos in diese Welt zu schicken, ist ausgesprochen nachlässig und verantwortungslos. Der kleine Junge, den ich erwähnte, schaffte nicht mal den Übergang zur Realschule, obwohl die Ziehmutter, deren eigene Kinder auch nicht brillant waren, Kinder so fördern konnte, dass sie den Übergang schafften. Der Staat greift in solchen Fällen viel zu spät ein, wie man ja auch an Jessica sah, die in Hamburg verhungert ist. Und normale Bürger sollen diese Missstände finanzieren. Ich glaube, es würde den meisten Bürgern mehr einleuchten, wenn man junge Leute, die es nicht geschafft haben und aus chancenlosen Elternhäusern kommen, eine sekundäre Ausbildung und Therapie finanzieren würde. Den Kindern, so scheint es mir, kann man kaum helfen, weil die meisten Schäden in den ersten drei Lebensjahren gesetzt werden. Wir bräuchten statt einem automatisierten Sozialstaat, den wir derzeit haben und der teilweise massiv ausgenutzt wird, einen denkenden Sozialstaat, der dort eingreift, wo noch etwas zu machen ist. Die meisten Dinge sind nicht heilbar, in dem man einfach Geld verschiebt. So einfach ist das nicht. Kein Handwerker kann einen Kevin mit seinen Steuern heilen.
    Ich will noch ein Wort wie ein Denkmal zu dieser Ziehmutter sagen: Es handelt sich um eine charmante, überaus liebe, hingebungsvolle Person mit einem humorvollen Ehemann und reizenden Kindern. Eine Frau mit einer außergewöhnlichen Herzensbildung. Die ganze Sache hat sie sehr bekümmert. Inzwischen kümmert sie sich am WE um einen Blinden, erwachsen. Er ist sehr dankbar.

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    @Parisien: Also ich finde, solche von ihnen am 18. März 2012 um 21:41 beschriebenen Fälle immer sehr tragisch, allerdings glaube ich nicht, dass sie vollständig zu verhindern sind. In Ihrem Beispiel ging es ja nicht um eine Studentin. Oder?
    Auch Herr Sarrazin hat keine Sterilisationen gefordert, sondern eine Veränderung der Finanzierung von Familien und der Bildungspolitik vorgeschlagen, damit Kinderkriegen nicht zur Verbesserung der Elternsituation bzw. zur Vererbung des Sozialstatus führt. Aber auch eine stärkere Fürsorge bei Problemfamilien.
    Die Gesellschaft hat sich grundlegend geändert. Beim Lesen von Sarrazins Buch hatte ich manchmal den Eindruck, er wünscht sich in eine andere Zeit. Fernseher, Spielkonsolen und Internet sind heute genauso Lebenswirklichkeit, wie bis 22 Uhr arbeitende Mütter, z. B. im Einzelhandel. Wer kann sich schon ein Schulinternat auf dem Bauernhof leisten? Und will ich das überhaupt?
    Meine Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt sind auch, Kinder sind ein Störfaktor, sofort wird nach der Versorgung bei Krankheit und eventueller Bereitschaft (Flexibilisierung der Arbeitszeit und Überstunden) gefragt. Wenn die Oma weit weg ist bzw. noch selber arbeitet, wird es schwierig. Sie sehen, ich bin nicht sehr optimistisch, was die Erhöhung der Kinderzahlen bei Akademikern betrifft. Vielleicht habe Sie ja bessere Vorschläge. In anderen Ländern wird bei Einstellung von Akademikern auch die berufliche Situation der Ehefrau und Mutter berücksichtigt, das ist dann ein viel familienfreundlicheres Umfeld.

    Auf einem anderen Thread hatte ich ja schon einmal verschiedene Artikel zitiert, die die Thesen von Sarrazin widerlegen:
    http://starke-meinungen.de/blo.....mment-9005
    http://starke-meinungen.de/blo.....mment-9007

    Natürlich brauchen wir mehr Chancengerechtigkeit gerade in der Bildung. Gleichzeitig habe ich ein Problem mit seinem Intelligenzbegriff. Grammatik/Rechtschreibung als Maß aller Dinge? Wir hatten einen Mathematikprofessor, der hat sich immer beim 1 x 1 verrechnet. 🙂 🙂

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    Cher Jean-Luc,
    nach EJ’s Einlassung dachte ich nochmal über Sie nach. Übrigens bin ich nie mit jemandem fertig. Es ging mir auf, dass Ihr Vater Franzose sein muss, und Ihre Mutter, da sie eine jüdische Mutter hatte, eine Jüdin ist und Sie somit ein Jude. In der Tat sollte man den Ausdruck „zersetzen“,der in Deutschland eigentlich sehr gängig ist, vor allem in linken Kreisen, gegenüber einem Juden nicht verwenden.
    Daher entschuldige ich mich für den Ausdruck. Ich finde Juden nicht zersetzend, sondern bereichernd in ihrer Auseinandersetzungs-und Diskussionsbereitschaft. Im Prinzip denke ich selten darüber nach, welche Religion jemand hat, Hauptsache er hat noch eine.
    Das Buch „Clash of civilizations“ gehört nicht zu meinen favorites. Salut.

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    @Parisien: dieser Ansicht bin ich ernsthaft, ja, und es kommt sogar noch doller: Das ist nichtmal ein frommer Wunsch meinerseits, sondern längst Realität. Wenn jemand ohne Geld ein Kind bekommt, ob gewollt oder nicht, dann nimmt der Staat Geld in die Hand, um dieses Kind zu unterstützen. Dieses Geld stammt z.T. von unserem Handwerker oder Juristen.

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    Ich halte es für verkehrt, Ausdrücke, die Hitler verwendet hat, wie Aussatz zu behandeln. Im Gegenteil sollte man sie analysieren, herausfinden, was sie für den Einzelnen bedeuten und wie jener sie zweckentfremdet hat, indem er sie solitär auf eine Gruppe angewendet hat. Ganz genauso hat er Wagner für sich benutzt, allerdings war Wagner selbst ein Antisemit. Wagner war jedoch tot. Er hatte große Bewunderer zu seinen Lebzeiten auch unter Juden. Einer seiner fans hieß z.B, Gustav Mahler, ein anderer Alfred Pringsheim, der auch für den grünen Hügel gespendet haben soll. Winifred Wagner soll sich immer wieder für Pringsheims eingesetzt haben. Diese Dinge sind zu komplex, um immer wieder plakativ aua zu schreien.
    Wenn alles, was mit Hitler zusammenhängt, wie ein einmaliger Aussatz betrachtet wird, läuft man Gefahr, zu übersehen, dass Figuren wie Hitler nicht solitär vorkommen. Vielleicht schaut man auch genau am Kernproblem vorbei: Dass Macht extrem krankmachen kann. Wenn man sich anschaut, was Herr Kocks oben schreibt, geht das in die Richtung.
    Es gibt einen exakten Antityp zu jemandem wie Hitler: Frau Merkel. Unsere Bundeskanzlerin hat viel Macht und bleibt auf der Erde. Sie ist eine durch und durch gesunde charakterstarke Person. Es ist daher ein Unding, wenn sie in Griechenland in den Zeitungen mit Naziuniform dargestellt wird. Es ist überhaupt ein Unding, wie Hitler an uns haftet. Wir brauchen bloß einen kleinen Fehler zu machen, wir Deutschen, dann wird er aus der Kiste geholt. Unsere Fehler wiegen schwerer als die anderer Völker. Unsere Leistungen, selbst Hilfbereitschaft, werden uns vorgehalten. Unsere charakterlich einwandfreie Kanzlerin wird mit Hakenkreuz dargestellt. Man neidet uns unsere gut aufgestellte Wirtschaft und unsere Leistungen, und bei passender Gelegenheit pinselt man uns braun an. Aber wenn selbst EJ auf die Idee verfällt, mich damit zu assoziieren, obwohl er mich überhaupt nicht kennt und auch gar nicht mitkriegt, dass es mich Null interessiert, ob jemand Jude, Muslim oder Christ ist, ist das ja kein Wunder. Hitler ist eine bequeme Waffe, um sich nicht mit unbequemen Wahrheiten auseinandersetzen zu müssen. Linke und andere Nationen haben einen Waffenschrank. Darin steht Hitler, den man schnell mal vorholen kann, wenn’s anders nicht weitergeht.

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