Machen wir uns nichts vor, hier im gemütlichen, weil weitgehend friedfertigen Teil der Welt: Es werden noch viele unschuldige Menschen in Syrien sterben. Hunderte, vermutlich sogar Tausende. Ermordet von Assads Schergen, die das aufständische Volk im Auftrag des Machthabers bluten lassen.
Ein Bürgerkrieg, dessen Ende nicht absehbar ist. Weil ihn weder Diplomatie noch Sanktionen eindämmen können. Der Diktator von Damaskus schert sich nämlich herzlich wenig um derlei Politik der vornehmen Zurückhaltung. Und Assad weiß, dass die Zeit ihm in die mörderischen Hände arbeitet, weil die sogennante Staatengemeinschaft sich nicht aufraffen wird, den Rebellen ernsthaft zu helfen. Bald herrscht wieder Ruhe im Land, Friedhofsruhe.
Machen wir uns nichts vor: Syrien ist kaum mit Libyen vergleichbar. Und Assad ein ganz anderes Kaliber als Gaddafi. Dem Staat, der seit Jahrzehnten von einem Familienclan samt zugehöriger Partei beherrscht wird, kommt eine geopolitische Schlüsselrolle in der Region zu.
Syrien – und das gilt ebenfalls für seinen Präsidenten – ist ein Machtfaktor, auch militärisch. Mit ein paar Angriffen aus der Luft ist es keinesfalls getan, will man Assad aus dem Amt jagen. Zumal der gelernte Augenarzt, so seriös und charmant er auch daherkommen mag, genau weiß, wie man sich als knallharter Tyrann auf Dauer behauptet. Das Eifernde, das Dumpfe eines Gaddafis ist ihm fremd. Vielleicht erklärt das wenigstens zum Teil, warum von einer flächendeckenden Revolte gegen Assad bislang kaum die Rede sein kann.
Machen wir uns nichts vor: China und Russland werden weiterhin dem Regime in Damaskus den Rücken stärken, mit Worten und Waffen. Sowohl für Peking als auch für Moskau gibt es keinen Grund, den bewährten Verbündeten über die Klinge springen zu lassen.
Man kennt sich, kann sich aufeinander verlassen. Und mithilfe Assads glauben die zukünftige und die einstige Supermacht, in dieser Weltgegend Einfluss ausüben zu können – ganz abgesehen vom Wert des syrischen Öls. Und so wird auf absehbare Zeit keine (ohnehin wirkungslose) UNO-Resolution das Licht der Weltöffentlichkeit erblicken. Dass die anderen Staaten lauthals diese Verweigerungshaltung beklagen, lässt Hu Jintao und Wladimir Putin völlig kalt. Veto sei mit uns.
Machen wir uns nicht vor: Der Westen wird sich mit dem Ausdruck größten Bedauerns davor drücken, den Menschen in Syrien, den zivilen Opfern beizustehen. Zu groß ist das Risiko eines bewaffneten Einsatzes, zu gering die Aussichten auf Erfolg.
Irak, Afghanistan, Libyen: Die ach so freiheitsliebende Welt ist des Kämpfens in fernen Regionen leid. Und was käme danach? Keiner weiß es so recht. Der arabische Frühling hat bislang ja auch nicht die Ergebnisse gebracht, die man sich von ihm erhoffte. Der strenge politische Winter wirkt Furcht einflößend islamistisch. Mal ganz abgesehen davon, dass noch ein Unruheherd von weitaus größerer Dimension die Gemüter erregt: Iran.
Machen wir uns nicht vor: Es wird noch viele Massaker mit zahlreichen Toten in Syrien geben. Weil Assads Soldateska weiter unbehelligt wüten kann. Und der Westen wird wie bisher tatenlos zuschauen.
Bevor man anfängt die Lage in Syrien mit der Lage in Lybien oder anderen Nord-Afrikanischen Staaten zu vergleichen, sollte man doch erst einmal überlegen was die Konsequenzen dieser „Demokratiebewegung“ in Syrien sind. Auch wenn Assad ein Diktator ist, ist Syrien wenigstens ein sekulär ausgerichteter Staat in dem
alle Volksgruppen bzw. Religionen egal ob Sunniten,Alawiten oder Christen in Ruhe zusammenleben können. Wenn das Regime gestürzt werden sollte und bei einer Wahl die demokratiefreundlichen Salafisten der Moslembrüder an die Macht gelangen und die Scharia eingeführt ist, wird das Ihnen hoffentlich die Augen öffnen. Die Minderheiten die aus den Alawiten und den Christen bestehen, würden unterdrückt, vertrieben oder gar getötet. Umso lächerlicher ist die Initiative der Arabischen Liga, allen voran Saudi-Arabien, Katar und Bahrain. Zur Erinnerung: Saudi-Arabien unterstützte im Sommer 2011 die Niederschlagung des Volksaufstandes in Bahrain.
Die genannten Länder, welche sich alle durch dokmatische und extrem konservative Sunnitische Regierungen auszeichnen, haben nicht im geringsten ein Interesse an einer Demokratie in Syrien, sondern an der Absetzung einer Schiitischen Führung. Sie haben ein Interesse daran, in Syrien eine Salafistische Regierung wie die eigene zu implementieren.
Man sollte sich hierbei nicht nur auf die aktuelle Medienberichterstattung verlassen, die die Lage sehr einseitig einschätzt.
Hier noch ein Kommentar von Peter Scholl-Latour, der wohl einer der wenigen ist, der überhaupt den nötigen Sachverstand besitzt um eine solche Lage zu beurteilen.
http://www.fr-online.de/aufruh.....03188.html
P.s. Dieser Beitrag soll die vorherrschende, menschenverachtende Gewalt beider Seiten nicht relativieren.
Und was ist hiermit?:
http://www.welt.de/politik/aus.....Macht.html