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Methode Guttenberg

Diese Woche war so recht nach dem Geschmack von Karl-Theodor zu Guttenberg. Deutschland, einig Doktorland kannte nur ein Thema: den Verteidigungsminister und seine Schummelaffäre. Und so schlecht, wie es zunächst schien, ist das Ganze für den Herrn Baron dann doch nicht gelaufen. Okay, der Doktortitel ist futsch. Hat sich eigentlich recht hübsch auf dem Briefpapier gemacht. Aber den Posten, den darf Dr. Googleberg vorerst behalten.

Und dann der Zuspruch beim Wahlvolk! Da können die da unten im Parlament noch so sehr das Rumpelstilzchen geben – diese Republik steht fast wie ein Mann hinter ihrem obersten Heerführer. Blaues Blut ist eben doch dicker als das giftige Wässerchen, welches die Herren Journalisten und Oppositionellen belieben zu verspritzen.

227.175 Leser der BILD fordern Guttenberg auf, im Amt zu bleiben. Tja, liebe Untertanen, so zeigt man aristokratisches Rückgrat. Und das militär-taktische Geschick, einfach à la bonne heure! Erst fintenreich vorpreschen (alles in Abrede stellen), dann langsam zurückziehen (ein paar Fehler einräumen), um schließlich vorübergehend die weiße Fahne zu hissen (scheinbar Konsequenzen ziehen). Helm ab, hat mal wieder geklappt.

Also alles nur ein kleiner Betriebsunfall eines honorigen Adligen auf dem Weg ins Kanzleramt? Ein bedeutungsloser Fehltritt? Menschliches Versagen in einer Allerwelts-Stresssituation („Meine Arbeit ist über etwa sieben Jahre neben meiner Berufs- und Abgeordnetentätigkeit als junger Familienvater in mühevoller Kleinstarbeit entstanden.“).

Muss man nicht das Amt vom Akademischen trennen, wie dies Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert („Ich habe keinen wissenschaftlichen Assistenten oder einen Promovierenden oder einen Inhaber einer Doktorarbeit berufen, sondern hier geht es um die Arbeit als Bundesverteidigungsminister)? Ohnehin ist der Mann doch ein in der Politik seltenes Original und eben kein Plagiat, nicht wahr?

Ach, wenn es doch so einfach wäre, wie sich Guttenberg und seine Parteigänger wünschen. Ist es aber nicht. Selbst, wenn der Copy-und-Paste-Skandal gezielt (von ganz links, versteht sich) herbeigeführt worden sein sollte – der Minister hat nun mal eine grottenschlechte Figur abgegeben.

Man mag das Herumdoktern an seiner Arbeit, wenn er denn wirklich persönlich Hand angelegt hat, als lässliche Sünde ansehen. Dennoch bleibt Guttenbergs kaltschnäuziger, tränenrührseliger und aalglatter Umgang mit den Vorwürfen empörend. Dreistigkeit, Trickserei und Irreführung, wo eigentlich Aufrichtigkeit, Integrität und Einsicht angebracht wären. Ein politisches Trauerspiel, das mit Bedacht auch auf den Brettern der Boulevards gegeben wurde.

Doktorland ist abgebrannt. Die Trümmer werden bald beseitigt sein. Und auch Karl-Theodor zu Guttenberg, der Mensch gewordene Phoenix, wird aus der Asche aufsteigen und wieder alles und alle überstrahlen. Alles nur geklaut? Alles halb so wild! It’s democracy, stupid.

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15 Gedanken zu “Methode Guttenberg;”

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    Lieber Herr Posener: Warum reden Sie nicht Klartext. Mir wäre neu, daß Sie zu den Feiglingen konvertiert sind!

    Wir alles schätzen und lieben Herrn Westerwelle sehr (Achtung, Ironiemodus Berger).
    Sollte seine Doktorarbeit nicht so ganz despektierlich sein, würde man seinen Kritikern nicht Neid vorwerfen, sondern was wohl?Sie seien nicht politisch nicht korrekt und verurteilten lediglich die sexuellen Präferenzen des Ministers.

    In diesem Sinne ist also Herr Westerwelle absolut immun und unangreifbar, in der Diktion der Guttenberg-Verfechter.

    Geben Sie es auf – es gibt in diesem Lande eben „Sotte“ und „Sotte, wie der Schwabe sagt.

    Sollten Sie das Thema des 1. Gebotes, mit dem „eifersüchtigen Gott“ einmal hier thematisieren können, wie von mir gestern angedeutet, wäre ich Ihnen sehr verbunden.

    Mit herzlichen Grüßen Ihre Landplage

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    Die Attitude überstrahlt das Unvermögen!(Zitat :Frau Dithfurt )
    Trotz seines einnehmenden und zweifellos sympathischen Wesens erscheint mir Herr Guttenberg nun als ein Mann in zu großen Schuhen,ein Blender,mit dem Charme eines Heiratsschwindler und der versteckten „Arroganz des Adels“,die zweifelsohne noch immer vorhanden ist.
    Auf guten und teuren Schule lernen sie, sind ihre geistigen Gaben,als auch Fleiß und Disziplin weniger ausgeprägt , aber Ego und Konto geschwollen, zumindest in großer Pose aufzutreten, Motto:
    „Sein Mißgeschick in allen Lagen wie seinen besten Anzug tragen“.
    Die betrogene Braut ,das „einfache Volk“,muß einsehen,daß ihre ersehnte Lichtgestalt nur ein Gernegroß ist.Schmerzlich am Traum festhalten oder eingestehen, getäuscht worden zu sein?
    Sein offensichtlichliches und stümperhaftes Vorgehen,lassen selbst beim Betrug jede Raffinesse und Format vermissen.Sein Verhalten nach der Aufdeckung,ein lehrbuchhaftes Plagiat der Strategie bei Politskandalen.
    Wann wird er, in der Tradition seiner Herkunft, seinen Prügelknaben präsentieren?
    Hier sind die „Figuren“, die wir leider zu oft an der Spitze von Konzernen,in Banken und eben auch in der Politik wiederfinden.
    Wie kann es sein,daß in den intellektuellen TV- Sesselfurzerrunden sein nachgewiesenes Vergehen kleingeredet ,seine angeblichen Verdienste(?)aber aufgebläht werden.
    Hier beginnt der,oft aus diesen Kreisen beschworene Werteverfall, wenn wir zulassen, daß das Erschleichen von Leistung und Anerkennung toleriert und honoriert wird.
    Er sollte sich an den Werten messen lassen, die er beansprucht und vorgegeben hat.

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    Wenn hier die Moralisten – die ich herzlich verabscheue – schon den Meister „Eckehardt“ nicht Eckardt zitieren, dann versuche ich es mal mit dem 1. Gebot in der Urfassung.

    „Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir
    Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten …“

    Die Gedanken, wie gesagt, zumindest noch!!!, sind frei in diesem Land, die Interpretationen ebenfalls.

    Übrigens wäre dies, meiner Meinung nach, ein zukünftig lohnendes Thema für Herrn Posener. Die wenigsten Christen, nicht nur meiner Nachfrage nach, kennen diesen kompletten Text. Wie Jesus dies relativiert haben soll, bzw. hat, das ist auch mir nur schwer verständlich.

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    Jemand (David?) müsste sich mal diese Arbeit anschauen, die höchst anspruchsvoll klingt:
    „1994 wurde er an der FernUniversität in Hagen mit einer Dissertation zum Thema Das Parteienrecht und die politischen Jugendorganisationen zum Doktor der Rechtswissenschaften (Dr. jur.) promoviert.“

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    @David: Nietzsche hätte dieses schöne Zitat weniger gegen Trittin, sondern gegen Guttenberg gerichtet. Denn der ist der Vertreter der herrschenden Moral. DER ist der Herrenreiter, er hält die Zügel in der einen Hand und die Moraltrompete in der anderen. Und nun schallt es aus dem Wald so heraus, wie er hineingetrötet hat.

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    @ jan z. volens

    Das Volk hat einfach die Schnauze voll von der Bevormundung und Moralpredigerei à la Trittin & Co.

    Friedrich Nietzsche hatte es schon so zusammengefasst:
    „An die Moral-Prediger. — Ich will keine Moral machen, aber Denen, welche es tun, gebe ich diesen Rath: wollt ihr die besten Dinge und Zustände zuletzt um alle Ehre und Wert bringen, so fahrt fort, sie in den Mund zu nehmen, wie bisher! Stellt sie an die Spitze eurer Moral und redet von früh bis Abend von dem Glück der Tugend, von der Ruhe der Seele, von der Gerechtigkeit und der immanenten Vergeltung: so wie ihr es treibt, bekommen alle diese guten Dinge dadurch endlich eine Popularität und ein Geschrei der Gasse für sich: aber dann wird auch alles Gold daran abgegriffen sein und mehr noch: alles Gold darin wird sich in Blei verwandelt haben. Wahrlich, ihr versteht euch auf die umgekehrte Kunst der Alchymie, auf die Entwertung des Wertvollsten! Greift einmal zum Versuche nach einem andern Rezepte, um nicht wie bisher das Gegenteil von dem, was ihr sucht, zu erreichen: leugnet jene guten Dinge, entzieht ihnen den Pöbel-Beifall und den leichten Umlauf, macht sie wieder zu verborgenen Schamhaftigkeiten einsamer Seelen, sagt, Moral sei etwas Verbotenes! Vielleicht gewinnt ihr so die Art von Menschen für diese Dinge, auf welche einzig Etwas ankommt, ich meine die Heroischen.

    Aber dann muss Etwas zum Fürchten daran sein und nicht, wie bisher, zum Ekeln! Möchte man nicht heute in Hinsicht der Moral sagen, wie Meister Eckardt: „ich bitte Gott, dass er mich quitt mache Gottes!“
    (Die fröhliche Wissenschaft, 1882)

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    Die „Affenliebe“ welche weite Kreise in BRD fuer den huebschen Aristokraten zu fuehlen scheinen, koennte auf alte Tendenzen unter Deutschen hinweisen. Er sieht doch so „sauber-maennlich“ aus in seinen Anzuegen – wie einst die „starken“ Maenner in ihren „schneidigen“ Uniformen. Wenige in Deutschland werden gestehen – die Verehrung fuer den Freiherr kommt – vielleicht unbewusst, vielleicht durch Hinterlandgeschmack erwacht, durch die kosmetische Erscheinung: Endlich mal einer der „richtig aussieht“ wie ein „deutscher Kanzler“ erscheinen sollte! Denn – fuer seine bisherige Leistung fuer den deutschen Geist oder Wohlstand – kann doch kaum ein wirklicher Grund fuer diese „Affenliebe“ sein… Leute: Habt ihr denn keine anderen Sorgen in BRD ?

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    @ Christian

    Trotz der Entzauberung finde ich zu Guttenberg ehrlich, zumindest zu sich selbst.

    Nach dem Motto von Falco: „Die ganze Welt dreht sich um mich denn ich bin nur ein Egoist. Der Mensch, der mir am nächsten ist bin ich.“

    Solche Menschen sind mir lieber als selbst ernannte Weltverbesserer und Moralapostel.

    Es ist der Unterschied zwischen Bullshit und Lüge. Dies hat Professor Harry Frankfurt so beschrieben: „It is impossible for someone to lie unless he thinks he knows the truth. Producing bullshit requires no such conviction. A person who lies is thereby responding to the truth, and he is to that extent respectful of it. When an honest man speaks, he says only what he believes to be true; and for the liar, it is correspondingly indispensable that he considers his statements to be false. For the bullshitter, however, all these bets are off: he is neither on the side of the true nor on the side of the false. His eye is not on the facts at all, as the eyes of the honest man and of the liar are, except insofar as they may be pertinent to his interest in getting away with what he says. He does not care whether the things he says describe reality correctly. He just picks them out, or makes them up, to suit his purpose.“

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    @Lieber Herr Böhme: Nicht nur das Rumpelstilzchen war“vom Feinsten“, auch ansonsten eine humorige Glanzleistung. Leider versäumten Sie, als nicht so erfolgreicher Blender, hie und da ein wenig Grischisch oder Latein einzuflechten. Macht sich gut – besonders bei den Lesern von K.D. Alles, was man nicht versteht, , muß ja gut sein. Ich muß wiehern, Pardon!! Jetzt sind wir nicht nur Papst, nein, wir machen alle – bzw.227.175 von uns – also ein“ungeheurer“ Prozentsatz der Bevölkerung – den Guttenberg.

    Nee,nee – democrathy ist nicht stupid. Das ist geistiger Sozialismus, made by Bild und Bunte.

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    Guttenberg hat den Rückhalt in der Bevölkerung längst verloren, steht ziemlich isoliert da und lebt nur noch von unglaubwürdigen Umfragewerten. Er macht das, wofür der Adel bekannt ist: er klebt starrsinnig und uneinsichtig an seinem Thron, im festen Glauben er sei unersetzlich und einmalig.

  11. avatar

    Wenn da man kein Automat aus der Zentrale wider den tierischen Ernst 200.000 mal angerufen hat !

    Man wird ja auch von Computern am Telefon zu Gewinnspielen eingeladen.

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    Amüsant geschriebener Artikel! Ich musste mehrfach lachen.

    Aber es geht nur um Pfusch bei der Doktorarbeit. Und das ist keine Staatsaffaire, sondern nur ein weitere Schnitzer in der Vita von Herrn zu Guttenberg. Den Schnitzer mit Schneiderhan finde ich übrigens bei wWitem gravierender.

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