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Auch der Aufschwung birgt Gefahren

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble kann sich freuen. Die deutsche Konjunktur brummt wieder, die Steuereinnahmen dürften demnächst wieder reichlicher sprudeln. Die Sparanstrengungen, die sich die Regierung für den Herbst vorgenommen hat, dürften leichter zu bewältigen sein, als noch vor kurzem befürchtet.

Wolfgang Schäuble muss den Aufschwung aber auch ein wenig fürchten. Denn je besser die Konjunktur im Euroraum läuft, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass die Europäische Zentralbank sich von ihrem Kurs einer expansiven Geldpolitik abwendet. Und das bedeutet, dass die Zinsen eher wieder steigen werden.

Die öffentliche Debatte über die hohe Staatsverschuldung hat sich zuletzt stark auf die in der Krise hochgeschnellten Haushaltsdefizite und die Gesamtverschuldungsquoten der Länder konzentriert. Da traten die aktuellen Defizitsünder wie Griechenland, Irland, Spanien und Portugal in den Vordergrund. Nach der Höhe der staatlichen Gesamtverschuldung fallen auch Italien (116 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung BIP) und Belgien (100 Prozent des BIP) auf. Deutschland und Frankreich erscheinen demnach solider finanziert.

Die entscheidende Größe kam bisher in den Debatten kaum vor: die Höhe der Zinslast für die Staatsschulden im Verhältnis zu den Steuereinnahmen. Diese Kennzahl zeigt an, welchen Anteil der jährlichen Steuereinnahmen der Fiskus für Zinszahlungen auf die Staatsschulden aufwenden muss. Beim Blick auf diese Größe blieben Experten, wenn sie die Verhältnisse in Deutschland betrachteten, ganz entspannt. So zeigen beispielsweise die Berechnungen des Sachverständigenrates, dass die Zins-Steuer-Quote seit der Einführung des Euro im Jahr 1999 stetig zurückgegangen ist, und zwar von 14,4 (1999) auf 11,3 Prozent im Jahr 2008. Im Krisenjahr 2009 stieg die Quote wieder leicht auf 11,4 Prozent an.

Diese Entwicklung stetig rückläufiger Zinsaufwendungen dürfte nun aber abrupt zu Ende gehen. Denn einerseits ist die staatliche Gesamtverschuldung in Deutschland seit 1999 von unter 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf über 70 Prozent gestiegen. Die angekündigten Sparprogramme werden nicht verhindern, dass die Schulden weiter ansteigen werden. Andererseits werden die Kapitalmarktzinsen, die die öffentliche Hand für Neuschulden aufwenden muss, in Zukunft eher steigen als weiter fallen.

Die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte hat es den Finanzministern der Welt allzu leicht gemacht, die Zinsen für die steigenden Staatsschulden aufzubringen. Denn seit den frühen 1980er Jahren sind die Kapitalmarktzinsen drastisch gesunken. In den 1970er Jahren musste der Fiskus neue Schulden noch mit durchschnittlich fast acht Prozent verzinsen. In den 1990er Jahren betrug die Durchschnittsrendite öffentlicher Anleihen auf etwa 6,4 Prozent, im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts waren es nur noch vier Prozent. Das Schuldenmachen wurde damit immer leichter.

In den vergangenen Monaten musste der Bundesfinanzminister nur noch 2,5 bis 2,6 Prozent Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen versprechen. Nie war das Schuldenmachen günstiger. Wenn jetzt bei anlaufender Konjunktur auch die Zinsen wieder anziehen, wird der Fiskus bald Jahr für Jahr deutlich höhere Mittel aufbringen müssen, nur um die laufenden Zinsen der bisherigen Schulden zu finanzieren. Kommen noch zusätzliche Kredite hinzu, steigt die Zinslast umso stärker.

Experten befürchten daher, dass die Haushaltsdefizite in vielen Ländern trotz laufender Sparanstrengungen weiter steigen könnten. In einzelnen Ländern könnte die Staatsverschuldung damit untragbar werden.

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3 Gedanken zu “Auch der Aufschwung birgt Gefahren;”

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    @Jan Z. Volens: Daran, daß immer wieder auf der s…list isolierter und ewig gestriger pressoure groups der USA auftauchen, haben wir uns schon gewöhnt. Das interssiert keinen vernünftigen Menschen mehr.

    Die meisten US-Amerikaner sind aber nicht ewig gestrig sondern vernünftig:

    http://www.time.com/time/busin.....73,00.html

    Wer soll denn für den Rettungsschirm fü die Oliven-Staaten gerade stehen, wenn nicht ein wirtschaftlich starkes Deutschland? Insgesamt haben die USA Interesse an einem gesunden Europa als Partner. An einem kranken Europa hatten nur Spekulanten Interesse, die gegen den Euro spekuliert haben. Die hat aber ein gigantischer short-squeeze am Schlawittchen gepackt, nachdem sie Anfang Juli gegen den Euro gehetzt haben und versucht haben, den Untergang des Euro herbeizureden. Der gute Monsieur Trichet hat nämlich massiv Euro vom Markt abgezogen *harhar*.

    Zuvor haben sie durch den herbeigeredeten Euro-Verfall dem europäischen Export massiv geholfen *weglach*.

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    Die Besatzungsmacht, oder besser, der „Security Partner“ knurrt auch ueber „diesen“ Aufschwung in „Germany“! Am Montag erschien ein Op-Ed in der heiligen Schrift (New York Times): „Germany“ gefaehrtet die „global recovery“ – 1. exportiert zu viel und nimmt den anderen die Exportmaerkte weg, 2. macht keine Staatschulden um den Innlandkonsum zu ermutigen, 3. die Deutschen kaufen nicht genug. Heute Mittwoch, CNN International, „Quest means business“ von Hong Kong: „Germany“ exportiert zu viel, – alle koennen doch nicht exportieren, – das geht doch gar nicht!“ —- Erfahrungsgemaess bedeutet das jetzt das „Germany“ hoch on der „s…list“ ist, gleich nach China! Kurz – eine geopolitische Propagandawelle ist schon im Gang, inzeniert von USA und Britanien. Auch anderen passt diese „operation“ – manche weil sie selbst mehr exportieren wollen (auch Nachbarn), und die, welche auch schon wegen anderen Vergehen auf der „s…list“ sind und schon mit „operation Soft War“ belagert und umzingelt werden: China (grundsaetzlich, Wutschrei in USA 1950: „Who lost China?), Russland (weil es sich gegen territoriale Amputationen wehrt im Kaukasus und Sibierien), Brasilien (der Konkurrent fuer den U.S. farm export, und „zu selbstaendig“ in der internationalen Politik). Jetzt kommt auch „Germany“ auf die „s…list“ – zuviel Export, nicht genug Schulden, zuviel Wirtschaftsbeziehungen mit China und Russland, und auch – zu zimperlich in Afghanistan und ueberhaupt als „security partner“…

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    Dann ist doch die Devise klar: Umstrukturierung der Staatschulden zu den historisch günstigen Zinsen und Sparen. Die Gefahr für unser Land sehe ich weniger in den durch den Aufschwung steigenden Zinsen.

    Vielmehr droht Unheil von den Politikern, die seit der geistig-moralischen Wende helmut Kohls vor der Wahl vom Sparen reden und hinterher sich mit Schuldenmachen die Wählergunst erkaufen. Die ansteigende Kurve der Staatsverschuldung Deutschlands spricht hier Bände.

    Paul Kirchhoff‘ Gedanken waren auch nur ein Wahlkampfstrohfeuer für Angela Merkel. 2006 und 2007 vor der Finanzkrise war die Regierung Merkel sehr inkonsequent beim Sparen. Insofern erwarte ich auch jetzt einen Bruch aller Sparschwüre seitens der Regierung.

    Eigentlich bin ich gesonnen, meinen nächsten Wahlzettel quer mit „Alles nur Schuldenmacher“ beschrieben ungültig abzugeben. Vorher würde ich ihn fotografieren, um zu dokumentieren, daß ich an den griechischen Verhältnissen hierzulande unschuldig bin. Man sollte eigentlich eine Initiative/Kampagne für solches Ungültigwählen gründen.

    Wäre da nicht, ja wäre da nicht Mecklenburg-Vorpommern, wo durch konsequente Sparpolitik 2006 bis 2009 keine neuen Schulden aufgenommen wurden. Sie haben das wahr gemacht, was Angela Merkel 2005 versprochen und nicht gehalten hat. Die Ehrlichen und Redlichen muß man wählen!

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