„Ich jogge nicht, schwimme nicht, fahre nicht Rad. Meine einzige körperliche Ertüchtigung: Ich huste viel.“ (Robert Mitchum)
Als Schauspieler eine Legende, als Mensch ein ironisch-sarkastisches Rauhbein mit goldenem Herzen plus viel Humor und als Musiker ein talentierter Sänger und Songwriter.
So in etwa beschreibt man Robert Mitchum in einem Satz. Schon das abenteuerliche Leben jenes Mannes, der beim Set gern Whiskey aus Wassergläsern trank (ohne Eis versteht sich – kein Tüdelkram für Bobby!), wäre einen eigenen Film wert.
Abstammend von Schotten, Norwegern und Schwarzfuss-Indianern wächst er als Halbwaise auf, fliegt von etlichen Schulen. Mit 14 Jahren lässt er alles stehen und liegen und reist – voll Kerouac! – als Hobo und Gelegenheitsarbeiter durchs Land. In Georgia verhaftet ihn unter fadenscheinigen Gründen ein rassistischer Sherrif, von jenem um sein Geld gebracht und misshandelt („Wir mögen hier keine vorlauten Yankee-Bengel!“). Man verurteilt ihn grundlos als Kettensträfling zu Zuchthaus und Straßenbau. Doch teenage Mitchum gelingt die Flucht.
Robert Mitchum – ein treuer Ehemann und Freund mit groißem musikalischen Talent
In den frühen 40er Jahren lernt er – lang vor „Fluss Ohne Wiederkehr“ – die noch blutjunge Norma Jean Baker kennen, namentlich bevor diese Marilyn Monroe wurde und beide zu monumentalen Stars. Sie blieben ein Leben lang enge Freunde. Als Kumpel und in der Liebe war Mitchum ein Pfundskerl und echter Romantiker. Mit seiner Jugendliebe Dorothy war er bis zu seinem Tod fast 60 Jahre lang glücklich und bar jeder Affäre verheiratet.
Der Clou:
All diese Aspekte und Geschichten über ihn bedeuten gerade mal die Spitze eines Eisbergs aus Facetten eines bewegten Daseins. Ein zumindest in Europa weitgehend übersehener Teil seiner Persönlichkeit ist das musikalische Talent. Seit früher Jugend war er hochmusikalisch und konnte – ohne jeden Unterricht – fehlerfrei und gefühlvoll singen. Im alten Hollywood war RM nahezu der einzige Schauspieler jenseits der Musical-Stars, dessen Stimme man bei Gesangseinlagen nicht doubeln musste. Teilweise – etwa „Tall Dark Stranger“ (1948) oder „Young Billy Young“ (1969) – sang er die Titelsongs zu seinen Filmen gleich selbst ein.
Die LP „Calypso – Is Like So“ – einewundervolle kleine Perle
Zwei sehr gute Alben brachte er heraus. Teils schrieb er die Songs selbst, teils waren es Fremdkompositionen, die er höchst individuell interpretierte. 1957 erschien die Platte „Calypso – Is Like So“. Der Titel ist Programm. Mitchum lernt die karibische Musik während der Dreharbeiten zu „Der Seemann Und die Nonne“ („Heaven Knows, Mr Allison“) kennen und lieben. Er saugte den Stil samt gesanglichen Akzents und Slang auf. Heraus kam jene wundervolle kleine Perle.
Kurz darauf serviert er „The Ballad Of Thunder Road“, ein Bluegrass-Stück, das er für seinen gleichnamigen 1958er Streifen (dt. Titel: „Kilometerstein 375“) komponiert und textet. Hier für euch das mit geistreichem Text versehene Calypso-Stück „From A Logical Point Of View“
Zehn Jahre später veröffentlicht er die LP „That Man“. Diesmal ohne Calypso und mehr im klassischen Whiskey-Crooner-Stil gehalten. Das Titelstück verlinke ich hier als Anspieltipp.
Mit der ihm eigenen Selbstironie bemerkte Mitchumeinst: „Ist es nicht furchtbar? Du singst dir die gottverdammte Seele aus dem Leib und niemand bemerkt es oder hört hin…..wirklich niemand.“
Wir schon, Mate,
wir schon.
Ulf Kubanke, geboren in Bremen, lebt in Hamburg. Er ist Jurist mit Befähigung zum Amt des Familienrichters, war selbständiger Rechtsanwalt und Mitglied der deutsch-israelischen Juristenvereinigung (DIJV).
2008 die eigene Neuerfindung als Autor im Bereich von Musik u Feuilleton. Hier Tatigkeit als Kritiker, Kurzbiograf und Kommentator für u.A. Laut.de, verschiedene Tageszeitungen und ab 2016 als Gründungsmitglied des Autorenverbundes „Die Kolumnisten“.
Kubanke ist bekannt für seine ebenso kritischen wie einfühlsamen Gesprächsstil. Er interviewt unter anderem internationale Legenden wie Alice Cooper, Gary Numan, Kraftwerk, Scorpions, Gabi Delgado (DAF), Billy Idol, Bryan Adams, Peter Murphy (Bauhaus), The Mission, sowie national Annette Humpe, Blixa Bargeld (Einstürzende Neubauten), Hugo Egon Balder oder Jan Delay. Als Autor veröffentlicht er darüber hinaus juristische wie politische Fachartikel, Essays und Kurzgeschichten.