Zehntausende feiern sich auf den Demos gegen Rechts als wahre Demokraten. Und vertiefen mit ihrer Front gegen den angeblichen Faschisten-Helfer Merz und dem Ausschluss von Unions- und FDP-Anhängern den politischen Graben. Das hilft nur der AfD.
Vor einem Jahr gingen schon einmal Hunderttausende gegen die AfD und die Remigrationspläne von Rechtsextremisten auf die Straße. Die wurde aber nicht schwächer, sondern stärker und liegt nach ihren Erfolgen bei den Landtagswahlen im Osten auch bundesweit zwei Wochen vor der Bundestagwahl auf Platz zwei, weit vor SPD und Grünen. Die Demonstranten haben also das Gegenteil von dem erreicht, was sie wollten. Die Gegegenwehr stachelt die Anhänger der Rechtsaußenpartei offensichtlich erst recht an. Dessen ungeachtet protestieren nun erneut Zehntausende, an diesem Wochenende noch mehr als eine Woche zuvor. Wozu?
Hauptgegner ist jetzt die Union und ihr Kanzlerkandidat Friedrich Merz. Die Demonstranten und Redner verdächtigten ihn, nach der gemeinsamen Abstimmung im Bundestag zur Migrationspolitik mit der AfD regieren zu wollen, obwohl er immer wieder das Gegenteil beteuert. Vertreter von CDU/CSU und FDP, die mitgestimmt hatte, waren bei den Demos deshalb ausdrücklich unerwünscht, anders als im vergangenen Jahr.
Merz hält den Blaubraunen nicht die Steigbügel
Die Demonstranten spalten damit die demokratische Mitte statt sie zu einen gegen die Extremen. Man mag das Vorgehen von Merz kritisieren. Aber Union und FDP sind keine Feinde der Demokratie, Merz ist kein Steigebügelhalter von Faschisten. Er hat vielmehr auch an diesem Wochenende unmissverstänlich versichert, dass er nicht mit der AfD zusammenarbeiten will, weil die gegen alles steht, wofür die Union seit 1949 eintritt, von der Westbindung über Europa bis zum christlichen Menschenbild.
Die Teilnehmer sollten sich deshalb fragen, ob ihre Kundgebungen und Menschenketten noch der richtige Weg sind und ob sie nicht in erster Linie dazu dienen, sich selbst zu bescheinigen auf der „richtigen“ Seite zu stehen – gegen alle Anderen. Denn die beeindruckenden Zahlen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie in der Minderheit sind. Die Mehrheit will eine andere Politik, besonders in der Asyl- und Migrationspolitik. Aber ohne die AfD und andere Extremisten.
Die Demos haben daher etwas Verzweifeltes. Sie stemmen sich gegen einen politischen Trend, der keineswegs „rechts“ ist, sondern mittiger und konservativer als bisher. Die rotgrüne Dominanz, die auch Merkels lange Kanzlerschaft prägte, ist wie in anderen Ländern zu Ende. Die veränderte Weltlage verlangt andere Antworten. Die AfD hat dazu nichts zu bieten. SPD und Grüne müssen deshalb nach der von ihnen verursachten Neuwahl von den Bäumen herunter und mit dem absehbaren Wahlsieger Merz und dessen Partei kooperieren.
Sonst frohlockt nur die AfD, wenn sich die demokratischen Kräfte bekämpfen statt zusammenzustehen gegen den wahren Gegner.
Ludwig Greven ist freier Publizist. Er schreibt für verschiedene Medien und in diesem Blog.
Zum Glück gibt es diese Demos. Sie haben Recht, nach Jahren von harter Arbeit von Medien und rechten Parteien sind viele Menschen in Deutschland jetzt so verunsichert, dass sie die Lüge glauben, eine menschenfeindliche Asyl- und Migrationspolitik würde ihnen irgendwie helfen (und dass das beides das gleiche sei).
Für alle, die noch die Hoffnung auf eine echte Kehrtwende in diesem Bereich haben, und wir wieder Vernunft statt Vorurteile und christliche Werte statt Fremdenfeindlichkeit in unserer Politik haben können, sind diese Demonstrationen sehr erfreulich: Sie stärken die Legitimation und Verhandlungsbasis für ein Umdenken.
Ob Grüne und SPD da mitmachen, ist eine andere Frage – ich habe wenig Hoffnung, so wie sie auch in den „Ausländer raus“-Chor, von der AfD dirigiert und von Merz mitgesungen, einstimmen. Aber so sehr wie man sich von konservativer Seite Mühe gibt, diese Demonstrationen zu delegitimieren, bekomme ich ein bisschen Mut, dass sie etwas bringen.
Dann beantworten Sie bitte, was die Demos bringen sollen, außer sich selbst Mut zu machen? Scholz hat sich gestern im TV-Duell gerühmt, der härteste Abschiebkanzler aller Zeit gewesen zu sein (was natürlich nicht stimnmt und ziemlich trump-haft klang). Gehört der auch einer „rechten“ Partei an? Menschenfeindlich ist i.Ü. das jetzige System, da dabei die Schutzbedürftigsten auf der Strecke bleiben und sich nur zahlungskräftige meist junge Männer, die die Schleuser bezahlen können, nach Europa und Deutschlang gelangen. Von „Ausländer raus“ ist bei der Union sowenig die Rede wie bei den anderen demokratischen Parteien. Es geht um eine Ordnung das chaotischen Systems und darum, das Land nicht weiter hzu überfordern. Tatsächlch Schutzbedürftige muss und wird Deutschland weiter aufnehmen, egal unter welcher Regierung. Christliche Werte sollte man i.Ü. niemanden absprechen, was immer man von seiner/ihrer Haltung oder Politik hält.
Die Sprüche der Demo’s gegen Rechts sind ziemlich doof, keine Frage. Ob sie Merz schaden, wissen wir nicht. Aber sicherhelfen sie nicht der AfD. Vermutlich begünstigen sie auch nicht diejenigen, die sie – z.B. in München – organisieren (SPD). Erscheint mir, dass es sehr viele Grünen-Wähler sind, die etwa in München auf der Theresienwiese waren. Populistische Sprüche, aber ein starker Wunsch nach einer pragmatischen Politik. Das wäre dann Schwarz-Grün.
„Gespalten“ wird also nicht, schon gar nicht werden „Demokraten“ „gespalten“! Das Gerede von der Spaltung passt auf die USA, nichtaufDeutschland.