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Keine Bange vor Donald Halbstark

Viele fürchten und prophezeien den Untergang, weil Trump nun wieder präsidiert. Dabei passt er mit seinen Verrücktheiten zu einer verrückten Welt. Er könnte sie sogar etwas besser machen.

Über den 45. und nun auch 47. Präsidenten der USA ist unendlich viel gesagt und geschrieben worden. Meist Schlechtes. Wenn man böse wollte, könnte man meinen, seine zahllosen Gegner auch in den Medien hätten seine Rückkehr geradezu herbeigezittert, um sich über ihn wieder maßlos empören und aufregen zu können – verbunden mit einer Menge Antiamerikanismus. Er gibt ja auch reichlich Anlass dazu: ein verurteilter Straftäter, der die Demokratie verachtet wie Frauen, Schwarze, Queere, Migranten, alle außer seinem Clan und seiner gläubigen Gefolgschaft. Zu der neuerdings auch Tech-Milliardäre gehören, allen voran Elen Musk. Der Lügen zur Wahrheit macht und selbst vor einem Putschversuch nicht zurückschreckt. Der vor seiner Rückkehr mal eben ankündigt, Grönland und den Panamakanal erobern und Kanada anschließen zu wollen. Den muss man doch fürchten. Nein, muss man nicht.

Staatsmänner und -frauen müssen nicht sympathisch sein. Waren und sind bekanntlich viele nicht, ob gute oder schlechte. Man kann ganz simpel fragen: Hat Trump in seiner ersten Amtszeit die Demokratie in den USA abgeschaft? Er hat es versucht, aber sie hat sich als stärker erwiesen als er (was nicht heißt, dass es diesmal auch so sein muss). Hat er die US- und Weltwirtschaft zugrunde gerichtet? Nein, er hat beide mit seinen Steuersenkungen und Deregulierungen angekurbelt, Arbeitsplätze geschaffen und Chinas aggressiver Staatswirtschaft mit seinen Strafzöllen Paroli geboten. Den meisten Amerikanern ging es besser, sonst hätten sie ihn im November nicht wieder gewählt. Hat er Kriege geführt und Länder erobert? Nein, er hat die US-Truppen aus Syrien abgezogen und den überfälligen Abzug aus Afghanistan eingeleitet, den sein Nachfolger Joe Biden dann katastrophal zu Ende brachte. Er hat versucht, die gefährliche Atommacht Nordkorea aus der Isolation zu holen, was leider misslang.

Trump wusste manches besser

Zweifellos hat Trump viel Schaden angerichtet, als er schon einmal mächtigster Mann der Welt war. Er ist aus dem Pariser Klimaschutzabkommen und weiteren internationalen Verträgen ausgestiegen und wird es wieder tun. Er hat die Weltpolitik polarisiert wie sein eigenes Land. Er hat gegen die EU gekämpft, wo er nur konnte – allerdings erledigt die das meist selbst. Er hat mehr als eine Million US-Coronatote zu verantworten. Und eine beispiellose Verrohung der politischen Sitten. Aber die Bilanz Bidens ist ebenfalls mehr als durchwachsen. Die Welt ist unter dem Demokraten nicht sicherer geworden. Putins Überfall auf die Ukraine hat er nicht verhindert und dem Land in seinem Abwehrkampf immer nur zögernd geholfen. Trump hatte dagegen schon vorher die Nato-Partner zur Aufrüstung gedrängt und insbesondere Deutschland zurecht vor der Energieabhängigkeit von Russland gewarnt, genauso wie vor China. Biden hat sich zwar um einen Waffenstillstand in Gaza bemüht, aber erst Trump gelang es, noch bevor er wieder ins Amt kam, Israel und die Hamas zum Einlenken zu zwingen.

Trump ist unberechenbar, er hält sich an keine Regeln. Gerade das macht ihn wahrscheinlich zum richtigen Weltenlenker in diesen chaotischen Zeiten. Denn wenn Putin, Xi und die anderen autoritären Herrscher vor einem Respekt haben, dann vor ihm. Eben weil sie ihn und seine Reaktionen nicht kalkulieren können und sie ihn als ebenbürtig erachten. Bei Biden und Scholz konnte sich Putin stets sicher sein, sie und die westliche Öffentlichkeit mit seinen unbegründeten Atomdrohungen in Schrecken zu versetzen. Bei Trump kann er das nicht, weil der selbst wüste Drohungen liebt. Ob er die ernst meint, weiß er vermutlich manchmal selbst nicht.

Chaos ist sein Programm

In Wahrheit ist Trump gar kein Politiker. Er folgt keiner Ideologie und hat keine Strategie, auch wenn rechte Hinterleute seine zweite Präsidentschaft besser vorbereitet haben sollen. Er tut nur so. Sein einziges Programm ist, außer ihm selbst, Chaos zu verbreiten, Disruption – wohin auch immer die führen soll (außer ihn und seine Buddys noch reicher zu machen). Er ist ein narzistischer Egomane, aber das sind andere in der Politik und in anderen Bereichen auch. Ein Showman und halbseidener Unternehmer, der sich in die Politik verirrt hat und den die Amerikaner, weil sie Show mögen, zum zweiten Mal zu ihrem Präsidenten gekürt haben.

Kein Fake diesmal. Ein Fakt, um den die Welt nicht herumkommt, ob es vielen gefällt oder nicht.

Trump will diese Welt nicht groß machen, nur Amerika. Aber wenn es ihm gelingt, den Krieg gegen die Ukraine mit seinem Halbstarken-Auftreten rasch zu beenden und Putin von weiteren Angriff abzuhalten, auch China und die Mullahs in Schach zu halten und die ohnehin ramponierte internationale Politik nicht noch weiter zu beschädigen, müsste man ihm in vier Jahren danken. Trost für seine Gegner: Im Januar 2029 ist die Trump-Show endgültig vorbei. Hoffentlich.

Ludwig Greven ist Publizist. Er war u.a. Politikchef der „Woche“ und bei zeit-online. Er schreibt für verschiedene Medien und in diesem Blog.

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