Um der Gefahr einer Deflation entgegenzuwirken, hat die Europäische Zentralbank noch einmal den Leitzins gesenkt. Banken müssen sogar einen Strafzins zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken wollen. Das Geld wird also billig. Gute Nachrichten für Leute, die einen Kredit aufnehmen wollen. Schlechte Nachrichten für kleine Sparer. Aber wird die Politik des billigen Kredits – wie beabsichtigt – den Volkswirtschaften am südlichen Rand der Eurozone helfen, aus der Deflationsspirale herauszukommen? Oder wird sie im Gegenteil – wie ich vermute – die Ungleichgewichte in der Eurozone noch verstärken?
Künftige Rentner und andere Vorsorge-Sparer finden keine sichere Anlagemöglichkeit. Wer nicht in Realien wie Aktien oder Immobilien investiert, kann keine Rendite erwarten. Das freilich ist für Menschen ohne Vermögen eine riskante Gelegenheit. Immobilienblasen können platzen, ein Crash an der Wall Street kann einen kleinen Aktienbesitzer um sein Erspartes bringen. Davon können viele Babyboomer in den USA berichten. Wer freilich bereits ein Vermögen besitzt, müsste dumm oder faul sein, wollte sie nicht die günstige Gelegenheit ergreifen, ihr Vermögen auf Pump aufzustocken. Konkret: Wer ein Haus hat, das er beleihen kann, sollte sich ein zweites zulegen. Wer Aktien besitzt, sollte sich noch welche zulegen, und sei es auf Kredit. Selbst bei einer schlechten Performance seines Portfolios dürfte der Gewinn über dem Zinsniveau liegen.
Kurz und gut: Für die oberen zehn Prozent der Gesellschaft ist die Zinssenkung eine gute Nachricht. Für die mittleren vierzig Prozent kommt sie einer kalten Enteignung gleich.
Nun ist man bereit, für den Euro einige Opfer zu bringen. (Ich nicht so sehr, aber ich rede jetzt nicht von mir, sondern im Sinne der Mehrheit der User bzw. Kommentatoren auf diesem Blog.) Zwar gibt es in Deutschland keine Deflationsgefahr, die Wirtschaft wächst und mit ihr die Einkommen. Aber um die Eurozone insgesamt auf Vordermann zu bringen, muss Geld in die Krisenländer fließen. Deren von Angela Merkel verordnete staatliche Austeritätspolitik hat ja die Deflationsgefahr erst herbeigeführt: Die Arbeitslosigkeit steigt, die Kaufkraft sinkt, die Preise geraten ins Rutschen, was dazu führt, dass die Leute lieber sparen als Geld ausgeben, was die Preise weiter unter Druck setzt, was zu Betriebsschließungen führt, was die Arbeitslosigkeit steigen und die Kaufkraft weiter sinken lässt usw. usf.
Wenn das Geld nun billiger wird, so die Hoffnung der Eurolenker, werden wieder Investitionen getätigt werden, wird wieder Geld in den Konsum gepumpt, kann die Deflationsgefahr abgewendet werden, die Deutschland mit in den Abwärtsstrudel reißen könnte: denn wer soll deutsche Waschmaschinen und Autos kaufen, wenn alle auf ihrem Geld sitzen?
So weit, so logisch. Aber wenn Investoren – also Leute mit Vermögen, die ihr Vermögen vergrößern wollen – billiges Geld bekommen: Warum sollten sie es in Griechenland oder Italien, Spanien oder Portugal investieren? Das Geld wird dorthin fließen, wo es sichere Renditen – oder hohe spekulative Gewinne – erzielen kann: in deutsche Aktien und Beteiligungen, in die weitere Gentrifizierung Berlins – oder gleich nach London, New York, Tel Aviv oder Shanghai. Das heißt, billiges Geld wird die Ungleichgewichte in der Eurozone noch verstärken. In den Krisenländern werden viele Menschen Kredite aufnehmen müssen, um ihren bloßen Lebensunterhalt zu decken – oder, aus Angst vor einem Austritt ihrer Länder aus der Eurozone, um rechtzeitig Küchen von Bulthaup, Geräte von Miele, Autos von VW zu kaufen.
Wir das alles schon. Billiges Geld war ja der Ausgangpunkt der Eurokrise, und nicht etwa die Faulheit des mediterranen Menschenschlags. Das leichte Geld floss in Immobilien und andere Spekulationsobjekte und bildete Blasen. Wohin sollte es auch sonst fließen?
Indem sie die drohende Gefahr einer Deflation bekämpft, verstärkt die EZB die Ungleichgewichte in der Eurozone und bereitet eine Wiederholung und Vertiefung der Eurokrise vor. Freilich kann man ihr daraus nicht einmal einen Vorwurf machen. Die Alternative wäre eine Art Länderfinanzausgleich innerhalb der Eurozone, was konkret hieße, dass Deutschland den schwachen Ländern helfen müsste: die „Transferunion“.
Die könnte funktionieren, obwohl wir in Deutschland keine sehr guten Erfahrungen damit gemacht haben: Berlin etwa hängt immer noch am Tropf, und die Bayern murren, weil sich die Hauptstädter mit bayrischem Geld kostenlose Kitas und Unis leisten. Aber politisch wäre die Euro-Union weder hier noch in den Empfängerländern durchsetzbar. Die Umwandlung des „Soli“ zu einem „Euro-Soli“ etwa würde im Osten die Wähler in die Arme der Linkspartei im Westen zur AfD treiben. In den Empfängerländern würde man die damit verbundene weitere Aufgabe der Souveränität nicht akzeptieren. Kurzum: Kein regierender Politiker erwägt das ernsthaft. Und da man die Transferunion nicht will, macht man die Eurozone zur Billiggeldunion.
Das wird nicht gut gehen. Entweder die Eurozone zerbricht, oder die Transferunion kommt nach der nächsten Krise doch, und zwar zu erhöhten Kosten.
You read it here first.
lucas: … Beim Vollgeld sollen dann also verbeamtete Bankiers ermitteln wer kreditwürdig ist?
… Sie schreiben Quark, lucas, wer hat so etwas behauptet?
Es ist nicht einzusehen, dass der Steuerzahler die Risiken von Spekulationen trägt. Meinetwegen kann ‚zocken‘, auf Teufel komm raus, wer will. Nur sollen dann auch die Risiken selber getragen werden. Was Sicherheiten angeht, gilt selbstverständlich Vertragsfreiheit.
… für den ‚kleinen‘ Kredit aber, zum Beispiel Konsumentenkredite, die ‚Sicherheit‘ dafür sollte mindest hälftig der Darlehensgeber verantworten. Warum? … die ‚Lohn-Bürgschaft‘ als Sicherheit bei Vergabe von Darlehen ist Humbug … welcher Arbeitnehmer hat entscheidenden Einfluss auf die Sicherheit seines Arbeitsplatzes?
… und wer keine Sicherheiten bieten kann, bekommt kein Darlehen. Wenn das trotzdem geschieht, muss der Kredit/Darlehensgeber volle Verantwortung übernehmen. Das gibt das BGB eigentlich her. Nur welcher AN kann sich ohne Geld Rechtsbeistand leisten? Welcher Anwalt arbeitet for nothing?
Viele Fragen, aber wirklich leicht zu beantworten. Dazu brauch man aber zuerst eine souveräne Regierung und keine Witzfiguren, die im amerikanischen Kongress über ihr betteln nach Westpaketen berichten und ihre Käuflichkeit für ein paar Strumpfhosen demonstrieren. Daher!
@lucas: Ja. Allerdings werden umgekehrt die unsicheren Häfen durch die Angleichung auch sicherer, weil ihnen das Wasser nicht länger entzogen wird. Aber wenn Sie finden, dass in letzter Zeit die Schweizer Häfen etwas unsicherer geworden sind, dann mag das zutreffen. Ich finde das gut.
@Stevanovic
Ist das sicher und kennen sie vielleicht diese sehr sehr guten Gründe?
Wie wirkt sich der Konflikt in der Levante auf Europa aus?
Griechische Rechtsextreme sind schon in den syrischen Bürgerkrieg verwickelt, Islamisten können bei einer Ausbreitung nochmehr Fuß fassen, sich ausbilden und dann so über Libyen, Algerien und die Türkei die Festung Europa bedrohen.
Statt ungeregeltes Eindringen zuzulassen sollte Europa Asylanten per Flieger (spart die Bezahlung der Menschenhändler) und vor allem geregelt aufnehmen. Die 6000€ die jetzt die EU an die Mitgliedsstaaten für die Aufnahme von Asylanten bezahlen will + Flug, könnten die Asylanten anstatt ab 8000€ Fluchthelfern in den Rachen zu werfen auch selbst bezahlen. Nebenbei geht keiner übern Jordan und kommt trotzdem im gelobten Land an 😉
Vor einer nächsten Eurokrise ist eine Regelung dieser Dinge wichtig. Rechte könnten ungeregelte Einwanderung zur Propaganda und griechische Rechtsextreme die Gunst der Stunde und ihre Kriegserfahrungen in möglicherweise entstehenden Unruhen nutzen.
@Stevanovic
Ist das sicher?
@derblondehans
Jetzt haben sie mich aber am Schlawickel: Beim Vollgeld sollen dann also verbeamtete Bankiers ermitteln wer kreditwürdig ist?
Oder dürfen dann private Bankiers ermitteln wer kreditwürdig ist, beim Staat das Geld abrufen und es risikolos verleihen ohne jemals Pleite gehen zu können, weil sie keinen Profit und somit auch keinen Verlust mehr machen können? Oder soll dann alles ganz strikt geregelt werden und Bankiers nach Gebührenordnung à la Architekt, Makler, Notar, etc. bezahlt werden?
@Edmund Jestadt
Wie wärs mit projektbezogener Wirtschaftsregierung? Im Moment würde sich als Projekt die Integration des europäischen Energiemarkts anbieten, die zusätzlich Arbeitsmarkt-, Sicherheits- und Umweltaspekte umfassen würde.
@Roland Ziegler
Sichere Häfen sollen also an unsichere angeglichen, also zu unsicheren Häfen werden?
In die Schweiz kann man bewegliches Kapital bringen, also Gold, Kunst, Autos, andere Edelmetalle und sich ein paar hübsche Bergvillen kaufen.
Die Schweiz kann sie aber nicht vor staatlicher, (haus-)besetzerischer und ökonomischer (z.B. Konkurrenz die einen Teil ihres Kuchens streitig macht) Enteignung schützen.
PS: Ich hab mal nachgeschaut, weil immer von höheren Raten gesprochen wird und laut Kreditrechner erhält man bis 50.000€ für effektiven gebundenen Jahreszins von ca. 5% Kredit mit einer Laufzeit von 84 Monaten zur freien Verwendung. Wenns kürzer sein soll, mit geringerem Effektiven Jahreszins, aber logischerweise höherer Monatsrate.
In der Levante wirds vielleicht höllisch heiß, was Auswirkungen auf Libyen, Algerien, Griechenland und damit Europa und die EU haben dürfte.
You read it here first.
Die EU ist tot – es lebe Europa.
@Moritz Berger
George Soros‘ „Bankraub“ hat Großbritannien im Endeffekt vielleicht auch ganz viel gespart. Und hat sich die Bank of England, dass nicht selbst zuzuschreiben; warum ist sie denn Mitglied dieser Vorlauf-Eurozone geworden? Das selbe gilt für Kleinanleger, niemand hat sie gezwungen Telekom-Aktien zu kaufen.
Aber bitte liebe ausbeuterischen Kleinanleger verklagt mal die ausbeuterischen Großanleger, mich interessiert was der Richter dazu sagt. Dann aber nicht Klassenjustiz schreien, das selbe macht ihr Kleinanleger (Rechte wie Lin ke) mit Einwanderern.
Hier was von George Soros zu Reflexivität.
Sie hören sich an wie Mr Chapman in 1857. Gab es damals eigentlich noch den richtigen Kapitalismus? Auch den Rest des Wikipediaartikels kann ich ihnen nur sehr empfehlen.
Beim Zinssatz muss man sich die (meist theoretisch bekannte, aber nicht bewusste) Tatsache vor Augen halten, dass ein konstanter Zinssatz nicht ein kontrolliertes Wachstum mit übersichtlichen Zuwachshäppchen, sondern – im späteren Verlauf – eine explodierende (exponentiale) chaotische Vergrößerung bedeutet. (Deshalb werden die Prozentsätze mit der Zeit immer niedriger.)
Außerdem sollte man bedenken, dass die Schulden = die Vermögen sind. Verringert man die Schulden, muss man auch die Vermögen verringern. Man kann nicht hoffen, sein Vermögen zu vergrößen und gleichzeitig die Schulden zu senken, ohne irgendwie zu tricksen.
Wenn man also die Geldberge in die Bergtäler schütten würde, ergäbe sich eine plane Landschaft wie die Norddeutsche Tiefebene. Die will keiner. Aber ein Hochgebirge, in dem die Berge exponentiell wachsen und die Schluchten sich vertiefen, will ebenfalls keiner (außer die Gipfelstürmer). Beides ist kontraproduktiv.
Es gibt aber einen bestimmten Mittelbereich, in dem die Schulden nicht so groß sind, die Vermögen aber auch nicht, in dem das Geldsystem funktioniert (hat). Weil es aber ein dynamisches System ist, das sich ausdehnt, wird dieser Mittelbereich zwangsläufig irgendwann verlassen.
Da befinden wir uns derzeit, und nun brauchen wir Ideen, wie wir auf möglichst sanfte und effiziente Art einen Teil der Gipfel wieder abtragen. Anders geht es nicht. Ansonsten kommt irgendwann die Schuldenschere und schneidet automatisch ab.
…es gibt oder gab ja ein paar Orte in Europa – Monaco, Luxemburg, Schweiz – wo man traditionell sein überschüssiges Geld in einem sicheren Hafen parken kann oder konnte. Hier finde ich es sehr sinnvoll, wenn man solche Häfen an andere Häfen angleicht. Das sind keine kulturell schützenswerten Sonderformen, sondern hier gräbt der eine Staat dem anderen einfach nur das Wasser ab. Dieses wäre ein guter Sinn für die Eurozone. (Auch auf die sehr eigensinnige Schweiz macht die Eurozone bereits Eindruck, wie wir gesehen haben). Wenn man transnationale Geldflucht steuerlich kontrollieren will, benötigt man ein transnationales Finanzamt. Dafür ist die Eurozone schonmal ein guter Anfang.
@Stevanovic: Das stimmt schon. Aber man muss nicht mal Christ sein, um es bemerkenswert zu finden, wenn sich die besagte obere Hälfte über überschüssiges Geld und unsichere Häfen den Kopf zerbricht. Dann kann es so schlecht nicht sein, zumindest nicht für die obere Hälfte.
@ derblondehans: [Wirtschaftsregierung] riecht ja förmlich nach Atlantikbrücken-Weltregierung
Sicher. Die Wirtschaftsregierung für den Euro-Raum erscheint Ihnen in Ihrer DDR-Provinz als Weltregierung.
Aber Transferunion ist Euro-Raum mit Wirtschaftsregierung. Und faktisch haben wir sie schon.
Für was halten Sie Merkels (improvisiertes) Reform-„Diktat“ – die Bedingungen für den bereits erfolgten „Transfer“ (an Griechenland, Spanien, Portugal usw.)?
Mutatis mutandis das in einem geordneten Verfahren …
@lucas
… ich meine Sie haben sich die ‚Vollgeld-Geschichte‘ nicht so richtig angeschaut … die Geldmenge eines Landes sollte analog zur Wirtschaft wachsen. Künftig sollen nur noch Zentralbanken Geld schaffen dürfen. Daher!
@ lucas
Basel III macht keinen Unterschied von 7%, es mag sehr sehr gute Gründe geben, Basel III ist es nicht- es ist nicht ganz ohne Auswirkungen, aber selbst im schlimmsten Fall bewegen wir uns um 1%
Elmar Altvater über Zinskritik und Vollgeld.
Sicherer Hafen? Da gibt’s mehrere Stufen:
1. Tagesgeld
2. diversifizieren, also Aktien, Rohstoffe, Immobilien, Kunstwerke, cryptocurrencies (letzten beiden sind gut geeignet um Vermögen zu emigrieren)
3. Entwicklungen antizipieren, der Krise zuvorkommen, von ihr profitieren
4. Devisen und ausländisches Haus evtl. fremde Staatsbürgerschaft, um leichter emigrieren zu können
5. für die Apokalypse ein bescheidenes Haus (man möchte ja nicht auffallen) auf dem Land mit Wald, Satellitenschüssel für die Unterhaltung und einem Haufen Spaghetti, die lassen sich gut aufbewahren. Gold frisst nämlich keiner 🙂
Wer hat Verbesserungsvorschläge? 😀
Korrektur
EJ: Eher aufgeklärte Europäer freuen sich dagegen auf die Europäische Wirtschaftsregierung (zunächst des Euro-Raums).
… das riecht ja förmlich nach Atlantikbrücken-Weltregierung … ich meinte Adolf sei der letzte Größenwahnsinnige gewesen. Nun ja.
@Moritz Berger
Könnte der Abbau von Asteroiden zur Instabilität unseres Wirtschaftssystems führen? Ich meine, u.a. Bergbauunternehmen könnten (falls sie nicht selbst mitmachen) aus dem Markt verdrängt werden, sie könnten in eine Krise geraten.
http://www.planetaryresources......fuelspace/
Und Scherzbolde sind das auch nicht:
http://www.nasa.gov/press/2013.....5hb2fl_ssY
@Moritz Berger
Sie sagen, die Banken geben das Geld nicht weiter, richtig? Liegt das vielleicht an den hohen Auflagen, wie Basel III, etc., die die Banken haben? Jetzt sagen sie, die Banken brauchen diese hohen Auflagen, das ist der Preis für die Krise. Ich stimme ihnen zu. Die Banken geben aber ihre höheren Kosten weiter, an die Kunden, die Kreditnehmer.
Nun geben sie aber den Banken die Schuld dafür, dass sie so hohe Zinsen nehmen, dabei tun sie dies, um die hohen Auflagen, wie Basel III, etc. erfüllen zu können.
Oder stimmt das nicht und Basel III kostet eigentlich nur ein Apfel und ein Ei? Oder alles ganz anders?
Soviel Spekulation sollte das garnicht werden…
Vollgeld ist aber Quark.
Kurz:
Geldmenge muss wachsen weil die Wirtschaft durch intellektuelle Leistungen (R&D) und Dienstleistungen wächst, sonst Deflation.
Giralgeld finanziert idealerweise Investitionen. Giralgeld gibt’s seit Jahrhunderten und wurde von venizianischen Kaufleuten und Fuggern erfunden. Wer Marktgeld will, wie der Autor des Artikels zu dem die Kommentare verfasst wurden, kommt beim Giralgeld raus.
Sonst: Überschuldung findet statt, wenn jemand seine Schulden nicht begleicht. Sonst, und das kannten die Kaufleute früher auch schon, gibt’s zerschlagene Tische. Für Staaten hat der IWF Anfang der 2000er versucht eine Lösung zu finden, was auf Grund von politischen Differenzen aufgegeben wurde.
@Moritz Berger
„Ganz pragmatisch, wer seinen Lebensunterhalt bestreiten muß, wird nicht die Möglichkeit haben Kredite aufzunehmen!!“
Das ist falsch. Wenn ich in den nächsten 5 Jahren etwas kaufen möchte, die Bedingungen heute aber günstiger als später, würde ich mich verspekulieren nicht heute zu kaufen. Das, dass sie genauso Spekulanten sind, wollen die Kleinsparer nur nicht wahrhaben.
Also ist die Zinsrate doch ein Knappheitssignal, ich dachte es gäbe kein billiges oder teures Geld.
Obwohl keine Knappheitssignale zerstört werden, schließlich wollen alle immer Arbeitsplätze, Arbeitsplätze sind knapp, Knappheitssignal wurde passiert, also gehen Zinsen runter, Geld wird in Unternehmen investiert, die indem sie Aktien verkaufen Kapital erhalten, und, so hofft man, Arbeitsplätze entstehen.
Was die Aktien angeht, stimme ich aber mit ihnen überein:
Der DAX-Kursindex befindet sich bei 5110 Punkten und somit auf der Höhe vom letzten Absturz und der Bildindikator wird auch heißer, bei welt werden alle paar Tage Sparer zum Aktien kaufen aufgefordert. Ich freu mich schon, wenn der erste Hausmann sich von seinen Gewinnen einen Fernseher kaufen geht… 😉
@Alan Posener
Hat das nicht schon George Soros prophezeit?: Entweder Deutschland führt Eurobonds ein oder die Eurozone zerbricht, indem Deutschland austritt.
@Ziegler
Posener: „Kurz und gut: Für die oberen zehn Prozent der Gesellschaft ist die Zinssenkung eine gute Nachricht. Für die mittleren vierzig Prozent kommt sie einer kalten Enteignung gleich.“
Um die unteren 50% geht es hier gar nicht. Dazu würde ich mal die ganzen Hand-in-den-Mund Familien ohne Karriere-Track zählen. Die können sich jetzt vielleicht einen günstigen Kredit leisten und Vermögen in Form eines Eigenheims leisten. Gemein, nicht wahr. Es gibt nicht nur Verlierer.
Wo Posener Recht hat: 20 Jahre wird den Leuten eingebläut für das Alter zu sparen, Umlage ist Sozialismus etc. Wir subventionieren die Kapitalindustrie mit Riester, den 40% machte man Dauerangst mit Unterfinanzierungsrechnungen.
Danke Neue Soziale Marktwirtschaft, waren ja echt ein paar gute Tipps dabei… 🙂
@Alan Posener
Ihren Einwand, dass Straubhaars These:
„Eine durch die EZB gelenkte Staatswirtschaft kann durchaus erfolgreich sein und bleiben. Vielleicht ist sie in schwierigen und unsicheren Zeiten, in denen es das Erbe eines fehlgeleiteten Kasino-Kapitalismus aufzuarbeiten gilt, sogar die einzige wirklich vernünftige Lösung.“
aus:
http://www.welt.de/wirtschaft/.....lismus.htm
falsch ist kann ich leider nicht verstehen.
Sie mögen sicherlich in Teilen damir recht haben, dass die griechische wirtschaftliche Situation durch die Zugehörigkeit zur Euro Zone mit hervorgerufen wurde.
Dies gilt aber letztlich nicht für Portugal und Spanien.
Und Sie haben leider Irland vergessen, dass mit den Auswirkungen des Casinokapitalismus immer noch zu kämpfen hat.
Auch vielleicht behaupten Sie ja auch, dass es diesen Casinokapitalismus tatsächlich nicht gäbe??
Und alles würde sich im Kapitalismus wieder durch Angenot und Nachfrage regeln!!
In einer früheren Diskussion sind Sie wiederum für staatliche Eingriffe im Bankensektor.
Das der Kapitalismus uinehmend durch die Aufgabe von Marktregeln selbstzerstörerischg wirkt ist m.E. nicht mehr zu bestreiten.
Ein Blick in die Innovatiobslab der Finanzwelt in London,New York und Frankfurt würde Sie eines besseres belehren.
Die sogenannte „innovativen Finanzprodukte“ stellen nach meiner Auffassung und der meiner Kollegen das Ende des Kapitalismus dar.
Nur zur Wiederholung:
Von den 2 Bill.€ die innerhalb von 24 Std, um den Globus wandern, sind nur gerade 10% Realgüter!!!
90 % basieren auf Finanzgütern.
Wenn das kein Casinokapitalisnus ist, was ist es dann??
Noch ein Wort zu Griechenland.
Es wird in Griechenland derzeit sehr stark investiert:
http://www.welt.de/finanzen/ar.....arden.html
Wie wäre es wenn die von Ihnen immer zitierten Kleinanleger einmal Schadensersatz von den Großanleger verlangen würden.
Und bevor ich es vergesse:
Machen Sie es wie die Großanleger und kaufen jetzt ukrainische Staatspapiere:
http://www.wiwo.de/finanzen/bo.....460-2.html
Aber vielleicht ist die Rendite von derzeit 12% für Sie noch nicht ausreichend 🙂
Und zur Erinnerung:
UK hat durch die Spekulationen durch einen Herrn Soros sehr viele Milliarden verloren:
In 1997 the UK Treasury estimated the cost of Black Wednesday at £3.4 billion,[citation needed] with other sources giving estimates as high as £27 billion. In 2005 documents released under the Freedom of Information Act revealed that the actual cost may only have been £3.3 billion.[2]
The trading losses in August and September were estimated at £800 million, but the main loss to taxpayers arose because the devaluation could have made them a profit. The papers show that if the government had maintained $24 billion foreign currency reserves and the pound had fallen by the same amount, the UK would have made a £2.4 billion profit on sterling’s devaluation.[3][need quotation to verify] Newspapers also revealed that the Treasury spent £27 billion of reserves in propping up the pound.
aus:http://en.wikipedia.org/wiki/Black_Wednesday
http://de.wikipedia.org/wiki/Pfundkrise
http://de.wikipedia.org/wiki/G.....orhersagen
Ist dies nicht auch Casinokapitalismus??
Halten Sie diese Art von Spekulationsgeschäften für “ korrekt “ ?
Und wenn Sie diese Sätze lesen:
„Als Grundlage für seine Erfolge an der Börse sieht er seine „Theorie der Reflexivität“, die er in seinem Buch Alchemie der Finanzen (1988) beschreibt. Diese Theorie beschreibt die Entstehung einer Diskrepanz zwischen wahrgenommener und tatsächlicher Realität und bezieht sich auf Karl Popper (1902-1994), einen seiner ehemaligen Professoren.“
dann können Sie doch nachvollziehen, dass wir es in der Finanzwelt bur noch mit Alchemisten zu tun haben.
@EJ
Ziegler hat das Beispiel mit der Zahlung der Steuer in Griechenland gemacht (abgerundet wird es durch Korruption): Wenn sie wissen, dass das Geld nicht dort ankommt, wo es ankommen soll, wenn sogar hautsächlich die Leute profitieren, die durch dieses Geld ja eigentlich marginalisiert werden sollen, dann muss man doch ehrlich zugeben, dass Zahlungen von Außerhalb ein Teil des Problems und nicht der Lösung sind.
Was nicht heißen soll, diese Länder auszuschließen. Einfach NUR Geld schicken funktioniert nicht, egal ob mit Gelddrucken, Eurobonds, Transfer oder Krediten. Die Hilfe zur Selbsthilfe (so die gute Idee) zementiert anscheinend zu gerne Strukturen.
Anderes Beispiel Bulgarien: Macht keine Schulden, kommt aber auch nicht voran. Nach 20Jahren Westen und Jahren der EU gibt es wieder Orangene Demos gegen den Filz.
Wenn nichts gut in Afghanistan ist, was soll denn in diesen Ländern gut sein? „Die EU hat Internet gebracht“ klingt nach „die Kommunisten haben die Eisenbahn gebaut“ und ist etwas wenig.
Was ich sagen will: Die Geldspritzen der EU werden an den wichtigen Stellen verpuffen, so wie die Sparpolitik an wichtigen Stellen wichtige Strukturen kaputt macht. Will EU & EZB auch in Zukunft eine Rolle spielen und will Deutschland nicht Transfer für nichts geben, muss die Sache wohl etwas intelligenter laufen. Wenn das mit Euro nicht geht (was ich nicht so richtig glaube, ich meine es geht schon), dann halt ohne ihn.
@ Alan Posener: wird Deutschland nach und nach in die Transferunion hineinbugsiert: Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland drängen darauf
Euro- (und Europa-)Gegner nennen es „Transferunion“, und weil Geben und Nehmen in den diversen Nationalcharakteren und sonstigen Genen und Gendefekten festgeschrieben sind: „Transferunion auf ewig“, versteht sich.
Eher aufgeklärte Europäer freuen sich dagegen auf die Europäische Wirtschaftsregierung (zunächst des Euro-Raums).
APo: Tatsächlich glaube ich, dass es nur die Alternative Transferunion oder Auflösung der Eurozone gibt.
… ich bin gleich für ‚oder‘. Das kommt, früher oder später, so oder so. Warum? Die Alternative Transferunion hatten wir schon. Ich bin in so einer Alternative aufgewachsen. Das funktioniert nicht. Die Zukunft wird – auch in Deutschland – so aussehen: Vollgeld-Initiative
Daher!
@Alan Posener
nur ein kurzer Kommentar:
Ob Transferunion oder Auflösung der Eurozone.
Zahlen müssen wir immer.
Denn:
There is no such thing as a free lunch
um es mit Friedman zu formulieren.
last not least:
Es gibt weder billiges, teures noch loses Geld
Hier ein guter verständlicher Artikel zum Thema wie kommt Geld in die Welt:
http://www.faz.net/aktuell/wir.....ageIndex_2
@KJN: Ich sehe vor allem, dass es dem Kleinsparer hierzulande relativ gut geht und sein einziges Problem ist, wo er sein überschüssiges Geld sicher anlegen kann. Das nenne ich, wiederum im Vergleich zu anderen Ländern, ein Luxusproblem. Ich glaube nicht, dass es dem Kleinsparer ohne den Euro hier noch besser gehen würde, dass er also genauso viel Geld wie jetzt oder gar mehr übrig hätte und darüber hinaus noch eine fette Rendite bekäme. Das wär dann doch etwas zuviel des Guten, angesichts der Verhältnisse in anderen Ländern (und auch hierzulande, wo es neben Kleinsparern auch Nichtsparer gibt).
@ Moritz Berger, Klaus J. Nick:
Tatsächlich glaube ich, dass es nur die Alternative Transferunion oder Auflösung der Eurozone gibt. Da man die zweite Alternative nicht einmal außerhalb der Eurozone will (wg. der zu erwartenden „Turbulenzen“), wird Deutschland nach und nach in die Transferunion hineinbugsiert: Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland drängen darauf. Die Politik des losen Geldes soll die endgültige Entscheidung aufschieben, dürfte sie aber im Endeffekt beschleunigen und teurer machen.
@Stevanovic
„Da lobe ich mir die Briten, die einzigen mit einer schlüssigen Antwort.“
Dann fragen Sie doch einmal Christine Lagarde:
http://www.theguardian.com/pol.....uk-economy
Lieber Alan Posener,
wenn Sie meine Texte nicht mehr lesen und mir nur aufgrund der Hühnerställe eine Eierei vorwerfen..
Ich habe Ihren Lösungsvortschlag einer “ Transferunion “ , sprich ein Solidarfond nicht erworgen, sondern begrüßt.
Und was meine Kritik an Ihren Ausführungen zu „In den Krisenländern werden viele Menschen Kredite aufnehmen müssen, um ihren bloßen Lebensunterhalt zu decken “
Da bleiben Sie leider die Antworten schuldig
Und Ihr Vorschlag jetzt Aktien zu kaufen, ist m.E. um es direkt auszudrücken sehr “ dämlich „.
Sie vergessen leider, dass die K r e d i t z i n s e n in Deutschland sich derzeit auf >8 % belaufen.!!!
Der Dax ist mittlerweile bei >10.000 Wer sagt Ihnen, dass der Dax in einem Jahr bei 12.000 liegt.
Und was machen Sie wenn die Aktienblase knallt.
Wie wollen Sie dann Ihre Kredite bedienen.
Wir nennen so etwas Zockermentalität!!!
@Stevanovic
„Ach ja, dass der kleine Steuerzahler/Sparer die Last trägt, ist eine innenpolitische Entscheidung in Deutschland und keine Europapolitik.“
Das ist genau der Punkt, der mich so stört.
@Roland Ziegler
„Der Kleinsparer hierzulande hat aber nur deshalb etwas zum Sparen übrig, weil es den Euro und Südeuropa gibt.“
Sie sehen also tatsächlich Interessengleichheit zwischen Arbeitnehmern und hiesigen Industriellen? Hätte ich jetzt nicht gedacht.
@Alan Posener
O.k.- got it: Piketty wird derweil zerrissen, man wirft ihm seine Dramatisierung der Ungleichheit und den Wunsch nach finanzieller Gleichmacherei vor. Das war aber nicht das, was ich meinte – hohe Steuersätze für Superreiche helfen m.E. eben nicht. Was helfen würde, ist, zu überlegen, wo Wachstum (in Nordeuropa, incl. Frankreich) möglich und gewünscht ist, denn – alles in allem – ist die Nord-EU immer noch so etwas wie eine wirtschaftliche Welt-Avantgarde, in der Individualität, Lebensqualität, Wohlstand etc. neu versucht wird, zu definieren. Vielleicht eben gerade aufgrund der verquasten Geschichte und, naja, dem Calvinismus. (Ich belächele die neue Verteidigungsministerin mit ihren Anliegen keineswegs.)
Thatcherism, Reagonomics – das sind Antworten auf Fragen von gestern, sie bedeuteten letztlich Konzumverzicht, der heute wahrscheinlich durchaus weitestgehen freiwillig geleistet würde, wenn die festen systembedingten Abgaben nicht so hoch wären.
@Alan Posener: Mir scheint, dass die griechische Misere sehr mit der Tatsache zusammenhängt, das man es dort versäumt hat, Steuern zu erheben bzw. einzutreiben. Wenn man keine Steuern einnimmt, ist man schnell pleite, weil man dann alles auf Kredit finanzieren muss. Niemand zahlt zwar gerne Steuern, aber wenn man keine Steuern zahlen will, bleibt nur die Finanzierung über Schulden, bis zum Schuldenschnitt, bei dem man dann letztlich doch Steuern zahlt – in Form von weggeschnittenem Vermögen. Die Hütchenspieler unter den Finanzjongleuren halten sich da allerdings schadlos, indem sie ihr Geld außer Landes schaffen. Dies geht nur, solange außer Landes auch ein anderes Finanzamt zuständig ist. Woraus folgt, dass man tunlichst ein- und dasselbe Finanzamt installiert.
Um nicht ganz unverbindlich dazwischen zu stehen: Sollte Italien nicht bald Konsequenzen ziehen und Renzi scheitern oder es gar nicht versuchen, dann sollten wir und tief in die Augen schauen und die Tatsache akzeptieren: Der Euro funktioniert nicht, weil wir alle es nicht wollten. Ist OK, muss man nur sagen. Transferzahlungen an ein Industrieland, das in Kultur, Struktur und Vermögen alle Anlagen hat, anderen zu helfen, kommen nicht nur moralisch nicht in Frage – das Geld, um in Italien etwas zu bewegen, wenn die Italiener es nicht wollen, gibt es nirgends. Von der Seite aus bin ich bereit, mit der Geldpolitik der EZB Italien im überschaubaren Rahmen entgegen zu kommen (tatsächlich halte ich den von Deutschland zu zahlenden Preis für sehr gering). Nach einem Jahr sollte es eine Bestandsaufnahme geben – die kommt, zugegeben, irgendwie nie. Nur, wenn Italien aus politischen Gründen von Italienern selbst nicht reformierbar sein soll, was soll da ein EU-Kommissar aus Litauen oder Belgien machen?
Ach ja, dass der kleine Steuerzahler/Sparer die Last trägt, ist eine innenpolitische Entscheidung in Deutschland und keine Europapolitik.
@ Stevanovic: das Problem ist, dass selbst wenn wir Arthur Harris Geldpakete über dem südlichem Bulgarien abwerfen lassen, nichts geschehen wird.
Um so ressentimentgeladen und borniert Bulgarien, Griechenland und Italien usw. jede Entwicklungsfähigkeit absprechen zu können, muss man nicht nur vergessen haben, was Griechenland und Italien usw. vor 30 oder 40 Jahren oder in noch weiter zurück liegender Zeit einmal waren. Man muss auch den jeweils erreichten eigenen Zustand als das Maß aller Dinge verabsolutiert haben.
Schön, lieber Stevanovic, dass Sie das so offen und ungeschützt auf den Punkt bringen. Ich halte Ihr so formuliertes Ressentiment für den Kern unseres Europa-Problems. Europa ist kein historisches (Entwicklungs-)Projekt mehr. Es geht nur noch darum, wer „es“ kann und wer „es“ nicht kann, wer, mit anderen Worten, dazugehört und wer nicht.
Weder Moritz Berger noch Herrn Posener möchte ich hier immer zustimmen. Griechenland war nicht wettbewerbsfähig, ob mit oder ohne Euro. Dank dem Euro gab es nochmal einen Frühling der alten Ordnung, man kann deswegen schlecht sagen, der Absturz kam wegen dem Euro. Der hat ihn herausgezögert. Hand aufs Herz, die gesellschaftlichen Narreteien waren in ihrer Summe so groß, dass kein System dieser Welt hätte so auf Dauer funktionieren können. Ganz ohne Kasinokapitalisten. In Rumänien und Bulgarien gibt es ja nicht mal die in genügender Zahl und warum Oligarchen nicht das gleiche sind, wie richtige Unternehmer, lässt sich in Serbien, Makedonien oder der Ukraine besichtigen.
Warum Italien und Frankreich Opfer des Kapitalismus sein sollen, verstehe ich nicht. Ich verstehe auch nicht, warum der Euro in diesen Ländern nicht funktionieren soll. Der Euro hat einen gewissen Druck erhöht, den diese Länder zuerst wollten und dann brauchten. Bei denen reden wir von ungeliebten Strukturreformen, da hilft aber auch keine eigene Währung. Geld gibt es in beiden Ländern genug. Thatcher würde da helfen.
Spanien ist tatsächlich Opfer des Finanzsektors geworden, was Reformen, zu denen das Land bereit ist, unendlich schwer gemacht hat. So auch Irland. Da waren es die Kasinokapitalisten.
Es ist billig, immer wieder auf die kulturellen Unterschiede einzugehen. Aber es ist eben schon ein Unterschied, ob sich ein Land wie Schweden liberalisiert, um jungen Unternehmern eine Chance zu geben oder ob in Rumänien kein Geld für das Heizen von Schulen da ist.
Die Probleme sind sehr unterschiedlich, die Lösungen müssen es auch sein. Die entscheidende Frage ist, ob im Euro diese Flexibilität gegeben ist und ob diese Länder diese Flexibilität einsetzen wollen. Sollte die Antwort in Italien und Frankreich in beiden Fällen ein Nein sein, ist der Euro nicht zu retten und die EU als Ordnungsmacht im Grunde auch nicht. Verstaatlichte Frankreich und Italien, die auf bilaterale Deals mit denen angewiesen ist, die auf dem freien Markt keine Partner finden, werden keine Ordnungsmächte sein können. Das hat aber alles nichts mit Euro oder Kasinokapitalismus zu tun. Bis Thatcher –Reformen in Osteuropa greifen, gibt es diese Länder nicht mehr. Zumindest die Franzosen haben mit dem FN eine klare Alternative.
Sowohl Euro-Abschaffung, als auch regulierte Finanzmärkte sind nur Bausteine in einem komplexen Mosaik – sollte die EU auch nur ein bisschen mehr sein wollen, als nur ein großer Markt. Da lobe ich mir die Briten, die einzigen mit einer schlüssigen Antwort.
Sie eiern ein bisschen herum, lieber Moritz Berger, und sagen nicht genau, was Sie vorschlagen. Und natülich hat Straubhaar Unrecht: Die Probleme in Griechenland usw. sind nicht Ergebnis eines „fehlgeleiteten Kasino-Kapitalismus“ (gibt es denn einen nichtfehlgeleiteten KK?), sondern der Einführung des Euro, ohne dass die entsprechende staatliche und wirtschaftliche Infrastruktur vorhanden war. So wurde – ähnlich wie bei der Einführung der D-Mark in der ehemaligen DDR – alles sofort liquidiert, was nicht konkurrenzfähig war.
„In der Tat geht es um die Bereitschaft zu tiefgreifenden Reformen. Diese müssen aber politisch durchgesetzt werden und nicht als etwas erscheinen, was von außen aufgezwungen wird.“
Da bin ich mir eben nicht ganz sicher. Die gesellschaftliche Lage vieler Länder ist so verfilzt, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass jemand aus der Mitte heraus dies bewerkstelligen kann (oder zumindest den Versuch überlebt). Ungarn galt als Vorzeigeland, hat den strukturellen Wandel weg von Seilschaften jedoch nicht geschafft, mit Orban als Ergebnis. Natürlich sind 2/3 der Ungarn keine Rechtsradikale – aber Orban ist eben kein Zufall und in der katalytischen Wirkung durchaus mit Thatcher vergleichbar.
Der Macher, der es richtet, den man aus Hoffnung wählt, weil etwas passieren muss – das ist eben nur in bestimmten Ländern ein Liberaler.
Ok, off topic, da nicht im Euro.
Ach je, die Thatcher-Reform. Gepriesen sei sie. Nur Thatcher machte Reformen in einem Land, das seinen Weg zurück finden sollte und 200 Jahre Industrialisierung hinter sich hatte. Oxford, Düsenjäger, Atombombe, Imperium und ganz, ganz viel gesellschaftliche Erfahrung und auch gesellschaftliches Gedächtnis. In einer ähnlichen Situation sehe ich ganz bestimmt Italien und zum Teil auch Spanien.
Osteuropa (und damit auch Griechenland), bis auf deutsche Grenzländer alle bitterarm, hat weder die Kultur noch das Knowhow für so eine Reform. Die Bereitschaft für Reformen ist da, das haben die Menschen 1989/90 ja durchaus bewiesen. Jedoch gibt es wenige Aussichten, dass die, die es umsetzen könnten, jemals in die Position kommen, es zu machen. Je länger die Strukturreform (nach der es von alleine geht) dauert, desto mehr Leute hauen ab, die es machen könnten. Deswegen werden sowohl Strukturreform als auch Liquiditätshilfen dort ins Leere laufen. Das sie nicht im Euro sind, hilft ihnen ja auch nicht, so wenig es Griechenland helfen würde.
Deswegen wird es nicht DIE Lösung geben, die für Italien, Spanien, Irland und Griechenland passt. Deswegen haben sie, Herr Posener, natürlich Recht, erhöhte Liquidität ist keine Lösung, aber das warten auf die portugiesische/griechische/rumänische Thatcher ist es eben auch nicht.
PS: Ich habe auch keine Ahnung.
Lieber Herr Posener,
waren Sie es nicht der darauf verwies, dass Erfahrungen aus der Vergangenheit nicht für die Zukunft zu nutzen sind (wenn ich mich erinnere bezogen Sie sich auf den 1. Weltkrieg).
Wenn Sie (zum wiederholten Male) Thatcher aus Ihrer Schublade hervorholen und auch von Hayek auf Ihrem Nachttisch zu liegen haben.
2014 ist nicht 1980 noch 1970 boch 1929!
Im Zusammenhang mit den EZB Lösungsansätzen ist der Aufsatz von Straubhaar sehr aufschlußreich:
„Fehlgeleiteter Kasino-Kapitalismus
Bei negativen Zinsen sind Börsenkurse nicht mehr der Fiebermesser der Realwirtschaft – wenn sie es überhaupt jemals waren. Die Aktienkursentwicklung löst sich vielmehr völlig von den Veränderungen der realen Wirtschaft. Was auf den Finanzmärkten läuft, hat nichts mehr mit dem Alltag der Güter- und Arbeitsmärkte zu tun.
Die EZB hat mit ihrem Einstieg in Negativzinsen und mit einem speziellen Kreditprogramm für Südeuropa das Kreditwesen praktisch verstaatlicht. Kreditmarkt und Kreditversorgung, also Kern und Wesen des Kapitalismus, werden außer Kraft gesetzt. Negative Zinsen zerstören die Knappheitssignale der realen Güter-, Arbeits- und Investitionsmärkte.
„Eine durch die EZB gelenkte Staatswirtschaft kann durchaus erfolgreich sein und bleiben. Vielleicht ist sie in schwierigen und unsicheren Zeiten, in denen es das Erbe eines fehlgeleiteten Kasino-Kapitalismus aufzuarbeiten gilt, sogar die einzige wirklich vernünftige Lösung.“
aus:http://www.welt.de/wirtschaft/.....ismus.html
Ich bin der Aufassung, dass Ihre These:
„In den Krisenländern werden viele Menschen Kredite aufnehmen müssen, um ihren bloßen Lebensunterhalt zu decken – oder, aus Angst vor einem Austritt ihrer Länder aus der Eurozone, um rechtzeitig Küchen von Bulthaup, Geräte von Miele, Autos von VW zu kaufen.“
falsch ist.
Ganz pragmatisch, wer seinen Lebensunterhalt bestreiten muß, wird nicht die Möglichkeit haben Kredite aufzunehmen!!
Und:
Sie vergessen, dass die Zinssätze der Konsumentenkredite immer noch sehr hoch sind und ein Vielfaches der Sparzinsen:
Derzeit erhalten Sie wahrscheinlich bei Ihrer Bank nicht mehr als 0.15 % Tagesgeldzinsen.
Für Ihren Kontokorrent müssen Sie sicherlich >8% veranschlagen.
Und was die Konsumkredite in den Krisenländern betrifft, hier ein paar Informationen aus Spanien (allerdings 2011):
http://www.gtai.de/GTAI/Conten....._16621.pdf
Hier aus dem Jahr 2013:
http://www.bde.es/f/webbde/SES.....02-evo.pdf
Seite 14 der Zinssatz belief sich in Spanien bei ca. 7%
Was die Lösungen betrifft, da kann ich nur auf Lenin verweisen:
Was tun?
Ihr Ansatz einer Transfer-Union, sprich eine Soli-Fonds hat etwas bestechendes.
Wenn wir tatsächlich von einer Globalwirtschaft ausgehen, müssen wir, sprich jeder Bürger für die Folgen des Casinokapitalismus zahlen. Es gibt keine “ Freiräume “ mehr.
Ausgenommen, wir gehen wieder zur Subsistenzwirtschaft über. Bereiten Sie Ihren Garten schon einmal darauf vor, dass Sie im nächsten Jahr sich auch einen Hühnerstall zulegen.
Dies scheint in Berlin wohl die hype zu sein.
http://tinyurl.com/nqgy3zr
http://www.tagesspiegel.de/wel.....34120.html
Und falls Sie in Sachanlagen investieren wollen:
http://www.fastcodesign.com/16.....uxury-coop
Mit Swarowski Steinen sicherlich etwas teurer.
@Alan Posener: Rein theoretisch, natürlich 🙂 So wie es sein sollte. Danach sollte man überlegen, warum es nicht so ist.
@ Roland Ziegler: „Der Staat nimmt Geld von dort, wo es ist, und tut es dorthin, wo es gebraucht wird.“ Das glauben Sie selber nicht wirklich.
@ Klaus J. Nick: No, I’ve read similar scenarios in Piketty’s book.
@ Stevanovic: Es hat bisher weder in Griechenland noch Italien noch Spanien (über Bulgarien weiß ich nichts) an „Unternehmern mit viel Geld“ gefehlt. Sondern an der Bereitschaft, dieses Geld im Land vernünftig einzusetzen.
In der Tat geht es um die Bereitschaft zu tiefgreifenden Reformen. Diese müssen aber politisch durchgesetzt werden und nicht als etwas erscheinen, was von außen aufgezwungen wird. Die Briten haben Mitte der 1970er Jahre von 3-Tage-Wochen, maroden Staatsfirmen, übermächtigen Gewerkschaften und Sozialbürokraten genug gehabt und Maggie Thatcher gewählt. Nur deshalb konnte sie radikale Reformen durchsetzen. Wenn diese Reformen als „Diktat aus Brüssel“ dahergekommen wären, sie hätten keine Chance gehabt.
@KJN: Der Kleinsparer hierzulande hat aber nur deshalb etwas zum Sparen übrig, weil es den Euro und Südeuropa gibt. Diesen Zusammenhang übersieht die AfD. Sein Problem ist, dass er nicht weiß, wohin mit dem übrig gebliebenen Geld. Das kann man mit der Wiedereinführung der D-Mark tatsächlich ändern: Dann hat er kein Geld mehr, das er anlegen könnte.
„So weit, so logisch. Aber wenn Investoren – also Leute mit Vermögen, die ihr Vermögen vergrößern wollen – billiges Geld bekommen: Warum sollten sie es in Griechenland oder Italien, Spanien oder Portugal investieren?“
Heißt das, dass nicht mal mehr Unternehmer mit viel Geld diese Länder aus der Krise ziehen können? Es eigentlich Wurst ist ob die griechische Zentralbank, die EZB oder ein Eurofond das Geld über diesen Ländern abwirft? Die beiden Ansätze Strukturreform und Liquidität eigentlich an der Realität dieser Länder scheitern und beide Sichtweisen nicht zwangsläufig zu Erfolgen führen müssen? Wir also an eine Grenze der Entwicklung durch Marktwirtschaft in manchen Gegenden angekommen sind?
Das Problem sind nicht die Londoner Immobilien, das Problem ist, dass selbst wenn wir Arthur Harris Geldpakete über dem südlichem Bulgarien abwerfen lassen, nichts geschehen wird. Und wenn wir auf Strukturreformen warten, manche Länder komplett abschmieren – sollte sich überhaupt etwas tun.
Eines sollte allen klar sein: Diesen Ländern helfen wird Geld kosten. Ob als Transfer, Eurobond oder 0 Zinsen.
1) @R.Z.
„Hochzinsregionen: China 6 %, Russland 7,5 %“
Der eindeutige Zusammenhang ist Zinsen – Wachstum. Das wäre auch in Südeuropa möglich – bei Abkoppelung aus der Euro-Zone, so zumindest die AfD-These (und auch meine). Den Euro, von dem vor allem Siemens, Rheinmetall, VW, BMW & Co. profitieren, subventioniert also der Kleinsparer mit einem satten Industrie-Soli (neben dem Erneuerbaren-Energien-Soli, etc.). Wie weit geht da Ihre Solidarität?
2) Das Szenarium in Nordeuropa ist anders: Konsumgütermäßig gesättigte Märkte treffen auf (teilweise) veraltete und marode Infrastruktur und Bausubstanz, die mit Steuer/Subventionsgeld (oft ohne wirklich erkennbaren wirtschaftlichen Nutzen) – gerne auch „energetisch“ – saniert wird. Eigenkapital trifft auf Subventionen, während das verarmte Stadtvolk weiter enteignet wird. Aber auch der Geldfluss der ‚Reichen‘ ist zunehmend staatlich (=ideologiebasiert) definiert.
Eine Dystopie? (You read this here first.)
Der Ausweg daraus liegt in der Initiative der armen oder verarmten, aber aktiven Mehrheit, die sich dezentralisiert. Ein Szenarium, das unseren – ebenfalls ideologisierten – Volkswirten schwerfallen wird, zu erfassen.
Nur teilweise ot, ein Perspektivwechsel:
http://www.zeit.de/politik/aus.....chland-usa
Der Staat nimmt Geld von dort, wo es ist, und tut es dorthin, wo es gebraucht wird. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass kleine Gebiete mit eigenen Währungen hierzu irgendwie besser geeignet wären als große. Die Steuern müssen sowieso bezahlt werden. Es sei denn, man möchte Verarmung und Verödung, was man bereits hat und normalerweise nicht will bzw. wollen sollte.
Tja, Eurobonds würden mit etwa 3 Prozent verzinst.
Man sollte den aktuellen Leitzins des Euro – 0,15 % – mit den Leitzinsen der anderen Währungsregionen vergleichen, um ein vernünftiges Bild zu erhalten. In USA liegt der Leitzins seit Ende 2008 bei 0-0,25 %, in Japan seit 2010 zwischen 0 und 0,1 %, in der Schweiz seit 2011 zwischen 0 und 0,25 %. Demgegenüber die Hochzinsregionen: China 6 %, Russland 7,5 %.
http://www.finanzen.net/nachri.....en-3633302
Was folgt daraus für den Euro? Ich weiß es nicht, sagen Sie es mir. Aus diesem Vergleich ergeben sich jedenfalls keine grundsätzlichen Argumente gegen den Euro. USA und China haben ähnlich große Regionen mit einer einheitlichen Währung zu versorgen und ihre Leitzinsen sind entweder noch tiefer (USA) oder wesentlich höher (China).
Bei Thema Sparen (welches nicht meins ist, da ich nichts zum Sparen habe) stellt sich tatsächlich die Frage, wo man einen sicheren Hafen findet. Da würde ich sagen: Nirgends. Wahrscheinlich Gold, das erfahrungsgemäß alle Krisen halbwegs bewältigt hat. Beim Thema Schulden machen ist es ähnlich: Wer jetzt einen Kredit aufnimmt, muss aufpassen, dass er ihn später wirklich noch wie vorausberechnet bedienen kann. So selbstverständlich ist das nicht.
Moritz Berger, der bestimmt hierzu noch einiges schreiben wird, hat bereits auf tief sitzende Probleme des Geldsystems hingewiesen (unfassbare Geldberge außerhalb der Realwirtschaft, Giralgeldschöpfung aus dem Nichts, exponentiell wachsende Überschuldung, Zinseszins-Effekt, der uns gerade auf die Füße fällt).
Die Reichen, vor allem die Reichsten, sind derart reich, dass ihre Geldmassen eine Bedrohung für alle darstellen. Hierbei geht es nicht um den Euro, das passiert auch mit dem Dollar, dem Rubel, dem Yuan oder dem Pfund. Es geht auch nicht um Gerechtigkeit oder Neid, sondern um ein Geldsystems, das keiner mehr überblickt. Weil es überhaupt nichts Sinnvolles zu kaufen gibt, werden riesige Gelder irgendwo geparkt, wo es am sichersten aussieht; und weil es immer mehr Geld wird, drohen auch die sichersten Häfen aus den Nähten zu platzen.
Neulich habe ich etwas dazu gelesen, wie gigantisch die Immobilienpreise in London sind. Aber was soll man machen, wenn man vor Geld strotzt? Dann kauft man eben solche Häuser. Selbstverständlich wird diese Blase irgendwann platzen, aber was solls, es gibt keine Alternative. Und weil es weit und breit nur in London Arbeit gibt, muss der arbeitende Teil, der sich auch die Mieten nicht mehr leisten kann, stundenlang von außerhalb zur Arbeit anreisen. Zur Erinnerung: London ist nicht Teil der Eurozone, und wenn ich eins in diesem unüberbickbaren Schlamassel kapiert habe, dann dass ich solche Verhältnisse nicht hier, nicht in Berlin, haben will.
Langsam wird´s mir unheimlich, schon wieder alles richtig gesagt.
Da das politische Establishment die Eorozone um jeden Presi erhalten will wird die Transferunion kommen.
Natürlich wird man dem Kind einen anderen Namen geben, aber derzeit ist die Gelegenheit einfach zu günstig:
Gerade in den potentiellen Zahlerländern hielt sich bei der Europawahl das Ergebnis für eurokritische Parteien in Grenzen, fast 90% für die Euro-Parteien in Deutschland sprechen eine deutliche Sprache.
Natürlich muß das nicht so bleiben, gerade wenns ans Geld geht. Aber die nächste Bundestagswahl ist erst 2017, und bis dahin haben die Europarteien fast 100% im Bundestag und im Bundesrat.