avatar

Ist Politik käuflich? Die (mediale) Empörung sollte sich ehrlich machen

Es ist gängige Praxis bei Groß-Veranstaltungen von Parteien: Unternehmen präsentieren sich auf Infoständen und machen dort und über Werbung auf sich aufmerksam. Transparenter geht es kaum. Die Grauzone beginnt, wenn für diese Form des Sponsoring eine Gegenleistung erwartet wird, etwa persönliche und/oder vertrauliche Gespräche mit Spitzenpolitikern.

Es ist jedoch naiv anzunehmen, Unternehmen seien aus reinem Altruismus spendabel. Daher begeben sich Spitzenpolitiker auch nach ihren Reden und Auftritten regelmäßig auf Tour und statten den Unternehmen einen kurzen Besuch ab und lassen sich dort fotografieren. Dass diese Form der „Parteienfinanzierung“ jetzt in Nordrhein-Westfalen bei der wahlkämpfenden CDU „aufgedeckt“ worden ist, ist sicher kein Zufall. Im Wahlkampf scheinen alle Mittel erlaubt, um den Gegner zu diskreditieren.

Der inzwischen geschasste und verantwortliche Generalsekretär hat den Fehler begangen, diese Form des Sponsoring schriftlich zu machen und hat sie damit für alle dokumentiert. Plumper geht es kaum, ehrlicher aber auch nicht. Die Zeit eines Ministerpräsidenten ist ein knappes Gut. Warum sollte sie nicht meist bietend angeboten werden, wenn damit keine illegalen Absichten verbunden sind? Die staatliche Parteienfinanzierung deckt nur einen Teil der Kosten der politischen Arbeit der Parteien. Der Rest muss über Mitglieder, Spenden und Wählerstimmen finanziert werden. Und hier liegt das Problem begraben: je weniger Mitglieder eine Partei hat (der demografische Wandel trifft vor allem die beiden großen Parteien) und je erfolgloser sie bei Wahlen abstimmen (die Zeiten „40% plus“ sind vorüber), desto klammer sind die Kassen.

Mehr Ehrlichkeit ist angesagt. Was sind uns Demokratie, Parteien und Politiker wert? Sie produzieren öffentliche Güter und müssen daher auch staatlich finanziert werden. Aber vollständig? Das widerspräche einer modernen Zivilgesellschaft, die vor allem aus Bürgern und Unternehmern besteht. Parteien brauchen daher Mäzene und Sponsoren, wenn sie nicht völlig Teil der staatlichen Organe werden sollen. Politik darf nicht käuflich sein. Gegen Korruption und Vorteilsnahme gibt es Gesetze. Politik hat aber auch ihren Preis. Nur wird über diesen Preis hierzulande nicht öffentlich gestritten und verhandelt. Am liebsten wären uns „Billig-Politiker“, die ehrenamtlich und uneigennützig handeln.

Das ist Selbstbetrug und der eigentliche Grund, dass sich die Deutschen nach Wahlen betrogen fühlen. Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient. Wir verdienen erst wieder bessere Politiker, wenn wir uns ehrlich machen. Wenn wir keine Staatsparteien haben wollen, braucht es auch private Gelder. Wenn wir keine amerikanischen Zustände haben wollen, braucht es staatliche Parteienfinanzierung. Die Parteien sollten mit der neuen Ehrlichkeit beginnen und transparent und offensiv veröffentlichen, woher das Geld kommt und was sie damit anfangen.

Shares
Folge uns und like uns:
error20
fb-share-icon0
Tweet 384

16 Gedanken zu “Ist Politik käuflich? Die (mediale) Empörung sollte sich ehrlich machen;”

  1. avatar

    „Bananenrepubliken“ ? Die von USA „unabhaengigen“ Republiken in Lateinamerika haben keine U.S. Besatzungsoldaten, muessen nicht auf Washington „hoeren“, und haben kein Kannonenfutter in Afghanistan. Vielleicht sollten sie eine Land wie „Alemania“ als „Kaugummirepublik“ bezeichnen! Ihre demokratisch gewaehlten „Presidentes“ kommen aus der Armut oder bescheidenen Kleinmittelstand: Brasil: Ignacio Lula da Silva (Fabrikarbeiter), Argentinien: Cristina Kirchner (Rechtsanwaeltin), Chile: Dr. Michel Bachelet (Kinderaerztin), Bolivien: Evo Morales (Kleinbauer), Venezuela: Hugo Chavez (Berufsoffizier), Nicaragua: Daniel Ortega (Guerrillero), El Salvador: Mauricio Funes (Journalist), Dominikanische Republik: Lionel Fernandez (Rechtsanwalt), Uruguay: Jose Mujica Cordano (Guerrillero), Paraguay: Fernando Lugo (Priester). Alle kommen von „Linken“ Bewegungen welche von der USA entweder verfolgt oder bekaempft wurden – und auch heute noch sabotiert werden. Wissen das die „Alemanes“ ?

  2. avatar

    Inwieweit Politiker käuflich sein könnten, möchte ich hier öffentlich nicht entscheiden, aus formaljuristischen Gründen, Sie wissen ja ……….

    Daß Journalisten womöglich nicht immer über alles informieren, aus welchen Gründen auch immer, manchmal drängt sich einem dieser Eindruck auf.

    Bei Radio Prag fand ich gestern diese Mitteilung:

    „Konferenzteilnehmer in Prag fordern EU-Kommission zum Verbot der Leugnung der Verbrechen des Kommunismus auf

    Die Leugnung oder Verharmlosung der Verbrechen des Kommunismus soll von der EU-Kommission verboten werden. Dies fordern die Teilnehmer der internationalen Konferenz, die sich in diesen Tagen in Prag mit den kommunistischen Verbrechen befasst. Ein ähnliches Verbot gelte, so die Teilnehmer in einer Erklärung, bereits für die Nazi-Verbrechen. Die kommunistische Ideologie widerspreche der europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte sowie der EU-Menschenrechtscharta, hieß es in der Deklaration.

    Die Konferenzteilnehmer sprachen sich des Weiteren für die Errichtung einer europäischen Gedenkstätte für die Opfer des Kommunismus aus. Sie unterstützten zudem den Gedanken, den 23. August für den Tag des Gedenkens der Opfer aller totalitärer Regimes zu erklären. Am 23. August 1939 wurde der Molotow-Ribbentrop-Pakt geschlossen.“

    Quelle: Radio Prag, 27.2.2010
    Im Internet fand ich tatsächlich keine einzige andere Berichterstattung über diese Konferenz, womöglich habe ich aber auch nicht richtig gesucht.

    Ein interessantes Thema, angesichts dessen, daß man bei uns den Holocaust Paragraphen gerne abschaffen würde.

  3. avatar

    Kennt eigentlich jemand die Höhe der Flatrate, zur Benutzung eines Ministerpräsidenten? Habe da leider nicht aufgepasst.
    Als lösungsorientierter Mensch habe ich da auf die Schnelle eine Idee entwickelt,wie man diese gängige Praxis zur Hebung des Allgemeinwohls einsezten könnte.
    Man verdoppelt die Summe, natürlich steuerlich voll absetzbar, und gibt die Hälfte der Summe in einen Sozialfonds, für Bedürftige, allein erziehende Mütter und z.B. Rentnerinnen, die nach jahrelanger als geringfügig Beschäftigte in die Altersarmut fallen.

  4. avatar

    In den Ländern unserer Republik geht es zu, wie in einem Bordell. Rent a Ministerpräsident, die neueste Verkaufsstrategie. Erst NRW, jetzt Sachsen. Our federal Angela müsste sich doch langsam vorkommen, wie eine P…mutter.
    Diese offenbar langsam gängige Praxis, riecht gefährlich nach einer Systemveränderung, und schreit geradezu nach einer Kampfansage des Bürgers!!!
    Den Damen und Herren Volksvertretern als Kampfansage – alleine von den Stimmen der „Sponsoren“, bekommt ihr keine Mehrheiten. Die Stimmen von Otto-Normal, und die O,85 Euro pro Wähler braucht ihr. Also, verwechselt mal nicht, ihr braucht uns, nicht wir euch – mein Duktus!!!

  5. avatar

    @EJ: Wunderbar, wenigstens Sie haben mich verstanden!
    Aber, die Bakschischwirtschaft in NRW hat auch etwas, im weiteren Sinne, mit „Parteienfinanzierung“ zu tun, bzw. mit der monetren Beeinflußung eines Ministerpräsidenten.
    Unser System, bei allen erdenklichen Fehlern, hat immer noch gravierende Vorteile, gegenüber anderen Demokratien. Sie haben völlig Recht, ein Ministerpräsident darf nicht zum Kauf angeboten werden, sonst würde unser System zum „Basar“.
    Es lohnt sich wirklich an unserem politischen System festzuhalten und sich schleichenden (inneren)Verfassungsnderungen vehement entgegen zu stellen, nach dem Prinzip, Druck macht Gegendruck, Aktion Reaktion.
    Und das Strafgesetzbuch ist ein schlagende Argument!

  6. avatar

    @ Rita E. Groda

    Es geht mir nicht um Parteienfinanzierung. Sicher auch ein interessantes Thema. Es geht mir um Staat und Amt. Die CDU hat nicht, was sie gerne hätte tun können, ihren CDU-Landesvorsitzenden, sondern ausdrücklich(!) den NRW-Ministerpräsidenten (und NRW-Minister) zum Kauf angeboten. Gerade Ihr Vergleich mit den Verhältnissen in den USA macht deutlich, dass es sich dabei um nichts anderes als den Versuch einer Änderung unserer (noch) bestehenden (inneren) Verfassung handelt.

  7. avatar

    EJ: Jedes Land hat die Journalisten, die es verdient!
    Wer eine staatliche Parteienfinanzierung fordert, kann zumindest mal bei Wiki nachlesen, wie das ab 2001 in Polen nicht funktioniert hat, und daher 2009 wieder abgeschafft wurde.
    Faktisch haben wir sowieso eine staatliche Parteienfinanzierung, scheint nur niemand aufzufallen.
    Nicht nur hinter der Regierung steht ein Heer von PR-Managern, Analysten, Statistikern usw. Jede „Rührung“ wird vorher ausgetestet, bewertet usw., die wenigsten verbalen politischen Regungen sind spontan. Ein großer Teil dieser Berater sind beamtet mit Pesionsanspruch, als finanziert durch den Steuerzahler.
    Parteienfinanzierung auch durch Spenden erscheint mir halbwegs legal, soweit damit keine Gegenleistungen verbunden sind.Was ich makaber finde, ist , daß jeder Euro Spende z.B. vom Staat durch eine Prämie von 0,38 Euro prämiert wird, so wie z.B. der Bausparvertrag. Der Sinn der dahinter steckt erschließt sich mir nicht.

    Bananenrepublik? Vermutlich schon. Gemessen an amerikanischen Verhältnissen noch nicht. Ist Ihnen irgend ein amerikanischer Präsident der letzten 50 Jahre bekannt, der nicht aus vermögenden Verhältnissen stammt, oder von diesen gesponsert wurde? Weder ein Schröder, noch ein Fischer wären in Amerika möglich gewesen, ebenso eine Frau Merkel. Durch unser System, das in Teilen, alles andere als unbananenhaft ist, sind wir dennoch hier noch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
    Aus Parteispenden Vorteilnahme abzuleiten ist nur nicht legal. Hier sollte weder über Ehrlichkeit noch Moral herumgefaselt werden, sondern nötigenfalls das Strafgesetzbuch zur Hand genommen werden. Das ist wirkungsvoller! Punkt!
    Man muß sich übrigens „nicht“ fragen, „für welche dunklen Geschäfte man u.U. eingespannt wird“. Otto-Normal ist in einer Demokratie, wie der unseren, leider verpflichtet informiert zu sein. Auch die Medien fürchten sinkende Auflagen, bzw. sinkende Nachfrage im Internet.
    Nur wer in Gespräch bleibt, bleibt an der Macht!

  8. avatar

    @ 68er: ob es überhaupt sinnvoll ist hier noch Kommentare abzugeben

    Tatsächlich muss man sich fragen, für welche dunklen Geschäfte man u.U. eingespannt wird.

  9. avatar

    @ Moritz Berger

    „Das ist die Bananenrepublik:“

    Vielen Dank für den Berlinpolis-Link!
    Daran zeigt sich wieder, dass jedes Volk die „Journalisten“ hat, die es verdient.

    Ich werde versuchen mir zu merken, dass ich bei „Meinungen“ (das Wort scheint bei Herrn Dettling nicht so recht zu passen, vielleicht sollte man „Ihrungen“ oder „Jenungen“ sagen, da sich Herr Dettling für „seine“ „Meinungen“ ja möglicherweise bezahlen läßt.) von Herrn Dettling keine Kommentare mehr abgebe.

    Der Link läßt bei mir auch die Frage aufkommen, ob es überhaupt sinnvoll ist hier noch Kommentare abzugeben.

  10. avatar

    „Wenn wir keine amerikanische Zustaende haben wollen..“ – ist ein frommer Wunsch, den sich noch mehr in „Germany“ wuenschen sollten! Besonders in dem ekeleregenden „Pop-entertainment“ ( wie Deutschlands einmalig erniedrigende Entbloesung im 2009 Eurovision: „Miss Kiss, kiss bang!“) Aber glaub es – oder nicht, selbst im U.S. Congress gibt es einige welche nicht von „Geschaeftlhubern“ gemietet werden koennen. Man sollte sie in Deutschland bemerken: Dennis Kucinich, Raul Grijalva, Donna Edwards – sind die Bewunderungswuerdigsten. Donna Edwards (Beruf: Rechtsanwaeltin) besass 2007: $ 0. Die grosse Figur der sauberen Politik in USA ist nicht im U.S. Congress: Ralph Nader. Auch in der Aussenpolitik sind Amerikaner im U.S. Congress welche tapfer und unabhaengig die edelen Elemente in USA vertreten: Man bemerkt sie in der Liste der welche „NO“ fuer „House Resolution 867“ gestimmt hatten.

  11. avatar

    Über 80% der vom Bundestag verabschiedeten Gesetze gehen auf Richtlinien der EU zurück.
    Bundestagsabgeordnete brauchen nichts Besonderes zu können. Reden vom Blatt ablesen reicht vollständig.

  12. avatar

    @ Daniel Detling: Die Zeit eines Ministerpräsidenten ist ein knappes Gut. Warum sollte sie nicht meist bietend angeboten werden, wenn damit keine illegalen Absichten verbunden sind?

    Sagen Sie mal! In welcher Bananenrepublik leben wir denn? Der Zugang zu Amtsträgern, demokratisch gewählten zumal, über Geld?

    Welcher Bakschisch-Republik reden Sie das Wort?

  13. avatar

    Ein schwieriges Problem der Demokratie, das Sie da ansprechen.

    Daniel Dettling schreibt: Die Parteien sollten mit der neuen Ehrlichkeit beginnen und transparent und offensiv veröffentlichen, woher das Geld kommt und was sie damit anfangen. Ich befürchte, daß es mit dem Geld allein nicht getan ist. Politiker haben Macht, Unternehmen ebenfalls. Statt der Verechnungsbasis Geld wird dann eben Einflussnahme gegen Einflussnahme getauscht. Menschliche Gesellschaften funktionieren eben nur aufgrund von „guten Beziehungen“, die gerne zur Klüngelei ausarten.

    Allerdings muß ich Ihnen insofern Recht geben, als daß die Klüngelei ohne die Verrechnungsbasis Geld schwieriger wird.

  14. avatar

    …am liebsten wären uns „Billig-Politiker“, die ehrenamtlich und uneigennützig handeln…

    Nein, bestbezahlte, die aus der Mitte der Gesellschaft kommen und ihr Geld wert sind. Das geht bei der Vorauswahl los und die Wege vorbestimmt, nicht im Sinne des Volkes.

    http://www.cicero.de/97.php?re.....;item=4706

    …Der Berliner Republik droht der Erstickungstod durch Langeweile. Und ihrem Parlament droht die Eroberung der Macht durch gesichts- und geschichtslose Berufspolitiker…

  15. avatar

    Jedes Land hat die Journalisten, die es verdient.

    Wer rechnen kann, und da scheint es bei Journalisten nur wenige Exemplare zu geben, wird darauf kommen, dass es volkswirtschaftlich keinen Unterschied macht ob man die Parteien vollständig durch den Staat finanziert oder aber teilweise durch Parteispenden. Denn offensichtlich haben die Firmen ja das Geld übrig, das sie den Parteien spenden. Oder aber sie verfolgen bestimmte Ziele mit ihren Spenden. Und darum geht es in der jetzigen Debatte. Durch die Zahlungen erwarten Sie meist unausgesprochen aber manchmal auch ausgesprochen (für 6.000,– Euro das Gespräch) gewisse Gegenleistungen. Der Brief des Herrn Wüst zeigt dabei nicht die Ehrlichkeit dieses Herrn sondern dessen völlige Abgebrühtheit. Dieses fehlende demokratische Empfinden ist für mich eine moderne Spielart der „spätrömischen Dekadenz“.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Shares
Scroll To Top