Margot Käßmann mag eine prima Kämpferin für den Frieden sein. Als Theologin ist sie eine Niete. So gab sie in der Bild-Zeitung am 5.12.2009 die Weihnachtsgeschichte wieder: „Ich stelle sie mir vor, Maria, die gerade ein Kind geboren hat… Und der Mann an ihrer Seite ist nicht ihr Ehemann. Aber immerhin, er bleibt.“ Frau Käßmann hat ihre eigenen Erfahrungen mit einem Mann, der nicht bleibt, und die will man ihr nicht zum Vorwurf machen. Aber was soll die Behauptung, der Mann an Marias Seite sei nicht ihr Ehemann?
Bei Matthäus heißt es (1,18 – 25): „Maria … war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes. Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist … Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.“
Das ist doch eindeutig: „… und nahm seine Frau zu sich.“
In der Anmerkung zu dieser Stelle heißt es in der „Einheitsübersetzung“:
„Die jüdische ‚Verlobung’ stellte ein rechtsverbindliches Eheversprechen dar; die eheliche Gemeinschaft wurde aber erst nach der Heimholung der Braut durch den Ehegatten, meist ein oder eineinhalb Jahre später, aufgenommen. Die jüdischen Mädchen heirateten gewöhnlich nach Eintritt der Geschlechtsreife mit 13 bis 14 Jahren.“
Wir würden zum Verheiraten 13-jähriger Mädchen wohl „Zwangsehe“ sagen, aber darum geht es hier nicht. Es geht darum, dass Joseph selbstverständlich Marias Ehemann ist.
Der Punkt ist nur: Marias Kind ist nicht von ihm.
Ähnlich schräg ist Frau Käßmanns Umgang mit der anderen Josephs-Geschichte, nämlich der in Genesis 41,1 – 36. Im Magazin der „Süddeutschen“ vom 7. Januar 2009 schrieb Käßmann in der Reihe „Ich habe einen Traum“ Folgendes: „Die Bibel ist voller Träume. Hätte Joseph nicht geträumt, dass sieben magere Jahre auf ihn zukommen, hätte er nicht sieben fette Jahre lang vorgesorgt.“
Hallo? Der Träumer war doch nicht Joseph, sondern der Pharao, in dessen Gefängnis Joseph einsaß. Und er träumte nicht von fetten und mageren Jahren, sondern von fetten und mageren Kühen sowie von vollen und ausgedörrten Ähren. Joseph war nicht der Träumer, sondern der Traumdeuter; er machte aus dem Traum des Pharao die Vorhersage der sieben fetten und der folgenden sieben mageren Jahre und schlug zur Vorsorge übrigens eine interessante wirtschaftspolitische Maßnahme vor: eine Flatrate-Steuer von 20 Prozent für ganz Ägypten. (Wenn Sie das nicht glauben, lesen Sie nach: Genesis 41,34.)
Mir geht es hier aber nicht um die Bibel als neoliberales Manifest (da findet sich manches – zum Beispiel die Geschichte von den Arbeitern im Weinberg), sondern um die Bischöfin als ungenaue Leserin. Müsste man nicht als allererstes von einer Bischöfin, gar von der Chefin der Evangelischen Kirche in Deutschland, eine solide Kenntnis jener Schrift verlangen, die nach ihrem Glauben das Wort Gottes enthält?
Vielleicht sollte sich Frau Käßmann weniger um das schlagzeilenträchtige Thema Afghanistan kümmern und mehr um die Bibel.
Guter und entlarvender Beitrag.
Es geht hier ja nicht um eine Interpretation von bestimmten Bibelstellen, sondern um die Kenntnis derselben.
Für eine studierte Theologin ist das ein absolutes Armutszeugnis. Wie wärs mit ein bißchen Nachhilfestunde in Bibelkunde, gerade die Geschichte von Joseph wird in Kindergärten immer wieder gern vorgelesen.
@Robert Guder: Der Punkt ist doch der: Das, was an der Situation Marias in dieser Erzählung besonders ist, das ist nicht ihr Familienstand, sondern der Umstand ihrer Umstände: dass ihr Sohn nicht Josephs leiblicher Sohn ist. Das ist nach Zeugnis der Bibel so, und es hilft alles Drumherumreden nicht. Auf den anderen Joseph gehen Sie wohlweislich nicht ein.
@ S. Barfuss: Ja, nun haben Sie’s auch schriftlich.
@ Slash: Sie haben Recht. Ärgerlich.
@ Otton Bexaron: Die Konstruktion eines Gegensatzes zwischen amerikanischen und deutschen Interessen in Sachen Terrorbekämpfung leuchtet mir nicht ein. Es heißt übrigens „strategisch“, nicht „stratekisch“. Und „weiss das“ enthält gleich drei Fehler. (… weiß, dass) Aber nach meiner Erfahrung sind Deutschnationale wie Sie selten Liebhaber der deutschen Sprache. Sie sind bloß gegen alle anderen. Furchtbare Leute.
@ Knuham: Ich wäre ja „bei Broder“ – sprich AchGut – geblieben, wenn die mich nicht rausgeschmissen hätten, weil Broder – ähnlich wie Sie, scheint’s – keine abweichende Meinung verträgt.
Übrigens Herr Posener, wer es ganz genau nimmt sollte auch selber ganz genau sein!
Denn, „Ich habe einen Traum“ erscheint im Zeit-Magazin und nicht im Magazin der Süddeutschen Zeitung.
Mit diesem Kommentar hätte Sie auch bei Broder bleiben können.
Na ja, vielleicht ist sie keine „Bibelstudentin“ aber offensichtlich sind ihre „geostratekischen“ Kenntnisse doch besser als „wordslingers“ fuer die Interessen der „Besatzungsmacht“. Die „Geistliche“ weiss das der Wankan an der Grenze von China ist – und das dort nicht die Interessen der Deutschen „verteidigt“ werden, sondern die „global full spectrum dominance“ der Besatzungsmacht…
Schwache Meinung. Ganz schwach.
Wie schön Sie Ihren Video-Blog von der WELT hier zweitverwerten!
Also nun machen sie mal halblang, Herr Posener. Sie betreiben genau das, was sie Frau Käßmann vorwerfen. Wortklauberei. Genauso gut kann ich sagen (nach der von ihnen zitierten Übersetzung), dass Maria eben noch NICHT seine Frau war: „Bei Matthäus heißt es (1,18 – 25): „Maria … war mit Josef verlobt““ Und wenn die jüdische Verlobung zehnmal ein verbindliches Versprechen ist, war Maria trotzdem NOCH NICHT seine Frau, solange sie nur verlobt sind. Aber das sind Spitzfindigkeiten und man klammert sich dabei an Wortbedeutungen, um Beispiele für eine Inkompetenz des Gegners zu finden, oder seinen Arsch zu retten, so wie Jung und Guttenberg, die das Wort „Krieg“ nicht in den Mund nehmen wollen.