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Teilt die Schweiz auf!

Von: Alexander Görlach, Chefredakteur „The European“

Die Schweiz ist am Ende. Sollte es gängige Praxis werden, dass Mitarbeiter der Banken dort ihre kriminelle Energie auf das Sondieren von Kundendaten verlagern, die sie dann den Steuerfahndungsbehörden der umliegenden Länder übergeben, dann verliert die Schweiz ihr Alleinstellungsmerkmal unter den europäischen Nationen.

Das ist doppelt unfair.

Zum einen, weil die Schweiz sich mit ihrem strikten Beharren auf dem Bankgeheimnis einen eigenen Wohlstand erarbeitet hat. Der Sachverstand, den die Schweizer hier an den Tag legen, hat dem ansonsten so zerklüfteten und sprachlich und konfessionell geteilten Land ein einheitliches Ethos verschafft. Zum anderen hat die Schweiz es durch die von ihr erklärte Neutralität geschafft, als Spielball europäischer Interessen auszuscheiden. Der Wohlstand des Landes wurde durch einen dauerhaften Frieden ermöglicht, das Schweizer Lebensmodell hatte Symbolkraft weit über die Landesgrenzen hinaus. Beides, Ethos und Neutralität, wird nun durch die Illoyalität einzelner gegenüber ihrem Vaterland zerstört.

Was haben wir Deutschen davon, wenn wir uns anschicken, durch Schlupflöcher gesickerte Steuergelder aus der Schweiz zurück zu führen? Nichts, denn Steuerparadiese wie die Cayman Island werden anstelle der Alpenrepublik weiter prosperieren. Das veruntreute Steuergeld wird dorthin verlagert: Aus dem Herzen Europas in entfernte Regionen. Wenn die Schweiz dadurch jetzt zum Sozialfall wird, kommen all die Deutschen wieder retour, die dort mittlerweile als gut bezahlte Bäcker und Ärzte angeheuert haben. Hat jemand im Finanzministerium oder im Arbeitsministerium einmal nachgerechnet, was da auf unsere Solidargemeinschaft zukommen wird? Die Reintegrationsleistungen, die Sprachkurse und die Sozialleistungen?

Der Untergang der Schweiz wird kommen. Kein Gürtel von Armeen umstellt das Land der Eidgenossen, sondern eine Koalition aus Willigen, die nicht mehr bereit sind zu erdulden, dass ihnen Steuergeld entzogen wird und dieser Vorgang von der Schweiz als Staatsräson aufgefasst wird. Dass die Schweizer Behörden nun so scharf gegen die Deutschen agitieren, müssen wir verstehen. Denn sie hören schön das Totenglöckchen läuten für ihre Bänker-Republik (Dasselbe gilt übrigens für Liechtenstein).

Halten wir uns nicht mir der Frage auf, ob die Länderfinanzminister Daten aus der Schweiz kaufen oder nicht. Schon seit dem Fall Zumwinkel ist klar, dass die Dämme gebrochen sind. Das Bankgeheimnis ist perdú. Was wird dann aus der Schweiz? “,Aufteilen”, dieser Vorschlag wurde schon vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen gemacht. Der Vorstoß kam von Muammar al-Gaddafi. Soll Libyen etwa die Schweiz als Steuerparadies beerben? Allein der Gedanke daran sollte uns grausen. Wir müssen Herrn Schäuble bitten, noch einmal ein Auge zu zu drücken.

Was wir an der Schweiz haben, das wissen wir. Was wir in Deutschland brauchen, ist ein Steuersystem, das so gerecht ist , dass sich dem kein Bürger mehr entziehen möchte.

zuerst erschienen bei www.theeuropean.de

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13 Gedanken zu “Teilt die Schweiz auf!;”

  1. avatar

    Guten Tag,

    im voraus möchte ich mich für meine Sprachfehler entschuldigen – bin kein
    Muttersprachler, bitte also um Verständnis.

    Mit Ihrem Rezept für Deutschland, im letzten Absatz Ihres Beitrags – „Was
    wir in Deutschland brauchen, ist ein Steuersystem, das so gerecht ist, dass
    sich dem kein Bürger mehr entziehen möchte.“ – bin ich zu 100%
    einverstanden.

    Dasselbe gilt natürlich auch für mein Land Polen, und auch für weitere
    Länder Europas, wo die Ideen des Wohlfahrstaates allzu stark bzw. allzulange
    entscheidend waren. Ich möchte aber gleichzeitig bemerken, daß Ihre
    zutreffende Schlußfolgerung mit einigen früheren Aussagen nicht vollkommen
    übereinstimmt. Meiner Meinung nach, wenn schon einen Staat aufzuteilen
    gehört, so ist es wohl nicht gerade die Schweiz, sondern eher der Staat, der
    seine produktivste (aber auch schlauste oder einfach in der Arithmetik
    mächtigste) Bürger durch einen unverträglichen Rechts- und insbesondere
    Steuersystem zu Verbrechern macht, um sie dann – ebenso verbrecherisch –
    verfolgen zu müssen… Na gut, wenn nicht aufzuteilen, so zumindest
    kommissarisch zu verwalten.

    Vor einigen Tagen hat mir meine deutsche Freundin einige Paraphrasen vom
    „Deutschlandlied“ zugeschickt und mich angeregt, noch ein Paar
    Alternativstrophen des Lieds zu reimen. Das Resultat war ein bißchen
    apropos, daher füge ich dieses bei, ohne große sprachliche Korrekturen und
    auch große dichterische Ansprüche. Ich hoffe die Zeilen sind doch
    verständlich und nicht als beleidigend zu betrachten:

    Deutschland, Deutschland auf der Schanze
    scheitert im Olympiaspiel.
    es fehlt jedem Springer einzeln
    an der Weite und am Stil
    Ob die Schanze groß ob kleiner,
    wo sind Uhrmann, Bodmer, Schmitt?
    Jungs, statt rohes Holz vom Schreiner,
    kauft euch mal je ein Paar Schi! *
    .
    Deutschland, Deutschland, ohne Mauer,
    schon vereinigt West und Ost
    doch weshalb sind beide sauer –
    unverträglich war die Kost?
    Von der Ostsee bis zu Bayern
    von der Oder bis zum Rhein
    niemand weiß, wer zählt zu Freiern
    und wer soll das Mädchen sein.
    .
    Deutschland will sich selbst zerlegen:
    Haushalt blank, das Volk auch blank,
    doch kauft Schäuble mit Kollegen
    CD-ROMs der Schweizer Bank.
    Es liegt nicht nur am Einkommen,
    daß dem Staat, dem niemand traut,
    Arbeitsgeber gern entkommen,
    und zu fressen bleibt nur Kraut.

    *Noch vor dem Teamspringen gereimt; offenbar wurde dann die deutsche
    Mannschaft durch die erste Strophe gut motiviert, gratuliere 😉

    Grüße aus Warschau,
    Leszek Berger

  2. avatar

    Gegen entsprechende Vereinbarungen ist nichts einzuwenden. Sie müssen das Ziel sein. Aber die Erfahrung lehrt, dass es naiv ist zu erwarten, dass die Schweiz sich ohne massiven Druck auch nur in kleinen Schritten zu solchen Vereinbarungen drängen lässt.

    Tatsächlich besteht bereits seit einigen Jahren ein Zinsbesteuerungsabkommen mit der Schweiz. Aber die Schweiz unterläuft es weitgehend mit ihrer Unterscheidung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug.

    Vor diesem Hintergrund sind die jetzige und die frühere „CD-Geschichte“ geradezu ideale Druckmittel. Ich bedauere, dass der Preis für den CD-Ankauf nicht höher angesetzt worden ist. Ein höherer Preis würde die Wiederholung einer solchen Datenübermittlung (und nicht nur aus der Schweiz) wahrscheinlicher machen.

    Heißt: Ich sehe es genau anders als Sie. Nur „Skandale“, wie der gegenwärtige, sind geeignet, etwas zu bewegen in der Angelegenheit.

  3. avatar

    @EJ
    Ah was… Sie wissen ja selbst dass es Unsinn ist. Zumal wissen Schweizer selbst nicht genau ob ein Konto dem Hinterzieher gehört oder nicht. Es geht darum die Bedingungen zu schaffen (u. a. auch Lockerung des Bankgeheimnisses in der Schweiz), wo das kriminelle (nur!) Geld sich nicht mehr sicher fühlen kann. Die Verhandlungen darüber laufen schon (schwer, langsam, aber doch). Wichtig ist, dass die Schweizer schon einige Zugeständnisse gemacht haben. Also geht doch! Und das ist der einzige Weg. Alles andere ist kontraproduktiv. Und bitte nicht vergessen: in der Schweiz entscheidet das Referendum, nicht die Elite.

  4. avatar

    @EJ
    Sie haben alles richtig verstanden, außer einer Kleinigkeit: klar, ist das wichtig zu wissen wo die Kohle liegt, noch wichtiger ist aber einen zivilisierten Partner zu haben, mit wem man ein Deal abmachen bzw. wen man dazu bewegen könnte um das Ganze zu haben, und zwar – legal und ohne Komplikationen mit der Nachbarschaft.
    Was die Gier-These von Herrn Posener anbelangt, da habe ich datu alles gesagt was ich wollte
    (siehe 1. Kommentar). Übrigenz, das Verhalten des Staates im Fall mit dieser CD bestätigt nur meine These, es sei denn, dass das Ganze nur ein Bluff ist.

  5. avatar

    @ Igor W.

    Klar, lassen wir alles, wie es ist. Dann wissen wir wenigsten, wo die Kohle liegt bzw. wo sie auch in Zukunft hingeht. – Sehr nützlicher Vorschlag. Wir wollen die Kohle ja gar nicht haben. Wir wollen nur wissen, wo sie ist.

    Und, klar, Reagan hat in den USA die Steuern in Weltmeistermanier gesenkt. Und, siehe da, es gab keine Steuerhinterziehung mehr in den USA. – Schade, dass Sie das nicht gegen Poseners Gier-These angeführt haben. Bei 50 Prozent wird unterschlagen, O.K., aber ab 30 Prozent und weniger bricht die Steuerehrlichkeit aus.

    (Jetzt ist mir auch klar, warum Ackermann nur eine Kapitalredite von 25 Prozent ansteuert. Reiner Selbstschutz. Er möchte nicht gierig sein und ehrlich bleiben. So einfach ist das. – Sie sind widerlegt, Herr Posener. Nix Gier! Kapital hat doch Ethos! Ab 30 Prozent und weniger!)

  6. avatar

    Die Frage von Herrn Görlach ist doch ernst genug. Die lautet ja nicht, ob die Steuerhinterziehung sittlich oder nicht ist (hier gibt es, glaube ich, überhaupt keine Diskussion). Sogar nicht, ob das Vorhaben des Staates legal oder illegal ist (gem. Gesetzt ist das sicherlich illegal), sondern ob das klug ist, wegen 100 bzw. 200 Millionen Euro endgültig die Möglichkeit zu verlieren Milliarden zurück zu holen, sowie nichts weiter zu unternehmen (mit eigenem Steuersystem) um die weiteren Milliarden nicht zu verlieren. Da helfen weder exotische Aufschreie noch Banalitäten weiter.

  7. avatar

    Am bedauerlichsten finde ich tatsächlich, daß gerade die einkommensärmeren Schichten momentan beim Staat die Moral so empört reklamieren.
    Was ist da bloß schief gelaufen? Wurde die Sklavenmentalität da schon genetisch mamipuliert? Welch verheerenden Einfluß müssen da Staat und Kirchen schon genommen haben, wenn „die allerdümmsten Kälber ihre Schlächter, wenn schon nicht wählen, aber gegen das Gesetz verteidigen?“ Und das im Hinblick auf ihre eigene, bereits „verschuldete“ Zukunft.
    Oh Herr schmeiss Hirn ra, würde Gerhard Raff jetzt sagen.

  8. avatar

    @ Chim

    Ob Steuern oder Hedge-Fonds, ich glaube, da steht Herr Görlach drüber. Sittlich, wenn der RRRubel rrrollt.

    Nebenbei: Dank der Genialität unserer Boni beziehenden Zocker-Banker sind die Caymans so pleite, dass man annehmen sollte, die (ohnehin exotisch angehauchte) Deutsche (Peanuts) Bank hätte denen schon längst das Angebot gemacht, sie kurzerhand (und von wegen kurzer Wege und so, versteht sich) als Back Office zu übernehmen. Weiß da jemand was genaueres?

    @ 68er

    Liegt am Thema. Geldfluss tendiert zu starkem Gefälle. Da ist die Reise oftmals kurz.

  9. avatar

    „Was haben wir Deutschen davon, wenn wir uns anschicken, durch Schlupflöcher gesickerte Steuergelder aus der Schweiz zurück zu führen? Nichts, denn Steuerparadiese wie die Cayman Island werden anstelle der Alpenrepublik weiter prosperieren. Das veruntreute Steuergeld wird dorthin verlagert: Aus dem Herzen Europas in entfernte Regionen. “

    Das sehe ich anders. Firmen machen das sicherlich legal um ihre Steuerveranlagung radikal (und offentlich!) zu reduzieren. Aber hier geht es um vermögende Privatpersonen unter der Milliardärsklasse und diese haben sehr wohl ein Problem, wenn sich die Steueroasen in Europa schließen. Dann fehlt mit einem Mal die sichere und leichte Geldanlage.

  10. avatar

    Ich hoffe, der Beitrag ist ironisch gemeint, wobei ich hier einige Zweifel habe.

    Die Thesen sind doch ein wenig unklar. Wieso sich die Schweiz durch ihr striktes Beharren auf das Bankgeheimnis ihren Wohlstand „erarbeitet“ haben soll, will sich mir nicht erschließen. Wenn ich für einen Bankräuber seine Beute verstecke und mir dafür einen Teil der Beute abgeben lasse, mögen einige Menschen dies als Arbeit bezeichnen, ehrlich verdientes Geld ist es nach meiner Definiton jedenfalls nicht.

    Die Behauptung, Steuerflüchtlinge gebe es nur, weil unser Steuersystem ungerecht sei, lese und höre ich immer wieder, wodurch sie leider nicht wahrer wird. Gibt es da irgendwelche Statistiken, auf die sich der Autor stützt? Mir scheint eher, dass dieser gefühlte Glaube bei vielen Menschen a priori angenommen wird. Leider sind viele Menschen eben nicht von Gerechtigkeit getrieben sondern von ihrer Gier. Diese Gier ist dann umso größer, wenn z.B. einem leitenden Manager wie Herrn Zumwinkel aufgrund der geltenden Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung ein Gehalt gezahlt wird, dass in keinem Verhältnis zu seiner tatsächlichen Arbeitskraft steht. Diese Gier tritt auch dann besonders hervor, wenn Erben, die persönlich gar nichts für ihren Reichtum geleistet haben, versuchen die Sozialgemeinschaft zu betrügen. Wer allerdings nur ein Steuersystem für gerecht hält, in dem sämtliche Kapitalerträge steuerfrei gestellt werden und selbst die letzten rudimentär verbliebenen Erbschaftssteuergesetze für Großerben abschaffen will, der hat doch eine seltsame Vorstellung von Gerechtigkeit.

    Auch wenn es in dem Artikel so nicht explizit steht habe ich ihn in etwa so verstanden:

    Gerecht ist, was meinen Reichtum steigert, ungerecht ist, was meinen Reichtum schmälert und was die Anderen machen ist mir egal. Deshalb muss ich mich an keine Gesetze halten, aber wenn der Staat sich nicht an die Gesetzte hält, ist das ungerecht. Klingt irgendwie logisch, aber leider nur irgendwie.

  11. avatar

    die Schweiz […] sich mit ihrem strikten Beharren auf dem Bankgeheimnis einen eigenen Wohlstand erarbeitet

    Korrekt. Und niemand sage, dass der Reichtum der Schweiz sich der Einverleibung von Diebesgut jeder Art verdanke.

    Was wir in Deutschland brauchen, ist ein Steuersystem, das so gerecht ist , dass sich dem kein Bürger mehr entziehen möchte.

    Genau: Die Steuerhinterzieher sind nicht kriminell. Im Gegenteil. Sie stellen die vermisste Steuergerechtigkeit her.

    Ein Hoch auf die Schweiz! Ein Hoch auf die Steuerhinterzieher!

    Stehlen und hehlen – ein Gebot der Sittlichkeit. Jawoll!

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