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The Empire Strikes Back. Oder: Der königliche Griff nach Deutungsmacht

Die Republik hat derzeit wahrlich andere Sorgen. Doch liefert die Handhabung der Causa Hohenzollern in Brandenburg – der Streit um eine Entschädigungszahlung über 1,2 Millionen Euro für die Enteignungen nach 1945, eine Höhe also, die selbst dem Haus Hohenzollern nicht von primärer Bedeutung sein kann – ein ebenso bezeichnendes wie für Außenstehende unterhaltsames Lehrstück über gegenwärtige Geschichtspolitik. Und wenn dann einmal die Juristen eingeschaltet sind, um über „historische Wahrheit“ zu urteilen, weiß man, dass der differenzierenden historisch-kritischen Analyse letztes Stündlein geschlagen haben könnte.

Seit 1991 bemüht sich das Haus Hohenzollern um eine Entschädigungszahlung für die Enteignung des beträchtlichen Familienbesitzes im Land Brandenburg, da die Regierung Kohl die Rückübertragung des vor 1949 enteigneten Besitzes ausgeschlossen hatte. Zunächst geht es um eine materielle Entschädigung in Höhe eines Bruchteils der tatsächlichen Vermögenswerte, dann geht es allerdings auch um die Schaffung eines Präzedenzfalls für mögliche weitere Verfahren in anderen Bundesländern, schließlich aber geht es um den geschichtspolitisch bedeutsamen symbolischen Gehalt einer Entschädigung, der eben nicht nur die Delegitimierung der Enteignungen als vergangenes Unrecht, sondern vor allem die rückwirkende Entnazifizierung des Hauses Hohenzollern beinhaltet. Denn der Gesetzgeber hat zur Voraussetzung von Entschädigungszahlungen gemacht, dass die enteigneten Vorfahren des Antragsstellers der nationalsozialistischen Diktatur (wie auch dem DDR-Regime) nicht „in erheblichem Maße“ Vorschub geleistet hätten. Diese Formulierung lässt Raum für historische Interpretationen — und juristische Auseinandersetzungen. Beide liegen mittlerweile in ausreichendem Maße vor und sie bewerten vorrangig das Verhalten des Kronprinzen Wilhelm (1882-1951), des zuständigen Familienvorstandes im Jahr der Enteignungen.

 

Was bisher geschah

Nach dem Tod des ursprünglichen Antragstellers Prinz Louis Ferdinand von Preußen übernahm dessen Enkel Friedrich Georg die Geschäfte und überzeugte mit einem exkulpierenden Gutachten des in Cambridge lehrenden Preußen-Kenners Christopher Clark die zuständige brandenburgische Finanzbehörde. Erst spät im Verfahren schaltete sich das von der Partei DIE LINKE besetzte Finanzministerium ein und bestellte zwei weitere Gutachten renommierter Historiker, Peter Brandt und Stephan Malinowski, die zu gegenteiligen Befunden kamen. Die bewilligte Entschädigungszahlung wurde kassiert, wogegen der amtierende Chef des Hauses Hohenzollern Einspruch einlegte und obendrein – bislang erfolglos – Maulkörbe gegen das Ministerium wie die beteiligten Gutachter durchsetzen wollte. Denn im Zuge des Verfahrens ist auch eine neuerliche, über die Lokalnachrichten hinausgehende öffentliche Debatte über das Verhältnis zwischen dem Haus Hohenzollern und dem Nationalsozialismus entbrannt. Und nichts fürchtet der Jurist wie der Monarch (und sei es ein entthronter) mehr, als dass solche Gespräche in aller Öffentlichkeit geführt werden.

 

Die Gutachter und ihre Argumente

Kronprinz Wilhelm hat dem Nationalsozialismus nicht in erheblichem Maße Vorschub geleistet und war schon gar kein Nationalsozialist, weil er weder Parteibuch noch Amt besaß und nach 1933 auch keine öffentliche repräsentative Position einnahm, sagt Christopher Clark, Kenner alles Preußischen. Obendrein war KP Wilhelm als entthronter Thronprätendent ohnehin nur eine Randfigur im rechtskonservativen und rechtsradikalen Milieu der Weimarer Republik. Als zusätzlich entlastend wird gewertet, dass er in Kreisen verkehrte, die später Teil des konservativen Widerstands gegen das NS-Regime werden würden. Bekanntermaßen ist Christopher Clark nicht irgendjemand, sondern ein herausragender Historiker, der in der breiten deutschen Öffentlichkeit auch deshalb besonders reüssiert, weil er die nationale Geschichte Preußens und Deutschlands von verzerrten Deutungen zu befreien half und in einem wesentlich milderen Licht sieht als die Mehrheit der Historiker und Historikerinnen hierzulande. Um so mehr ehrt ihn die Selbstaussage, dass sein Gutachten nicht das letzte Wort zur Sache sein müsse. Vielleicht wurde ihm bei „der Sache“ doch etwas mulmig, weil er zwar einer der Stars seiner Zunft, aber eben kein Experte der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts ist.

Kronprinz Wilhelm hat als Go-Between zwischen „alten Eliten“ und nationalsozialistischer Bewegung einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Aushöhlung und Zerstörung der Weimarer Republik geleistet, sagt Stephan Malinowski, ausgewiesener Kenner der Geschichte des Adels zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus. Schon seit 1926 traf er sich mit den Größen der NS-Bewegung zu politischen Gesprächen und als künftiger Chef des Hauses Hohenzollern erwog er – in der Hoffnung auf einen politischen Deal mit Hitler – 1932 eine Kandidatur auf das Amt des Reichspräsidenten. Vom exilierten Vater von diesem Vorhaben zurückgepfiffen, rief er öffentlich zur Wahl Hitlers auf. Als Intrigant ersten Ranges agierte er in den letzten Wochen der Weimarer Republik zwischen allen Stühlen ganz in der Absicht, die Restauration der Hohenzollerndynastie politisch im Gespräch zu halten. Nach 1933 richtete er – selbst dann noch als auch dem reaktionärsten Monarchisten klar geworden sein musste, dass die Restauration der Kaiserwürde außerhalb des Möglichen war – nicht nur enthusiastische Grußadressen an den Führer, sondern trat kurzzeitig dem NSKK bei und diente bei öffentlichen Auftritten als Staffage, um den Schulterschluß zwischen alten und neuen Eliten, Monarchisten und Nationalsozialisten zu demonstrieren. Die Quellen und Wertungen basieren auf einer 2003 erschienen 660-seitigen preisgekrönten Monographie und zwanzigjährigen Forschungsarbeiten zum Thema.

Als deus ex machina wird nun ein weiterer Historiker ins Spiel gebracht. Die WELT hat mit Wolfram Pyta einen der besten Kenner der politischen Geschichte der Weimarer Republik aufgefahren Dieser, so kolportiert es der Beitrag, sei in Besitz eines Dokuments, welches zweifelsfrei belege, dass Kronprinz Wilhelm im Januar 1933 einen letzten Versuch zur Verhinderung Hitlers initiiert hätte, um stattdessen Kurt von Schleicher  im Amt des Reichskanzlers zu halten. Leider scheint dieses Dokument von derartig großer Bedeutung zu sein, dass es der Öffentlichkeit vorerst vorenthalten bleiben muss. Ob es ausreicht, der Auseinandersetzung aus Perspektive der Historiker eine neue Wendung zu geben, wird so lange offen bleiben, so lange es keiner kennen darf.

 

Zwei historische Detailfragen

Die Quellenlage ist derart eindeutig und dicht, dass kein ernstzunehmender Mensch bestreiten würde, dass KP Wilhelm sich seit seiner Rückkehr nach Deutschland 1923 im rechten und rechtsradikalen Milieu um Bündnispartner für eine Restauration der Monarchie aktiv bemüht hatte und dabei auch den Kontakt zu und den Schulterschluß mit den Nationalsozialisten suchte. Um die „Erheblichkeit des Maßes“ bewerten zu können, bedarf es der Klärung von zwei Sachverhalten. Erstens: Welche politische Bedeutung hatten die Aktivitäten des Kronprinzen und welche realen Möglichkeiten der Einflußnahme hatte dieser? Zweitens: Welche politischen Optionen verfolgten des Kronprinzen potentielle Bündnispartner insbesondere in den letzten Wochen der Weimarer Republik.

Die erste Frage ist rasch beantwortet. Natürlich war Kroprinz Wilhelm in erster Linie ein gestürzter Thronfolger, der zudem in konservativen Kreisen als nicht besonders befähigt galt und daher reserviert betrachtet wurde. Gleichwohl war er nichts weniger als der amtierende Thronprätendent und obendrein noch ein ehemaliger Armeeführer. Welcher eingefleischte Monarchist, welcher Offizier a.D. hätte das Wort seines Monarchen und obersten Kriegsherrn nicht ernst genommen und zumindest überlegt, sein Verhalten danach auszurichten? Die zahllosen Ehrengerichtsverfahren im konservativ-militärischen Milieu der Ehemaligen gegen Personen, die sich öffentlich allzu abfällig über die Hohenzollern geäußert hatten, sprechen hier eine deutliche Sprache. Als Wilhelm bei der Reichspräsidentenwahl 1932 öffentlich zur Wahl Hitlers und nicht Hindenburgs aufrief, schlug dies in monarchistischen Kreisen wie eine Bombe ein. Es hieße die Bindungskraft der Monarchie in diesem Milieu auch über 1918 hinaus völlig falsch einzuschätzen, wenn man den Kronprinzen zu einer lame duck erklärte.

Die zweite Frage läuft auf eine Prüfung der politischen Strategie des letzten Reichskanzlers vor Hitler hinaus und eine Klärung des Verhältnisses des Kronprinzen zu diesem. Kurt von Schleicher war der wohl klügste und umtriebigste politische General aus der Schule des Großen Generalstabs. Seit er 1926 im Reichswehrministerium in eine Schlüsselposition zwischen Militär und Politik gekommen war verfolgte er unter Umgehung internationale Verträge und nationaler parlamentarischer Kontrolle die „Wehrhaftmachung“ der Reichswer als oberstes Ziel. In den letzten Monaten der Weimarer Republik versuchte Schleicher erfolglos die Bildung einer „Querfront“ bestehend aus rechten Gewerkschaften, des paramilitärischen (und ursprünglich einmal republikanischen) Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold und dem sogenannten linken Flügel der NSDAP unter Gregor Strasser. Kaum überraschend, dass der Plan kläglich scheiterte und Schleichers ursprünglicher Vertrauter Franz von Papen Geheimsondierungen mit Hitler begann. So geheim waren diese Gespräche allerdings nicht, denn Schleicher wurde gleich von mehreren Personen zum Teil detailliert darüber informiert, u.a. durch den  Kronprinzen Wilhelm, Kamerad aus gemeinsamen Tagen im 3. Garde-Regiment zu Fuß und (auf Wechselseitigkeit beruhend) nicht immer zuverlässiger politischer Weggefährte. Während Schleicher von anderen Zuträgern durchaus ernsthafte Mahnungen erhielt, beschwichtigte der Kronprinz und versuchte, den Reichskanzler in Sicherheit zu wiegen. Die weitere Geschichte ist bekannt: Schleicher trat am 28. Januar 1933 zurück und wurde mitsamt Ehefrau am 30. Juni 1934 ermordet. In den dienstlichen Notizen von Ferdinand von Bredow, dem engsten Mitarbeiter Schleichers, der ebenfalls mitsamt Gattin ermordet werden sollte, finden sich mehrere Einträge, die darauf hinweisen, dass Kronprinz Wilhelm in der Tat ein doppeltes Spiel spielte und für die höchst vage Aussicht auf den Thron, einen Reichskanzler Hitler zumindest als Option sah.

Der Autor des oben genannten WELT-Artikels irrt in doppelter Hinsicht: Erstens muss bis zum quellenmäßig eindeutig und nachprüfbar belegten Gegenteil davon ausgegangen werden, dass Kronprinz Wilhelm Schleicher durchaus ans Messer der Achse Hitler-Papen lieferte. Und zweitens fehlt bei der doch etwas verwundernden positiven Würdigung der Alternative Schleicher aus dem Geist der kontrafaktischen Geschichtsschreibung – nach dem Motto: alles außer Hitler -, dass das gegen die Demokratie gerichtete Zerstörungswerk – Ausschaltung der Sozialdemokratie, Sturz Brünings und „Preußenschlag“ vom 20. Juli 1932 – maßgeblich von Schleicher mitgestaltet worden war. Die Staatskrise, die Schleicher 1932/33 zu überwinden versuchte, war eine von ihm selbst in voller Absicht herbeigeführte. Die Querfront-Phantasien quasi als einen widerständigen Akt zu stilisieren, grenzt durchaus an massive Geschichtsklitterung, wie sie seit den Nürnberger Prozessen als Verteidigungsstrategie der mit Hitler paktierenden Konservativen vorgetragen wurde. So warten wir gespannt bis 2017 auf die angekündigten neu entdeckten Quellen. Bis dahin sollten sich allerdings auch die Kritiker zentraler, über ein halbes Jahrhundert lang fortentwickelter und in den Grundzügen immer wieder bestätigter Forschungsergebnisse in Zurückhaltung üben.

 

Blaublütige Geschichtspolitik

Tat- und Quellenbestände zu verschleiern, Archivzugänge zu versperren und seriöser akademischer historischer Forschung bestellte Gutachten, Privatmeinungen oder schlichte Zurückweisungen als gleichwertige Argumente entgegenzuhalten ist beileibe kein Privileg des Adels in Deutschland. Nur scheinen solche Zustände hier noch etwas länger als sonst anzuhalten, wie selbst der des Adels-Ressentiments unverdächtige Marburger Professor Eckart Conze (im Link unten) immer wieder zu bemerken pflegt. Haben nach der Industrie und den Regierungsinstitutionen nun auch in zunehmenden Maße private Profiteure des NS-Regimes aller Art erkannt, dass die historische Aufarbeitung der dunklen Seiten der eigenen Vergangenheit durchaus ihre öffentlichkeitswirksamen positiven Seiten haben kann, bildet in den Familien des Adels eine solche PR-bewußte Haltung noch immer die Ausnahme. Noch immer scheinen die Familiengedächtnisse einer Vorstellungswelt verpflichtet zu sein, die keine Flecken auf dem Ehrenschild zuläßt, wo sich doch mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt haben sollte, dass gerade die massive Schuldabwehr, zuweilen auch Schuldumkehr noch häßlichere Flecken hinterlassen wird. Da tröstet es auch wenig, dass es andernorts sich nicht viel anders verhält.

Dem Hohenzollern-Chef scheint es aber ums große Ganze zu gehen, nämlich um die juristische Festschreibung der nachträglichen Entnazifizierung seiner Familie und um die Bereitstellung entsprechender rechtlicher Sanktionsmöglichkeiten im Streitfall. Vielleicht hätten die brandenburgischen Behörden die Historiker ganz aus dem Spiel lassen sollen, weil es sich bei der Entscheidung, gleich wie sie ausfallen wird, um eine politische Entscheidung handelt. Aber dass nun Juristen über die Validität historischer Forschung zu entscheiden haben und Schweigegebote durchzusetzen versuchen, sollte allen, denen wissenschaftliche Integrität und einen in der offenen Auseinandersetzung geführten Erkenntnisprozess etwas bedeutet, hellhörig werden lassen.

 

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21 Gedanken zu “The Empire Strikes Back. Oder: Der königliche Griff nach Deutungsmacht;”

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    Lieber Marcus Funck,
    herzlichen Dank für diesen sehr guten Kommentar. Es ist ein Jammer, dass man über solche Dinge im Jahre 2016 überhaupt noch streiten muss.
    Die Rolle des Adels in der ersten Häfte des 20. Jahrhunderts war insgesamt so beschämend, dass ich mich wundere, dass man sich traut, darüber vor Gericht streiten zu wollen.
    Was waren das für Zeiten, als in der alten Bundesrepublik Adelige sogar ihren Titel ablegten und nur nach ihrer Leistung bewertet werden wollten.
    Die Zeiten ändern sich.
    Beste Grüße,
    Norwich Rüße

  2. avatar

    @ Marcus Funck

    Dieses von GW ist aber witzig:

    „“(wie später auch weite Teile Deutschlands) von der Roten Armee befreit wurde,”

    Dann wurden die Kölner Frauen auch an Silvester befreit, von der Marokkanischen Roten Armee. Noch ein Tag der Befreiung, den die BRD feiern sollte, 31.12.15.“

    Ich weiß schon, dass er möglicherweise an die Vergewaltigungen durch die Russen denkt und man das wohl nicht vergleichen kann. Aber befreit wurde Ostdeutschland doch wirklich nicht, und Polen hatte auch zu leiden. Auschwitz wurde befreit und die übrigen Lager im Osten, aber nicht Ostdeutschland.

  3. avatar

    „(wie später auch weite Teile Deutschlands) von der Roten Armee befreit wurde,“

    Dann wurden die Kölner Frauen auch an Silvester befreit, von der Marokkanischen Roten Armee. Noch ein Tag der Befreiung, den die BRD feiern sollte, 31.12.15.

  4. avatar

    @S.T. & M.F.

    … die von Ihnen erwähnte, marxistische Orthodoxie, die kommunistische Internationale hat mit Stalin und ’seiner‘ Sowjetunion, das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Sind die dazu gemachten Veröffentlichungen auch falsch? Lediglich marxistische Thesen? Oder treffen marxistische Thesen als falsch nur, zu wenn ’s um die Finanzierung von A.H.s National-Sozialisten geht?

    1. avatar

      Blonder Hans: Marxistische Thesen sind dann „falsch“, wenn sie von den Quellen nicht bestätigt werden können. Da hilft dann auch die beste Theorie nicht weiter, wenn die emprirische Forschung belastbar Anderes belegt. Dass Auschwitz (wie später auch weite Teile Deutschlands) von der Roten Armee befreit wurde, wissen wir auch ohne marxistische Großtheorien und würdigen es mittlerweile entsprechend.

      Die Großindustrie und die Banken haben bis zum Januar 1933 rechts von der SPD nahezu alles finanziert, in geringstem Umfang allerdings die NSDAP. Am Zerstörungswerk gegen die Weimarer Republik und deren demokratische Institutionen hatten sie maßgeblichen Anteil, am Aufstieg der NSDAP weniger, an der konkreten Installierung der Hitler-Papen-Koalition wiederum einiges mehr. Alles, was nach dem 30. Januar 1933 passierte, steht auf einem anderen Blatt, ist mittlerweile (wenngleich verspätet) einigermaßen gut herausgearbeitet und wahrlich kein Ruhmesblatt für die betroffenen Unternehmen und Konzerne. Manche haben dafür „bezahlt“, die meisten nicht. Die Geschichte der Kontinuitäten vom NS in die Bundesrepublik Deutschland wird erst seit wenigen Jahren etwas genauer in den Blick genommen. Und da ist durchaus noch einiges an Interessantem zu entdecken.

      Wie sie den Dawes-Plan mit Fritz Thyssen und Henry Ford zusammenkriegen, das ist so abenteuerlich, dass es fast schon wieder spannend wird. Da fehlt dann nur noch der explizite Verweis auf das Finanzjudentum. Und jetzt sagen Sie’s mal offen und frei heraus: Nationalbolschewist?

  5. avatar

    „Mir ist kein guter Historiker und auch keine gute Historikerin bekannt, der oder die jemals mit dem §130 StGB in Konflikt geraten wäre.“

    Ich habe die Wahrheit nicht gepachtet. Deshalb ist Wahrheitssuche für mich ein schwieriges Unterfangen.
    Den Geist der Freiheit ziehe ich einem Denunziationsgeist vor. Es geht, insgesamt gesehen, um mehr. Auch um Geschichtspolitik. Hat aber jetzt mit dem eigentlichen Thema nicht mehr viel zu tun.
    Jedenfalls steht dieser Paragraph mit der Freiheit der Wissenschaften im Widerspruch. Er wird in der Form nicht bleiben können, wenn die Freiheit nicht gänzlich einem Totalitarismus geopfert werden soll.

  6. avatar

    @GUDE

    Von „gleichgeschalteteter“ Geschichtswissenschaft kann keine Rede sein. Dass sich Politik historischer Befunde und Interpretationen bedient, ist ja gerade Zweck der Historie. Die großen fachwissenschaftlichen Debatten sind immer auch innerhalb des Fachs ausgetragen worden. Von Jäckel UND Broszat, Nolte UND Wehler, Goldhagen UND Mommsen, ohne dass eine politisch motivierte Justiz eingriff… Sie haben ein merkwürdiges Bild von der Rolle von Historie, Politik und Justiz in unserer Gesellschaft. Und wenn Sie von der „unfreiheitlichen Entmündigung eines Kulturvolkes“ schwadronieren, sollten Sie sich mal vor Augen führen, zu welchen Verbrechen dieses „Kulturvolk“ im 20. Jahrhundert imstande war.

  7. avatar

    @DBH

    Selbst wenn Ihre falsche These („Agententheorie“), mit der Sie fest auf dem Boden marxistischer Orthodoxie sowie der Faschismusdefinition der kommunistischen Internationale stehen, stimmte: Waren die Eliten in Militär, Militär- und Zivilverwaltung, die Hunderttausenden Handlanger und Millionen Claqueure und Profiteure des Verbrechens alles Sozialdemokraten? Nein, es war die überwiegende Mehrheit des deutschen Volkes, dessen Stimmung erst kippte als im Krieg gegen die Sowjetunion die Erfolge ausblieben und der Terror begann, sich gegen Deutschland selbst zu richten. Was Sie hier betreiben, ist mit Geschichtsklitterung noch höflich umschrieben.

  8. avatar

    @M.F.

    … so, so, nicht wie Sie zu denken ist also holzklotzig. Da haben Sie aber noch ’ne Menge Holz zu hacken. Hier ist ein solcher Klotz, bestimmt kein ‚Kommunist‘. (Ahem, ich bin auch keiner.)

    Der finanzierte Aufstieg des Adolf H.‘ von Wolfgang Zdral.

    … werter Hr. M.F., schreiben selber von Turners Thesen. Wenn ich die ernst nehmen sollte, bleibt mir die Frage nach der Enteignung, der Behandlung der deutschen Wirtschaft nach Kriegsende, die Konzernzerschlagung und Demontagen. Insbesondere mit dem alliierten Militärgesetz Nr. 52. Waren die doch alle im Widerstand, wenn man Turner ernst nimmt. Oder?

    (Mittel- und Ostdeutschland kriegen wir später.)

    M.F.: ‚Mir ist kein guter Historiker und auch keine gute Historikerin bekannt, der oder die jemals mit dem §130 StGB in Konflikt geraten wäre.‘

    … werter M.F., diese Antwort, die Sie hier schreiben, ist würdig archiviert zu werden.

  9. avatar

    „Juristen sind aber ebensowenig gute Historiker, wie Historiker gute Juristen sind.“ Stimmt, widerspricht aber: „§130 StGB ist eigentlich nur dann hinderlich, wenn man hetzerischen Schmutz über andere auskübeln möchte.“
    Wenn die Justiz entscheidet (politisch gewollt) was historisch in einer bestimmten Epoche geschehen ist, dann ist die universitäre deutsche Geschichtsschreibung ein gleichgeschalteter Witz. Und wenn die Unfreiheit der Wissenschaft einmal gegeben ist, Historiker betreiben keine Naturwissenschaft, dann braucht man sich über so manches in diesem Land nicht mehr zu wundern.
    Na ja, solange das Dritte Reich die Freiheit definiert, muß man sich wohl keine Sorgen um die Zukunft Deutschlands machen, oder? Und über die politischen Auswirkungen, eigentlich eine unfreiheitliche Entmündigung eines Kulturvolkes, braucht man sich dann auch nicht länger unterhalten.

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    @DBH

    Es gibt kein „vor und nach Clark“. Es gibt nur Thesen, überholte und einstweilen gültige. Das ist Wissenschaft. Was den Beginn des Großen Krieges betrifft, ist vieles ein Frage der Interpretation und Wichtung der Quellen.. Clark bietet nur EINE Interpretation, die zudem durchaus anfechtbar ist. Vgl Leonhard, Jörn, Die Büchse der Pandora. Geschichte des Ersten Weltkrieges, 4.Aufl., München 2014, S. 84 -127, bes. S.118ff.

  11. avatar

    @M.F.

    … werter M.F., Sie haben Recht, die deutschen Offiziere wurden für Katyn in ‚Leningrad‘ gehenkt, in Nürnberg wurde ihnen – ‚lediglich‘ – der Mord angehängt.

    … und was die Sozialdemokraten betrifft, … abgesehen von der widerlichen Kriegsbewilligung anno ’14, war die SPD williger Partner des deutschen National-Sozialismus.

    »Wie von der Mutter Deutschland ans Herz gedrückt« Wilhelm Hoegner über den SPD-Umfall vom 17. Mai ’33.

    Zur Rede Hitlers am 17. Mai 1933 schrieb Hoegner in seinem Buch ‘Flucht vor Hitler’: ‘Eine sanftere Friedensrede hätte auch Stresemann nicht halten können …

    Da brach ein Beifallssturm der anderen Abgeordneten los. Selbst unser unversöhnlichster Gegner, Adolf Hitler, schien einen Augenblick bewegt. Der Reichstagspräsident Göring aber stand auf und sprach großartig die Worte:

    ‘Das deutsche Volk ist immer einig, wenn es sein Schicksal gilt.’ Er befahl mit lauter Stimme, die Tatsache der einstimmigen Annahme der Erklärung des deutschen Reichstags in die Niederschrift der Sitzung aufzunehmen.

    Dann fingen die deutschnationalen Abgeordneten das Deutschlandlied zu singen an. Die meisten in unseren Reihen sangen mit. Manchen liefen die Tränen über die Wangen. Es war, als hätte uns Sozialdemokraten, die man immer als die verlorenen Söhne des Vaterlandes beschimpfte, einen unsterblichen Augenblick lang die gemeinsame Mutter Deutschland ans Herz gedrückt.

    Als wir dann ins Freie kamen, strahlte der Himmel heller, die Bäume im Tiergarten schimmerten grüner, und das Herz ging uns auf …’

    … und wer Hitler installiert hat, können Sie hier nachlesen.

    Und wenn die Verantwortung für den Ausbruch des WK I internationalisiert ist, können auch die Kriegsfolgelasten internationalisiert werden. Oder?

    M.F.: ‚§130 StGB ist eigentlich nur dann hinderlich, wenn man hetzerischen Schmutz über andere auskübeln möchte.‘

    … Ihre Behauptung, ist, fast Original, ‚DDR‘- Rechtsprechung.

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      Sie arbeiten sich an einem Leben in der DDR ab. Gut und schön. Wie aber passt dazu Ihr (im Link dokumentierten) Festhalten an der von Turner u.a. schon vor vierzig Jahren ff. quellenmäßig widerlegten These von der Großindustrie als Steigbügelhalter des Nationalsozialismus? Das ist doch die klassisch marxistische These, nach der der Nationalsozialismus (entschuldigung: Faschismus) Exponent des kapitalistischen Systems gewesen wäre. Derart holzklotzig kann doch kein ernstzunehmender Mensch mehr denken.

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    … als weit nach 2 Weltkriegen geborener habe ich einen Anspruch auf eine differenzierte Sicht der Historie. Besonders dann, wenn ich, zum Beispiel, für das, was Soziaaaaldemkraten mit zu verantworten haben, nicht wahr Gen. Stevanovic, zur Kasse gebeten werde.

    Nach Christopher Clark ist die Sicht auf die Ursachen für den 1.WK, die Kriegsschuldfrage, dazu insbesondere die ‚Folgekosten‘ aus dem ‚Versailler Vertrag‘, auch für mich, eine andere als vor Christopher Clark.

    Gibt es eigentlich Bestrebungen der ‚BRD‘ für eine Rückerstattung der zu Unrecht gezahlten Milliarden, angeblicher Kriegsschuld wegen? Wenn nein, warum nicht?

    Im Übrigen bin ich betreffs ‚Katyn‘ mit einer Geschichtsfälschung aufgewachsen, u.a. die, dass deutsche Offiziere für den Mord an zig-tausenden Polnischen Intellektuellen und Offizieren im WK II verantwortlich waren und dafür in Nürnberg gehenkt wurden.

    Ich verstehe daher die Aufregung nicht, kann nix verwerfliches daran erkennen, wenn jemand, egal wer, auf dem Rechtsweg Genugtuung oder Rehabilitation sucht. Und ich bin auch der Meinung, dass der 130er StGB dabei hinderlich ist.

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      @derblondehans

      Was, von dem hier Besprochenen, haben die Sozialdemokraten denn mit zu verantworten? Die Installierung Hitlers zumindest wurde auf keinem Parteitag der SPD beschlossen.

      Christopher Clark hat die Verantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkrieg internationalisiert. Das ist nicht wenig, weil er Kalkül und Taktik der anderen großen Mächte in dieser Form erstmals zu einem großen Bild zusammenfügte. Doch zur Kriegspolitik des Deutschen Reiches in der Julikrise hat er nicht viel Neues zu sagen. Er gewichtet nur die Argumente anders. Der Versailler „Kriegsschuldparagraph“ ist doch schon längst kassiert.

      In Nürnberg wurde niemand für „Katyn“ gehenkt. Das ist schlicht absurd und falsch. Der Anklagepunkt wurde auf der Druck der USA und Großbritannien nämlich fallengelassen. Dass die Sowjetunion und ihre sozialistischen Bruderstaaten (mit Polen als Ausnahme!) an ihrer Katyn-Legende bis 1990 festhielten, steht auf einem anderen Blatt.

      Und natürlich, jedem steht es frei, die Gerichte anzurufen, wenn man sich rechtswidrig behandelt fühlt. Juristen sind aber ebensowenig gute Historiker, wie Historiker gute Juristen sind.

      §130 StGB ist eigentlich nur dann hinderlich, wenn man hetzerischen Schmutz über andere auskübeln möchte.

  13. avatar

    Nach meinem Eindruck gibt es eine Tendenz von Rechts Kausalketten umzudeuten. Der Gebrauch der Wirmer-Flagge durch Rechte, die Betonung der Rolle der NSDAP als Arbeiterpartei, die Gleichsetzung von Nazis und 68ern, die Verklärung Staufenbergs… bei allem dem geht es ja nicht darum, das NS-Erbe innerhalb der deutschen Linken offenzulegen. Es geht darum, die völkische Rechte vom Nationalsozialismus gänzlich zu befreien. Rassismus als vertretbare Richtung im Parteienspektrum. Am Ende waren nur noch Hitler und der BDM Nazis. Oder seit Alys Volksstaat ja irgendwie alle, aber eigentlich nur ganz besonders Sozialdemokraten.
    Das wäre ja alles zu ertragen. Aber die Möglichkeit des rechtlichen Vorgehens gegen Kritiker macht die Sache brisant. Ich musste lachen über den Satz eines Polen (ich weiß den Kontext nicht mehr, bitte um Korrektur wenn es falsch ist): Die beste Erfindung der Deutschen waren die Nazis. Es wäre traurig, wenn er Recht behalten würde.

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      Ich stimme Ihnen größtenteils zu. Zwei Einschränkungen. Erstens, diese Tendenz ist nun absolut nicht neu. Sie müssen einmal die Argumentationslinien der Verteidiger in den Nürnberger Prozessen lesen. Jenen, welche systematisch die demokratische Ordnung der Weimarer Republik zerstörten, ging es dann nur noch darum, „Schlimmeres“ zu verhindern. Dieses Schlimmere war der Dämon Hitler, alles andere wäre akzeptabel gewesen. Zweitens, den Hohenzollern ist insofern Unrecht geschehen als die Enteignungen keinem rechtsstaatlichen Verfahren unterlagen. Andere hatten da – manchmal völlig unverdient – mehr Glück. Die Regierung Kohl hat, um den sozialen Frieden zu wahren, sich um die Klärung von historischer Verantwortung in anderer Form gedrückt, indem sie einen Zwang von außen (der Preis für die Einheit) konstruierte. Auch deshalb streiten wir noch 2016 über solche Fragen.

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    Die Blaublüter brauch ich zwar auch nicht, aber Die Linke, also das SED-Mauermörder-Empire, auf die kann ich auch gerne verzichten.

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