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Kartell der guten Absichten

Von Sonja Margolina:

Vor einem Jahr erhob Ioane Teitiota Klage gegen seine Abschiebung aus Neuseeland. Der Migrant wollte als Klimaflüchtling anerkannt werden. Seine Heimat, die pazifische Insel Kiribati, sei durch den Klimawandel bedroht. Der steigende Meeresspiegel und die Versalzung des Trinkwassers schadeten der Gesundheit seiner Kinder. Da sauberes Trinkwasser ein Menschenrecht sei, argumentierten seine Anwälte, sei  Ioane Teitiota nach der UN-Menschenrechtskonvention als Flüchtling anzuerkennen. Der Oberste Gerichtshof Neuseelands wies  die Klage jedoch zurück: „Jemand, der ein besseres Leben sucht, indem er den empfundenen Folgen des Klimawandels entflieht, ist keine Person auf die die Konvention zutrifft.“

Das Narrativ des Klimawandels ist inzwischen so allgemein üblich geworden, dass es keinen Bezug zu irgendwelchen wissenschaftlichen Nachweisen und  Theorien mehr braucht. Man stelle sich vor, die „sieben mageren Jahre“ oder die „zehn Plagen“ aus der Bibel,  oder der Ausbruch des Vesuv würden als menschengemacht dargestellt. Da würden die Götter – oder die Hühner – lachen.  Auch heute noch werden Menschen von Naturkatastrophen und extremen Wetterereignissen heimgesucht. Deren Folgen sind je nach dem Entwicklungsstand ziemlich unterschiedlich. In den meisten Industriestaaten gibt es mehr oder weniger funktionierende Frühwarnsysteme und Zivilschutz. Einwohner werden in Sicherheit gebracht und betreut.  So wurden die USA in den letzten Jahren von extremen Dürren und ungewöhnlich kalten und schneereichen Wintern heimgesucht, ohne dass eine nennenswerte Zahl an Opfern zu beklagen war. Auch beim Hochwasser in Deutschland kommen die Betroffenen meist relativ glimpflich davon. Die gigantischen Kosten werden von Versicherungen und der Allgemeinheit  gedeckt.

In den Entwicklungsländern wohnen indes viele Menschen in Slums und sogar buchstäblich auf dem Wasser. Küstengebiete halten der Übernutzung nicht stand. Wälder werden abgeholzt, Trinkwasser wird verunreinigt und knapp, nutzbare Böden erodieren. Die Ursachen dafür sind fast immer die gleichen: fehlende oder korrupte Staatsstrukturen und die Demographie und Armut, die einander bedingen.

Sucht man aber nach den Schuldigen für diese Misere jenseits des eigenen Unvermögens, das Land zu reformieren und Investitionen anzulocken, ist es nicht schwer, den „Täter“ ausfindig zu machen. Früher wurde dafür der Kolonialismus verantwortlich gemacht. Nun hat der Westen den Diktatoren, Stammesfürsten und Ölbaronen in aller Welt erklärt, dass ihre Bevölkerungen nicht unter ihrer Raffgier und ihren Raubzügen, sondern an den Folgen des Klimawandels leiden. In Anerkennung seiner Schuld will der Westen Buße tun und eine Entschädigung an die betroffenen Länder zahlen. Gerade eben wurde von den „Klimasündern“, unter denen man Staaten wie China vergeblich sucht, ein „Grüner Fonds“ gegründet, der den Entwicklungsländern bis 2020 mit 100 Milliarden Dollar unter die Arme greifen wird. Die Zuwendungen sollen die Folgen des Klimawandels mildern.

Der Umfang der Spende ist nicht sehr groß. In der EU wird wesentlich  mehr an öffentlichen Mitteln für Lobby-Projekte und populistische Geschenke verschwendet. Wie bislang der Großteil der Entwicklungshilfe, wird der abermalige Geldfluss lediglich  weiter Misswirtschaft und Korruption der Eliten fördern.

Der Chef-Ökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Prof. Ottmar Edenhofer, hat bereits vor Jahren wissen lassen, dass der Klimaschutz wenig mit dem Klima zu tun habe. Er sei vor allem eine Umverteilung des Weltvermögens von den reichen zu den armen Ländern. Anders ausgedrückt: Die Erderwärmung ist ein Vorwand für Tributzahlungen des Westens an dessen Opfer. Was sonst sollen die Zahlungen sein, wenn der Klimawandel ohnehin nicht mehr aufzuhalten ist, wie im letzten Bericht des PIK, der gerade von der Weltbank veröffentlich wurde, geschrieben steht?

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimawandel-und-weltbank-einige-folgen-nicht-mehr-aufzuhalten-a-1004597.html

Allerdings mutet es seltsam an, dass im PIK-Bericht verlangt wird, alle denkbaren Anstrengungen zu unternehmen, um die Emission der Treibhausgase zu reduzieren, obwohl der Zug der Erderwärmung bereits abgefahren ist. Der Bericht suggeriert, grundsätzlich alle Extremwetter-Phänomene gingen auf das Konto des menschengemachten Klimawandels zurück. Die Herrschaften verstehen es gut, sich von allen Seiten abzusichern. Was würde eine vernünftige Ideologiekritik dazu sagen?

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich ein Kartell der guten Absichten gebildet. Anders als die verfemten Konzerne produziert es keine  Waren und Dienstleistungen, sondern nutzt Steuergelder oderZuwendungen der Gläubigen und der von ihm moralisch erpressten Unternehmen, um Welt-Bilder mittels moderner Polittechnologie zu kreieren. Das PIK, Greenpeace, der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), die von milliardenschweren Klimaschutz-Etats ermächtigte glokale Bürokratie und dieDrittmittel-Wissenschaft haben sich eine beträchtliche Macht über das gesellschaftliche Denken und Handeln gesichert.

Die Handlungsweisen dieses Kartells stehen dem der Finanzhaie und Bösewichte des globalen Kapitalismus in nichts nach. Allerdings gibt es zunehmend Sorgen: Die Aufrechterhaltung des Narrativs der Erderwärmung und der Weltrettung wird schwieriger. Seine Definitionsmacht bröckelt. Daher die Flucht nach vorne, zu Warnungen und Mahnungen, für die niemand Verantwortung übernehmen wird. Denn der Hitzetod muss erst um 2100 erfolgen. Nach uns die Sintflut. Selbstverständlich spielen die willigen „Opfer“, denen Milliarden-Zuwendungen winken, gerne mit.

Das ändert nichts an der Tatsache, dass Ioane Teitiota wie auch andere  Insulaner umgesiedelt werden müssen, bevor ihnen der Boden unter den Füssen fortgerissen wird. Dafür braucht man aber keine Klima-Ideologie, die die Interessen des Kartells als Weltrettung verkauft.

 

Sonja Margolina ist Autorin von “KALTZEIT: Ein Klimaroman”(2013), “Brandgeruch”(2011) und anderer Werke

 

 

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8 Gedanken zu “Kartell der guten Absichten;”

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    Lieber Moritz Berger, nochmal extra für Sie (weil mir Ihre Meinung wichtig ist): Ich zweifle keineswegs an der Existenz eines Klimawandels, sondern daran, ob die wissenschaftlichen Methoden auseichend sind (Rechner-Algorithmen mit bestimmten Start-Bedingungen), um einen Hinweis darauf zu geben, daß der Klimawandel dadurch zu stoppen wäre, wenn wir die fossilen Brennstoffe nicht aufbrauchen. Und ich denke nicht, daß die Weltbank die richtige Instanz ist, das zu beurteilen.
    Und es neigen bekanntlich nicht nur einzelne Wissenschaftler zum Durchknallen, sondern auch die Wissenschaft kollektiv, wie man in der Vergangenheit z.B. an Lavaters Physionomietheorem (der mit den angewachsenen Ohrläppchen), dem weitverbreiteten Glauben an die Unbedenklichkeit radioaktiver Strahlung und so vielem Anderen, das ich mir jetzt mal erspare, sehen kann. Klar heutzutage ist das natürlich was ganz anderes. Vielleicht ist es aber auch einfach bequemer für unsere Gesellschaften, ein schlechtes Gewissen wg. CO2-Fußabdruck zu predigen, als Dämme zu bauen.

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    Lieber KJN

    Klimaschutzideologie 🙂

    Ich emphehle Ihnen einmal den Weltbankbericht genau zu lesen und hier nicht einfach Puzzlesteinchen ohne Quellenangaben zu verbreiten, die dem Grundtenor des reports nicht entsprechen.

    http://www.worldbank.org/en/ne.....sks-rising

    >World Bank Group President Jim Yong Kim said. “We cannot continue down the current path of unchecked, growing emissions.”<

    Immediate steps are needed to help countries adapt to the climate impacts being felt today and the unavoidable consequences of a rapidly warming world. The benefits of strong, early action on climate change — action that follows clean, low carbon pathways and avoids locking in unsustainable growth strategies — far outweigh the costs. Many of the worst projected climate impacts could still be avoided by holding warming to below 2°C. But the time to act is now.

    aus:
    https://openknowledge.worldbank.org/handle/10986/20595

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    Aus der detaillierteren Stellungnahme des Umweltbundesamtes:
    „So erbrachten Untersuchungen von Pflanzen in der Nähe natürlicher CO2-Quellen weder erhöhte Wachstumsraten, noch eine verstärkte Biomasseproduktion.“
    Daß man nach solchen Stellungnahmen ins Grübeln kommt, lässt sich kaum vermeiden.
    Ich vermute vermehrt, daß die Prognosen und Modellierungen der etablierten Klimaforschung Erkenntnisse verwandter Disziplinen (Geologie etc.) nicht in dem Umfang berücksichtigen, wie es nötig wäre.

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    „moderner Polittechnologie“
    Ich denke, das trifft es ganz gut: Es regiert sich leichter mit einem gemeinsamen Gegner und wenn dieser eben kein Land mehr ist, sondern ein Klima, darf das getrost als zivilisatorischer Vorteil gesehen werden. Und der Interessensausgleich zwischen Industriestaaten und – wie sagt man da am besten – Südhemisphäre ist auch friedenssichernd und damit politisch opportun.
    Was mich aber mehr interessiert, daß diese Idee und deren Durchsetzung (sorry R.Z., und täglich grüßt der „Lemming“) einer kollektiven Enteignung gleichkommt: Statt mal eine ‚Politikfolgenabschätzung‘ zu betreiben wird fröhlich drauflos reguliert und durchgewinkt ohne ‚wenn‘ und ‚aber‘, denn – mene mene tekel an der Wand – der Klima-Hitzetod.
    Da sorgen Energiesparklassen zur frühzeitigen Entsorgung gebrauchtüchtiger Geräte, die nicht mehr von lokal verfügbaren Fachleuten repariert werden, da wird abgewrackt und tausende KFZ-Monteure und Servicekräfte arbeitslos, Neugeräte und Autos werden in Fernost unter Bedingungen produziert, die wir hier von ’nicht nachhaltig‘ bis ‚menschenunwürdig‘ klassifizieren würden und niedriger Energieverbrauch sowie IT-Fortschritt (Windows-Terabyte-XXXXL) wird durch Obsoleszenz gesichert, wo natürlich das Umweltbundesamt widerspricht. Die Folgen dieser ‚Klimaschutz-Politik‘ lassen sich täglich auf den Autobahnen erleben, wo die durch Zentralisierung der Arbeitsstätten in ihren Wohnorten arbeitslos gewordenen Fachkräfte sich täglich durch die just-in-time-Logistik in die Großraumbüros quälen müssen. Und über das Recyling des Kupfers aus dem ganzen Schrott freuen sich die Jungs an der afrikanischen Westküste.
    So fördert die Klimaschutzideologie Zentralisierung in der Wirtschaft (nur Konzerne können die Auflagen stemmen), entmündigt den Verbraucher (schmeiß‘ weg, braucht zuviel Strom), vernichtet Technik-Kompetenz (Reparatur lohnt nicht) sowie wirtschaftliche Vielfalt, expandiert Umweltschutzbürokratie, bedient bestimmte Klientel (Dämmung, Photovoltaik, EEG-Profiteure insgesamt) und oktruiert den Entwicklungsländern die Art ihrer wirtschaftlichen Entwicklung auf. Ein durch und durch autoritäres und eindimensionales Programm, das letztlich das Gegenteil von dem erzeugt, was sich die Mehrheit davon verspricht. Wenn auch die Weltbank – sehr richtig – feststellt, daß die Folgen eines Klimawandels technologisch nicht beeinflusst werden können („unumkehrbar“) werden dennoch genau diese Technologie-Beschränkungen politisch durchgesetzt. Mit allen (entropischen) Folgen.

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    Dieser Beitrag hätte besser als Rede auf einer der gerade so populären Montagsmahnwachen gedient. Mich würde mal interessieren, wie sich Ihr Kollege Posener zu solchen Ausführungen stellt!? Abgesehen davon, dass sie strukturell antisemitische Klischees und Formulierungen bedienen (Kartelle, die „sich eine beträchtliche Macht über das gesellschaftliche Denken und Handeln gesichert [haben]“, „Finanzhaie“ und „Bösewichte des globalen Kapitalismus“; vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/A.....semitismus), ist Ihr Blogeintrag aus meiner Sicht nichts weiter als ein großer Haufen nicht falsifizierbarer Verschwörungstheorie. Mit einer rationalen Auseinandersetzung mit den anthropogenen und nicht-anthropogenen Faktoren des Klimawandels hat das Ganze nichts zu tun.
    Was den Fall Ioana Teitiota angeht, so stimme ich Ihnen zwar zu, dass es für ihn schwierig sein dürfte, sich als „politischen Flüchtling“ zu qualifizieren, doch ich würde dann gerne von Ihnen wissen, welche andere rechtliche Argumentation Sie ihm anraten, wo Sie doch anerkennen, dass seine Umsiedlung notwendig ist!? Meines Wissens gibt es nirgends eine Rechtsgrundlage, die es vor Umweltkatastrophen und absoluter Armut fliehenden Menschen erlaubt, in Industriestaaten einzuwandern (es sei denn sie bringen ordentlich „Humankapital“ mit sich). Sollte Ihr Beitrag als Plädoyer für die Einführung solcher Gesetze zu verstehen sein, pflichte ich Ihnen ausdrücklich bei. Ansonsten empfinde ich es jedoch als unnötig und herablassend, dass Sie die notwendigerweise „kreativen Wege“, die politisch nicht verfolgte Flüchtlinge in rechtlicher Hinsicht einschlagen müssen, um nur den Hauch einer Chance auf Anerkennung zu haben, auch noch in dieser Weise diskreditieren, nur um Ihre stark vereinfachten Weltsichten anbringen zu können.

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    Der skeptische Lemming ändert seine Laufrichtung nicht wegen eines Gerüchts. Auch nicht auf bloßen Verdacht oder wegen einer begründeten Wahrscheinlichkeit. Nein, das muss schon hieb- und stichfest bewiesen werden. Sonst marschiert er weiter.

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