Prof. Dr. Dr. Peter Scholz? In einer Pressemitteilung teilt die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz am 18. Dezember 2024 mit, dass Prof. Dr. Peter Scholz neuer Gerichtspräsident am Amtsgericht Tiergarten in Berlin wird:
Justizsenatorin Dr. Felor Badenberg erklärt dazu: „Mit Prof. Scholz übernimmt ein langgedienter Richter die Leitung des Amtsgerichts Tiergarten. Aufgrund seiner Erfahrung wird er auch diese Führungsaufgabe in bester Weise auszufüllen wissen. Ich wünsche ihm für die anstehenden Aufgaben eine glückliche Hand und alles Gute!“
Der präsentierte Lebenslauf liest sich wie eine klassische juristische Karriere, ist aber auch in anderer Hinsicht interessant: „Prof. Dr. Dr. Peter Scholz, geboren 1961, hat in Hamburg sowohl Rechtswissenschaften als auch Islamwissenschaften studiert. 1996 wurde er zum Dr. phil., 2006 zum Dr. jur. promoviert. 1995 trat er als Richter in den Berliner Dienst ein. Er absolvierte Stationen am Amtsgericht Tiergarten, war sowohl von 1998-2001 als auch von 2004-2009 an die Senatsverwaltung für Justiz abgeordnet und wurde 2007 zum Richter am Kammergericht ernannt. Ebenfalls 2007 erfolgte die Bestellung zum Honorarprofessor. 2009 folgte die Ernennung zum Vizepräsidenten des Amtsgerichts am Amtsgericht Tiergarten und 2017 zum Präsidenten des Amtsgerichts Charlottenburg.“ Nicht jeder Jurist hat Islamwissenschaften studiert.
Ein breit gefächertes Interesse spricht in jedem Fall für eine engagierte Persönlichkeit. Wieso auf das Studium der Islamwissenschaften das Jurastudium folgte, ist allerdings eine andere Frage. Wahrscheinlich lässt sich mit einem exotischen philisophischen Fach kein Geld verdienen. Jedenfalls war das Interesse an den Islamwissenschaften schon bei Antritt des ersten Richteramts präsent, denn ein Jahr nach Amtsantritt wurde Peter Scholz zum Dr. Phil. Promoviert. Die Promotion zum Dr. Jur. erfolgte dann zehn Jahre später – eine angemessene Zeit, sich in seiner Freizeit mit einem Thema zu befassen und es mit einer Promotion abzuschließen.
Es ist nicht nur legitim, persönliche Interessen zu verfolgen und sich entsprechend zu vernetzen. Es ist wichtig und notwendig für die Demokratie. In jedem Fall zeigt persönliches Engagement auch, wofür man sich interessiert. Peter Scholz wurde 2007 zum Honorarprofessor ernannt – auf der Seite der Freien Universität Berlin (FU) wird man fündig: Honorarprofessor Dr. jur. Dr. phil. Peter Scholz wird als Präsident des Amtsgerichts Tiergarten aufgeführt und er vertritt an der FU Islamisches Recht und Internationales Privatrecht. Nun ist zumindest das zweite Thema sicher sein Spezialgebiet, das gelegentlich auch am Amtsgericht benötigt wird. Ob die Kenntnis des islamischen Rechts allerdings für eine führende Position an einem deutschen Gericht eine sinnvolle Grundlage ist kann ich nicht beurteilen. Noch etwas anderes fällt auf: Üblicherweise werden Promotionstitel in der Reihenfolge des Erwerbs aufgeführt. Bei Dr. Dr. Peter Scholz ist das auf der Webseite der FU nicht der Fall. Entweder kennt die FU die Gepflogenheiten nicht oder es handelt sich um eine bewusste Schwerpunktsetzung. Beides spricht nicht gerade für die Wahrung einer Sorgfaltspflicht im protokollarischen und akademischen Bereich.
Weiter zur Person: Die Webseite führt statt des üblichen Lebenslaufs lediglich die privaten Aktivitäten ihres Honorarprofessors auf:
- Mitglied des Vorstands der Gesellschaft für Arabisches und Islamisches Recht e.V.
- Mitglied des Forums Recht und Kultur im Kammergericht e. V.
- Mitglied des Vorstands der Deutschen Orient-Stiftung
- Gründer und Leiter des Berliner Arbeitskreises für Staat und Islam in Deutschland
- Mitglied des Vorstands der Berliner Wissenschaftlichen Gesellschaft e.V.
Staat und Islam in Deutschland? Nähere Informationen über diesen Arbeitskreis findet man im Internet nicht. Es kann also kein für die Öffentlichkeit relevantes Thema sein. Gut vernetzt ist Dr. Dr. Peter Scholz in seinen anderen Vereinen dennoch. Er ist als Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Arabisches und Islamisches Recht e.V. (GAIR) aktiv und fleißig. So hat er 2011 die Jahrestagung organisiert und war von 2009-2013 Mitherausgeber der Zeitschrift Recht und Islam. Seine gesamte Forschung bezieht sich in erster Linie auf das islamische Recht, gelegentlich im Verhältnis zum deutschen Recht. Das ist sicher interessant. Aber wieso ist ein Spezialist in Islamwissenschaften Präsident eines Gerichts gerade in Tiergarten, einem Berliner Bezirk mit hohem Anteil an Muslimen?
Noch interessanter allerdings ist eine andere Frage: Wie wird Professor Dr. Dr. Peter Scholz als Vorgesetzter des Richters Philipp Bergholz mit der am 1. August 2025 erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Bergholz umgehen? Um einen besonders komplizierten Fall handelt es sich nicht. Wer Hochachtung bezeugt vor einer Person, die sich wiederholt darauf beruft, die Parole „From the river to the sea“ sei harmlos und ein Akt legitimen palästinensischen Widerstands, hat viele Dinge nicht verstanden oder ignoriert sie bewusst. Wahrscheinlich hält er die Charta der Hamas, die genau diesen Wortlaut nutzt um ihren Anspruch auf das gesamte Gebiet am Mittelmeer zwischen Ägypten und Libanon einschließlich des israelischen Staatsgebiets festzuschreiben für harmlos.
Dass diese Parole nicht harmlos ist, hat der 7. Oktober 2023 bewiesen. Deshalb wurde sie am 2. November 2023 vom Innenministerium verboten. Der dem Massaker an israelischen Zivilisten folgende Krieg hält an und er ist zäh und ist kein Spaziergang für die israelische Armee. Dazu kommt die permanente Propaganda, die in vielen Teilen der Welt verbreitet wird und auf fruchtbaren Boden fällt. Das ist für viele Israelis und Juden in der Diaspora schwer auszuhalten. Sie haben Angst um die Geiseln und die Soldaten, die im Krieg sind. Die Verluste der israelischen Armee sind trotz aller Sicherheitsvorkehrungen enorm. Die Hamas dagegen nutzt die eigene Bevölkerung einschließlich Frauen und Kinder bewusst als Kanonenfutter, um Mitleid und einen Opferstatus zu erzeugen. Dass Israel einen Genozid verübe ist inzwischen so oft wiederholt wird, dass viele Menschen es glauben obwohl es bislang nicht bewiesen werden konnte.
Der Staats- und Europarechtler Professor Böhme-Nessler nannte den Vorgang bei der Ufrteilsverkündung durch Richter Berkholz einen Skandal und sagte in einem Interview bei Welt-TV am 31.7.2025: „Wir müssen als Bürger das Gefühl haben, die Gerichte sind neutral, unparteiisch.“ Die Gemengelage an den deutschen Gerichten sieht scheinbar anders aus. Der Vorgang ist beunruhigend. Sicher hatte der Richter einen Ermessensspielraum im Rahmen seiner richterlichen Unabhängigkeit. Allerdings dürfte er sich über die Folgen seiner Rechtsprechung durchaus bewusst gewesen sein. In gewisser Hinsicht nimmt er die staatsfeindlichen Aktivitäten der Yasemin Acer mit offensichtlich klammheimlicher Freude in Kauf. So konnte sie jubelnd das Gericht verlassen.Richterliche Unabhängigkeit ist ein hohes demokratisches Gut. Sympathien mit Terrorismus ist es nicht und gehört gerügt. Auch wenn es sich um einen Einzelfall handelt, eine Reaktion ist notwendig.
Die Berliner Polizei hält weiter den Kopf hin um Jüdinnen und Juden in Deutschland zu schützen, denen der Hass auf den deutschen Straßen entgegen schlägt. Sie muss auch jene schützen, die sich für Jüdinnen und Juden einsetzen, darunter Journalisten, die diese Demonstrationen beobachten oder Demonstranten, die sich dem Hass entgegen stellen, etwa die Poliltikerin und Juristin Karoline Preisler.
Unsere Gesellschaft ist dabei, auf eine schiefe Bahn zu geraten. Wenn ein derartiges Fehlverhalten wie das der Yasemin Acar nicht geahndet, sondern sie sogar in ihren Handlungen unterstützt wird, helfen alle Antisemitismusbeauftragten nicht mehr. Juden können sich nicht mehr sicher fühlen in Deutschland.
Die Islamwissenschaft, liebe Frau Hansen – es muss hier übrigens definitiv „-wissenschaft“ im Singular heißen, der Plural ist nicht korrekt, ebenso wie er es bei Politik- und Kommunikationswissenschaft nicht wäre – ist keineswegs ein „exotisches philosophisches Fach“. Sie ist zentral auf Sprachenkenntnis beruhende Gegenstandsforschung, nämlich auch und insbesondere zu den Textkulturen der islamischen Welt. Ist das exotisch? Ich schätze, da die Muslime innerhalb der Weltbevölkerung statistisch doch etwas größeres Gewicht haben als, zum Beispiel, Polynesier, ist dieses Adjektiv unpassend. Die Relevanz islambezogener Forschung in der Gegenwart dürfte einleuchten.
Es leuchtet auch ohne Weiteres ein, dass man einen Juristen mit breiter Expertise in islamischem Recht, der über einen guten Kontaktstand in entsprechenden wissenschaftlichen Strukturen verfügt, für einen geeigneten Mann für ein Richteramt hält, in dem Einschätzungsleistungen islamischer Befindlichkeiten sehr gefragt sind. Es wäre beinahe absurd, wollte die öffentliche Hand sich eines solchen Experten nicht auch bedienen, sofern keine begründeten Zweifel an seiner politischen Zuverlässigkeit bestehen. Sie scheinen in dieser Hinsicht auch von keinen wirklich greifbaren Gründen zu wissen.
„From the river to the sea“ ist nicht harmlos, nein. Ob, wo und wie die Parole aber geäußert werden darf, ist eine andere Frage. Möglich, dass Peter Scholz hier in einer Weise entscheiden wird, die der, die Sie für richtig halten würden, nicht entspricht. Da aber auch Juristen, denen qua ihres Werdegangs keine Befangenheiten im Hinblick auf den Islam unterstellt werden können, das Verbot in etlichen Fällen nicht absolut ausgelegt haben, könnte eine etwa kontroverse Entscheidung Scholz‘ keinen hinreichenden Beleg für eine Befangenheit bilden.
Überhaupt: Die Parole ist nicht koranisch, sie ist nationalistisch. Will man sie palästinensischen Nationalisten, religiösen wie nicht-religiösen, prinzipiell nicht durchgehen lassen, müsste man eigentlich auch äquivalente Formulierungen von jüdischer Seite grundsätzlich kriminalisieren. Mir erscheint es demokratisch konsequenter, beides nicht zu tun, sondern kontext-sensibel vorzugehen. Denn die Hamas gebraucht die Parole zwar, doch hat sie sie – das ist unbestreitbar – nicht erfunden. Einer Terrororganisation das Monopol auf die Deutung der Formulierung zuzugestehen, wird jene freuen. Den Antisemitismus im Lande mindert es nicht.
Ja, Frau Hansen, Israels Armee erleidet auch Verluste, die Hamas will Israel vernichten, und die Einschätzung des Geschehens als Völkermord ist umstritten. Allerdings heißt „umstritten“ eben auch nicht, dass nur offensichtliche Hamas-Sympathisanten sie teilen. Innerhalb eines zweijährigen Krieges sind zehn Prozent der Bevölkerung des Gaza-Streifens getötet oder verletzt worden. Der Krieg dauert an. Das Sterben geht weiter. Die Tatsache, dass die Hamas damit kein Problem hat und es nicht anders wollte, hat sich als Argument erschöpft (ich wünschte selbst, es wäre anders). Man kann nicht ewig so tun, als wäre noch von einer Verhältnismäßigkeit zu reden, wenn der Gegenschlag bereits ein Zigfaches der eigenen Opfer gefordert hat und ein Ende nicht abzusehen ist. Ich jedenfalls schaffe das nicht.
Es befriedigt auch intellektuell nicht (oder?), einen Krieg weiterhin für legitim zu erklären, in dem eine hervorragend ausgerüstete und ausgebildete Armee es innerhalb von bald zwei vollen Jahren noch nicht einmal vermocht hat, die vollständige Kontrolle über ein Gebiet zu erlangen, das nicht halb so groß wie Berlin ist. Selbst wenn die Hamas vernichtet wird (wobei sich die Frage stellt, ab wann das aus Sicht der israelischen Regierung als erwiesen gelten darf), ist Gaza als Unruheherd nicht auszuschalten, solange sich keine zukunftsfähige politische Vision an einen Sieg anschließt. Eine solche Vision sehe ich bei der Regierung Netanjahu nicht.
Von welchen Überlegungen Herr Scholz als Richter ausgehen wird und welches Verhalten von ihm zu erwarten sein wird, lässt sich ja sicherlich anhand seiner Publikationen einschätzen, die auf der Website der FU umfassend aufgelistet sind. Vermutungen sind da gar nicht nötig.