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Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Richter Berkholz

Der Skandal ist ja eigentlich schon ein paar Tage alt und ging durch die Presse. Meist ist nichts schnelllebiger als eine Nachricht. Leider muss man in diesem Fall sagen, denn es ist wirklich ein Skandal, dem man Einhalt gebieten muss. Dankenswerterweise hat dies Thomas Walther, Richter a.D. unternommen – er hatte bereits zeitnah am 1. August 2024 eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Richter am Amtsgericht Tiergarten Philipp Berkholz eingelegt. Geschehen ist bislang nichts.

In einer Presseerklärung schreibt Walther: „Heute am 24. September endet das jüdische Neujahrsfest Rosch ha-Schana, welches auch „Tag des Gerichts“ (Jom ha-Din) ist, an dem nach jüdischem Glauben Gott das Urteil über die Menschen für das vergangene Jahr fällt und dies in das Buch des Lebens eingetragen wird. Viele dieser Menschen denken heute aber auch an einen Tag vor dem Amtsgericht Tiergarten vor acht Wochen, der ihre Sorgen und Ängste als Juden in Berlin und Deutschland wegen des wachsenden Antisemitismus in einem bisher noch unerwarteten Spannungsfeld schlagartig steigerte. Dies insbesondere deshalb, weil die jüdische Stadtgesellschaft im kritischen öffentlichen Diskurs über lange Jahre nicht durch antisemitische Einzelakte in der Berliner Justiz beunruhigt wurde. Das Amtsgericht Tiergarten hat mit Amtsrichter Philipp Bergholz am 30 Juli diesen Weg verlassen. So hat er im Sitzungssaal 672 im Strafverfahren gegen Yasemin Acar (42) gegen 12:00 einen Teilfreispruch wegen des Vorwurfs der Benutzung von „Kennzeichen einer terroristischen Organisation“ (§ 86 Abs. 1 und 2 StGB) verkündet und begründet. Allein seine dem rechtskräftigen Urteil der Staatsschutzkammer des Landgerichts Berlin I vom 08.11.2024 (Az. 502 KLs 21/24) in einem gleichgelagerten Fall widersprechende Wertung zum Rechtscharakter der Hamas-Parole, hätte die jüdischen Menschen in Berlin nicht im Kernbereich ihres bürgerlichen Sicherheitsanspruchs verletzen können.

Im Namen des Volkes?

Herr Staatssekretär Dirk Feuerberg hat in der Antwort der Senatsverwaltung vom 7. August 20251 auf die Schriftliche Anfrage Nr. 19/23500 des Abgeordneten Dr. Timur Husein (CDU) vom 4. August zur Strafbarkeit der Hamas-Parole „From the river to the sea: Palestine will be free“ das Notwendige gesagt. Soweit vom Amtsgericht Tiergarten im Urteil vom 30. Juli die Parole nicht als ein (politisches) Kennzeichen der seit 02.11.2023 wegen Verstoß gegen das Prinzip der Völkerverständigung aus Artikel 9 Absatz 2 GG3 vom BIM in Deutschland verbotenen Terrororganisation Hamas gewertet wurde, ist dies allein durch die Rechtsmittel der Berufung oder Revision zu überprüfen. Dabei wird mit der politischen Grundsatzerklärung der Hamas vom 01.05.2017 die Quelle der von Yasemin Acar und ihren Anhängern formulierten Parole erkannt: Richter Bergholz hat die berufsethischen Grenzen überschritten und „im Namen des Volkes“ (vgl. Artikel 20 Absatz 2 Satz 1 GG 5) der Angeklagten Acar seine „Hochachtung“ gegenüber ihrem persönlichen „Einsatz“ erklärt. Der aufmerksamen jüdischen Stadtgesellschaft ist die israelfeindliche Diktion und der Umfang dieses „Einsatzes“ bekannt. Richter Bergholz nimmt für sich in Anspruch, aus eigenem Wissen zu erklären, Acar „spreche einigen Menschen aus der Seele“, was sie allgemein und „gerichtsbekannt“ auf Demonstrationen und in zahlreichen Interviews leiste.

Die von Richter Bergholz ausgehenden Veränderungen werden sich an dem vor uns liegenden zweiten Jahrestag des Hamas-Überfalls am 7. Oktober nachhaltig zeigen, die auf diesem Wege die Sorgen und Ängste der jüdischen Stadtgesellschaft multiplizieren dürfte. Yasemin Acar wird die ihr vom Amtsgericht Tiergarten „Im Namen des Volkes“ attestierte „Hochachtung“ nicht verschweigen und mit ihrer Anhängerschaft zu instrumentalisieren wissen. Die zeitliche Überschneidung mit dem Jahrestag des Hamas-Überfalls wird keine gewaltfreie Interpretation der Parole zulassen. Die verfassungsrechtlich garantierte richterliche „Unabhängigkeit“ hat Richter Bergholz durch seine erklärte Wertschätzung, Würdigung und Anerkennung der Acar-Aktivitäten verloren und noch subtil darauf hingewiesen, dass er zu den vielen Menschen gehören dürfte, denen die Angeklagte „aus der Seele spricht“. Der Grundsatz von „Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit“ wird mit Füßen getreten.“

Soweit die Presseerklärung. Es ist in der Tat bedenklich, dass ein Richter in Deutschland wieder vom Grundsatz der Unvoreingenommenheit abrückt und seine Sympathien mit Feinden des Staates Israels öffentlich im Gerichtssaal äußert. Die Justiz muss nun zeigen, dass sie weiter auf der Seite des Rechtsstaates steht und diese Dienstaufsichtsbeschwerde unverzüglich behandelt.

Die Charta der Hamas sollte in Deutschland nicht nur von Politikern im Bundestag und den Sicherheitsbehörden ernst genommen werden. Im Abschnitt „Das Land Palästina“ der Charta von 2017 ist sehr deutlich erklärt, dass für ein jüdisches Land in dem einstigen britischen Mandatsgebiet kein Platz mehr sein soll. Das ist es, wofür Aktivisten auf die Straße gehen, die sich der vermeintlich harmlosen Parole „Vom Fluss bis zum Meer, Palästina wird frei sein“ bedienen. Wobei mit Freiheit die Errichtung eines islamischen Staates gemeint ist. Am 27. September werden wir das in Berlin unter dem Motto „All eyes on Gaza“ wieder beobachten können. Das Motto der Anmeldung klingt harmlos. Was damit gemeint ist, sollte allen Beteiligten klar sein. Die Verkehrsbeeinträchtigungen für diese Großdemonstration beginnen bereits am 26.09. mit der Sperrung von Straßen rund um das Regierungsviertel. 10.000 Teilnehmer sind angemeldet. Der Zug verläuft in der Zeit von 14:30 Uhr bis abends vom Neptunbrunnen an der Spandauer Straße über Karl-Liebknecht-Straße, Unter den Linden, Wilhelmstraße, Dorotheenstraße, Scheidemannstraße, Yitzhak-Rabin-Straße und Straße des17. Juni zum Großen Stern.

 

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Über Nikoline Hansen

Promovierte Amerikanistin, Kommunikationswissenschaftlerin und Politologin. War bis zu dessen Auflösung 2016 ehrenamtliche Vorsitzende des Bund der Verfolgten des Naziregimes Berlin e.V. und Redakteurin und Autorin der "Mahnung".

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