Dieser Film des großen jüdischen Regisseurs Joseph L. Manckiewicz ist ein Meisterwerk, wenn auch mit großen Fehlern.
Der zentrale Fehler ist der blöde Plot. Die spanische Tänzerin Maria Vargas wird von Hollywood entdeckt und zum Star gemacht. Dabei bleibt sie den reichen und mächtigen Hintermännern des Filmgeschäfts und des Jetsets sexuell nicht verfügbar, aber auch emotional und künstlerisch unerfüllt. So weit, so orthodox. Überraschend verliebt sie sich in einen italienischen Grafen – auch weil er nicht versucht, sie sexuell auszunutzen. Auch das ist 50er Jahre Hollywood und übrigens – siehe Grace Kelly – nicht nur Hollywood.
Wie es sich jedoch herausstellt, ist der Graf nur erzwungenermaßen ein Kavalier: wegen einer Kriegsverletzung ist er impotent. Maria betrügt ihn, um schwanger zu werden, weil sie glaubt, ein Erbe würde den auf seine Familie so stolzen Adeligen glücklich machen. Spätestens hier verlässt der Film nicht nur den Boden Hollywoods, sondern auch der Realität. So naiv kann keine Frau sein, vor allem nicht eine Frau wie Maria, die in ihrem Leben gelernt hat, die Männer zu durchschauen. Es kommt, wie es kommen muss: Maria wird Opfer eines „Ehrenmords“: der Graf hat sie verfolgt, kennt ihre Untreue, aber nicht ihr Motiv, und erschießt sie.
Natürlich hätte es selbst 1954, als dieser Film gedreht wurde, so nicht kommen müssen. Dass der Graf sich einbilden konnte, eine so begehrenswerte und sinnliche Frau (wunderbar gespielt von Ava Gardner) würde sich auf Dauer mit einer platonischen Liebe zufriedengeben, ist mindestens ebenso unwahrscheinlich wie sein Verhalten ihr erst in der Hochzeitsnacht seine Impotenz zu offenbaren, unverzeihlich selbstsüchtig und dumm ist. Marias Untreue, wie auch immer motiviert, hätte auch damals, auch in Italien, schlicht zu einer Scheidung führen können. Aber daraus ließe sich kein Drama konstruieren.
Der Film ist dennoch ein Meisterwerk, weil er trotz dieses fundamentalen Fehlers – und Feministinnen mögen sagen, dass der Tod Marias angelegt ist in einer männlichen Sicht der Frau, der sich Mankiewicz entziehen will, um ihr umso sicherer zu erliegen – den Schauspielern Raum lässt für großartiges Spielen und noch großartigeres Reden. Wie bei „all About Eve“, den Mankiewicz vier Jahre zuvor gedreht hatte, bedient er sich hier eines Erzählers, oder vielmehr dreier Erzähler, die den Handlungsablauf, der bei Marias Beerdigung einsetzt, in Rückblicken kommentieren.
Hier ist vor allem Humphrey Bogart zu nennen, der den Regisseur Harry Dawes spielt. Dawes hat eine große Zukunft hinter sich muss sich faktisch dem widerlichen Milliardär Kirk Edwards verkaufen, der – Elon Musk lässt grüßen – neue Betätigungsfelder für sein Geld sucht und beschlossen hat, der größte Filmproduzent aller Zeiten zu werden. Weitere Erzähler sind Edmund O’Brien, der Edwards‘ PR-Geherda spielt, und der Graf selbst.
Dieser Film stammt aus einer Zeit, da Hollywood keine Angst vor Monologen und Deklamationen hatte, und was Bogart über Filme, Regie, Schauspieler, aber auch das Filmgeschäft zu sagen hat – und wie er es sagt, natürlich – , ist einfach wunderbar. Nur Bogey hätte einen älteren Mann spielen können, der offensichtlich in diese junge und unnahbare Frau verliebt, aber weise genug ist, sich nicht durch Avancen lächerlich und unglücklich zu machen, so dass er sich auf die Rolle eines väterlichen Freunds zurückzieht.
Groß ist aber auch der Höhepunkt des Films, das gegenseitige Beschimpfen der Milliardäre Edwards und Bravano (exzellent gespielt von Marius Goring) bei einer Party, die – wie erstaunlicherweise der ganze 70 Jahre alte Film – voller Anklänge an die heutige Zeit ist.
Unbedingt sehenswert (Prime Video).
Ich bin unbedingt mit Ihnen einer Meinung. Der Plot ist eine Räuberpistole, und nur den großartigen Schauspielern ist es zu verdanken, dass man sich den Film auch heute noch bis zum Schluß ansehen kann.
An der Filmhochschule führte uns der Dozent für Dranaturgie diesen Film als abschreckendes Beispiel vor, wie man auf gar keinen Fall eine Story zu konstituieren hätte. Danke fürs Erinnern, Alan Posener.
Der Dozent hat hoffentlich als Gegenbeispiel „Der Dritte Mann“ angeführt, der auch mit einem Monolog bei der Beerdigung der Hauptgestalt beginnt und endet und dennoch dramaturgisch meisterhaft ist.
Nein, das hat er nicht als Gegenbeispiel gewählt, sondern „Geh und sieh“ von Elem Klimov, der im Original eigentlich „Komm und sieh“ heißt. Hier beginnt der Film auch mit einem Monolog und den starken Worten: „Seid ihr verrückt geworden?“
Zugegeben, ein anderes Genre.