De mortuis nihil nisi bonum. Deshalb will ich anmerken, dass Hannelore Hoger noch das Beste war an der ersten Folge der ersten Staffel von „Bella Block“, die ich mir aus Pietät am 1. Januar ansah. Ich dachte, vielleicht ist an den Nachrufen etwas dran, in denen gerade diese Serie gelobt wurde, vielleicht kommt hier mal eine deutsche Krimiserie, die nicht zum Fremdschämen ist. Also fing ich mit Staffel 1, Episode 1 aus der ZDF-Mediathek an, und das wird’s für mich in Sachen Bella Block gewesen sein.
Nun kann man sagen: Was erwartest du? Doris Gercke, die Autorin der Bella-Block-Romane war doch DKP-Funktionärin. Was kann da schon rauskommen? Stimmt eigentlich. Wer in einer Organisation tätig war, die ohne rot zu werden die DDR als das bessere Deutschland empfahl, hat irgendetwas Entscheidendes über das Leben nicht begriffen und kann daher nicht aus dem Leben über das Leben schreiben.
Und so war das auch hier. Der Bösewicht ist – natürlich – ein Unternehmer, der im fiktiven Dorf „Rossbach“ bei Oldesloe in Schleswig-Holstein – horribile dictu – investieren, sprich eine Konservenfabrik errichten will, wo er schon eine Mülltrennungs- und -wiederverwertungsanlage betreibt. Warum jemand mitten in der Pampa – und in einem Landschaftsschutzgebiet, wo Ferienhäuser vermietet werden, z.B. an Kommissarin Block aus Hamburg – so etwas machen sollte, bleibt das Geheimnis der Autorin. (Die Stadt Bad Oldesloe hat Industrien und die entsprechende Infrastruktur, dort sitzen der Reinigungsgerätehersteller Hako, der Feuerlöscherhersteller Minimax, der Armaturenhersteller Herose, der Ventilhersteller Lindal Group, der Abfüllanlagenhersteller Feige, der südafrikanische Phamakonzern Aspen und die Brennerei Ernst August.)
Der „virile Geschäftsmann“ (ZDF) Erich Schatthauer hat nicht nur – in Verbindung mit dem korrupten Landrat – den Bauern Werner Petersen in den Ruin und die Zwangsversteigerung getrieben, um auf dem Land – horribile dictu – Einfamilienhäuser zu errichten. Er hat Petersens Frau verführt und mit ihr vor Jahren eine Tochter gezeugt, mit der er inzwischen auch schläft. Kein Wunder, dass Petersen durchdreht, die Frau erschießt, Schatthauer und die Tochter auch erschießen wollte, hätte Block den Amokläufer nicht vorher erlegt.
Nun gibt es sicher Geschäftsleute, die Bauern übers Ohr hauen. Und umgekehrt, wie wir aus Juli Zehs „Unterleuten“ wissen, einem guten Roman, aus dem eine passable Fernseh-Miniserie gemacht wurde. Und es gibt auf dem Land wie in der Stadt Affären und Inzest. Wenn aber alles in Gestalt eines einzigen „virilen Geschäftsmanns“ zusammenkommt, wenn das Fremde, das von außen Kommende, das personifizierte Kapital als der Böse dargestellt wird, das die Dorfgemeinschaft korrumpiert, der Mörder aber als das hilflose Opfer der Umstände, sein kaltblütiger Femizid als irgendwie verständlich, schließlich hat die Frau ihn betrogen, dann wird es mir zu DKPistisch.
Dass die üblichen Sünden deutscher Fernsehproduktionen hinzukommen: schlechter Ton, so dass die Dialoge oft schwer verständlich sind, hölzerne und phrasenhafte Dialoge, behäbige Erzählweise – geschenkt. Vielleicht wurde alles im weiteren Verlauf der Serie besser, wo man sich auch von den Vorlagen Gerckes löste. Aber ich lasse es nicht darauf ankommen.