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Was bedeutet Assads Ende für die Zukunft Syriens?

Credit: Pixelbay

Unsere deutsch-iranische Autorin hat den Kollaps des Assad-Regimes verschlafen, ist aber umso alerter in der Analyse, wie es perspektivisch in Syrien weitergehen könnte. Für sie ist die Frage entscheidend, ob die islamistischen Rebellen es wirklich schaffen, dauerhaft vom Islamismus abzukehren und das Land zu befrieden.

Den Kollaps des Massenmörder Assad habe ich verschlafen. Wortwörtlich. Ich habe am Sonntag ausgeschlafen und erst um zehn Uhr morgens gelesen, dass die Assad – Diktatur Geschichte ist. Innerhalb weniger Tage haben syrische Rebellen eine Stadt nach der anderen eingenommen und sich den Weg in die Hauptstadt Damaskus geebnet. Sie haben so gut wie keinen Widerstand am Boden durch die reguläre syrische Armee erfahren, sie hatten keine nennenswerte Unterstützung aus der Luft durch das iranische oder russische Regime und sie haben Hilfe vom türkischen Machthaber Erdogan erfahren und auch durch die israelische Demokratie, deren Luftstreitkräfte immer wieder iranische Flugzeuge aus dem syrischen Luftraum gedrängt und zum Umkehren gezwungen haben.

Die bedeutende Rolle Israels in der Schwächung des Iran und des Assad-Regimes

Über das türkische Regime und seine Absichten werden wir noch ausführlicher sprechen müssen, aber Israel steht unter keinem Verdacht, Islamisten proaktiv unterstützen zu wollen. Warum also haben die Israelis trotzdem indirekt syrische Rebellen unterstützt? Weil die Landlinie des iranischen Terrors beendet werden musste und weil nur so die Schwächung der Hisbollah vollendet werden kann. Irak, Syrien und Libanon – das waren die Landwege und die Lufträume, die das Regime von Ali Khamenei, für die Logistik seiner Terror – Infrastruktur benutzt hat. Drei souveräne Staaten, die teilweise von der iranischen Diktatur besetzt wurden, in den ethnische Säuberungen hin zu schiitischem Extremismus stattfanden und in den eine Proxy – Gruppe nach der anderen als Marionetten des Iran geschaffen wurden. Es war bis zum Ende des Assad – Regimes eine der größten sicherheitspolitischen Gefahren für den jüdischen Staat.

In den vergangenen Jahren hat Israel immer wieder kalibriert diese Versorgungslinien, Material und Köpfe des iranischen Systems in Syrien ausgeschaltet und eingedämmt. Nach dem barbarischen Terrorangriff des 7. Oktober 2023 reichte das nicht mehr, weil eine weitere Welle von unvorstellbarem Terror auf Israel und seine Menschen sich nicht wiederholen darf. Deswegen die indirekte Hilfe, die sich einbettet in Israels erfolgreiche Kampagne, Irans Regime und seine Günstlinge signifikant zu dezimieren. Die erste, zweite und dritte Reihe der Hisbollah existiert nicht mehr – gleiches gilt für die Hamas. Der iranische Luftraum war über mehrere Stunden im Oktober dieses Jahres bei Israels Schlag gegen das iranische Regime von Khamenei nicht mehr zu kontrollieren. Die Luftabwehr dieser Diktatur ist nicht nur sicherheitspolitisch zusammengefallen sondern auch psychologisch. Wer glaubt jetzt eigentlich noch ernsthaft, dass das iranische Regime irgendetwas anderes als ein Papiertiger ist? Niemand.

Was hat es mit den Rebellen auf sich?

Diese günstige Dynamik haben die syrischen Rebellen effektiv genutzt, um ihr Ziel nach langen 13 Jahren zu erreichen: einen Psychopathen, der mit seinem System und mit Hilfe des Iran und Russland einen Massenmord begangen hat, zu stürzen. Was hat es jetzt mit den Rebellen auf sich? Die wohl sicherheitspolitisch wichtigste Frage ist, ob die größte Gruppierung Hayat Tahrir al Sham sich glaubwürdig reformiert hat. Ein früherer Verbündeter der Terrororganisation Al Quaida hat öffentlich mit den Terroristen gebrochen, zeigt sich öffentlich moderat mit Aussagen zu Rechten für Frauen und Minderheiten, hat viele verschiedene Rebellengruppen unter einer Art Dach zusammengefasst und dafür gesorgt, dass alle sich auf ein wesentliches Ziel, nämlich das Ende Assads, einigen konnten.

Könnte es erstmalig in der Geschichte des Islamismus von einer Abkehr von ihm kommen?

Reicht das schon für eine Befriedung Syriens? Natürlich nicht. Die kommenden Wochen und Monate werden zeigen, ob HTS ernsthafte Absichten hat, Syrien moderat wieder aufzubauen, eine Heilung für die Wunden dieser vielen Grausamkeiten zu bewirken und wenn es so kommen sollte, in der Geschichte des Islamismus zum ersten Mal eine Abkehr von Extremismus zu beweisen. Nur so werden Millionen Syrer wieder in ihre Heimat zurückkehren können und nur so werden Millionen von Flüchtlingsströmen verhindert werden. Nur durch einen Zusammenhalt der Syrer wird in Europa endlich der Groschen fallen, dass dieses jahrelange Festhalten an einem Barbaren Assad die Lage immens verschlimmert  und die Destabilisierung unserer Gesellschaften durch Fluchtbewegungen, die wir nicht mehr kontrollieren wollten, befördert hat.

Es sind historische Entwicklungen im Nahen Osten in einem atemberaubenden Tempo und man kann nur inständig hoffen, dass dieses überfällige Ende der Assad – Tyrannei auch zum Kollaps des iranischen und russischen Regimes führen und zu Frieden und vollständiger Befreiung für Syrien, Iran und die Ukraine. Je nach Uhrzeit würde ich das sehr gerne nicht verschlafen wollen – es lohnt sich allemal, für die Freiheit wach zu bleiben.

Saba Farzan schreibt in ihrer Freizeit über Außen – und Sicherheitspolitik, Gesellschaft, Integration und Kultur. Sie wurde in Teheran geboren und ist in Deutschland aufgewachsen. Sie hat Theaterwissenschaften mit Schwerpunkt Musiktheater, Amerikanische Literaturwissenschaft und Soziologie an der Universität Bayreuth studiert und Forschungsaufenthalte in New York bei der Kurt Weill Stiftung und der Musikbibliothek der Yale Universität absolviert.

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Ein Gedanke zu “Was bedeutet Assads Ende für die Zukunft Syriens?

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    Toller Text. Aber ich wage eine weniger hoffnungsfrohe Perspektive: Der Bürgerkrieg wird weitergehen. Russland und der Iran werden sich nicht einfach so geschlagen geben. Die Kurden werden das Machtvakuum ausnutzen. Das neue Regime wird nach einigen Wochen oder Monaten sein wahres Gesicht zeigen und lieber mehr Islamismus als mehr Demokratie wagen, und die Bürger werden dagegen opponieren, siehe Ägypten und Tunesien, und einen starken Mann fordern, der die Islamisten unterdrückt. In einem oder zwei Jahren, vielleicht früher, sitzt wieder ein Diktator in Damaskus, wie in Kairo. Best case: Der neue starke Mann ist tendenziell pro-westlich, wie Erdogan und al-Sissi. Aber davon scheinen die Israelis nicht auszugehen, die ihm jetzt schon die Waffen zerstören, die Assad immerhin nicht gegen den jüdischen Staat eingesetzt hat. 

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