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Liebe Mitglieder der UpJ, wieso werde ich in eurem Namen als Antisemit beschimpft?

Sehr geehrte Frau Schames, sehr geehrte Frau Khariakova,

Die UpJ trifft sich an diesem Wochenende in Berlin. Die aktuellen Ereignisse kommentiere ich hier nicht, das tun andere zur Genüge. Mich bewegt folgendes: Nach wie vor hat der Vorstand die am 30. Mai dieses Jahres von Ihnen, Frau Schames und Frau Khariakova, öffentlich gegen mich erhobenen Vorwürfe nicht zurückgenommen. Die Presseerklärung ist hier nachzulesen:

https://www.compass-infodienst.de/Juedische-Welt.19242.0.html

Wie ich nach Veröffentlichung der Presseerklärung an Sie, Frau Schames und Frau Khariakova, schrieb: „Selbstverständlich steht es Ihnen frei, Ihre Meinung zu äußern. Ein Mindestmaß an sachlicher Richtigkeit jedoch kann auch ein Journalist erwarten, wenn er im Namen von 5000 Mitgliedern (die nicht befragt wurden) kritisiert wird.“

Da ich keine Antwort erhielt, und da am 11. Dezember ein neuer Vorstand gewählt wird, möchte ich noch einmal auf die Presseerklärung des Vorstands vom 30. Mai eingehen. Das ist vielleicht auch für die Mitglieder der UpJ von Interesse, an die Sie damals meine Mail nicht weitergeleitet haben.

‚Die Union progressiver Juden in Deutschland K.d.ö.R. verurteilt die diffamierende Darstellung des liberalen Judentums als „Potemkinsches Dorf“ aufs Schärfste.“

Ich habe das liberale Judentum nicht als „Potemkinsches Dorf“ bezeichnet. Ich habe in Anlehnung an eine Äußerung der Kanzlerin des Abraham-Geiger-Kollegs „Homolkas Projekt“ als Potemkinsches Dorf bezeichnet. Damit meinte ich die Fülle von Institutionen, in denen Herr Homolka eine führende Rolle einnahm. Diese von der universitären Untersuchungskommission ebenso wie von der Kanzlei Gercke Wollschläger bemängelte Ämterhäufung kann vielleicht dazu führen, dass zwischen der Person Homolkas und dem liberalen Judentum nicht unterschieden wird. Diesen Fehler mache jedoch nicht ich, sondern Sie, wenn Sie meine Kritik an „Homolkas Projekt“ als Diffamierung des liberalen Judentums insgesamt auslegen. Als Sohn eines liberalen Juden liegt mir das fern. 

„Wir verwahren uns gegen die Vorverurteilungen und bizarren Anwürfe, die Alan Posener in der WELT gegen Herrn Rabbiner Walter Homolka in herabwürdigender Weise geäußert hat. Mit der Rede vom „Machtsystem Homolka“ verunglimpft der Autor nicht nur das große Engagement unserer ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiter; er spricht uns – und damit auch einem Großteil der jüdischen Zuwanderer und Zuwanderinnen, die seit 1990 aus der früheren Sowjetunion nach Deutschland gekommen sind – die Authentizität unseres Judentums ab.“

Auch hier gilt das oben Gesagte. Walter Homolka ist nicht identisch mit den ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern verschiedener Institutionen, und schon gar nicht mit den jüdischen Zuwanderern und Zuwanderinnen. Kritik ist auch nicht identisch mit Vorverurteilung, sondern wesentliche Aufgabe einer freien Presse. Manchmal ist sie zutreffend, manchmal aber auch nicht. Inzwischen haben zwei unabhängige Untersuchungen festgestellt, dass es ein „Machtsystem Homolka“ gibt oder gab. Manche Elemente dieses Systems wirken „bizarr“. Zum Beispiel die Konstruktion eines Ausbildungskollegs als gGmbH, deren Anteile zu 90% in der Hand eines Mannes sind oder waren, oder einer Stiftung, deren einziges Organ der Vorstand ist, der aus einem Mann besteht: Walter Homolka. Aber daran sind nicht die Journalist:innen schuld, die diese Dinge hinterfragen.

„Bei diesen Zugewanderten handelt es sich um Überlebende der Schoa oder um deren Familienmitglieder. Uns bestürzt, dass Alan Posener in seinem Beitrag antisemitische Klischees benutzt und bedient, und wir fragen uns, wie die Redaktion der WELT eine derartige Berichterstattung billigen kann.“

Nennen Sie mir bitte EIN antisemitisches Klischee, das ich benutzt oder bedient haben soll. Wenn Sie es nicht können, und Sie können es natürlich nicht, denn Sie hatten inzwischen sechs Monate Zeit und haben kein einziges Beispiel beibringen können, müssen Sie diese Beleidigung öffentlich zurücknehmen. Diese diffamierenden Anwürfe gegen den Sohn eines 1933 aus Deutschland vertriebenen Juden, der bekannt ist als einer jener Journalist:innen in Deutschland, die am konsequentesten gegen jede Form des Antisemitismus kämpfen, sind nicht nur „bizarr“ und „herabwürdigend“, sie betreffen auch jenes Medium, die WELT, das seit jeher am klarsten von allen deutschen Medien dem Antisemitismus in allen seinen Formen entgegengetreten ist. Das ist geschäftsschädigender Rufmord.

„Die UpJ wurde am 27. Juni 1997 gegründet, ist demokratisch verfasst und neben dem Zentralrat der Juden in Deutschland der zweite jüdische Bundesverband mit Körperschaftsrechten. Wir vertreten über 5.000 Mitglieder: Unter dem Dach der UpJ sind sechsundzwanzig jüdische Gemeinden, eine progressive zionistische Bewegung, die Jugendorganisation UpJ Netzer sowie das Abraham Geiger Kolleg organisiert. Zu unseren Werten gehört die Gleichberechtigung von Männern und Frauen im religiösen Leben. Wir erkennen als Jude oder Jüdin an, wer von einer jüdischen Mutter abstammt oder nach halachischen Regeln zum Judentum übergetreten ist; wir heißen in unseren Gemeinden alle Jüdinnen und Juden willkommen, unabhängig von ihrem Familienstand oder ihrer sexuellen Orientierung. Wir setzen uns für die wechselseitige Achtung und Toleranz aller jüdischen Richtungen ein. Das liberale Judentum, das vor 250 Jahren in Deutschland entstand, ist die größte religiöse Gemeinschaft im Judentum weltweit, heute mit Schwerpunkt in Nordamerika: egalitär, zeitgemäß und offen für den Dialog.“

Wenn Sie „offen für den Dialog“ sind, warum haben Sie nicht den Dialog mit mir gesucht, bevor Sie mich derart unverschämt diffamiert haben? Ich habe bekanntlich – die Mail ist, wie man so schön sagt, gerichtsnotorisch – Herrn Homolka um ein Gespräch gebeten, nachdem ich von Missständen am Geiger-Kolleg erfuhr, und bevor ich auch nur ein Wort dazu geschrieben habe. Er schlug das Angebot aus. Wie auch Sie sich seit sechs Monaten weigern, auf meine Mail zu antworten. Glauben Sie ernsthaft, die 5000 Mitglieder der UpJ, von denen sich viele in den letzten Monaten und Wochen dankend an mich gewandt haben, würden solchen Rufmord in ihrem Namen mittragen?

 

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